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Badischer Volksbote: für Deutschtum, Thron und Altar ; Organ der Deutsch-Sozialen Reform-Partei in Baden (7): Badischer Volksbote: für Deutschtum, Thron und Altar ; Organ der Deutsch-Sozialen Reform-Partei in Baden — 1896

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No. 131 - No. 136 (20. November - 2. Dezember)
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Der „Badilde Yolkabote“ er-
” {QHeint 2 wöchentlich.-
; Verlag und Leitung:
Beidelbers, Hauptflraße 25.
Telegramm-Adreſſe:
„ Yolksbote Heidelberg.
_ Anzeigenpreis: .
Die ogeſpaltene Vetitzeile 10 Pfg.






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Vreis vierteljahrlich



in Heidelberg 1 M., von un;erer
Erpedition abgeholt 8058
Voſt· Zeitungs· reisliſte



M 134,






Dolitiſcher Teil.
— Beichstagsrede des Abg. Litbermaun n. Sonnen-
berg bei der Bismarg=Debatte,
DE *
Meine Herren! Es iſt hier und da auch der Aut-
druck Verletzung von Staatsgeheimniſſen“ gefallen. Wat
iſt denn ein Staatsgeheimnis? Dafuͤr wird mir wahr-
ſcheinlich keiner der anweſenden Juriſten irgend eine all-
gemein guͤltige Definition geben koͤnnen. Ich meine:
was ein Staalsgeheimnis iſt, wird von Fall zu Fall ent-

ſchieden werden muͤſſen, und in dieſem Falle iſt vor allen
Dingen wohl Fuͤrſt Bismarck der allerkompetenteſte Sach-


wie es in der Preſſe vielfach geſchehen iſt, den Fuͤrßen
Bismarck als einen Privatmann bezeichnet, der ſich ſo
verhalten ſollte, wie jeder andere Privatwann.
man ſich einmal auf den Standpunkt ſtellen will, ſo


Pflichten cines Ptivatmannes verlangen, ihm auch die
Rechte zugeſtehen, die jeder Privatmann hat, und ein un-
veraͤußerliches Recht jedes Privatmannes iſt, wenn er an-
Zdegrkffen wird, ſich ſeiner Haut zu wehren bis zum letzttn
Atemzug. Fuͤrſt Bomerck iſt in ſchmaͤhlichſter Weiſe
angegriffen; man hat ihm den Vorwurf gemacht, daß unter
ſeiner Amtsführung die Beziehungen zu Rußland ſich ver-
ſchlechtert haͤlten, daß dır Deaht durch ihn abgeſchnitten
ſei; dagegen hat er ſeine Politik in Schutz nehmen wollen.




Rußland und Deutſchland ſich thatſaͤchlich ſeit Abgang des
Fluſten Bismarck verſchlechtert haben, ſcheint mir dadurch
dewleſen zu ſein, daß wir, um Rußland guͤnſtiger zu ſtimmen,
zu der Haͤndelsvertragepolit k greifen mußten. M. H. es las
darin der grundſaͤtzliche Fehler, daß man meinte, guͤnſtige
Handelsbezlehungen zu einem Lande verbeſſern auch die


Faͤrſten Bismarck mit Rußland zum Teil im wiriſchafts-
und handelepolltiſchen Kriege geſtanden und haben dabei
doch in großen politiſchen Fragen uns mit dem Nachbar-
ſtaate im Einprrſtaͤndnis befunden. Hrute iſt es umge-
kehrt, oder wenigſtens war die Gefahr dafuͤr vorhanden,
daß ein umgekehrtes Verhaͤltnis eintreten konnte. Wir
haden u28 damals beſſer giſtanden; wir haben nicht ſo
gtoße Koſten dafuͤr zahlen muͤſſen, wie ſie heute unſerer
daͤndwirtfchaft durch die Handelsveriraͤge auferlegt worden
ſind. Daß der Fuͤrſt Biemarck, indem er ſich perſoͤnlich
verteidigte, ſich nicht vergreifen wuͤrde, das wußten ſeine
nach Millionen zaͤhlenden Verehrer. Das deutſche Volk
hat ſich in dliſem Vertrauen nicht getaͤuſcht; es bat ſich
dielmehr von neuer Bewunderung fuͤr den genialen Staate-
mann erfuͤllen laſſen wuͤſfen, deſſen vorausſchauender Blick
im Stande war, zu berechnen, welche guͤnſtigen Wekungen
dieſe Viröffentlichung auf die Verhaͤltn ſſe inobeſondere in
Frankteich uns gegenüber ausuͤben wuͤrde. Fuͤr die Sozial-
doemektatie hat Herr Liebknecht uns ſelber zugeſtanden,
daß ſie durch die Enthuͤllungen nicht beunrubigt worden
jei; wir glauben es ibm gern. Da moͤchte ich doch wirklich
wiſſen, mo anders Bunruhigung vorhanden war als
etwa bei einigen Zeitungen. Bei den mit uns verbün-
deten Staaten haben die Regierungen in ihren awtlichen
Organen ſehr bald jeder Beunruhigung unter den Voͤlkern
vorgebeugt. Sie hat, wenn ſie vorhanden war, nur ganz
kurze Beit gedauert. Ich kann darin dem Herın Abg,
ODr. Lieber nicht ganz Techt geben, wenn cr meint, daß
doer Reichetag den Beruf haͤtte, die verbündeten Voͤlker
zu beruhlgen. Ich glaube wirklich nicht baß das Gros


