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Badischer Volksbote: für Deutschtum, Thron und Altar ; Organ der Deutsch-Sozialen Reform-Partei in Baden (7): Badischer Volksbote: für Deutschtum, Thron und Altar ; Organ der Deutsch-Sozialen Reform-Partei in Baden — 1896

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No. 91 - No. 100 (18. August - 8. September)
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* 2
— — *

Der Sadiſche Volksbote · er-
ſcheint dreimal wöchentlich.
Verlag und Leitung:
Heidelberg Lahnhof ſtraße 9.

Telegramm⸗Adreſſe:
Yolksbote heidetber g.
Ameigenpreis: —

Die 5gefpaltene Petitzeile 10 Pfg.






Vreis vierteljahrlich
durch den Briefträger frei in's
Haus gebracht Ml. 1.25, am Poſt-
ſchaltex oder durch unfere Boten
in Heidelberg 1 M., von unſerer

Expedition abgeholt 80 Pfg.

Voſt Zeitungs Vreisliſte
Ar. 755.



M 95.


7. Zahrgaug.







olitiſcher Teil.

Aationalliberale und Demokraten
— in Baden, - .

ſonſt geſchworene Feinde, finden ſich, wie wir letztens
im /Bad Volksb.“ ausgeführt haben, zuſammen, wenn
es gilt, gegen diejenige Partei anzukämpfen, die in dem
deutſchen Volke wieder den alten Nationalſtolz er-
_ wecfen und das deutſche Volkstum von den fremden
Schlacken reinigen will. Auf die freundſchaftlichen
Ermunterungen, die die „N. B. Landeszeitung“ den
Nationalliberalen zum Kampfe gegen die Antifemiten


Moniteur folgendes geantwortet:


pon einer falſchen Stelle Die Linkoliberalen in Wein-
heim haben bei den lesten Wahlen felbſt den Antifemiten
dor dem Nationalliberalen bevorzugt und die Neue
Badiſche Landesztg. hat inſofern daran Schuld, als jie
tagtäglich die Vernichtung der nationalliberalen Mehr-


liberalismus ſich ın hiefiger Gegend weniger energiſch
— mwie früher gegen den Anti’emitismus wendet ſo traͤgen

jene Links liberalen, die dem Antiſemiten Pfiſterer zum

Siege verhalfen, einen großen Teil dex Schuld daran.”
Darauf antwortet hinwiderum das Organ des
Hebräers Bensheimer: ;


Wahlmänner für Serrn Pfijterer geſtinimt haben, iſt
; MDEr Es geſchah iedoch ſowohl gegen den
Willen der Barteileitung (h, als gegen den ausdrück-
lichen Rat des beim ——
Führers Die Urfachen dieſes Verhaltens dex Wahl-
manner ſind indeſſen ledigiich darin zu erblicken, daß
man im Wahlbezirke Weinheim mit dem ſeitherigen
Latelib. Vertreter ſehr unzufrieden und außerdem auch
über die Haltung der nat lib. Kammerfraktion gegen-
über den Fragen des direkten Landtags⸗ und Gemeinde-
wahlrechts ſehr erbittert war. Diefe Stimmung war
' nicht erſt durch unfere Artikel hervorgerufen, ſondern
fie beftand auch in ſolchen Kreifen, die ſich von der
Neuen Badiſchen Landeszeitung“ überhaupt nicht
2 beeinfluſſen laſſen. Es läge.gerade im Intereſſe
der Nationalliberalen wenn ſie ſich uͤber die wirklichen
Gründe ihrer Weinheimer Waͤhlniederlage endlich klar
werden würden; deun nur dadurch wäre es ihnen
möglich, im Bezirke Heidelberg-Land zur Bekämpfun
des Antiſemitisnius diẽ günſtigſte Poſition einzunehmen“
Uns können dieſe gegenſeitigen Vorwürfe nur ein
Lächeln des Mitleids entiocken. Ueber die hier zuge-
4* Thatſache, daß „gegen den Willen der
zarteileitung und gegen den ausdrück-
lichen Rat des beim Bahlaktanweſenden
demokratiſchen Führers“ bisher ſtramme
Demokraten für der antiſemitiſchen Kandidaten
geſtimmt haben, beweiſt uns, daß dieſelben nur noch


