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Badischer Volksbote: für Deutschtum, Thron und Altar ; Organ der Deutsch-Sozialen Reform-Partei in Baden (7): Badischer Volksbote: für Deutschtum, Thron und Altar ; Organ der Deutsch-Sozialen Reform-Partei in Baden — 1896

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No. 111 - No. 120 (3. Oktober - 24. Oktober)
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https://doi.org/10.11588/diglit.42841#0475

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Der „Badildje Molkabote“ er-
ſcheini dreimal möghentlich.
Verlag und Leitung:
Geidelberg, Bahnhoffirake 9.
Telegramm⸗Adreſſe:









_ DHDaus gebracht Mh 1.25,am Poſt-
ſchalter oder durch unſere Boten
in Heidelberg 1 M., von *

Erpedition abgeholt 80 Pfg.
; Popf-Zeitungs-Preislifte



— —




— s— B — —



3um 22 Oktober 1896,
dem Geburtstage unſexer Kaifexin Auguſta Viktoria.
Horch, der Liebe Glockentöne
Weihen dir des Feſttags Glanz!
Sei gegrüßt in deiner Schöne,
Höchſte Frau des deutſchen Land's.
Schön im Lächeln deiner Güte,
Schön durch frommen Herzensſinn —
— Gott dich deinem Volk behüte,
Vielgeliebte Kaiſerin!

Wie die Sterne um die Sonne
Deine Siebenzahl ſich reiht —

Mutterglück und Mutterwonne
Iſt dein ſchönſtes Perlgeſchmeid.

Immer du die treu bemühte

Geiſt⸗ und Seelenpflegerin —

— Gott dich deinem Haus behüte,
Vielgeriebte Kaiferin!

Unſ're Liebe dir zu künden,
Dünkt uns armes Wort zu leer —
Doch der Liebe Ströme münden
Alle in ein reiches Meer!
Was wir hegen im Gemüte,
Wallt zu Gottes Herzen hin —
Gott dich ewiglich behüte, *
Vielgeliebte Kaiſerin! S:

Der deutſchen Kaiſerin ſchlagen am 22. Oktober
die Herzen der Nation beſonders freudig entgegen. Der


es auch der erlauchten Frau huldigend an ihrem acht-
Es iſt nicht nur die

ſich die Nation verneigt; es iſt zugleich die wahrhaft


erfüllt, ſowie die die gottergebene Chriſtin, deren from-
mer und demutsvoller Sinn ſich wie ein Frühlings-
thau auf aller Herzen legt.

Mit aufrichtigen Wünſchen für ihr ferneres Wohl


ihren Thron; heiße Gebete erflehen Gottes reichen
Segen für ihr Haus. In der That, das Morgenrot


verheißendes Zeichen für ihr neu beginnendes Lebens-


Der Autifreimaurer · Kongreß.
So oft die ſoziale, wirtſchaftliche und kirchen-


drohend wurde, hat ſie irgend einen bedeutenden Mann,


ſeine Perſönlichkeit und Wirkſamkeit einen Markſtein


Orden hervorragend: Benediktus, Bernhard, Franzis-
kus, Ignatius, Vinzenz von Paul. Die neueſte Zeit
hat noch keinen ſolchen Mann hervorgebracht.
Die Sozialpolitik der Jeſuiten bewegt fich in dem
Fahrwaſſer des belgiſchen Profeſſors Charles Perin,
welcher an die Stelle des Rechts das Patronat ſetzt,
das heißt die augenserdrehende Vormundſchaft durch


bürgertum) und Induſtrie. Dieſe Richtung diktierte
die weitgehendſte Rückſicht auf das Judentum, wogegen
in der proteſtantiſchen Geiſtlichkeit der chriſtlich⸗foziale


felbſt auf die Rückſicht gegen das Judentum Verzicht
leiſtete. Eine neuere Richtung unter einem Teil der
jüngeren proteftantiſchen Geiſtlichkeit Naumann⸗Göhre)
hat die Beſtimmung, gegenüber dem antiſemiſchen Cha-
rakier der chriſtlich⸗ſozialen Bewegung im Proteſtan-
tismus eine gleiche Judenſchutztruppe zu ſchaffen, wie




* Jahrgaug.




