Der Zadiſche BDolksbote erſcheint Zmal wöchentlich
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Telegramm Adreſſe: Boltsbote Heidelberg.
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durch unſernBoten Mk. 1.—
oſt · Zeitungs · reisſiſte ı. 155
— ga der deutfeh
X 18.
‘ 7. Jahrg.
/ Aufruf!
Der Wahlkreis Osnabrück ˖ Berſenbrück⸗Iburg,
bisher vertreten durch den nationalliberalen Abgeord-
_ neten Wamhoff, iſt durch Ungiltigkeits Erklärung des
Mandats frei geworden. — —
Die deutſch⸗ſoziale Reformpartei, die in den letzten
Jahren lebhafte und erfolgreiche Agitation im Waͤhl-
kreiſe entfaltet hat, beabfichtigt in den Wahlkampf ein.
zutreten und hat zuſammen mit dem Bund der Land-
wirthe als Mittelſtandskandidaten den Herrn
Manrermieiſter Weidner (Osuabrüch
— W —
Bei energiſcher Wahlarbeit iſt der Sieg für uns
zu erringen. Zum Kampfe gehört Geld und zwar
brauchen wir ſchnell Geld.
Wir bitten unſere Parteigenoſſen daher, ihr
beizutragen.
Sendungen ſind zu richten an: —
1. den Kaſſenwart unſerer Partei, Herrn Dr. Viel-
haben, Hamburg, Hohe Bleichen 31,
2. den Kaſſierer des Wahlvereins Osnabrück, Herrn
Drogenhändler Ernſt Muff, Osnabrück und
3. die Schriftleitung des „Badiſchen Volksboten“.
Berlin, im Februar 1896. 2*
Zimmermann. Liebermann v. Sonnenberg.
— s —
Zur Lage der Konfektiondarbeiter,
ausgebrochene Streik der Konfektionsarbeiter nimmt
die allgemeinſte Aufmerkſamkeit für ſich in Anſpruch
und, was ſonſt im allgemeinen bei Streiks nicht der
Fall zu ſein pflegt, die Sympathie aller billig
denkenden Menſchen ſteht auf Seite der Streikenden.
Denn, dank der gerade in der Konfektionsbranche
überhand nehmenden jüdiſchen Schwindelkonkur-
die für Konfektionsgeſchäfte arbeiten, ſd' ſchmachvoll
gering, daß thatſächlich eine Schneiderin, wenn ſie
nicht verhungern will, in die Lage verſetzt wird, durch
unkeuſchen Lebenswandel ſich einen „Nebenverdienſt“
zu verſchaffen. Bekanntlich iſt dies von dem Kom-
pagnon des jüdiſchen Sozialdemokraten Singer den
in ſeiner Mäntelfabrik beſchäftigten Mädchen geradezu
in höhniſcher Weiſe angeraten worden, als fie über
führten.
Die ſchlimme Lage ſolcher Arbeiterinnen hat
pellation geführt, ob die Regierung geſetzgebkriſche
Maßnahmen zum Schutze für Geſundhelt und Sitt-
lichkeit und gegen Ausheutung dieſer Arbeiterinnen
durch das Truckſyſtem zu ergreifen beabſichtige.
Dieſe von nationalliberaler Seite eingebrachte
Juterpellation mag vielfach die Auffaſſung erweckt
haben, ols ob diefe Anfrage durch den in der Con-
fektionsbranche ausgebrochenen Streik veranlaßt worden
ſei und der Reichstag eine Art Schiedsgericht bilden
und ein erlöſendes Wort ſprechen werde. Dem war
jedoch nicht ſo, die Anfrage iſt älteren Datums, ſie
iſt, ſo ſchreibt die „Staatsbztg.“, beſtellte Arbeit der
Regierung die ſich für dieſe Zwecke immer der national-
liberalen Partei bedient. Die Inbaber der großen
Konfektionshäuſer haben ſeit Wochen den Reichskanzler
ſowohl, wie die Chefs einzelner Reichsämter mit der
Bitte beſtürmt, etwas zu thun, um den drohenden
Streik zu beſchwören. Zu dieſem Zwecke wurde die
Interpellation gewünſcht und von der nationalliberalen
Partei eingebracht. Ihre Beſprechung iſt aber leider
zu ſpät gekommen, der Streik war inzwiſchen aus-
gebrochen.
