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Badischer Volksbote: für Deutschtum, Thron und Altar ; Organ der Deutsch-Sozialen Reform-Partei in Baden (7): Badischer Volksbote: für Deutschtum, Thron und Altar ; Organ der Deutsch-Sozialen Reform-Partei in Baden — 1896

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No. 121 - No. 130 (27. Oktober - 18. November)
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Der Sadiſche Molksbote“ er-
ſcheint dreimal wöchentlich.
Verlag und Leitung:
Beidelberg, Hauptflraße õ.
Telegramm⸗Adreſſe:
Yolksbote Heidelberg,









Expedition abgeholt 80 Pfs.





—2— eigenpreis: -Zeitungs-
— ol ‚ N ——
* 124. * Heidelberg. Wittwoch; den 4, Aovember ISo6. 7. Zahrgang. *



Solitiſcher Teil.
Jidiſcher handel mit (hriſteumüdihen.
Schweizeriſche Blaͤtter meldeien juͤngſt, daß die
öfterreichifhen Behoͤrden einem ganzen Ring? von
iübijden MäddHenhHändlern — die Namen der
Juden wurden genannt — auf die Spur gekommen
‚feten, und daß Ddiefe „Chrenmänner“ die Ausfuhr von
Chriſtenmaͤdchen teils nach Ler Schweiz, teils nach Suͤd⸗
amerila vermitteln, um ſie an Laſterhoͤhlen zu verſchachern,
und in der gegenwaͤrtigen Nummer haben wir die Mit-
teilung zu machen, daß die deutſchen Polizet Verwaltungen
ren Montevideo aus abermals auf einen beruͤchtigien
Maͤdchenhaͤndler, natuͤrlich ebenfalls Jude, aufmerkjam
gemacht worden ſind. Dies erinnert an den vor einigen
Jaͤhren in Lemberg ſtattgehabten Prozeß, bei welchem 37
Juden wegen ſchamloſen, beſtialiſchen Maͤdchenhandels

vtrurteilt wurden.

Leider wird ſeit Jahren von ungariſchen Juden
Handel mit weißen Sklaven getrieben, und es werden
Chriſten maͤdcher, insbeſondere in Oeſterreich⸗-Ungarn und
auch in Deutſchland, durch glänzende Verſprechungen und
falſche Vorſpiegelungen angelockt und der Schande und
dem Elend preisgegeben.

Vor mehreren Jahren hat Wilhelm Joeſt, der Europo
bereiſte und ſich genaue Kenntuis uͤber den ſchamloſen
Maͤdchenhandel verſchaffte, daruͤber geſchrieben:

VMan ereifert ſich in unſerem moraliſchem Dtuiſch-
land oft über den Sklavenhandel, den irgend ein weſt-
Arikaniſcher Negerfürft treibt, oder über die Zuſtaͤnde in
Cuba und Braſtlien, und ſollte ſich doch lieber des Balkens
im eigenen Auge erinnern; denn in keinem Lande wird
mit weißen Sklavinnen in ſolcher Weiſe gehandelt, aus
keinem Lande wird ſo vlel diefer lebenden Waare ex-
portiett, wie gerade aus Deutſchland und Oeſterxeich
Ungarn. Der Weg, den dieſe Maͤdchen nehmen, laͤßt
ſic ganz genau verfolgen. Von Hamburg werden ſie
nach Suͤdamerika verſchifft, Bahia, Rio de Janeiro erhaͤlt
ſeine Quote, der groͤßte Teil aber iſt fuͤr Montevideo
und Buenos Aires beſtimrt, waͤhrend ein kleiner Reſt

durch die Magellanſtraße bis Valparaiſo geht. Ein

anderer Strom wird über England oder direkt nach Nord-
amerika Ddirigiert. . ... Unter dem Titel, Böhminnen“
werden weitere Schaaren deutſcher Mädchen uͤber die