‚im Katholizismus bildet. Wenn es dafür noch eines
Beweiſes bedurft hätte, ſo liegt derſelbe jetzt bei den

die Chriſtlich⸗Sozialen und Antiſemiten bekämpft. Wir
überwuchern laſſen, ſondern bei Zeiten mit der großen

Scheere zuſtutzen wird. 2—
Auch in der katholiſchen Welt mehren ſich die


breitung des Judentums die größte Gefahr für die
Völker wie für die Kirche erblicken. Anf dem Anti-
2— zu Trient gab Pfarrer Dr. Deckert

Sien ſeiner Meinung unumwunden Ausdruck,
daß der Kambf gegen die Freimaurerei und deren an-
gebliche Teufeleien keinen beſonderen Wert habe, wenn
nicht die Antiſemiten als Bundesgenoſſen gewonnen
würden. Bei dieſer Gelegenheit deutete er auch an,
daß er dem franzöſiſchen Freimaurer Leo Taxil das
Allerſchlimmſte zutraue. Derſelbe war früher Frei-
maurer und hat nach ſeinem Austritt mit ſeinen
Schriften gegen die Freimaurerei ein glänzendes Ge-
Noch größere Zugkraft aber hat das
haarſtraͤubende Zeug, welches in den Schriften einer
Miß Vaughan enthalten iſt. Dieſe Miß ſagt den
Freimaurern ſogar nach, daß ſie die Geheimniſſe der
Hölle ergründen und mit dem Teufel auf Du und Du


aber die Miß findet ſogar in Deutſchlund, namentlich
aber in Italien und Frankreich, maſſenhaft Dumme,
welche auf den Zauber hereinfallen.

Menſch außer Leo Taxil, welcher zweifellos der ſpeku-

ſelber iſt. Derſelbe ſteckt Tauſende luſtig ein, lacht ſich
die Haut voll über die Dummheit ſo vieler Katholiken
und ſammelt eifrig die Korreſpondenzen hoher und
minder hoher Geiſtlicher mit ſeiner Miß, um ſpäter
in einem neuen Werke unter anderem Namen der er-
ſtaunten Welt zu zeigen, welch' kannibaliſchen Ulk man
den Katholiken zu glauben und zu kaufen vorſtellen
dürfe. Dann wird er wieder von einer jüdiſchen Frei-

Mit dieſem Leo Taxil machten die Franzoſen und
Italiener auf dem Trienter Kongreß noch Staat und

an das Vorhandenſein der Miß nicht glauben wollten.
Schauermärchen Taxils und ſeiner Miß andächtig nach-
der Herkunft und Abſtammung ihres Gewährsmannes
befragen, dann werden ſie wiffen, wie ſie daran ſind.
Denn Leo Taxil iſt gar kein Franzoſe, ſondern der
polniſche Jude Löb Daxl. Und von einem ſolchen
der Naſe herumführen!!
Die Kaiſerbeſuche in Tarniſtadt und
iesbaden.



Einweihung des Kaiſer Wilhelm⸗Denkmals an der
Porta Weſtfaliea nach Wiesbaden begeben. Das ruſ-
ſiſche Kaiſerpaar wohnt zur Zeit noch bei den groß-
herzoglich heſſiſchen Herrſchaften in Darmſtadt, von wo
es kürzlich Ausflüge nach den nahen Orten Homburg,
Cronberg und Wiesbaden gemacht hatte.
Nähe der Aufenthaltsorte beider befreundeten Kaiſer-
paare ergab es ſich von ſelbſt, daß eine perſönliche
Begegnung ſtattfand. Unſer Kaiſer fuhr am Montag
Mittag von Wiesbaden nach Darmſtadt zum Beſuche
des Zarenpaares und verweilte zur Mittagstafel mit
den ruſſiſchen und heſſiſchen Herrſchaften. Kaiſer Niko-
laus war am Vienstag der Gaſt des deutſchea Kaiſers
in Wiesbaden.

Es wäre unnatürlich geweſen und hätte zu poli-
tiſchen Schlüſſen herausgefordert, wenn beide Herrſcher-
paare ſo nahe an einander vorbeigereiſt wären, ohne
ſich zu begrüßen. Daraus folgt ſelbſtverſtändlich nicht,
daß den Begegnungen eine ganz beſondere politiſche
Bedeutnng beizulegen wäre. Sie trugen auch äußer-
lich den Charakter von Familienbeſuchen. Die poli-
tiſche Bedeutung liegt lediglich darin, daß dabei das
freundſchaftliche Verhältnis zwiſchen beiden Herrſchern



wieder deutlich zu Tage getreten iſt.