Ebenſo irrig wäre die Annahme, wenn man aus
dem Umſtande, daß dieſe Interpellation von den
Naticnalliberalen eingebracht iſt, den Schluß ziehen
wollte, dieſe Partei habe ihr ödes Mancheſterthum
preisgegeben und ſei in ſozialpolitiſche Bahnen ein-
gelenkt. Sogialpolitiſch ſind die Nationalliberalen nur,
ſich auch einige weiße Raben unter ihnen, die ab und
die Fraftionsknute ſchwingt, knicken ſie zufammen.
Das haben wir vor einigen Tagen erſt bei dem An-
trage des Ahgeordneten Baffermann erlebt, auf
den mancher Vauhandwerker vbrübergehend feſte Hoff-
nungen geſetzt haben mag, und wenn der Umfall am
Mittwoch nicht ſo in die Erſcheinung trat, ſo lag es
einfacd) nur daran, daß es zu keiner Abſtimmung kam.
Damit ſoll der gute Wille des Abgeordneten Heyl zu
Hernsheim in keiner Weiſe angezweifelt werden. Er
durch die Zugehörigkeit zu dieſer auf den todten Strang
Was nun den Verlauf der Berathung am Mitt-
woch im einzelnen anlangt, ſo iſt zunächft hervorzuheben,
wähut wurde. Es haͤndelt ſich in der Hauptfache uur
Arbeiterinnen in der Wäſche und Konfektionsbranche
entgenengetreten werden kann. Der Staatsſekretär vou
durch das Schwitz⸗ und Truckfhſtem die Arbeiterinnen
aufs ſchlimmſte ausgebeutet werden. Mit der ihm
eigenen Wärme richtete er einen Appell an die chriſt-
liche Bevölkerung und an die Arbeitgeber, gemeinfam
mit der Regierung es ſich angelegen ſein zu laſſen,
dieſen Krebsſchaden zu beſeiiigen Er ſtelite die „baldige
Einberufung“ der Reichskominiſſion für Arbeiterſtatiſtit
in Ausſicht, die nach berſchiedenen Richtungen hin
Erhebungen anſtellen und ſo der Regieruig Material
für wirkſame Maßnahmen zur Beſeitigung dieſes
Krebsſchadens bieten ſolle. Man wird Herrn v. Botticher
einwenden, daß dieſe Erhebungen bereits im Jahre
1887 angeſtellt ſind und daß die Mißſtände, die gegẽn-
lange klar lagen. Hätte die Regierung auf Grund
dieſer Streik, der ſo viel Elend mit ſich führen wird,
Wir
hoffen, daß die Regierung, durch die Thalſachen belehrt,
nunmehr energiſcher die Angelegenheit fördern wird.
miniſter vertraten im großen und ganzen den Stand-
punkt des Herrn v. Bötticher. Hervorgehoben zu
werden verdient aus der Rede des letzleren die immerhin
verbindliche, aber doch ziemlich deutliche Ablehnung der
Die
Sozialdemokraten ſchickten merkwürdigerweiſe nicht ihren
Fachmann Singer, den ehemaligen Mäntelfabrikanten,
ſondern den Schriftſetzer Fiſcher ins Feld, der ſich
wie immer auf den Standpunkt völliger Verneinung
ſtellte. In abgedroſchenen Phraſen und faden Redens?
arten zog er gegen das Ausbeuterthum los, aber auch
uicht einen einzigen poſitiven Vorſchlag brachte er zur
Beſeitigung des Nothſtandes der Arbeiterinnen oder
zur Beilegung des Streikes bei.
