M 50,
S
©
Der „Vadiſche Volkabote er-
ſcheint mal wöchentlich (Diens-
tag, Donnerstag und Samstag).
Verlag und Leitung:
Veidelbers. Bahuhofſtrᷣaßte 9.
Telegramm⸗Adreſſe: ;
‚Yolksbote Heidelberg,
* —— —
Die oͤgeſpaltene Petitzeile 10 Pfg.
Haus gebracht M, 1.25, durch
unfere Boten in Heidelberg! M.
Am Poſtſchalter oder von unjerer
Expedition abgeholt 80.Pfg. —
Polt-Zeitungs-Preislifte
. 055 4
Die Lrage der görſenreform,
die im Volke jchon ſeit langer Zeit, namentlich ſeit
war, befindet ſich ſeit einigen Jahren im akuten
Stadium. Die großen Zuſämmenbrüche aus dem
Herbſt 1891, die ſich an die Namen Friedländer und
Sommerfeld, Herzfeld und Wolff, Löwy, Polke, Maaß
und Andexe anknüpfen, ſowie die unglaublichen
Schwindeleien der großen Börſenfürſten, die dabei ans
Tageslicht kamen, ſie gaben den entſcheidenden Anſtoß,
der den Stein „Börfenreform“ ins Rollen brachte.
Das große Verdienſt, im Volk Aufklärung über das
Börſentreiben und damit Verſtändnis für dasſelbe er-
weckt zu haben, gebührt der unermüdlichen
Agitation der antiſemitiſchen
in ihren Verſammlungen ſtets zum Gegenſtand der
Erörterungen machten.
ſemitiſcher Vortrag gehalten worden ſein, worin nicht
auch dieſer Krebsſchaden des modernen wirtſchaftlichen
Lebens zur Sprache gekommen wäre. Und nur da-
durch iſt es überhaupt möglich geworden, die öffent-
liche Meinung ſo ſtark zu beeinflufſen, daß nunmehr der
annehmen wird, welches die ſchlimmſten Mißbräuche
der deutſchen Spielhöllen zu beſeitigen verſpricht.
Terminhandel. Erfreulicherweiſe
weiß, wie ungeheuer die deutſche Landwirtſchaft ſchon
geſchädigt worden iſt durch die willkürlichen Preis-
drückereien des Terminhandels, der wird ohne langes
Zandern für ein Verbot desſelben ſtimmen, und 1o
eine kompakte Mehrheit; gegen das Verbot ſtimmten
nur die privilegierten Vertreter des ödeſten Man-
cheſtertums: Freiſinn und Demokratie, und ſelbſtver-
ſtändlich die Sozialdemokraten unter Führung des
Juden Singer. *
Nicht minder notwendig iſt das Verbot des
Terminhandels in Bankpapieren. Hier ſind die Vor-
ſchläge der Regierung wie des Reichstagsausſchuſſes
ungenügend. Nur für Papiere, von denen weniger
als für 20 Millionen Mark vorhanden ſind, ſoll das
Terminſpiel verboten werden, es würde alſo fortdauern
gerade in den eigentlichen internationalen Spiel-
papieren, in den Aktien der großen Banken, ja es
würde das bedenkliche Differenzſpiel darin noch ge-
fördert werden. Das kann unmöglich der Wille der
Geſetzgebung ſein. Das Terminſpiel ſollte, wie ſchon
vor dem Unterſuchungsausſchuß vorgeſchlagen iſt, nur
für Weripapiere geſtattet ſein, von denen mindeſtens
200 Millionen Mark vorhanden ſind, alſo nur für
Staatspapiere. Da mögen ſich die Börſenſpieler um
achtel und viertel Prozente herumſchlagen, wie in
Verleitungen dazu wären nur dann wirkſam unterdrückt.
Und ſollte die Börſe wirklich verſuchen, dieſe Spiel-
geſchäfte nach dem Auslande zu verlegen, ſo werden
ſich Mittel und Wege finden laſſen, um derortige
internationale Geſetzesumgehungen zum Nachteile der
deutſchen Kapitaliſten zu treffen.
