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Badischer Volksbote: für Deutschtum, Thron und Altar ; Organ der Deutsch-Sozialen Reform-Partei in Baden (7): Badischer Volksbote: für Deutschtum, Thron und Altar ; Organ der Deutsch-Sozialen Reform-Partei in Baden — 1896

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No. 81 - No. 90 (26. Juli - 15. August)
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—4 —
Der Ladiſche Volksbote er-
ſcheint dreimal wöchentlich.
Verlag und Leitung:
Heidelberg Bahnuhof ſtraße 9.






vreis vierteljahrlich
durch den Briefträger frei ins
Haus gebracht MF. 1.25, am Poſt-
ſcchalter oder duxch unfere Boten
in Heidelberg Me von unſerer



— ⏑ i 3 Ara A 8 — abgeholt SO Pfg.
und des Vodiſijtn Dauernbundes, — drn yn
Die 5gequ1teqe Petitzeile 10 Pfg. / — * 2 * Ur z55.
—— 8* Heidelberg, Sonntag, den 2. Auguſt 1896, — 7. Zahrgaug.







Zolitiſcher Teil.
Ik der Autiſemitismus im Nieder-
— gange begriffen?
Von liberalen und anderen Judenblättern wird
in der letzten Zeit viel gefaſelt über einen angeblichen
Niedergang! des Antiſemitismus. Herx von Moſch,
der letzte Trabant des Rektors Ahlwardt, behauptet
dies ja in ſeiner „Deutſchen Reform“, und deswegen
muß es ja wohl „wahr“ ſein. Die „Deutſch⸗ſozialen
Blätter“, von Herrn v. Liebermann herausgegeben,
erteilen darauf folgende Antwort: „
„Die „Freiſinnige Zeitung? Herrn Richters und


Verein zur Abwehr des Antiſemitismus, gemeinhin


Waſchzeltel an die ihnen zugänglichen Zeitungen ver-
ſendet zu haben, die den obigen Leitſatz in verſchiedenen
Tonarten behandeln. Wie oft iſt der Antiſemitismus
ſchon während der letzten 16 Jahre in den Spalten
der jüdiſchen Preſſe totgeſchlagen worden und wie
lebendig hat er ſich trotzdem ausgebreitet.
wir es den Herren von der Gegenpartei, ihre Angſt
vor uns ein wenig zu betäuben und ſich in den ſchönen
Traum vom „Niedergange des Antiſemitismus“ ein-
zulullen. Wir werden ſie ſchon wecken, wenn es an
der Zeit iſt. —


ſonderen Trumpf gegen uns auszuſpielen.
Führer der Antijemiten“ hat in ſeinem „Blatte
dieſen Niedergang ſelbſt zugeſtanden. Und nun wird


nachgedruckt, von deſſen Vorhandenſein %100 der
deutſchen Antiſemiten keine Ahnung haben, und welches
als letzter Ausläufer des Ahlwardt-Rummels ſeine
Scheinexiſtenz, wenn wir recht unterrichtet ſind, nur
noch auf Grund der Gebelaune eines Hamburgers


wicht, aber wir ſchöſſen ſeineiwegen ohne Zweifel noch


ihm neuͤlich bei der Anweſenheit der Wiener Anti-
ſemiten in Berlin das Uuglück paſſiert iſt, daß man
in vorgerückter Stunde ſeine ſchwungvolle Rede auf die
Damen nicht mehr hören wollte, ja daß man ſogar in
noch ſpäterer Stunde einen verfrühten Neujahrsſcherz
mit ſeinem Hute unternommen haben ſoll, da wurde


im Niedergange begriffen ſei. Flugs ſtimmte er ſeine
Trauerharfe und ſiehe da! ſein Lied fand unverhofften
Beifall bei den — Juden. Einen ganz beſonderen
Haß hat der Sänger * den Abgeordneten v. Lieber-
mann geworfen, obwohl dieſer bisher noch niemals

it gehabt habt, ſich im mindeſten mit ihm zu be-


dem Unglück mit dem Hute und dem Damentoaft iſt,
da er vorſichtigerweiſe ſolchen rauſchenden Berliner
Feſten fern zu bleiben pflegt. Das hilft aber alles
nichts. Nach den Auslaſſungen des oben erwähnten
Blaͤttchens aus den letzten Wochen iſt v. L. ein böſer
Reaktionär und Junker, er brütet mit dem Finanz-
miniſter Miquel und der „Staatsbürger⸗Zeitung“ zu-
ſammen ſchwarze Pläne aus, den Antiſemitismus in
den Regierungsſumpf zu locken, er liefert die anti-
ſemitiſche Bewegung den Pfaffen aus.


kratismus uns noch die ganze Reichseinigkeit ruinieren


mann die antiſemitiſche Partei. Er ift . ... . im
übrigen Summa Summarum der Verderb der anti-
ſemiliſchen Bewegung.“ — Da haben wir die Be-
ſcherung. Schrecklich! — Nun, wenn Herr v. Lieher-
mann keine größeren Parteiſorgen hätte, als die ihm


riſtiſcher Leiter machie, ſo könnte er ganz zufrieden ſein.

