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Badischer Volksbote: für Deutschtum, Thron und Altar ; Organ der Deutsch-Sozialen Reform-Partei in Baden (7): Badischer Volksbote: für Deutschtum, Thron und Altar ; Organ der Deutsch-Sozialen Reform-Partei in Baden — 1896

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No. 61 - No. 70 (9. Juni - 30. Juni)
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https://doi.org/10.11588/diglit.42841#0265

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Der „Badilche Molkabote“ er-
ſcheint zmal wöchentlich (Diens-
tag, Donnerstag und Samstag).
Verlag und Leitung:
Heidelberg Bahnhofſtraſte 9.
Teleßramm⸗Adreſſe:
Yolksbote Heidelberg.


vreis vierteljährlid
durch den Briefträger frei ins
Haus gebracht ME. 1.25, am Poſt-
ſchalter oder durch unfere Boten

Erpedition abgeholt 80 Pfg.





— — von· Zeitungs· Vreisliſte
Die oͤgeſpaltene Petitzeile 10 Pfs. ; ’ Yr. 755.
M 66, Heidelberg, Samstag, den 20. Iuni I1896.

* Zahrgaug.





DZolitiſcher Teil.
—_ B. Die Zeitun.
Man hat die Preſſe, beſonders die Tagespreſſe,
eine Großmacht genannt, und mit gutem Grunde
Das ganze Volk wird vom Zeitungsgeiſt ergriffen
und duͤrchdrungen in früher nie gekannter Allgemein-
heit und Schnelligkeit. Wenn dieſer Zeitungsgeiſt


uns um die Zukunft unſeres Volkes nicht bange ſein.
Dem iſt aber leider nicht ſo. Vielmehr weiß ein
Jeder, der ſich offenen Auges im deutſchen Vaterlande
umblickt, recht gut, daß die große Mehrzahl gexade
der verbreitetſten einflußreichſten Zeitungen in geradezu
vergiftender Weiſe auf das Volk einwirken, deutſch-
nationale Geſinnung, Vaterlandsliebe und Monarchen-


zu reißen beſtrebt ſind.
Ein weſentlicher Grund dafür, daß es dahin
überhaupt hat kommen können, liegt in dem Umſtande,
daß heute im allgemeinen nicht mehr die idealen,
ſondern die materiellen Intereſſen die Haupt-
rolle ſpielen, und das wiederum hat ſeine Urſache in
dem verhängnisvollen Eindringen des Judentums
in das Zeitungsfach. —
Die Zeitung wird heute gewertet nicht nach dem,
was ſie bietet, fondern nach dem, was ſie ihrem Be-
ſitzer oder Verleger einbringt. Die Geſinnungs-


treten müſſen hinter den materiellen Geſichtspunkt
großer Verbreitung und finanzieller Einnahmen aus
den Inſeraten; kurz geſagt: die Zeitung hat aufgehört,
ein Bildungs⸗ und Erziehungsmittel des Volkes im
beſten Sinne des Wortes zu ſein, ſie iſt zu einem
Geſchäftsobjekt gewöhnlicher Art herabgeſanken!
Das iſt in erſter Linie Juda's Schuld! 2
Blicken wir doch nur einmal auf die geſamte
Schar der badiſchen „Amtsverkündiger“!
für eine jammervolle, troſtloſe geiſtige Nahrung
wird in ihnen dem Volke geboten! Iſt es nicht ſo,
als ob die Blätter nur erſcheinen der Anzeigen wegen,
und daß der Raum, den dieſe aicht einnehmen, „gefüllt“


ein ſelbſtändig denkender Mann Ekel empfinden ſollte!
Seitſamer Weiſe werden aber gerade dieſe
Zeitungen, die weder die Intelligenz noch den
Charakter vertreten, ſondern lediglich dem ſeichteſten
Klaͤtſch fröhnen, am liebſten geleſen; die aͤndern
Blätter . erklärt der Durchſchnittszeitungsleſer für
„Schimpf⸗ und „Giftblätter“ und was dergleichen
Bezeichnungen mehr ſind. Jede entſchiedene Betonung
des beſonderen politiſchen oder ſozialen Standpunktes
iſt verpönt — damit könnte man ja ſo leicht Anſtoß
erregen! * *
So iſt das Publikum, und die Zeitungen tragen
dem nur allzugerne Rechnung. Dazu kommt die fort-


dritter Demokrat und ein vierter ſchwört auf Drees-
bach oder Dr. Rüdt. Sie alle geben dem Blatt
ihre Anzeigen auf — da darf man keinen von ihnen
beleidigen, indem man ſich auf einen beſtimmten politi-
ſchen Standpunkt ſtellt. Vor allem aber die jüdiſchen


die Hebräer peinlichen Nachrichten und Vorkommniſſe, und
hier und da einnial auch ein kräftig Sprüchlein gegen
die „antiſemitiſchen Hetzer.“