Von größter Wichtigkeit ſind endlich die Vor-
ſchriften über die Zulaſſung von Wertpapieren, ins-
beſondere über die Haftung der Emiſſtonsbanken auf
Grund des Proſpekts. Auch hier iſt der Entwurf
unzulänglich. Die Haftung lediglich wegen groben
Verſchuldens genügt nicht, mindeſtens muß die erſte
Faſſung wieder hergeſtellt werden, wonach die
Emiſſionshäuſer verpflichtet ſind, die Sorgfalt eines
ordentlichen Kaufmanns zu üben. Hat man denn
ſchon vergeſſen, daß das deutſche Volksvermögen
allein durch Maſſeneinfuhr argentiniſcher, portu-
gieſiſcher und griechiſcher Papiere um mehr als eiae
Milliarde M. geſchädigt worden iſt? Die bankerotten
Staaten entziehen ſich der Verantwortlichkeit, und ſo
muß den Emiſſionsbanken eine wirkſame Haftung auf-
erlegt werden, damit ſie in Zukunft ſich ſcheuen,
zweifelhafte exotiſche Papiere auf den deutſchen Markt
zu bringen.
—
Ein gläubiger Katholik muß
2* Antiſemit ſein.
Wir haben ſchon wiederholt mißbilligend hinge-
wieſen auf die planmäßige Hetze der Demokratie und
des Liberalismus gegeu die rechtglaubigen Ehriſten
und beſonders gegen die der katholiſchen Kirche. Man
aber es iſt durchaus verwerflich und geradezu un-
ſittlich, religiöſe Gebräuche, die den Bekennern der
katholiſchen Konfeſſion teuer und heilig ſind und der
Geſamtheit keinen Nachteil bringen, mit giftigem Hohn
zu begeifern. Es thun dies aͤlſo gerade diejenigen
Parteien, die nicht laut genug „Toleranz“ gegen
das Judentum predigen können, die den Kampf, den
Hebräertum führt, fort und fort al& „religiöfe Verhetzung“
bezeichnen. Tolexanz gegen das Judentum, größte In
toleranz gegen das Ehriſtentum, beſonders ſoweit es
die katholiſche Konfeſſion anlaugt, das ſcheint die
Parole für den Liberalismus — den ſogenannten
„National“-Liberalismus nicht ausgeſchloſſen — zu ſein.
Wenn man nun der Grundukſache für dieſe Er-
wieder auf den Juden ſtoßen. Die Judenpreſſe iſt
es ja ganz ſpeziell, die den Kampf gegen das Chriſten-
ders gehäſſiger Weiſe ſchürt, um aus der zunehmen-
den Entchriſtlichung und der daraus entſpringenden
Verlotterung des Volkes für ſich Kapital zu ſchlagen.
Wie ſtellt ſich dieſer Thatſache gegenüber nun die
Rechte der katholiſchen Kirche ſein will? Leider muß
man da konſtatieren, daß ſie ihre Pflicht nicht in ge-
nügendem Maße erfüllt. Sie geht dem Liberalismus
großen Milde. Auch ſie iſt da von dem liberalen
Toleranzduſel ergriffen und überläßt es der meiſt
ſozial⸗antiſemitiſchen Preſſe allein, den Erzfeind der
katholiſchen Kirche zu bekämpfen. *
Was nützt es, wenn hin und wieder in der
Zentrumspreſſe auch ein mißbilligendes Wort gegen
das Judentum mit unterläuft? Das wirkt gerade
verurſacht, durch nervenberuhigende Mittel zu be-
täuben ſucht, das Bandeltier aber unbehelligt auf
Nur ein kräftiges Abtreibungsmittel kann da etwas
nützen.