ſammenhingen; uͤnterdeſſen dürften dieſelben ſich ſchon
vollſtändig von dieſer Partei losgeſagt haben.
In der „N. B. Landesz.“ war bekaͤnntlich auch


daß es ſich den beiden „liberalen? Parteien in der
Antiſemitenhetze nicht anſchloß. Darauf giebt das
„Mannheimer Volksbl.“
„Die demokratiſch-freiſinnige Neue bad. Landeszeitung
hat jetzt ſchon eine Heidenangſt, daß der Bezirk Heidel-


den Nationalliberalen an die Antiſemiten und jammert
über die nicht erfolgloſen Bemühungen derſelben. . . .
Wenn das Blatt ſich einflüſtern läßt: „Das Zentrum
fördert dieſelben (Antif. Beſtrebungen) durch eine wohl-


Beruf und keine Veranlaffung haben, uns kummervolle
Sorgen wegen eines Verluſtes eines Wahlbezirks ſeitens
der Nationalliberalen zu machen. Uns ift ſogar ein
zwerter Antifemit vom Schlage Pfiſterers,

doer für direktes Landtagswahlrecht ohne Cautelen,


kratiſch freiſinnige Forderungen), Zulaſſung der Orden
ſtimmt, [ieber als ein Natfonallibexaler,
der all dieſe unſere Anträge niederſtimmen hilft. Das
ſollte ſogar die „N. B. L.“ einſehen, mindeſtens ſollte
ihre Aufforderung zur Thätigkeit nicht an die National-
liberalen gehen, fondern die eigene Partei, um das ge-
fährdete Mandat zu erobern. Das iſt wohl zu ſauer!“

„Staatsminiſter Or. Nolik iſt kürzlich aus ſeinem
längeren Urlaub zurückgekehrt und hat ſeine Dienſt-
geſchäfte in ihrem vollen Umfange wieder aufgenommen.
Sein vortreffliches Ausſehen läßt erkennen, daß er die








Frühjahr während der Tägung des Landtags heim-
ſuchte, vollſtändig überwunden hat. Damit fallen von


ſein des Staatsminiſters anknüpfend in Bälde einen
Wechſel in der Zuſammenſetzung des bad. Miniſteriums
in Ausſicht ſtellten, und zugleich damit die daran ge-
knüpften Mutmaßungen aller Art in nichts zuſammen.“
— So ſchrieb die „Frkf. Ztg.“, um Stimmung für
Herrn Dr. Nokk zu machen, und andere Blätter faſelten
es nach. Wie wir dagegen hören, iſt Herr Dr. Nokk


des Herrn Miniſters Cifjenlohr.
— Die Agrarfrage auf dem Katholikentage.


trage über die Agrarfrage folgende Leitſätze aufgeſtellt:
I1. Ein leiſtungsfähiger und kräftiger Grund-


ſoziale Entwicklung vou der höchſten Bedeutung.

2. Es iſt daher Aufgabe des Staates und der
kommunalen Verbände, in anbetracht der äußerſt ge-
drückten Lage, in der ſich die geſamte Landwirtſchaft


zuwenden. Im einzelnen iſt vorzugsweiſe anzu-
ſtreben: Die Gewährung vermehrter Mittel zur
techniſchen Hebung der Landwirtſchaft, unter anderem
für landwirtſchaftliche Schulen, für Verſuchsſtationen,
für Meliorationen, zur Hebung der Viehzucht und
zur Unterſtützung der laͤndwirtſchaftlichen Vereine
und Genoſſenſchaften in ihren Aufgaben, ferner An-
regung und wirkfame Unterſtützung von Verbänden
und Genoſſenſchaften zur Erleichterung ſowohl des
Real⸗ als Perſonalkredits, die entſchiedene Be-


lichſte Verwendung von einheimiſchen Produkten der
Landwirtſchaft, eine der Billigkeit entſprechende
Steuerpolitik und Ausgeſtaltung der Geſetzgebung
für die Bedürfniſſe der Landwirtſchaft auf ver-
ſchiedenen Gebieten, insbeſondere die Einführung