So greift eines ins andere; die Zeitungen
ſchmeicheln meiſtens der Eharakterlofigkeit der Menge,
anftatt dieſe zur Charakterfeſtigkeit zu erziehen, weil
das am bequemſten iſt und am meiſten Geld einträgt.
Und das Publikum beſtellt die Zeitungen, die auf ſeine


Gleichhültigkeit und Klatſchfucht ſpekulieren und ihm
keine ünangenehmen Wahrheiten ſagen.

Das muß anders werden, wenn unſer deutſches
Volk tauglich ſein ſoll, die großen Aufgaben zu löſen,
die ihm geftellt ſind! Aber glaube nur keiner, daß
dieſe Aenderung ſozuſagen von ſelber vor ſich gehe!
Dazu iſt vielmehr die ernſte Arbeit aller derer er-
forderlich, die ſich ihres Deutſchtums voll bewußt
ſind, vor allem die thatkräftige Mitarbeit eines jeden
Antiſemiten. Verbannt aus den deutſchen Häuſern





und Familien muſſen alle jene Zeitungen werden, die
ihr Deutſchtum für ſchnödes Judengeld verraten und


Dazu gehören ganz beſonders auch die f ogenunuten
Jeder, der auch nur

Menſchen gibt, der, wie ein geitungsſchreiber, ſich mit po-
litiſchen Angelegenheiten befaßt, unparteiiſch ſein


Partei nähert und die er dann auch ſeinem Leſe-
publikum einzuflößen ſucht. Wenn alſo eine Zeitung
ſich als „unparteiiſch“ bezeichnet, ſo ſpricht ſie bewußt
die Unwahrheit. Wie die Erfahrung lehrt, ſtehen
dieſe famoſen „unparteiiſchen? Blätter faſt alleſamt


und geben ſich die größte Mühe, unter einer falſchen


im ſonſtigen geſchäftlichen Leben gern thun —- mit


zu bringen. Darum Vorſicht gerade
parteiiſche“ Zeitungen!
Unmerklich flößen alle

gegen „un-

dieſe Blätter dem Leſer


Geſinnung im Intereſſe den goldenen Internationale,


und erſetzi werden durch die vaterländiſch geſinnten
Zeitungen, die ehrlich für deutſche Arbeit und


bemüht ſind, ihren Leſern den Spiegel reiner Deutſch-


und an ihrem Volke.
Baden mehr als irgend ein anderes der „Badiſche


hält mit der Loſung:
Für Deutſchtum, Thron und Altar!“

An unſere Leſer wenden wir uns daher mit der

Bitte, beim bevorſtehenden Vierteljahrswechſel ihrer


Volksboten“ recht viele neue Abonnenten zuzuführen.
Das kann ein jeder auch ohne große Opfer an Mühe,
Zeit und Geld — darum möge uuch keiner zurückſtehen!

Zur Htwilligung des Karlgruher hafens.

Das Karlsruher Hafen- und Kanalbau Proiekt,
welches den badiſchen Steuerzahlern mehrere Millionen
koſtet, iſt von den Hexren Nationalliberalen ja nun
glücklich unter Dach und Fach gebracht worden. Hoffen


den Rhein hinunter ins Meer ſpülen werden, der ſich
ſeit dem Tage der Begründung in Karlsruhe ange-
häuft hat. Die jetzige Landeshauptſtadt iſt ja, wie
geſchichtlich feſtſteht, aus einer „Luſthäuſer Kolonie
entſtanden, und ſie hat ihrem Urſprung bis jetzt alle
Ehre gemacht. Die Stadt, welche kaum zwei Jahr-
hunderie alt iſt, verdankt ihr rafches Wachstum und
ihre hervorragenden Bauten zum großen Teile ſtaat-
lichen Beihilfen, ſodaß es — in der Frage des Hafen-
bauprojektes wirklich an der Zeit geweſen wäre, den
Staatsſäckel, in den die Beiträge allex badiſchen
Staatsbürger fließen, ein wenig zuzuſchnüren.
Dieſe Anſicht iſt allenthalben im badiſchen Volke
vorherrſchend. Man verfteht nicht die Bereitwilligkeit
der zumeiſt nationalliberalen Volksvertreter, Millionen