Die katholiſche Kirche wird von ihren Anhängern
gern als ſtreitbare, als eine Streiterin Goltes be-
zeichnet. Nun wohl, ſo iſt e& doch vor allen Dingen
nötig, zunächſt den Hauptfeind unſchädlich zu
machen, und daher müßte es in der Natur der Sache
liegen, den heiligen Streit gegen den jüdiſchen
Geiſt zu proklamieren. Das Wort „Toleranz“ iſt da
aber ſehr ſchlecht angebracht. Durch ſanfte Ermahn-
ungen wird man bei dem Hebräertum nicht das Ge-
ringſte ausxichten, höchſtens neuen Spott ernten; da
ſind ſchon draſtiſche Mittel nötig. Darum gilt es
für das Zentrum, endlich einmal offen und ehrlich
Stellung zu nehnien zu der Judenfrage, und laſſen
ſich die Führer der Partei nicht dazu herbei, ſo
müffen ſie durch das katholiſche Bolk dazu g e
der Agrarfrage der Fall geweſen iſt. Auch hierin
hat es die Zentrumspartei an der nötigen Klaxtzeit
und Einſicht fehlen laſſen. Da traten die katholiſchen
Bauern in Schleſien und im Rheinlande geſchloſſen
auf und drohten, als katholiſche Abteilung dem Bunde
der Landwirte beizutreten. Das half! Vorigen
Samſtag hat das Zentrum im Reichstage geſchloſfen
für die Aufhebung des Getreideterminhaͤndels geſtimmt
und damit eine erlöſende That vollbringen helfen.
Daß die katholiſche Geiſtlichkeit, die in politiſcher
Hinſicht bekanntlich durchweg dem Zentrum angehört,
ſich ſehr wohl der Gefahr, die der chriſtlichen Religion
ſeitens des Judentums droht, bewußt iſt, haben wir
oft genug aus gelegentlichen Preßaͤußerungen erkanni
Blattes vom 15. Auguft 1895 zugefandt, die eben:
falls einen recht bezeichnenden Artikel enthält, Ders
jelbe iſt von Dechant Dr. Hammer in Wolfftein
Rheinpfalz) verfaßt und bildet einen Teit eines Reiſe-
berichtes: „Reiſe eines alten Wanderburſchen aach
In dieem MArtikel wird erzählt, daß in dem
bis auf das des Mario Faliero, der als Hoͤch-
verräter im Jahre 1355 enthauptet worden ift. An
pro criminibus‘“ (Hier iſt der Platz für Marino
wird Näheres über die Art und Weiſe des Hochs
vexrates mitgeteilt. Daran knüpft nun der Verfaffer
folgende Bemerkungen: *
„Der alte Unfereiner hätte aber dieſen Zug aus
der Geſchichte Venedigs gar nicht erzählt, wenn nicht
dem großen Saal der Weltgeſchichte, wo die Bilduiſſe
aufgehängt ſind, an die Stelle, wo unſer Jahrhundert
aufgehängt werden ſollte, die Inſchrift zu ſetzen! „Hier
iſt der Ort für das neunzehnte Jahrhundert, hinge-
richtet wegen ſeiner Verbrechen“, und dieſe Stelle daun,
wie jene für den Dogen von Venedig, mit einem
ſchwarzen Tuche zuzuhängen. Was find e8 denn aber
hundert hingerichtet wiſſen möchte? Ich will e& nicht
ſeine heilige Kirche gefrevelt und gefündigt! Aber jür
dieſe Verbrechen will der Berline: Jude und Com-
tet wiſſen, das ſind ihm vielmehr die Heldenthaten,
die unſer Jahrhundert auszeichnen; die toͤdeswürdigen
daß die ausgeſaugten, ausgebeuteten, ausgeſtohlenen,
ausbetrogenen (!) Chriſten in den letzten Jahren Miene
machten, ſich die Lebens- und Schacherpraktiken der
Juden nicht mehr ſo ohne weiteres gefallen zu laffen.