Alpen nach Jtulien exportiert und wandern dann weiter
ſuͤdlich nach Altxandria, Suez, Bombay, Calcutta bis
Singapore, ja nach Hongkong und Shangai hin.
Hollaͤndiſch Indien and Oſtaſten, zumal Japan, ſind
ſchlechte Maͤrkte, da Holland in ſemen Colonien keine
weißen Maͤdchen dieſer Art duldet und in Japan die
Toͤchter des Landes ſelbſt zu huͤbſch und billig ſind. . . .
Rußland wird von Oſtpreußen, Pommern und Polen
aus verſorgt, die erſte Station iſt meiſt Riga, hier
aſſertieren ſich die Petersburger und Moc kauer Händler
und ſchicken ihre „Ware” in großen Quantitaͤten nach
Niſchny-Nowgorod bis über den Ural nach Irbis und
Kreſtowsly, ja, bis ins innerſte Sibirien hinein; ſo traf
ich z. B. ein deutſches, auf dieſe Weiſe verhandeltes
Maͤoͤchen in Tſchiia jenſeits des Baikal Sees. Dieſer
großartige Handel iſt vollkommen organiſtert, er wird
durch Agenten und Handlungereiſende . vermittelt, . . .“

Ebenſo ſchrieb einmal die in Buenos-Ayres er-
ſcheinende Deutſche La Plata⸗Zeitung' unter Darlegung
einer Anzahl von Faͤllen und Angabe der Namen der
juͤdiſchen Händler:

Zur Steuer der Wahrheit muͤſſen wir brkennen,
daß hoͤchſt wahrſcheinlich ohne Mitwiſſen der Behoͤrden
in unſerer Stadt mit verſchiedenen von Europa an-
zekommenen Maͤdchen Handel getrieben wird, und daß
jene im zarten Alter befindlichen weiblichen Weſen als
DBandels⸗Artikel betrachtet werden, gleichwie man Felle
verhandelt. Leider cxiſtirt hier ein weiblicher Sklaven-
mailt, auf welchem alle Kontrakte mi! der weußlichſten
Schamloſtgkeit abgeſchloſſen werden.. Wir ſchreiten


das oͤſterreichiſch-

DOperatioa, deren Glaubwuͤrdigkeit
ungariſche Konſulat in Buenot-Ayre8 garantiert. . . .
Der ſchamloſe Handel mit Chriſtenmaͤdchen iſt ſchon
wiederholt im Drulſchen Reichstage zur Sprache gelommen.
Als in dır Reichstagoſitzung vom 28. Februar 1881.
der Abg. Gareis die Fordetung ſtellt:, daß ein gewiſſer
ſtrafrechilicher Schutz zur Verhinderung des Maͤdchen-

haͤndels gewährt werde, erklärte der Reiche kanzler:
Ich wuͤrde dem Borredner darkhar ſein, wenn er
e Guͤn haben wollte, den Wunſch, welchen er formulierte,



in ſchriftlicher Geſtalt, entweder in Form eines Antrages
oder blos in der Mitteilung eines Wunſches an das
Auswaͤrlige Amt tinzureichen.“ *—
Letzteres geſchah auch indem der Vorſchlag gemacht
wurbe, den Handel mit Menſchen unter Antrohung von
Zuchthausſtrafe bis zu 15 Jahren und gleichzeitiger
Confielation des Schiffes und jeiner Ladung zuͤ verbieten,


In der Reichstagsſitzung vom
28. Naͤrz 1887 () wurde des abſcheulichen Maͤdchen-
handels wiederum gedacht, und der Direktor im Aus-
waͤrtigen Amte, Hellwig, gab zur Antwort:


haben wir ſtets forgrältige Nochforſchungen gepflogen,
ſowohl im Inlande, wie im Auslande an den Stelien,
vo ſolche Verleitungen ſtattfinden. Unſer⸗ Konſuln ſind
inſtruirt, wenn thunlich, einzuſchreiten und haben auch
vielfach Hilfe geleiſtet, namentlich auch in den Nieder-


erſchwert, iſt meiſtens die Unmoͤglichkeit, genügende Beweiſe


Verleiteten, welchen Verhaͤliniſſen ſie entgegengehen.


une, ihren Anregungen Folge zu geben.“
Endlich wurde auch in der Reichstagsſitzuag vom


und der Staate Selreiaͤr v. Boͤtticher erklaͤrte, diefe Frage


über dieſe Dinge derſelben zur Kenntnis gebracht wuͤrde.
Wahrlich, es iſt hohe Zeit, dem nichtswuͤrdigen
Maͤdchenhandel, der hauplſaͤchlich von Juden betrieben