Reichotageverhandlungen leſen wird. Geiterleit rechte)
Ich glaube auch nichi, daß dies in Italien der Fall ſein
wird. Wie gefagt, das Vorhandenſein einer dorch die
Enthuͤllungen erzeugten Beunruhigung im Sroßen be-
ſtreiie ich. M. GH., in ſeiner perſoͤnlichen Vrteidigung
hat der Fuͤrſt Bioͤmarck ein Mittel gewählt, das wieder,
vie immer bei ihm, dem gtoßen ganzen Vaterlande zum
Nutzen gereichte. Ich halte es aber für unrichtig,
fuͤr falfch, wenn man den Fuͤrſten Bismarck als
Privatmann deswegen hi ſtellt, weil er nicht mehr amtie-
Ais erſter Mitarbeiter des großen
Kaiſeis bei der Errichtung des deutſchen Reiches bleibt
_ er bi8 zu ſeinem letzten Atemzuge vor ſeinem Gewiſſen
und vor der Weltgefchichte verantwortlih fuͤr das Wohl-
ergehen des deutſchen Reiches. Das Vatrauen des deut-
ſchen Voltes in ſeiner großen Mehrzahl iſt ihm gefolet
in die Einſamkeit des Sachſenwaldes, und daß er bei






den auswaͤrtigen Mächten ganz beſondere Autorität noch
immer beſitzt, des beweiſt die Aufmerkſamkeit, die man
allen feinen Kundgebungen ſchenkt; ſie geht oft weit über
dar Maß hinaus, das man den Kundgebungen amtieren-


halte ich ven Fuͤrſten Biemaͤrck für unabſetzbar; er blaͤbt


Heiterkeit linke.) Ganz gewiß In dieſem Sinne, den ich


nicht an das deutſche Sprichdott erinnern, wen man am
vielen Lachen erkennt. Ich babe deutlich ausgtſprochen,
in welchem Sinne ich den Fuͤrſten Bismarck als unab-
ſetzbar detrachte, nämlich, daß er vor ſeinem Gewiſſen und
vor der Weltgeſchichte die Verantwortlichkeit fuͤhlen muß
bis zu ſeinem letzten Atemzuge für die Geſchicke des
Man darf das Verhalten des Fuͤrſten

der deutſchen freiſinnigen Partei zu meſſen berechtigt iſt.


ſei Dank durch die gegenwärtige Reichoͤtagoͤſitzung eine
Beruhigung erfahren, man hat geſehen, daß die weitaus
zroͤßte Mehrzahl dieſes Hauſes bis in die Reihen der
Gegner des Fuͤrſten Bismarck hinein nicht im Stande ge-
weſen iſt, dieſe Unflätigkeiten in irgend einer Weiſe zu
verteidigen. Man kann ſich darüher tröſten mit der be-
kannten Fabel von dem ſterbenden Löwen, um den ſich
die Schakale, die Faͤchſe, die Hyaͤnen, die Woͤlfe und
anderes Getier verſammelten und den wehrloſen Feind


des Fürken Bismarck verkörpert ſich gegenwaͤrtig der Stolz


um die traurigen gegenwaͤrtigen Zuſtaͤnde und die Hoff-
nung auf eine beſſere Zukunft. Und ſo iſt der Name
des Fuͤrſten Bismarck, von ſeiner Perſoͤnlichkeit entkleidet,
eine Art Programm geworden für alle die, die hoffen,
daß das Vaterland wieder in beſſere Verhältniſſe ſich hinein-
arbeiten wird. In dieſem Sinne ſind die Vorgaͤnge ge-
rade ein Sammelruf, (Ach! linke) ſind eine Mahnung


gegenuͤber allem Undeutſchen, gegenuͤber der Revolution


* Der offene Brief des Dr. Vielhaben, den wir


freiſinnigen, Braunſchweiger Tageblatt? zu Verdaͤchtigungen
Anlaß. Dies Blat! glaubt naͤmlich an jenen Aeußtrungen
uͤber die Duellfrage nach beruͤhmten Muſtern ſeinen Witz


Saͤtze herausgeriſfen, die nun allerdings nahezu den Anſchein
erwecken koͤnnen, als naͤhme Hert Vielhaben ein gewiſſes
Vorrecht für den Offizierſtand in Anſpruch, was alsdann


in die Wilt zu ſchleudern: „Von Intereſſe iſt dieſe Aus-
laſſung nur inſofern, als die Antiſemiten immer betonen,
vor allem eine „Volkspaͤrtei? zu ſein. Das hindert Herrn
Vielhaben und ſeine Geſinnungegenoſſen natuͤrlich nicht
daran, die Allgemeinheit reſp. das allgemeine Volksintereſſe


ichts zu behandein!' — Dem gegenüber ſtellen wir fiſt:
erſtens, daß Herr Or. Vielhaben die „Auswuͤchſe des


wir Menſchen ſind und nicht Engel oder Redakteure des
„Braunſchweiger Tageblatt', und zweitens, daß die deutfh-
ſoziale Reformpartei ſich infofern als eine wirkliche Volts-
paͤrtei bewaͤhr, als ſte auch den Teil unſerer Bruͤder, der
des Koͤnigs Rock trägt, mit zum Volke rechnet und nicht
das „Militär”, wie die Herren Freiſinnigen belieben, nur
alg eine Art notwendigen Kettenhund behandelt wiſſen will.