Aber Scherz bei Seite. Liegen wirklich ernſte
Anzeichen vor, die auf einen Niedergang der anti-
ſemitiſchen Bewegung ſchließen laſſen? Wir können
dieſe Frage mit gutem Gewiſſen verneinen. Alle Be-
obachtungen, die wir im Laufe des letzten Jahres in
allen Teilen Deutſchlands haben machen können, be-
weifen vielmehr, daß die Erkenntnis der uns vom
Judentum drohenden Gefahren ſtetig und unaufhaltſam
an Kraft und Tiefe gewinnt. Unſere beſteg Helfer
ſind dabei die Juden jelber, indem ſie durch ibr Thun
und Treiben unabläffig neue Beweiſe für die Be-




rechtigung und Notwendigkeit des Antiſemitismus
ſchaffen. — Auch unſer fozialpolitiſches Programm,
an deſſen Form und Faſſung mit Recht noch mancherler
auszufetzen ſein mag, führt uns fortgeſetzt neue An-
hänger zu, weil es einheitlicher und zeitgemäßer als


denen man den Verſuch gemacht hat, den Moſt der
neuen Zeit in alte geflickte Schläuche zu füllen. —
Die Agrar⸗ Handwerker⸗ und Mittelſtands-Bewegung
verſchmilzt ſich mehr und mehr mit uns. Die Deutſch-


wir getroſten Mutes und voll Hoffnung in die Zukunft


zu wollen, daß dieſes erfreuliche Geſamtbild auch


Eine Reihe kleiner antiſemitiſcher Zeitungen ſind im
Laufe der letzten beiden Jahre eingegangen, andere
ringen ſchwer im Kampfe ums Daſein. Trotzdem
tauchen immer wieder neue Zeitungsproſpekte auf. Jeder


Dieſe koſtſpielige Neigung hat ſchon Unſummen Geldes
nutzlos verſchlungen, die, richtig für Organifation und
Agitation verwendet, großen Nutzen zu ſchaffen im
Stande geweſen wären. Angeſichts dieſer Thatſache
muß immer wieder die eindringliche Mahnung an
unſere Geſinnungsgenoſſen erhoben werden, unſeren be-
ſtehenden Parteizeitungen Leſer und Inſerate zuzu-
führen und ſie außerdem durch zuverläſſige, regelmäßige
Mitteilungen über die Vorkommniſſe in der Partei zu


über halte man die Taſchen zu. Die Blätter, die


der geeinigten Partei zu tragen ſich bemühen, bekämpfe
man energiſch. Wir können uns den Luxus der Un-
einigkeit nach Außen weniger geſtatten als irgend eine
der alten Parteien, die gerade jetzt von allen Seiten


wir augenblicklich in auffälligem Maße ausgeſetzt ſind,
haben ihren guten Grund. Man fühlt ſich in der
eigenen Haut nicht wohl; man hat ſich in der letzten


möchte, darum bläſt man zum Sturme gegen die
Antiſemiten. *


außerlichen Erfolge der letzten Monate nicht ſonderlich


Gewiffen des katholiſchen Volkes getrieben, und ein
Teil der Zentrumspreſſe giebt der Entrüſtung der


eine unwürdige, lächerliche Rolle ſie als Gefolgsmannen


mehrmals in nationalen Fragen die Initiative verpaßt
haben und von der kleinen Fraktion der deutſchſozialen
Reformpartei überflügelt worden ſind. So z. D. bei
der Verteidigung des Fürſten Bismarck und beim Falle
Bafhford. Darum verſuchen ſie uns in den Augen


Die Konfervativen endlich, in deren Reihen von
Disziplin je länger je weniger zu ſpüren iſt, empfinden
mit begreiflichem Unbehagen, daß die Zeiten vorüber
ſind, wo wir ſie auf Grund ihres, heute, wie es ſcheint,
außer Kraft geſetzten Tivoliprogramms als Kampfes-
genoffen anſahen und ſie möglichſt ſchonten. Aber ſie
haben kein Recht, ſich über unſere veränderte Haltung
zu beklagen.
geworfen. Wir nehmen ihn auf!

Ilſo Feinde ringsum, und nur ſich wehren bringt


Sommerferien zu machen. — In Heſfen-Darmſtadt
gilt es, unſeren Beſitzſtand zu behaupten und das für
ungültig erklärte Mandat des Abg. Köhler aufs neue
zu erobern. Unſer Parteigebiet iſt viel zu groß ge-
worden, als daß unſere wenig zahlreichen Abgeordneten
allein überall die Agitation betreiben, die Organiſation
durchfuͤhren könnten. Daxum ſollen die Geſinnungs-


eigenem Entſchluſſe eifrig an der Vollendung der
Wahlkreis⸗Orgaͤniſationen arbeiten. Ohne Organi-
ſation kein Sieg. Das Iehren uns die Mißerfolge
von Osnabrück und Ruppin. Mögen auf dem nächſten







treter von Wahlkreiſen zur Stelle ſein, die pflichtgemaß
melden, können: „Wir ſind kampfbereit und hoffen


den Reichstag zu entfenden!“ — Die Stimmung in
deutſchen Landen iſt allerorten für uns die denkbar
günſtigſte. Uns liegt es ob, dieſe Stimmung Ddereinft _
in Waͤhlſtimmen umzuſetzen. Gelingt es, ſo werden
ſelbſt die blindeſten Gegner nicht mehr von einem


einem gewaltigen Aufſchwunge des Antifemitismus in
Deutſchland zu berichten haben. 4—