Der alte Wanderburſche iſt kein Antiſemit und ver-
an den Juden; ja, noch mehr, er anerkennt mit vollem
Herzen das Gebot, das da lautet: Du ſollſt deinen
Nächſten lieben, auch wenn er ein Jude iſt. Aber
davor behüte mich Gott, daß ich dem Juden das Recht
zuerkenne, Alles, was uns Chriſten heilig iſt, unge-
ſtraft anzuſtänkern und mit ſeinem ekien Geifer zu
beſudeln, wie das dermalen in allen Judenblättern ge-
pater Albert Maria Weiß in einem Aufſatz:
„Eine Stunde im Vatikan; eine Rundſchau von der
höchſten Wetterwarte der Welt“ ſagt: „Die Juden
haben von dem Tage an, wo eine falſchverſtandene
Großmütigkeit ihnen das Bürgerrecht in der chriſt-
geliefert hatten, daß ſie in dieſe hineinpaſſen, ſich in
der chriſtlichen Geſellſchaft betragen wie in einem er-
oberten Lande, und gelebt und gewirtſchaftet, als
gelten von nun die chriſtlichen Geſetze überhaupt nicht
mehr.“ Nun könnte doch mal wieder die Zeit kommen,
wo die Chriſten ſich das nicht mehr von den Juden
gefallen laſſen. Es hat ſogar ein Jude ſeiner Zeit
— beim Kampf gegen den preußiſchen Schulgeſetzent-
wurf, woran alle Judenblätter des bischen Chriſten-
tums wegen, das der Entwurf noch in den Schulen
gewahrt wiſſen wollte, ſo ſchmählichen Anteil genommen
— geſagt: „Wir verlangen die Freiheit, uagläubig zu
ſein“ Meinetwegen ſeid was Ihr wollt, Voll- oder
Halbblutjuden, Freimaurer und Gauner, aber das
wollen wir uns ausgebeten haben, daß Ihr unſern
göttlichen Heiland nicht abermals geißelt, mit Dornen
krönt und an's Kreuz ſchlagt! Ihr ſolltet doch ge-
rade genug haben an dem großen Fluch, der auf
Eurer Raſſe laſtet, und zu Eurer Schande nicht auch
S
©
Der „Vadiſche Volkabote er-
ſcheint mal wöchentlich (Diens-
tag, Donnerstag und Samstag).
Verlag und Leitung:
Veidelbers. Bahuhofſtrᷣaßte 9.
Telegramm⸗Adreſſe: ;
‚Yolksbote Heidelberg,
* —— —
Die oͤgeſpaltene Petitzeile 10 Pfg.
Haus gebracht M, 1.25, durch
unfere Boten in Heidelberg! M.
Am Poſtſchalter oder von unjerer
Expedition abgeholt 80.Pfg. —
Polt-Zeitungs-Preislifte
. 055 4
Die Lrage der görſenreform,
die im Volke jchon ſeit langer Zeit, namentlich ſeit
war, befindet ſich ſeit einigen Jahren im akuten
Stadium. Die großen Zuſämmenbrüche aus dem
Herbſt 1891, die ſich an die Namen Friedländer und
Sommerfeld, Herzfeld und Wolff, Löwy, Polke, Maaß
und Andexe anknüpfen, ſowie die unglaublichen
Schwindeleien der großen Börſenfürſten, die dabei ans
Tageslicht kamen, ſie gaben den entſcheidenden Anſtoß,
der den Stein „Börfenreform“ ins Rollen brachte.
Das große Verdienſt, im Volk Aufklärung über das
Börſentreiben und damit Verſtändnis für dasſelbe er-
weckt zu haben, gebührt der unermüdlichen
Agitation der antiſemitiſchen
in ihren Verſammlungen ſtets zum Gegenſtand der
Erörterungen machten.
ſemitiſcher Vortrag gehalten worden ſein, worin nicht
auch dieſer Krebsſchaden des modernen wirtſchaftlichen
Lebens zur Sprache gekommen wäre. Und nur da-
durch iſt es überhaupt möglich geworden, die öffent-
liche Meinung ſo ſtark zu beeinflufſen, daß nunmehr der
annehmen wird, welches die ſchlimmſten Mißbräuche
der deutſchen Spielhöllen zu beſeitigen verſpricht.
