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Badischer Volksbote: für Deutschtum, Thron und Altar ; Organ der Deutsch-Sozialen Reform-Partei in Baden (7): Badischer Volksbote: für Deutschtum, Thron und Altar ; Organ der Deutsch-Sozialen Reform-Partei in Baden — 1896

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No. 91 - No. 100 (18. August - 8. September)
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Dex „Sadiſche Volkshote · er-
ſcheint dreimal wöchentlich.
Verlag und Leitung:
Heidelberg, Bahnhof ſtraße 9.
Telegramm⸗Adreſſe:

Yolksbote Heidelberg,
* Anzeigenpreis:

Die oͤgeſpaltene Petitzeile 10 Pfg.







Vreis vierteljährlich
durch den Briefträger frei ins
Haus gebracht Mk. 1.25, am Poſt-
ſchaltex oder durch unſere Boten
in Heidelberg 1 M., von unſerer
Expedition abgeholt 80 Pfg.
Voſt· Zeitungs reisliſte
Ar. 755.



A 97



22 2 ® . —
Jolitiſcher Teil.
Le *
Die Glocken rufen ins Gotteshaus, zur hohen
Feier verſammeln ſich zum ſechsundzwanzigſten Male
die Kämpfer des großen Jahres, verſammeln ſich die
Alten, welche 1870 den Sohn ins Feld ziehen ſaͤhen,
und die Jungen, welche von den groͤßen Tagen unter
König Wilhelm nur gehört haben.
Taumel, nicht in Ruhmredigkeit und Ueberhebung, nicht
im Verlangen nach neuen Erfolgen begehen wir dieſen
Tag, vielmehr zieht durch ünſere gaͤnze Feier, vom
Altar ausgehend, in das Volksfeſt hinein das Be-
kenntnis, das der oberſte Feldherr auf die Kriegsmünze
8 74 laſſen: „Gott war mit uns; Ihm ſei die
re!“ — 2
Gott war mit uns! Ehe er das Schickſal der


er fand es, geläutert durch eine lange, ſchwere Schule


einzuſetzen. Er hatte den auseinander gehenden Sinn
der Stämme gewendet und hatte ihn auf ein großes
Ziel gerichtet.
des Reiches waren, hatten ſie ſich einẽ Sehnſucht nach
Einigkeit erworben, daß alle in dem einen ſich beleidigt
fühlten, als Frankreichs Uebermut kein Ende nehmen


— 2*
Gott beſchied uns * auf Sieg. Das Volk in
Waffen war einig, ehe eine Re

Oeeres ſtanden hereits zahlreiche Fürſten nicht minder
einig, nicht minder Deutſchlands Einigkeit erſtrebend.
Gott 4 uns aber nicht nur Herz und Sinn zur
nationalen Wiedergeburt, er ſchenkte uns zur rechten
Beit auch den rechten Mann! Ernſt und beſtimmt,
freundlich und beſcheiden war König Wilhelm in ſeinem
Herrſcherleben geweſen; ſeine Begabung als Feldherr
war auf den Schlachtfeldern erwieſen. So hatte All-
deutſchland das höchſte Vertrauen zu ſeiner Führung
und warme Liebe zu ſeiner Perſon. Und der König
hatte treue und kluge Diener. Das Schwert war
ſcharf, und es wurde weiſe und kräftig geführt; die
Feder verdarb nichts, ſie vollendete vielmehr. Erprobte
und den Tod verachtende Führer befehligten Armeen
wie jeden kleinen Truppenteil, und die Hingebung des
Mannes in Strapazen, Entbehrungen und Schlachten-
getümmel hielt die ſchwerſten Proben aus.
Am Tage von Sedan erfolgte die Entſcheidung
des Feldzuges: eine Armee, die vor wenigen Tagen


der Kaiſer ın der Hand ſeines Feindes, und ſeine
Regierung, glanzvoll und anſpruchsvoll, verſchwand
für immer. 2—

Gegenüber ſolchen Ereigniſſen, welche die Welt
nicht zu faſſen wußte, ſprach und ſpricht das Menſchen-
herz wohl mit dem greiſen König: „Ihm ſei die Ehre!“


Großes muß auch von uns gefordert werden! Was
an Mannestugenden in dem ſchweren Kriege bereit-
willig zur Verfügung geſtellt wurde, es muß erhalten
werden. Die Treue zum Fürſten war damals von
viel Tauſenden mit dem Blute zu beſiegeln, ſie ſoll


eingegraben ſein, daß ſie keiner Probe aus dem Wege
geht, vielmehr Gelegenheit ſucht, ſich zu bethätigen.
Die Liebe zum Vaterlande muß gepflegt werden, damit
ihr ewig grüner Schmuck die Jugend zur Nacheiferung
anreize; und wie es im Felde eine hohe Blüthe der
Kameradſchaft gab, ſo ſoll die brüderliche Geſinnung
Deutfchland von der einen Grenze bis zur andern feſt
umſchließen.