In zutreffender und von faſt allen Seiten des
Hauſes beifällig aufgenommener Weiſe legte der anti-
ſemitiſche Abgeordneie Zimmermann daszweideutige
Spiel der Sozialdemakraten klar. Er wies nach, wie
die jüdiſchen Konfektionäre und Sozialdemokraten
auf verſchlungenen, aber ſich immer wieder kreuzenden
Pfaden Hand in Hand arbeiten, um die gutgläubigen
deutſchen Arbeiter auszuplündern. Die ſozialdemo-
kratiſchen Führer und die ſozialdemokratiſche Preſſe
treiben den Arbeiter in die jüdiſchen Schleuderbazare,
wo ſie ihr gutes Geld los werden. Der Inhaber
dieſer Bazare zahlt den Arbeitern Hungerlöhne, geht
im übrigen Hand in Hand mit den ſozialdemokratiſchen
Führern und unterſtützt ihre Agitation, und die
Herren Sozialdemokraten halten dann lange Reden
über die erhärmlichen Zuſtände und über die ſcheuß-
liche Ausplünderung der armen Arbeiterinnen. Die
Herren Sozialdemokraten lärmten zwar ab und zu,
aber als Herr Zimmermann fie aufforderte, doch ihren
Fachmann Singer mit poſitiven Vorſchlägen vorzus
ſchicken, hüllten fie ſich in Schweigen und Herr Singer
Loſt ſchwieg auch. Seinem Beiſpiel folgle auch Herr
Richter mit ſeinen Getreuen; er moͤchle es weder
mit den Sozialdemokraten, noch mit dẽn Konfektid-
nären verderben, und deshalb gab er ſeinen Freunden
den Rat, nicht zu reden. —2— —
So hat denn dieſe Interpellation die Hoffnungen
derer getäuſcht, die auf eine eingehende Erörterung der
gegenwärtigen Streikbewegung rechneten. Andererfeits
hat fie aber in anerkennenswerter Weiſe ſchwere
vorhanden, daß die Reichsregierung in kurzer BZeit
Nöchte auch der Appell an die beſitzenden Klaſfen nicht
bergeblich geweſen ſein, der dahin ging, daß die Töch-
er wohlhabender Leute nicht fernerhin den akmen
müſſen, unnötige und zuweilen unlautere Con- -
currenz machen! Von deutſchſozialer Seite iſt ſchon
Frauen und Mädchen ausgeht, welche das jo erworbene
Geld .ediglich dazu benußen, ihrer Putzfucht oder
ihrer SGenußfucht zu frönen. Auch hier würde freilich
ſofort Beſſerung zu ſchaffen ſein, wenn die Arbeitgeber
ſich nur klar machen, daß an dem Gelde, welches ſie,
ohne es nötig zu haben, auf dieſe Weiſe erwerben,
die Thränen, ja oft genug auch die Schande ihrer
Schweſtern kleben! Wehkhaft deutſches und cHrifte
liches Denken auf beiden Sciten, dann wird es auch
beſſer werden!
— —
—
— ——
_ Tagesfragen.
' — Aationaltiberale Aittelſtändler In Han-
verſammlung der nationalliheralen Partei der Provinz
Hannover ſtatt. In derſelhen ſprach der Juſtizrath
in Stadt und Land. Der „Hannov. Poſt“ entnehmen
wir folgendes ſiber dieſe Verfammlung. Redner führte
aus, daß beſonders die landwirthſchaftliche Lage
in Frage komme. Die nationalliberale Partei erkenne
die Nothlage der Landwirthſchaft ſeit langer Zeit an,
gleichwohl aber fei es nicht ſo leicht, ihr zu helfen.
Der Anirag Kanitz ſei unduxchführbar, wie auch die
Regierung (!) zugeſtanden habe. Jedenfalls aber werde -
die Partel ſich der Landwirthe naͤch Kräften annehmen.
(Dürften wir fragen, wie? Die Red.) Desgleichen
wolle man dem Haͤndwerk helfen und die Vorlage betr.
den unlauteren Wettbewerb, Hauſterhandel, Detail-
reiſende, ſei zu hegrüßen. Der Vorſchlag Wallbrechts
ſcheine desgleichen Sympathien für ihn zu hegen. In
Sachen Bund der Landwirthe ſprach Referent
die ſehr ſonderbare Anſicht aus, derſelbe habe bisher
nur mit Hilfe der Konſervativen geſtegt. Wirthſchafts-
Dieſelben ſollten ſich daher nur getroft anderen
politiſchen Vereinen angliedern. (Etwa den National-
Die wahre Mittelſtandspartei ſei die
nationalliberale Partei. (Wer lacht da?). Ihr Ziel
ſei, für den Mittelſtand voll und ganz einzuͤtrelen,
denn dieſer ſei die einzige Grundlage zur geſunden
Entwickelung unſeres deutſchen Vaterlandes. (— Anm.
der Red.: „Und das wagt dieſelbe Partei zu be-
haupten, welche uns beglückt hat mit Freizügigkeit,
Gewerbefreiheit, Börſenſchwindel, Job-
berei und — . —.. — Soziaͤldemokratie? Es
ſcheint aber Leute zu geben, die alles können, nur
nicht ſchamroth werden.“ In der Verſammlung
kam dann auch der richtige gebührende „Wiſcher“ und
zwar von Herrn Landtagsabgeordneten Schoof, welcher
in der Debatte bemerkte, daß zunächſt der Antrag
Kanitz der Landwirthſchaft einzig und allein helfen
werde, man werde ihn deshalb immer wieder aufſtellen,