* Sie bleiben ſich überall gleich, die Herrel
Nationalliberalen nämlich. Wie es dieſelben mit unferem
Abg. Pflſterer im bad. Landtage machen, genau ſo
machen es die Herren im heſſiſchen Landtage! Beweis
folgende Auszuͤge aus zwei heſſiſchen Zeitungen. Der


Abs Baͤhr (ſehr ſchwer verftändlich): Obwohl ſeine
politiſchen Freunde und er an und für ſich keine Gegner
der vorliegenden Verträge ſeien, ſo müßten ſie doch

ſchon aus dem Grunde gegen dieſelben ſtimmen, weil


worden wäre zu gering bemeſſen geweſen fei. In der
— könne er ſich den Ausführungen dex Abgg.
Metz (Gießen und Waſſerburg anſchließen. Um ſich

eine Vorſtellung von dem zu erwartenden Verhältnis

ſ4 Preußen machen zu können, müſſe man die Borge-


man zurückgehe bis auf den Großen Kurfuͤrſten, ſo werde


verbunden habe (?), .um letzteres zu ſchädigen. Er verweiſe


ſei Preußen zu ſeiner Machtſtellung gelangt. Man

möge alſo ſehr vorſichtig ſein und lieber unterlaffen,
Gemeinſchaft mit djeſem Staate zu
treten Die finanzielle Seite ſei genügend hervorge-


—%’efier} 14 Millionen mehr zahleı müſſe, als dies im
erhältnis ſeiner Strecken geſchehen follte Hiermit


geſehene Million an Heſſen zahlen. Was die Anſtellungs-
derhältniſſe der Beainten anlange, ſo glaube er, daß
wir ſehr bald keine

derſetzt mürden. Wenn man die Vermaltung der ober-
heſſiſchen Eiſenbahnen ſchlecht gemacht habe ſo könne
er ſich hiermit nır einverſtanden erklären. Um dorten
beſſere Verhältniſſe herbeizuführen, brauche man die
Hilfe Preußens nicht in Anſpruch
ſolle nur einen Perſonenwechſel in Gießen eintreten.
laſſen, denn Herr Altpatex ſei den obexheſſiſchen Bahnen
ein Stiefvater. Suͤddeutſchland erweiſe man entſchieden


Verträge eingehe. Ganz abgeſehen davon ſtimmiten er
und ſeine politiſchen Freunde ſchon deshalb gegen die
Vorlage, weil keine Kündigung im BVertragsverhältniffe.


Preußen ausliefexe *
Aus dieſem offiziellen Berichte wird nun von den
Juden⸗ und geiſtesverwandten Blättern folgender


Aog Bühr bleibt ganz unverjtändlich; ſeine Schilde-
rung der 2 — e __au? der Main⸗Weſerbahn erregt
mehrfach die Heiterkeit des Hauſes.

Man kann ſich nur noch Über die Meiſterhaftigkeit
dieſer Geſellſchaft im Fälſchen wundern. Hier wie
dort — überall die gleiche Geſinnungstüchtigkeit? der

— Bom DeuffH-nationalen Nadfahrer-Berband.


RKadfahrern, die in Veranlaſſung meines letzten Auf-


getreue Mitkämpfer beigetreten ſind und in begeiſterten
Worten ihre Freude über Gründung des Verbandes
kundgaben. Ein großes und ſchweres Unternehmen
haben wir mit der Gründung unſeres Verbandes ins


daß jeder der Getreuen ſeine ganze Thatkraft einſetzt.
um unferm jungen Verbande zu Macht und Anſehen
zu verhelfen. Nicht dürfen wir mehr auf halbem Wege
ſtehen bleiben, ſondern müſſen rüſtig vorwärts ſchreiten,
um unſeren Feinden zu zeigen, daß der deutfch-nationale
Gedanke kein Hirngeſpinſt iſt, wie man ſich auszu-
drücken erdreiſtet — ſondern daß die Begeiſterung für
denfelben gerade in unſeren Tagen ſtark und mächtig
genug iſt, um aller internationalen Mächte elendes
Machwerk zu zertrümmern. Es kann nicht meine Auf-
gabe ſein, mich an dieſer Stelle über die Berechtigung
und Größe der deutſch-nationalen Bewegung des wei-
teren zu verbreiten. Jeder, der noch einen Tropfen
deutſchen Blutes in ſich fühlt, der noch ein Herz hat
für fein Volk und ſein Vaterland, wird ſich derſelben
gewiß anſchließen. — Und ſo wende ich mich denn
 
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