Die Deutung eines Wiener Blattes, daß der


nd Es iſt gewiß
richtig, daß man in Frankreich die Bethätigung der
perſoͤnlichen Freundſchaft zwiſchen dem deutſchen und
dem ruſſiſchen Kaiſer ſtörend empfindet. Es ſcheint


zu liegen, den Anſchein zu erwecken, als ob wir durch
die bei den Revanchehoffnungen der Franzoſen ſonder-
lich beunruhigt wären und fehnſüchtig naͤch der Hilfe
des Zaren verlangten. Wie wir mit der Unruhe der


wir auch die friedlichen Geſinnungen des Zaren und


feindung mit Deutſchland zu Gunſten franzöſiſcher
Spezialwünſche ſehr wohl zu ſchätzen. Es würde aber
unſerem berechtigten Kraftgefühle und der Klugheit
nicht entſprechen, dem Zaren mehr zuzumuthen, als die
Fortdauer guter freundnachbarlicher Beziehungen.

— Der neue Kolonial Direſttor. Nach ver-
bürgten Nachrichten iſt der Freiherr v. Richthofen,
bisher deutſcher Kommiſſar bei der Direktion der
egyptiſchen Staatsſchuldenkaſſe, zum Nachfolger des


auswärtigen Miniſterium zurücktretenden Dr. Kayſer
in Ausſicht genommen worden. Bei der hohen Be-


hafter Befriedigung hat man daher die Kunde von


in die leitende Stellung der Kolonialangelegenheiten


das beſondere Vertrauen des Fürſten Bismarck in das


Kontrolbehörde für die Verwaltung der egyptiſchen


eine ſachkundige und diplomatiſch geſchulte Wahr-
nehmung der deutſchen Kolonialintereſſen.

engliſche Rivalität. In Kairo fließen viele Fäden


wollen für Deutſchland betriebenen englifch-afrikanifchen
Kolonialpolitik zuſammen. Herr v. Richthofen hat
aus eigener Anſchauung Kenntnis von derſelben ge-
nommen, namentlich ſoweit ſie die engliſchen Pläne
mit Egypten und dem Sudan betreffen. Er kennt
Land und Leute, iſt mit Herrn v. Wißmann eng be-
freundet und oft Förderer ſeiner Abſichten, namentlich
bei der Anwerbung ſudaneſiſcher Truppen für Deutſch-
Oſtafrika, geweſen. Er hat auch wiederholt als Ver-
trauensmann der deutſchen und egyptiſchen Regierung


ſo z. B. bei den Verhandlungen über den deutſch-
und deutſch⸗egyptiſchen Handelsvertrag;
er war leitend bei allen Maßnahmen zur Regelung


eines egyptiſchen Staatsreſervefonds, ſerner bei dem
Neubau des Muſeums für egyptiſche Altertümer und


In allen dieſen Angelegenheiten, bei denen ſtets die
rivaliſierenden engliſchen und franzöſiſchen Einflüſſe zu
überwinden waren, verſtand es Herr v. Richthofen,
die Parität Deutſchlands mit England und Frankreich
zu wahren. Er verſchaffte dem deutſchen Kapital
vielfach lohnende Anlage in egyptiſchen Unternehm-
ungen; die deutſch-egyptiſchen Eifenbahnen und manche
Expedition nach Oberegypten für anderweitige wirt-
ſchaftliche Pläne führen auf ſeine Initiative zurück.
Genug, die Thätigkeit des Herrn v. Richthofen auf
afrikaniſchem Boden iſt vielfach erprobt, und ſo darf
man der Berufung dieſes Mannes in den deutſchen
Kolonialverwaltungsdienſt mit Vertrauen enigegenſehen.
— Zum unlauteren Dettbewerb wird aus
Wie Kenner unſerer hieſigen
Verhältniſſe vorausgeſehen haben, wird das von den
beſten Abſichten ausgehende Geſetz ſchon jetzt allent-
halben umgangen; man hatte ſich in gewiſſen Kreiſen
ſchon vor dem Inkrafttreten des betr. Geſetzes ge-
nügend vorbereitet, um dasſelbe völlig unſchädlich zu
machen. Mit vollem Rechte klagt man beſonders
darüber, daß die zuſtändigen Behörden viel zu
ſchüchtern gegen Verletzungen der allerdings zum Teil
noch ungewohnten Beſtimmungen vorgehen. Unſere
 
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