ſollft nicht begehren Deines Naͤchſten Weib” bemerkt:
Das Weib des anderen iſt ausgenommen“ (Tr.
Sach. 52, 2), endlich ein Ziel zu ſehen. Dies kaͤnn
nur durch eine internattonale Vereinbarung unter An-
drohung hoher Strafen und der Unailtigkeit der bezuͤz⸗
ichen Kontrakte erreicht werden. Wie wir beſtimrt
wſſen, hat die niederlaͤndiſche Regierung bereits im
Johre 1883 bei den Maͤchten eine internalionale Con-
ferenz zur Steuerung des abſ heulichen Maͤdchenhandels
angeregt, und es it im hoöchſten Grade zu bedauern,
daß der letztere noch immer das gegenwärtige Zeitalter
ſchaͤndet

— Die Verhandlungen in den deutſcheruffiſchen


amt gefuͤhrt. Dieſelben duͤrften in kurzer Z«it ihren Ab-
ſchluß finden, da beide Parteien ſehr entgegenkommend


ſtellt ſein wird. Deutſchland wird das Einfuhrverbot
auf Schweine aufheben, waͤhrend Rußla ad die in Anwendung
gebrachten Zollrepreſſalien fallen laſſen wird.

— Der ehemalige ſtolonialdirektor Kaiſer iſt that-
ſaͤchlich zum Senatspraͤſidenten des Reichsgerichte ernannt
worden. Das Unglaubliche iſt geſchehen. Die Aufregung
det oͤffentlichen Meinung daruͤber iſt begreiflich. Nach
dem man erſt erleichtert aufatmete, alg Direktor Kaiſer
endlich ſeine fuͤr unſere Kolonien ſo unheilvolle Thaͤtigkeit
einſtellte, fühlt man jetzt ſich um ſo mehr bedruͤrkt, da
man dieſen Herrn in einer nicht minder wichtigen ver:


alg Kolonialdirektor ſchon genuͤgend kennen lernen koͤnnen.


nach zur Bekleidunz eines Richteramtes noͤtig ſind, beſitzt,
haͤtte man wohl einſehen können. Feſtigkeit und Selbſt-
ſtändigkeit des Charakters gehoͤren unbedingt zu den Eigen-
ſchaften, die ein deutſcher Richter beſitzen muß. Doch
bezweifeln wir, daß Herr Kayſer dieſe in ſeiner bisherigen
Thaͤtigkeit zur Genuͤge bewieſen hat. Juridiſche Kennt-
niſſe — in wie weit dieſe der neue Senatepraͤſident be-
ſitzt, wollen wir dahin geſtellt ſein laſſen — und per-
ſoͤnliche Uabeſcholtenheit defaͤhigen einen Beamten noch


keit des Herrn Kayſer im Reichsgericht genau ſo ſcharf
im Auge behalten muͤſſen, wie die im Kolontalamte.
— Die Mädcheuhändler, welche Tauſende von
Maͤdchen jaͤhrlich in die Laſterhäuſer dies- und jenſeits
des Metres verſchachern, ſind lauter Polen So ſteht in
einem Artikel der „Neueſten Nachrichten“ zu leſen. Da-
gegen erhalten wir von hieſigen Studenten aus Polen
folgende Zaſchr ft: „Der Bericht dieſer Zeituug iſt total
falſch. Richt Polen treiden das ſchändliche Gewerbe,
fonden ausſchließlich Juden. So ſchlecht ſind ſelbſt ſchlechte
Polen nicht. Wir verwaͤhren unſere Nation vor dem













ſchmachvollen Vorwurf, daß ſie an dem gewelnſten aller
Gewerbe einen anderen Antheil habe, ais daß jaͤhrlich
hunderte der ſchoͤnſten jungen Maͤdchen von den elenden
Seelenverkäufern unter ſchwindelhaften Vorſplegelungen
ins Ausland verfrachtet und dort wie willenloſe Hündinnen:
an die moraliſchen Menſchenfleiſchbanken verkuppelt werden.


endlich dem Hallunkengewerbe den Garaus machen wuͤrden.
— — Ein Urteil über die deutſche Kriegsmarine
Zum Untergang des „Iltis? bringt der „Ofaftatifte-