So ſehr außerdem für das Gedeihen der Landwirt-
ſchaft und damit auch im Intereſſe der Geſamt-


zur Herbeiführung derſelben eine Monopoliſierung (!)
des Handels oder ſtaatliche Feſtſetzung der Preiſe
zu vermeiden. ). / D


der erheblichen Fortſchritte im laͤndwirtſchaftlichen
Betriebe, zur beſſeren Verwertung der landwirt-
ſchaftlichen Erzeugniſſe und zur Förderung des länd-
lichen Kreditweſens, ſowie zur angemeſfenen Ver-
tretung der landwirtſchaftlichen Intereſſen, zur Hebung
des Standesbewußtfeins und Aufrechterhaltung guter
alter Sitten, namentlich auch in bezug auf ein ge-
ſundes Erbrecht iſt die Bildung von zweckentſprechenden
Genoſſenſchafien und der Zufammenſchluß der Land-
wirte in Vereinen, beſonders den chriſtlichen Bauern-
vereinen, dringend zu empfehlen, umſomehr, als zur
Zeit eine geſehliche, organiſch gegliederte Vertretung


Dazu bemerkt die „D. Tagesztg.“: Herr Herold
wendet ſich alſo gegen die Neußer Beſchlüſſe des
rheiniſchen Bauernvereins und gegen den Antrag Kanitz
Ob die katholiſchen Agrarier ihm zuſtimmen werden?


Worten begnügen werden? Wir werden ſehen.«

— die Zirma Stantien und Becker Aus
Königsberg in Oſtpreußen geht uns folgendes Telegramm
zu: Wie der „Oſtpreußiſche Generalanzeigex“ angebtich
auf Grund zuverläſſigſier Aufklärung erfährt, iſt der
Pachtvertrag mit der Firma Stantien und Becker nach


weiteres Jahr, und zwar bis 1. Januax 1898, ver-
längert worden. Wie es heißt, wünſcht die Regierung
in der Herbſtſeſſion des preußiſchen Abgeordnetenhauſes
erſt die Anſicht der Volksvertretung darüher zu hören,
welche Vorſchläge das Abgeordnetenhaus über die Ver-
wertung des Bernſteinregals nach Ablauf des Pacht-
vertrages etwa zu machen habe! Auf weitere Ver-
längerung des Pachtvertrages mit der preußiſchen Re-
gierung nach dem 1. Januar 1898 verzichte die Firma
Stantien und Becker auf jeden Fall.” „Wie ſie ſo
ſanft ruhn“ — möchte man faſt anheben zu ſingen,



wenn man die nackten Mitteilungen über dieſen ſcheinbar
vornehmen Abgang der /königlichen Kaufleute“ Stantien
und Becker auͤs dem Geſchäftsleben lieſt. Sie hatten
eigentlich, gekränkt über die Angriffe auf ihre Monopol-
wirtſchaft, mit dem 1. Januar des Jahres 1897 bereits


der Verwalterin des Bernſteinregals löſen woͤllen.


ſchnell doch keinen Großpächter finden würde, haben
ſie dann auf Verlängerung bis zum 1. Januar 1898
abgeſchloſſen. Dazu erſuchen ſie in einem öffentlichen


weſen ſind, „in ihrem Intereffe“, um Angabe ihrer
Adreſſe; wahrſcheinlich follen ſie zum Abſchied der


oder leuchtendes Angedenken erhalten.

ihre großen Vorräte an rohem Bernſtein demnächft
verarheiten zu laſſen. Welch gewandter Jago-Einfall!
Die überlegſame Firma wird einfach alle Drechsler,


ſoll dann in der Lage ſein, dem Staat das Bernſtein-
regal pachtweiſe abzunehmen? die Regierung wird zu
ihrer erſten Liebe zurückkehren müſſen und die öſtliche


ſchließen können, als vorher. Glücklicherweiſe wird
durch dieſe Aufdeckung das Gewebe ihrer Pläne fo


der Lage ſein werden, Gegenmaßregeln zu treffen.