Dabei wird Gott mit uns ſein, wenn wir nur
die ernſte Abſicht haben, ſelbſt zu helfen, und zu ſeiner
Ehre können wir nichts Größeres thun, als wenn wir
die Flamme der Begeiſterung, welche aus den Worten
Mit Gott für Fürſt und Vaterland, für Kaiſer und
Reich“ ſpricht, anfachen und vor allen Dingen wieder
in Herzen entzünden, in denen das heilige Feuer er-

Wn e 4 / 2
T. Handwerkerfrage und Sozialdemokratie,

Die Bewegung, welche, wie der jüngſt in Heidel-
berg ſtattgehabte Südweſtdeutſche Handwerkertag be-
wieſen hat, machtvoll jetzt auch den deutſchen Hand-









werkerſtand ergriffen hat, wird aus naheliegenden


mit einer wahren Erbitterung bekämpft, ſo vor allem


des Großkapitals — und der Sozialdemokratie. Be-
ſchäftigen wir uns mit der Stellungnahme der letzteren


welchen Urſachen dieſe Partei ſich allen Verbeſſerungs-
beſtrebungen der Handwerker feindlich gegenüberſtellt,


Um ihr Endziel, den Umfturz alles Beſtehenden
und die Konſtituierung des fogen. „Zukunftftaates“ zu
erreichen, liegt es im höchſten Intereſſe der ſozial-


und mehr und mehr verzweifelte Proletarier, die
nichts zu verlieren, wohl aber alles zu gewinnen haben,
als unheilvolle Macht für ihre Zwecke ſich zu ſchaffen.
Käme der Mittelſtand wieder zu neuem Leben, ſo wären


vernichtet, daher die Feindſchaft dieſer „Volksbeglücker“
gegen jedweden Verſuch — möge er ausgehen von den
Bauern, von den Handwerkern oder von anderen
Ständen —, eine Beſſerung ihrer Lage herbeizuführen.
Mit dem Schlagwort: „Die Sozialdemokratie iſt die


ſchaft“ gezählt zu werden die Berechtigung haben,
ſondern alle, welche durch Kopf oder Handarbeit, ohne
wirkliche Ausbeutung der Kräfte anderer, etwas leiſten
reſp. produzieren, laſſen ſich mit Fug und Recht in
Um aber dieſe Einteilung
nicht aufkommen zu laſſen, vor allem aber um die
Menge irre zu führen und die Wege zur Erlangung
des wahren Heils zu verſchleiern, ſtellt die Sozial-
demokratie zwei Begriffe einander gegenüber, welche,
zumal in der Handwerkerfrage, nur einen ſcheinbaren
Dieſe ſcheinbaren Gegenſätze
ſind Kapital und Arbeit; der in der Mitte von


Punkt bildet, wird von ihr aus guten Gründen völlig
ignoriert, obgleich gerade dieſer es iſt, an dem der


Zwiſchen Kapital und Arbeit ſteht der


handel. Die Gewerbefreiheit, an der ſich mannig-


füllt; ſie war es, welche jedem, mochte er befähigt ſein
oder nicht, geſtattete, ein Handwerk zu betreiben oder
auszuüben, bezw. — und hier liegt der unheilvone
Kern — ausüben zu laſſen, wie es ihm beliebte,
Das war früher anders: es durfte niemand ſich Meiſter
nennen, der nicht Meiſter war! Jeder, der etwas
leiſten konnte, war aber in der Lage, ſich eine ſorgen-
freie Exiſtenz durch die Kunſt ſeiner Arbeit zu ſchaffen;
das Sprichwort: „Handwerk hat einen goldenen Boden“
— war ein Wahrwort! Leider blieb es nicht ſo. Die
Juden Bamberger und Lasker, „liberale“ Leute,
letzterer Führer der nationalliberalen Partei, wußten die
Mehrzahl der Volksvertreter für die Gewerbefreiheit
zu gewinnen und haben dadurch hauptſächlich ihren
Raſſegenoſſen in „ahnungsvoller“ Vorſorge zu einer
Quelle ungeheurer Einnahmen verholfen.

Um dieſe „Gewinnſte“ einzuheimſen, mußten aller-
dings Tauſende glücklicher Familien ais Opfer fallen.
Kapitaliſten, in der großen Mehrzahl natürlich Juden,
wußten das Geſetz in der Weiſe auszubeuten, daß ſie
alle Herſtellungen ſabrikmäßig betrieben, ein Betried,
mil dem die „kleinen Leute“ naturgemäß nicht lange
konkurrieren konnten, zumal das Publikum faſt aus-
nahmslos in den jetzt entſtandenen großen Geſchäften
kaufte, weil es hier eine ganz andere Auswahl und
dabei „billigere“ Preiſe vorfand. Ein Handwerker
nach dem anderen, unterlegen im Kampfe mit dem
Großkapital, verſchwand und verſchwindet, trotz aller
Tüchtigkeit, noch jetzt; viele der noch exiſtierenden
müffen, mit den Tauſenden, welche vor ihnen in die
Fabrik gegangen ſind, um geringen Preis für den
Großhändler im Schweiße ihres Angeſichts arbeiten,
der die erhaltene Ware für teures Geld, ſeinen „Ver-