Terminhandel. Erfreulicherweiſe
weiß, wie ungeheuer die deutſche Landwirtſchaft ſchon
geſchädigt worden iſt durch die willkürlichen Preis-
drückereien des Terminhandels, der wird ohne langes
Zandern für ein Verbot desſelben ſtimmen, und 1o
eine kompakte Mehrheit; gegen das Verbot ſtimmten
nur die privilegierten Vertreter des ödeſten Man-
cheſtertums: Freiſinn und Demokratie, und ſelbſtver-
ſtändlich die Sozialdemokraten unter Führung des
Juden Singer. *
Nicht minder notwendig iſt das Verbot des
Terminhandels in Bankpapieren. Hier ſind die Vor-
ſchläge der Regierung wie des Reichstagsausſchuſſes
ungenügend. Nur für Papiere, von denen weniger
als für 20 Millionen Mark vorhanden ſind, ſoll das
Terminſpiel verboten werden, es würde alſo fortdauern
gerade in den eigentlichen internationalen Spiel-
papieren, in den Aktien der großen Banken, ja es
würde das bedenkliche Differenzſpiel darin noch ge-
fördert werden. Das kann unmöglich der Wille der
Geſetzgebung ſein. Das Terminſpiel ſollte, wie ſchon
vor dem Unterſuchungsausſchuß vorgeſchlagen iſt, nur
für Weripapiere geſtattet ſein, von denen mindeſtens
200 Millionen Mark vorhanden ſind, alſo nur für
Staatspapiere. Da mögen ſich die Börſenſpieler um
achtel und viertel Prozente herumſchlagen, wie in
Verleitungen dazu wären nur dann wirkſam unterdrückt.
Und ſollte die Börſe wirklich verſuchen, dieſe Spiel-
geſchäfte nach dem Auslande zu verlegen, ſo werden
ſich Mittel und Wege finden laſſen, um derortige
internationale Geſetzesumgehungen zum Nachteile der
deutſchen Kapitaliſten zu treffen.
Von größter Wichtigkeit ſind endlich die Vor-
ſchriften über die Zulaſſung von Wertpapieren, ins-
beſondere über die Haftung der Emiſſtonsbanken auf
Grund des Proſpekts. Auch hier iſt der Entwurf
unzulänglich. Die Haftung lediglich wegen groben
Verſchuldens genügt nicht, mindeſtens muß die erſte
Faſſung wieder hergeſtellt werden, wonach die
Emiſſionshäuſer verpflichtet ſind, die Sorgfalt eines
ordentlichen Kaufmanns zu üben. Hat man denn
ſchon vergeſſen, daß das deutſche Volksvermögen
allein durch Maſſeneinfuhr argentiniſcher, portu-
gieſiſcher und griechiſcher Papiere um mehr als eiae
Milliarde M. geſchädigt worden iſt? Die bankerotten
Staaten entziehen ſich der Verantwortlichkeit, und ſo
muß den Emiſſionsbanken eine wirkſame Haftung auf-
erlegt werden, damit ſie in Zukunft ſich ſcheuen,
zweifelhafte exotiſche Papiere auf den deutſchen Markt
zu bringen.
—
Ein gläubiger Katholik muß
2* Antiſemit ſein.
Wir haben ſchon wiederholt mißbilligend hinge-
wieſen auf die planmäßige Hetze der Demokratie und
des Liberalismus gegeu die rechtglaubigen Ehriſten
und beſonders gegen die der katholiſchen Kirche. Man
aber es iſt durchaus verwerflich und geradezu un-
ſittlich, religiöſe Gebräuche, die den Bekennern der
katholiſchen Konfeſſion teuer und heilig ſind und der
Geſamtheit keinen Nachteil bringen, mit giftigem Hohn
zu begeifern. Es thun dies aͤlſo gerade diejenigen
Parteien, die nicht laut genug „Toleranz“ gegen
das Judentum predigen können, die den Kampf, den
Hebräertum führt, fort und fort al& „religiöfe Verhetzung“
bezeichnen. Tolexanz gegen das Judentum, größte In
toleranz gegen das Ehriſtentum, beſonders ſoweit es
die katholiſche Konfeſſion anlaugt, das ſcheint die
Parole für den Liberalismus — den ſogenannten
„National“-Liberalismus nicht ausgeſchloſſen — zu ſein.