durchaus nicht gefallen, daß die Regierung (voraͤus-
geſetzt, daß obiges Telegramm den Thatfachen bis ins
Kleinſte entſpricht) unter den jetzigen Umſtänden gegen-
über der Firma, für die ſie bisher in ſo ſchroffer
Aktivität eingetreten iſt, ſich ſo abwartend verhalten,
daß ſie jetzt auf einmal in zu weit gehendem Maße dem


würde eine Paſſivität der Regierung offenbar dem all-
gemeinen und dem Staatsintereſſe gerade ſo ſchaden,
wie es nach dem Urteil des preußiſchen Abgeordneten-


gethan hat. —— —







Zeitgeſchichte.
Deutſchland. Berlin, 26. Aug. Ein Kongreß der
Nähmaſchinenhändler Deutſchlands, der in dieſen Tagen


Debatte mit dem ſeitens des deutſchen Reichstages er-
erlaſſenen Verbot des Detailreiſens einverſtanden erklärt.
“— Der Kaiſer ſoll, wie nach der „Schleſ. Ztg. aus
uter Quelle verlautet, die Erwartung ausgeſprochen
aben, daß der Feſtſchmuck der Straßen von Breslau
während der bevorſtehenden Kaiſertage ——— —
auch ruſſiſche Fahnen aufweiſen werde. Zu den Manöver?
feſtlichkeiten ijt, wie eine hieſige Zeitung erfährt, der
amerikaniſche Schriftſteller Poultneh Bigelaw diesmal
nicht eingeladen woxden. Sie führt dieſe Maßregelung
auf Poultney Bigelows jüngſte Taktloſigkeit bei Ver-
tretung amerikaniſcher Verſicherungsgeſellſchaften zurück.
Aber jchon im vorigen Jahre mußte der teure Bankee
wegbleiben, nachdem er bei dem Kaiſermanöver 1894
glänzende Proben ſeiner Unverfrorenheit abgelegt. Zur
roßen Parade bei Königsberg nämlich, zu der alles in
*—— Gala vor S. Maj dem Kaiſer erſchien, kam er,
die Hände in den Hoſentaſchen vergraben, in einem —
Lawntennisanzuge. *

— Der Reichskanzler Fürſt von Hohenlohe wird
bereits am 3. September, alſo noch vor der Ankunft des
deutſchen Kaiſerpaares, zu den Feſtlichkeiten in Breslau
eintreffen * *

— Dortmund, 25. Aug. Hier iſt am Montage die
Generalverſammlung der Katholiken Deutſchlands eroͤffnet
worden. Vom Papſte mar ein Begrüßungsſchreiben eine
gegangen, in dem der Generalverſammlung der apoſtoliſche
Segen erteilt wird. Es wurde beſchloſſen ein Ergeben-
heitstelegramm an den Kaiſer und ein Danfktelegramm
an den Papſt zu ſenden. *

deſterreich · Augarn. Der antiſemitiſche Parteitag, der
am Sonntag in Wien ſtattfand, war von faſt ſämtlichen
Ahgeordneten der deutſchen Volkspartei und der Chrijt= -
lich-fſozialen ſowie von zahlreichen Bürgermeiſtern und
Genieinderãte niederöſterreichiſcher Gemeinden beſucht. Die
Anhänger Schönerers beteiligten ſich an dem Unternehmen
nicht, da ſie es ablehnen, mit den Chriſtlich-ſozialen ge-
meinfam vorzugehen. Es ſprachen Dr. Lueger und Prof.
Franz Richter. Der erſtere vexteidigte ſich gegen den
Voͤrwurf klerikaler Geſinnung, und der Führer der deutſchen
Volkspartei in Niederzſterreich erklärte, daß ſie ſo lange
der chriſtlich-ſozialen Partei ehrlich und aufrichtig ent-

egenkommen werde, als es auch dieſe thun werde. Der
aͤrteitag ſtellte für 13 Wiener, 19 niederöſterreichiſche
Städte und 12 Landgemeindebezirke Bewerber auf und
überließ es dem antiſemitiſchen Zentralwahlausſchuß, deſſen
Vorſtand nach dem Ausſcheiden Paul von Pachers aus
Dr. Lueger, Prof. Richter und dem Abgeordneten Polz
 
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