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Badischer Volksbote: für Deutschtum, Thron und Altar ; Organ der Deutsch-Sozialen Reform-Partei in Baden (7): Badischer Volksbote: für Deutschtum, Thron und Altar ; Organ der Deutsch-Sozialen Reform-Partei in Baden — 1896

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No. 31 - No. 40 (17. März - 14. April)
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'; A37.


7. Zahrgaug





Der „Sadiſche Yolkahote“ er-
ſcheint smal wöchentlich (Diens-
tag, Donnerstag und Samstag).
Verlag und Leitung:
Heidelberg, Bahukofſtvaſje 9.
Telegramui-Adreſſe:
Yeolksbote HeiPelberg,
7 Auzeigenyreis:
Die oͤgeſpaltene Petitzeile 10 vPfg.







. unfere Boten in Heidelberg 1 M.
Am 2 oder von unſerer
Erxpedition abgeholt 80 Pfg.
Noſt· Zeitungs· Vreisliſte
* Vrx. 455,





— Die Yeidspolt und ihre geautten.

; Bekanntlich erfreut ſich die Reichspoſtverwltung
von Jahr zu Jahr ſteigernder Einnahmen und ganz
erklecklicher Ueberſchüſſe. So erfreulich das iſt, ebenſo
betrübend iſt es, zu ſehen, wie mit dieſen Geldern
verfahren wird. Es erxſtehen fortgeſetzt prächtige Poſt-
gebäude, eine Zierde der betreffenden Orte, und es
waäre eine wahre Luſt fuͤr die Beamten der Reichspoſt,
Ddarin zu ſchaffen, wenn die Poſtbehörde auch nur ent-
fernt für das leibliche Wohl derſelben bedacht wäre
wie ſie für die Augenweide und Bequemlichkeit des
Publikums Sorge trägt. Es iſt aber eine bekannte
und berechtigte Klage namentlich der Unterbeamten,
der die deutſch⸗ſoziale Reformpartei im Reichs-
tage ſchon wiederholt Ausdruck gegeben hat, daß die-


vielfach von ihren Vorgeſetzten in einer Weiſe


Kritik gegen dieſe Behörden herausfordert.
Wuie wir ſchon mitteilten, iſt von ſeiten der
Ddeutſch ſozialen Reformpartei (Simmermann und Gen.)
jüngſt eine Reſolution dem Reichstage vorgelegt
worden, des Inhalts: „Den
erſuchen, zu veranlaſſen, daß Boſtſchalter Dienſtſiunden
_ an Sonn⸗ und Feſttagen auf die Zeit von 7/8 bis 9
Aßr vormittags und von 12—2 Ahr nachmittags
eftgeſetzt werden.” Am 24. März kam dieſe Re-
ſolution beim Etat der Poſt⸗ und Telegraphenverwaltung
zur Sprache Wir geben im Folgenden die Reden


haben. Der erſtere führte aus:
„Bereits vor 2 Jahren haben wir uns in der
Sitzung am 12. Februar 1894 über die Ziele ausge-
ſprochen, welche ſich in unſerer Reſolution verdichtet
haben: Wie ich aus den damaligen Berichten feſt-
ſtellen kann, haͤtten meine Ausführungen über die Ver-
legung der Dienſtſchalterſtunden von den verſchienſten


gleichgeſtellte Uhr bei der Poſt auch Sonntags nicht
zur Ruhe kommt. Es iſt daher unbedingt erforderlich,


Saffen. Unfer Beſchluß, daß die Packetbeſtellung an
Sonn und Feiertagen nach 10 Uhr ruhen foll, kommt
nur für einen Bruchteil der Beamten und Unter-


derſelben würde nur zu erzielen ſein, wenn die denkbar
ungünſtig gelegenen Sonntags⸗Nachmittagsſtunden abge-
ſchafft werden. Das wird, da eine völlige Beſeitigung
nicht zu erwarten iſt, nur geſchehen können, weun die
Dienſttunden von 5 bis 7 Uhr nachmittags im Sinne
unſerer Reſolution in die Zeit von 12 bis 2 Uhr
mittags verlegt werden. Wir verlangen alſo garnicht
eine Verkürzung der Sonntagsdienſtſtunden des
Schalterverkehrs, ſo gern wir auch eine Abfchaffung
fſehen würden. Wir wollen nur den Wunſch einer
ſehr großen Zahl von Beamten und zugleich den
Wunſch eines beträchtlichen Teils des deutſchen


langt, duß die Dienſtſtunden auf eine andere Tages-
zet verlegt werden, weil dadurch die Beamten und