Wenn man nun der Grundukſache für dieſe Er-
wieder auf den Juden ſtoßen. Die Judenpreſſe iſt
es ja ganz ſpeziell, die den Kampf gegen das Chriſten-
ders gehäſſiger Weiſe ſchürt, um aus der zunehmen-
den Entchriſtlichung und der daraus entſpringenden
Verlotterung des Volkes für ſich Kapital zu ſchlagen.
Wie ſtellt ſich dieſer Thatſache gegenüber nun die
Rechte der katholiſchen Kirche ſein will? Leider muß
man da konſtatieren, daß ſie ihre Pflicht nicht in ge-
nügendem Maße erfüllt. Sie geht dem Liberalismus
großen Milde. Auch ſie iſt da von dem liberalen
Toleranzduſel ergriffen und überläßt es der meiſt
ſozial⸗antiſemitiſchen Preſſe allein, den Erzfeind der
katholiſchen Kirche zu bekämpfen. *
Was nützt es, wenn hin und wieder in der
Zentrumspreſſe auch ein mißbilligendes Wort gegen
das Judentum mit unterläuft? Das wirkt gerade
verurſacht, durch nervenberuhigende Mittel zu be-
täuben ſucht, das Bandeltier aber unbehelligt auf
Nur ein kräftiges Abtreibungsmittel kann da etwas
nützen.
Die katholiſche Kirche wird von ihren Anhängern
gern als ſtreitbare, als eine Streiterin Goltes be-
zeichnet. Nun wohl, ſo iſt e& doch vor allen Dingen
nötig, zunächſt den Hauptfeind unſchädlich zu
machen, und daher müßte es in der Natur der Sache
liegen, den heiligen Streit gegen den jüdiſchen
Geiſt zu proklamieren. Das Wort „Toleranz“ iſt da
aber ſehr ſchlecht angebracht. Durch ſanfte Ermahn-
ungen wird man bei dem Hebräertum nicht das Ge-
ringſte ausxichten, höchſtens neuen Spott ernten; da
ſind ſchon draſtiſche Mittel nötig. Darum gilt es
für das Zentrum, endlich einmal offen und ehrlich
Stellung zu nehnien zu der Judenfrage, und laſſen
ſich die Führer der Partei nicht dazu herbei, ſo
müffen ſie durch das katholiſche Bolk dazu g e
der Agrarfrage der Fall geweſen iſt. Auch hierin
hat es die Zentrumspartei an der nötigen Klaxtzeit
und Einſicht fehlen laſſen. Da traten die katholiſchen
Bauern in Schleſien und im Rheinlande geſchloſſen
auf und drohten, als katholiſche Abteilung dem Bunde
der Landwirte beizutreten. Das half! Vorigen
Samſtag hat das Zentrum im Reichstage geſchloſfen
für die Aufhebung des Getreideterminhaͤndels geſtimmt
und damit eine erlöſende That vollbringen helfen.