Stimmen en gliſcher Blätter in Oſtaſien. Unter
der Ueberfehrift „Zum Lobe btayer Männer“ ſchreiben
die „Nortd China Daily News&s” in ihrer Aus-


lab, daß das Loos beſtegelt war, wurden alle Mann an
Ded gerufen, und man brachte drei Hochs auf Kaiſer
Wilhelm aus; dann wurde ein Lied angeſtimint, und


und der Hinttrtell verfank in die Tiefe.“ Wir cltieren
aus einem Tſchifu⸗Privatbriefe, der den Untergang des
„Iltis beſhrieb, und wir zweifeln nicht datan, daf ſich


ging. Bravo, deutſche Kriegesmarine, Bravifſtmo kleiner,
braver, Iltis“! Dies iſt das Material, aus dem brave


heroiſche Geſinnung beweiſt ſich am beſten, wenn der
Menſch ſich in einer Lage befindet, in der an ein Ent-


in unerſchrockenen Handiungen, ſondern auch in ruhigem
Wenn umzingelt, wird ſelbſt
die ftige Memme unter Umſtaͤnden kaͤmpfen und Blut
vergießer, wie ja auch die Ratte ſich zum Kampfe ruͤſtet,


kommene Disziplin, das ruhige Gemuͤt, den ſicheren Tod
vor Augen, das Herz, das felbit dann noch freudig an
die Pflicht denkt — die Mannſchaft brachte drei Hochs
auf Kaiſer Wilhelm aus und ſtimmte ein paͤtriotiſches
Vieb an — bdies ſind alles Charakterzuͤge ines Helden.
Unſer Blut zuckt in unſeren Adern, wenn wir die ein-
fache, aber ſchaudererregende Erzaͤhlung leſen: wir Eng-
laͤnder ſind ſtolz darauf, daß wir vermandt ſind mit
ſolchen Maͤnnern, und daß wir gemeinſchaftliche Vorfahren
Die deutſche Kriegsmarine hat ſicherlich eine Zu-
kunft vor ſich, wenn ihre Offiziere und Leute ſolchen
Bislang hegten wir zeitweiſe Zweifel in
Betreff der Wirkung einer etwas zu ſtrengen Disziplin
auf den Schiffen des deutſchen Vaterlandes; wir lamen
mituntet auf den Gedanken, daß es woͤglich ſei, in einem
Manne ſeinea ganzen geheiligten und belen Teil durch
zu vieles Exerzitium zu vernichten. Die todte Hand des


und Seemann: der Sergeant und der Fluͤgelmann ſind
ſtets gegenwaͤrtig und, aucgenommen Intchigenz uͤberwacht
ſie, ſo koͤnnen ſie leicht die Leute zu Puppen machen.
Wir waren fiuͤher zur Anſicht geneigt, daß der deutſchen
Theerjacke, trotz ihrer vielen ausgezeichneten Charakterzuͤge,
dov Unerſchrockenheit und Selbſtbeſtimmbarkeit abgehe;
wir hoffen, wir ſind im Icrtum: jetzt hat der deutfche


Geſichtepunlte genommen, eine hertliche Kehrſeite hat.
Die deutſche Marine iſt noch zu jung, um viele Ueber-
lieferungen zu haben, deſto mehr muß ſie das Andenken
an Vorkommniſſe wie jene im Hafen von Apia und den
Unterganz des „Iltis“. ehren. Die Tapferkeit und Dis-
ziplin, die dort an den Tag gelegt wurde, wird ſie nicht
im Stiche laſſen, wenn der Tag der Pruͤfung kommt.


dracht und ein patriotiſches Lied angeſtimmt; und gleich


Bravo, deutſche Kriegemarine! Braviſſtmo
kleiner, braver „Iltis“! ;

Parlamentariſche und Partei-
Nachrichten.

Landtagswahlergebniſſe in ſtoburg⸗Gotha. Nach
den nunmehr beendeten Wahlen werden im neuen Land-
tage 12 regierungéfreundliche, 11 freiſinnige und 7
ſozialdemokrat ſche Abgeoidnete ſitzen.

Zur Wahl in Brandenburg⸗Weſthavelland. Das
Ecg'bnis der bevorſtehenden Stichwahl im Keeiſe Bran-
denburg⸗Weſthavelland wird von der Stellung der Ftei-
ſinnigen weſentlich abhaͤngen, da kaum anzunehmen iſt,


 
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