kämen. Neuerdings ſind wieder Erhebungen ſeitens


- 13, Mal, wenn ich nicht irre. Früher ſind auch
Berichte von Geſchäften, Handelskammern u. ſ. w.
Eingefordert worden, die zum größten Teile unſerem
Vorſchlage günſtig ausgefallen ſind. Leider iſt es
bisher beim alten geblieben. Es liegt bei der Poſt-
verwaltung ähnlich wie beim Reichsamt des Innern,
— 8 werden Erhebungen und Ermittelungen augeſtellt,
und hinterher läßt man es beim alten. Es iſt
dringend erforderlich, den im Reichstag wiederholt
cimütig zum Ausdruck gekommenen Wünſchen mehr
als bisher Folge zu geben. Wenn wir ſo oft be-
tonen, daß wir im Zeitalter der Sozialreform leben,
ſollte man vor allen Dingen bemüht ſein, in den
Staatsbetrieben den ſozialreformatoriſchen Forderungen
gerecht zu werden. Es iſt eine eigentümliche Er-
ſcheinung, daß unter der Einführung, ſozialer Re-
formen diejenigen am meiſten leiden, die ſich nicht























Staatsbetrieben beobachten Ich erinnere nur an die
Lage der Poſthilfsboten, die durch die Ein-
führung des Altersſtufenſyſtems ſich noch mehr ver-


klagenswerte iſt, ſo daß der Reichstag, wenn die Poſt-


Maßnahmen energiſch vorzügehen gezwuagen ijt.
Wenn es möglich iſt, daß die Poſthilfsbolen nach
3jähriger Dienſtzeit nur 2,40 Mark täglich be-


man von dieſen Leuten Zufriedenheit verlangen, die


ſein; wie leicht könnte ein recht arbeitswütiger
Hebräer nach dem Schaͤlter kommen und müßte
warten, er würde ſich vielleicht beſchweren und
dann würde dafür geſorgt werden, daß auf
die Beſchwerde hin noch ein anderer Beamter um


Poſtverwaltung gegen die vorgeſchlagene Aenderung
ſind bereits inı Jahre 1894 von mir widerlegt worden.
Auch die neuexen Einwendungen ſind nicht ſtichhaltig,
der Weg zur Beſſerung iſt mit unſerer Reſolution ges


beſſerungsvorſchläge Annahme faͤnden.
Jahresfriſt die zweite Briefbeſtellung am Sonntag
abſchaffte, hieß e& auch, die Schwierigkeiten wären za


und ebenſo wird es auch mit der Verlegung der
Die Poſtverwaltung wird
keinen finanziellen Verluſt haben, dagegen wird
Tauſenden von Beamten eine große Wohlthat erwieſen.
In der Provinz haben die meiſten Poftämter mindeſtens
von 12—1 Uhr Telegraphendienſt, der Beamte muß
zugegen ſein, darf aber keine Marke verkaufen. Es


Nachmittags die Schalterſtellen offen zu halten, man
müßte denn ſehr übertriebene Rückſichten auf jene Leute
nehmen, die unchriſtlich genug ſind, um am Sonntag


Unſere
Forderung iſt aber dringendes Bedürfnis und wir
bitten um möglichſt einmütige Zuſtimmung.“ Geifall.)


Mehrzahl der kaufmänniſchen Korporationen, die über
dieſe Frage befragt worden ſeien, hätten ſich dahin


lafjen. — ;
Abg. Zimmermann erwidert darauf: „Aus


habe ich meinerfeits keine beweiskräftigen Gründe ent-
nehmen können, die der Annahme unſerer Reſolution
im Wege ſtänden. Es ſind die alten Einwände, die
ſchon früher gemacht und widerlegt worden ſind. Aus
der ſtändigen Wiederholung derſelben kann ſich durch-
Die bisherige Ein-
richtung hat ſich nicht bewährt, und wenn geſagt wird,
es ſei eine alte eingelebte Gewohnheit und es müſſe
dabei bleiben, ſo weiß ich nicht, wo die Kulturfort-
ſchritte und die Fortſchritte gerade
Sonntagsruhe und der Sozialreform bleiben ſollen.
Die Poſtverwaliung hat doch ſonſt — und das iſt das
Verdienſt des bisherigen Cheſs derſelben — in vielen
Dingen das fortſchreitende Element gewahrt. Hat
eine Einrichtung ſich nicht bewährt, ſo ſoll und muß
eine Aenderung eintreten und die von uns empfohlene
liegt im Intereſſe der geſqmten Sonntagsheiligung
und Sonntagsordnung, anderſeits aber auch im