Daß die katholiſche Geiſtlichkeit, die in politiſcher
Hinſicht bekanntlich durchweg dem Zentrum angehört,
ſich ſehr wohl der Gefahr, die der chriſtlichen Religion
ſeitens des Judentums droht, bewußt iſt, haben wir
oft genug aus gelegentlichen Preßaͤußerungen erkanni
Blattes vom 15. Auguft 1895 zugefandt, die eben:
falls einen recht bezeichnenden Artikel enthält, Ders
jelbe iſt von Dechant Dr. Hammer in Wolfftein
Rheinpfalz) verfaßt und bildet einen Teit eines Reiſe-
berichtes: „Reiſe eines alten Wanderburſchen aach
In dieem MArtikel wird erzählt, daß in dem
bis auf das des Mario Faliero, der als Hoͤch-
verräter im Jahre 1355 enthauptet worden ift. An
pro criminibus‘“ (Hier iſt der Platz für Marino
wird Näheres über die Art und Weiſe des Hochs
vexrates mitgeteilt. Daran knüpft nun der Verfaffer
folgende Bemerkungen: *
„Der alte Unfereiner hätte aber dieſen Zug aus
der Geſchichte Venedigs gar nicht erzählt, wenn nicht
dem großen Saal der Weltgeſchichte, wo die Bilduiſſe
aufgehängt ſind, an die Stelle, wo unſer Jahrhundert
aufgehängt werden ſollte, die Inſchrift zu ſetzen! „Hier
iſt der Ort für das neunzehnte Jahrhundert, hinge-
richtet wegen ſeiner Verbrechen“, und dieſe Stelle daun,
wie jene für den Dogen von Venedig, mit einem
ſchwarzen Tuche zuzuhängen. Was find e8 denn aber
hundert hingerichtet wiſſen möchte? Ich will e& nicht
ſeine heilige Kirche gefrevelt und gefündigt! Aber jür
dieſe Verbrechen will der Berline: Jude und Com-
tet wiſſen, das ſind ihm vielmehr die Heldenthaten,
die unſer Jahrhundert auszeichnen; die toͤdeswürdigen
daß die ausgeſaugten, ausgebeuteten, ausgeſtohlenen,
ausbetrogenen (!) Chriſten in den letzten Jahren Miene
machten, ſich die Lebens- und Schacherpraktiken der
Juden nicht mehr ſo ohne weiteres gefallen zu laffen.
Der alte Wanderburſche iſt kein Antiſemit und ver-
an den Juden; ja, noch mehr, er anerkennt mit vollem
Herzen das Gebot, das da lautet: Du ſollſt deinen
Nächſten lieben, auch wenn er ein Jude iſt. Aber
davor behüte mich Gott, daß ich dem Juden das Recht
zuerkenne, Alles, was uns Chriſten heilig iſt, unge-
ſtraft anzuſtänkern und mit ſeinem ekien Geifer zu
beſudeln, wie das dermalen in allen Judenblättern ge-
pater Albert Maria Weiß in einem Aufſatz:
„Eine Stunde im Vatikan; eine Rundſchau von der
höchſten Wetterwarte der Welt“ ſagt: „Die Juden
haben von dem Tage an, wo eine falſchverſtandene
Großmütigkeit ihnen das Bürgerrecht in der chriſt-
geliefert hatten, daß ſie in dieſe hineinpaſſen, ſich in
der chriſtlichen Geſellſchaft betragen wie in einem er-
oberten Lande, und gelebt und gewirtſchaftet, als
gelten von nun die chriſtlichen Geſetze überhaupt nicht
mehr.“ Nun könnte doch mal wieder die Zeit kommen,
wo die Chriſten ſich das nicht mehr von den Juden
gefallen laſſen. Es hat ſogar ein Jude ſeiner Zeit
— beim Kampf gegen den preußiſchen Schulgeſetzent-
wurf, woran alle Judenblätter des bischen Chriſten-
tums wegen, das der Entwurf noch in den Schulen
gewahrt wiſſen wollte, ſo ſchmählichen Anteil genommen
— geſagt: „Wir verlangen die Freiheit, uagläubig zu
ſein“ Meinetwegen ſeid was Ihr wollt, Voll- oder
Halbblutjuden, Freimaurer und Gauner, aber das
wollen wir uns ausgebeten haben, daß Ihr unſern
göttlichen Heiland nicht abermals geißelt, mit Dornen
krönt und an's Kreuz ſchlagt! Ihr ſolltet doch ge-
rade genug haben an dem großen Fluch, der auf
Eurer Raſſe laſtet, und zu Eurer Schande nicht auch