7. Zahrgaug.



dienſt“, an das Publikum abſetzt. Nicht mehr lange,
und auch dieſe Wenigen verzichten auf ihre Selbſt-
ſtändigkeit, um ebenfalls in der Fabrik für ihre Aus-
beuter zu ſchaffen; der Handwerkerſtand hat
aufgehört zu exiſtieren, wenn nicht bald Ab-

So entſtand der Zwiſchenhandel, deſſen
verderbliches „Prinzip" das iſt: Der Zwiſchen-
händler kauft billig und mit Vernichtung
der eigentlichen Arbeiter gute Waren —
denn dieſer muß an den einzigen Abnehmer verkaufen,
um mit den Seinen nicht zu verhungern — und ver-
fauft teuer, d. h. er erhält das, was dem Hand-
werfer zukommt und gehört. Aus der einfachen
Tiſchlerei, bezw. aus 100—200 ſolcher Werkſtätten,
von ebenſovielen ehrlichen deutſchen Handwerksmeiſtern
betrieben, iſt ein großes „Möbelgeſchäft“ unter Leitung
des Herrn Levy Silberſtein oder eines Inhabers mit


ehrlichen, deutſchen Handwerksmeiſter arbeiten jetzt,
„der Not gehorchend“, für den einen einzigen
So und ähnlich iſt es in allen einzelnen Ab-
;; der rettungsloſe
Untergang des Handwerks ſteht vor der Thür, nur


rettend eingreifen.


gange die Sozialdemokratie? Weit entfernt, mit Re-


derben zu beſchleunigen; wenn der kleine Handwerker,


ſeinen Geſellen ausgiebig bezahlen kann, ſo iſt ſie es,
welche den Handwerker einen „Ausſauger“ und —
dieſer Hohn! — einen „Kapitaliſten“ nennt, gegen den
ſie die Geſellen zum Streiken treibt, bis er auch ſein
Letztes verliert, ruiniert iſt und — Sozialdemokrat
wird. Ihr Zweck iſt erreicht, und nicht nur der eine,
auch als „Singerianer“, als Judenſchutztruppe hat
ſie ihre Pflicht erfüllt: ſie hat den Mann, und der
Jude hat das Geld! Eine Partei des Verderbens
iſt ſie, die den Handwerker für ſich und die Juden —
und nicht nur den Handwerker allein — ſyſtematiſch
zugrunde richten läßt und dazu mithilft, um ſich dann


für ihre ſchändlichen Zwecke zu mißbrauchen. Dann
wird nachgearbeitet mit „Internationalität“, „Brüder-
lichkeit“, „Vaterlandsloſigkeit“, alles in einem Atem,
und ſo zwiſchen dem neuen „Proletarier“, welcher ſich
in dieſen wahnſinnigen Ideen verſtrickt, und ſeine
frühere Geſellſchaft eine Kluft geſchaffen, die nicht mehr
zu überbrücken iſt. —
Daß ſo und nicht anders die Verhältniſſe gelagert
ſind, beweiſen die Thatſachen, und mehr und mehr
breitet ſich das Verſtändnis dafür in Handwerkerkreiſen
aus; das Beſtreben, ſich zu organiſieren, um dem
emporgediehenen Schwindel und der damit verbündeten
Sozialdemokratie machtvoll entgegentreten zu können,
der Eintritt in den Kampf für den Befähigungs-
nachweis, bilden ſchöne Erfolge von Beſtrebungen, an
denen unſere Partei den weittragendſten Anteil hat.
Jene Reformen ſind aber nur herbeizuführen zugleich
mit der Bekämpfung des Judentums, in welchem ſich
die dargelegten verderblichen Mißſtände verkörpern;
eine geeinigte Mittelſtandspartei, deren Bildung durch
die ineinandergreifenden und auf denſelben Gebieten ſich


gleichen Gegner eine notwendige Folge iſt, iſt in der
That bereits vorhanden; es iſt die unſrige, die Deutſch-
ſoziale Reformpartei, wie mir mit Recht behaupten
können, denn ſie iſt diejenige, welche alle, auch die von
den Handwerkern erſtrebten Grundſätze, ihrem Pro
gramm einverleibt hat. Mögen ſich unter ihrem
Banner alle Stände vereinigen, welche bis jetzt im
vergeblichen Kampfe um ihre Exiſtenz gerungen haben,
und in ſtarker Einigkeit kann und wird der endgiltige


nicht ausbleiben.

— Meber den Kaiſer und den Brinzen von
Wales wird aus London geſchrieben: „Ein hieſiges
Damenblatt, das ſehr gute Beziehungen zu Hofkreiſen
unterhält, bemerkt, es ſei auffällig, daß niemand davon
Notiz genommen habe, daß in dieſem Sommer zwiſchen
dem deutſchen Kaiſer und dem Prinzen von Wales
keinerlei Begegnung ſtattgefunden, trotzdem die beiden
hohen Perſönlichkeiten ſo nahe bei einander — der
 
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