„Der „falſche Ehrbegriff des Corpoſtudenten-
tums · damit bezeichnen die Gegner des Zweikampfes
bekanntlich die Gepflogenheit der ſogenannten „ſchlagenden
Verbindungen', Brleſdigungen durch die Menſur zum
Ausgleich zu bringen. Dieſe Studenten werden als
Raufbolde hingeſtellt, die Menſur ſelbſt wird als
„qualifizierter M or d“ bezeichnet, und man benutzt jede Aus-


Meinung herabzuſetzen. Als Muſterknaben werden den-
ſelben die „nichiſchlagenden' Studentenverbindungen ent-












würde, ſo koͤnnte man nichts dagezen einw:nden, aber



edle Triebe.


gegenſeitig mit dem Schlaͤner die Köpfe zirhacken. Wie


ſteht, das hat man wieder aus einem Vorfall erfehen


Einer Zeitung, die ſich immer fehr über die „falſchen
korpsſtudentiſchen Ehtbegriffe? ereifert, die alſo erhaben
über dem Verdachte iſt, als ob ſie den „nichtſchlagenden“



Aagtlegenheit:


20—25 Mitglieder der nichtſchlagenden katholiſchen Studenten-
verbindung,Alſatia ein. Von dieſen ſtellte ſich tiner dicht neben


Kurz darauf ſtanden die drei Alemannen am Rande der Ponte,
wo ein in unmittelbarer Nähe ſtehender Alſate einem der
Herren mehrfach, offenbar abſichtlich ( Zigarrenqualm in's
Geſicht blies. Dies verbat ſich der Alemanne in ruhigem (h
Tone, worauf der Alſate in ſtark ironiſchem Tonfalle er-
widerte: Vor Alemannia revozieren wir felbftverſtändlich.“
In Bonn angelangt, wollten die Alemannen ſich zu ihter


hegriffen, ſtehen, ebenſo die Alſaten. Auf eine laute Bemer-


Da rief einer der Alſaten ihnen nach: „Sie Weigling 1“


Alemannen, der — ohne Stock — völlig wehrlos ( war, nieder-
ſauſen. Die beiden Begleiter ſprangen ſofort ein; der eine von
ihnen, der über einen Stock verfügte, verſuchte, die Hiebe zu
parieren und den völlig blutüberſtrömten und be-




ſuspendierten Verbindung „Alfatio“ ſind in der vergangenen


beamten nach der Chirurgiſchen Klinik geführt worden, um
dem Schwerberletzten gegenükergeftellt zu werden.“

Wir uͤberlaſſen es unſeren Leſern, zu beurteilen,
wer hier die „Höheren ſtttlichen Ehrbegriffe“ vertreten
bat. Diejenige Preſſe, die gelegentlich der Feldbergaffaͤre
jeden Tag neue „Enthuͤllunzen? daruͤber brachte, virhaͤlt


wuͤrdig ſtill. — Schade daß die Duell Interpellation im
Reichetage nicht einige Tage ſpaͤter zur Debatte ſtand.
— Engliſche Heldenthaten in Afrika. Ueber


zu den angekuͤndigten Expeditionen treiben, gibt der / Lagos
Standard? rechi Aufſchen erregende Aufſchluͤſſe. Unter
dem 27. v. W ſchteibt das genannte Blatt folgendes:


na Igede (am Niger) und Ibi (am Benuc) keimende
Aufſtand wird nur durch ihre Exiſterzfrage veranlaßt.
Das Handelsmonopol der Niger Companh wird ſo ſtreng
und gtauſam durchgeluͤhrt, daß die ehemaligen ſchwarzen
Zwiſchenhaͤnbler dem Verhungern nahe gebracht ſind. Aber
damit nicht genug: Fruͤher waren die Eingeborenen „ohne
Schutz' und beraudten ſich nur gegenſeitig, jetzt haben
ſie „Schutz und werden von den Hauſſaſoldaten aus-


beamien „aus Sport einfach niedergeknallt. Schen im
vergangenen Jahre wieſen wir auf dieſes ruchloſe Treiben
jener UnmenfHen hin, heute nehmen wir keinen Anſtand,
die Schandthaten jenes beruͤchtigten Bcamten Bredford
ſo bekannt zu geben, wie ſte uns gemeldet wurden und
wie ſie ſich thatſaͤchlich zuttugen. Mr. Bredford iſt der
reine Kunſtſchuͤtze und nutzte ſeine Kunſt ſchon, wie er
in Akaſſa ſtationirt war, dazu aus, daß er von elner
 
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