thut ſie keinem Teil des Publikums irgendwie wehe,
wenigſtens ſoweit es der chriſtlichen deutſchen Be-










bei Annahme der Reſslution von ſeiten der Regierung
das erreicht würde, daß die Schalter künftig überall
an Sonntagen um 2 Uhr geſchloſſen und nur in


geführt würden, die von unſerer Seite aus in Vor-


iſt allerdings nur das „Nein? herauszuhören und
dieſes Nein! gegenüber den Reformvorſchlägen, die
für das Gebiet der Poſtverwaltung ſo oft aus der
Mitte des Reichstages laut geworden ſind, hat aller-


lehnung aller von ihm geäußerfen Reformwünſche
gegenüber der Poſtverwaltung auch einmal die Geduld
Geifall.) — —
Während das Zentrum ſich ſympathiſch über die
Leſolution des Abg. Ziminermann äußert, nur
Schablonenhaftigkeit vermieden wiſſen möchte, verhält
ſich, wie e& ja bei der be -kannten „Mittelſtands-


Hammacher dixekt ablehnend der Reſolution
gegenüber. Dieſelbe wird denn auch ſchließlich ab-


gezogen, denen der ganze Sonntag Nachmittag dadurch


Poſtſachen abholen müffen.


deutſch ſeziale Abg. Weruer das Wort zu folgenden

Ausführungen: — *
Bei der zweiten Leſung des Poſtetats habe ich

auf eine Anzahl Maßregelungen aufmerkſam gemacht,


vorgekommen ſind. Es wurde ſelbſtverſtändlich vom


bin aber heute in der Lage, dem Herrn Unterftdats-
ſekretär Material zu unterbreiten und hoffe, daß er
Veranlaſſung nehmen wird, die Sache zu unterſuchen.
Der Oberpoſtdirektor Gräfe in Braunſchweig richtet
an Beamte, die im Oberpoſtdirektionsbezirk Braun-
ſchweig angeſtellt werden ſollen, folgendes Schreiben:
„Sie werden zum 1. April d. J. im dieſſeitigen Be-
zirke etatsmäßig angeſtellt. Sie wollen hierunter an-
geben, ob Sie dem Aſſiſtentenverbande augehören.
G. F. ſehe ich einer Erklärung Ihrerſeits, auf Ehren-


niemals fördern werden. Der Kaiſerliche Oberpoſt-
direktor Gräfe.“ Der Brief iſt witte März d. J.
geſchrieben. Das Verfahren iſt nicht nur unerhört,


Nachdem wir bei der zweiten Leſung dieſe Maß-
regelungen ſcharf verurteilt haben, wagt e& der Ober-
poſtdirektor Gräfe in dieſer unverſchämten Weiſe vor-
zugehen. Ich muß geſtehen, in der Poſtverwaltung
müſſen ganz eigentümliche Verhältniſſe herrſchen, und
es wäre wirklich am Platze, endlich einmal Wandel
zu ſchaffen. Wie kommt der Herr Oberpoftdirektor


mit den Beamten in anderen Bezirken direkt zu ver-
kehren? Herr Gräfe iſt ſich der Unzuläſſigkeit ſeines
Verfahrens wohl bewußt. Er greift deshalb zu einem
ganz geſchäftswidrigen Verfahren, indem er ſich unter
Uebergehung der Poſtamtsvorſteher und der dem Be-
amten, vorgeſetzten Oberpoſtdirektion an die betreffenden
Beamten direkt wendet. Wenn man nun vom Bundes-
ratstiſche aus auch erklären ſollte: Das iſt unrichtig,
oder wir ſind nicht informiert und dergleichen mehr,
ſo werden wir uns doch nicht abhalten laſſen, der-
artiges Material zu ſammeln und es fort und fort.


zuhalten. Dann habe ich von Verſetzungen geſprochen,
die „im Intereſſe des Dienſtes? vorkommen ſollen.
Ich habe wieder eine kleine Aufſtellung von Ver-
ſetzungen, die erſt nach der zweiten Beratung des
Etats ſtattgefunden haben. Merkwürdig iſt es, daß
ſich die Verſetzungen immer auf ſolche Poſt- und
Telegraphenbeamte beziehen, die Vorſtandsmitglieder
des Poſtaſſiſtentenverbandes ſind. Es iſt z. B. ver-
ſetzt worden der erſte Vorſitzende des Bezirksvereins
 
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