der Stadt Karlsruhe vielleicht keinen großen Nutzen,
dafür aber anderen badiſchen Städten Schaden hringt.
Wir haben ſchon die Stimmabgabe des Herrn Laden-
burger, des Vertreters von Mannheim, das ganz be-
ſonders durch den Karlsruher Hafen benachteiligt wird,
genügend gewürdigt. Auch in Heidelberg iſt man
nicht ſehr erbaut über das zuſtimmende Votum ſeines
Abgeordneten. *

Den Vogel aber hat entſchieden der Vertreter von
Bruchfal, Herr Keller, abgeſchoſſen. In Bruchſal
hatte kurz vor der Entſcheidung eine große Bürger-
Verſammlung ſtattgefunden, in der auch Herr Keller
anweſend waͤr, ſtaltgefunden und einen ſcharfen Proteſt
gegen das Karlsruher Hafenprojekt erhoben. Was
thut nun Herr Keller? — Als es zur AWojtimmung
fam, war er verduftet. Der „Bruchſaler Bote“
ſchreibt über dieſes unbegreifliche Verhalten Folgendes:



——— find unſeres Erachtens zur Erklärung nur drei
Fällẽ denkbar: Entweder könnte Herr Keller einem Druck
von Oben nachgegeben haben, das wäre eines felbſt-


Druck von Innen geſolgt; alſo durch eine Intereſſen-


fals ein unwürdiges Spiel getrieben wörden Wir


welcher von dieſen drei Fällen zutrifft, aber einer davon
muß zutreffen. Am letzlen Sonntag in der Verſanim-
lung der Stadtverordneten und der Handelsgenoſſen-


es ganz ſelbſtverſtändlich ſei, für den Staotxat


gegen die Kanalvorlage einzutreten wenn feſtſtehe daß
durch jenes Projekt die Intereſſen Bruchſals —4 —
werden. Dieſer Beweis wurde aber erbrachk,


erſt zeigt mit alleiniger Ausnahme des Herrn Abg.
Keller) davon überzeugt. Herr Oberhſirgermeiſter 549
ſich im Verlauf der Verſammlung mit genügender Klar-


überhaupt dagegen ſein müſſe und daß wohl auch der
Abgeoxdnete ünferer Stadt dagegen ſein werde. Die
ganze Verſammlung ſtimmte laul zu. Da alles das der


erflärung abgab, ſo war jedermann zu der Annahme
förmlich gezwungen, daß
Kanalvorlage ſtimmen werde, deshalb wurde er auch
von niemand interpelliert. Er hätte von ſelbſt aufftehen
und ſich erklären ſoͤllen, wenn er anderer Meinung war,
oder ſich in Karlsruhe ſchon. gebunden hatte.“ —
Nachdem der obige Artikel bereits geſetzt war, kam
dem „Bruchſaler Boten“ folgende Erklärung zu:


Karlsruhe war bexeits vor Beginn derſelhen ſicher feſt-

geſtellt, daß die Abſtimmung

Stimmen für den Commiſſtonsantrag ergeben werde.
Da nun meine Abſtimmung mit;„nein“ keinen praktiſchen
Erfolg gehabt haben würde! ſo glaubte ich Der
' Stimmung der hieſigen Bepölkexung genügend Rechnung


Bruchſal, 18. Juni 1896.
Eigentlich bedarf dieſe
Komentaͤrs, da jeder Leſer derſelben ſich ſelbſt fagen
wird, daß es nicht entfernt genügt. Nur die eine
Frage möchten wir an Herrn Keller richten, woher er
denn die „Sicherheit“ hernahm, daß die Abſtimmung
eine Majorität für den Kommiſſionsbeſchluß bringen
werden. Und ſelbſt dann, wenn dies thatſächlich vder

Wilh Keller.“


welche über eine Sache die Entſcheidung über das
Wohl und Wehe ganz ſpeziell ſeiner eigenen Wähler
brachte. Es wird Herrn Keller nichts weiter übrig


er für alle Zeit das Vertrauen ſeiner Bruchſaler
*



S Das heißt nalional, was liberal, was national-


die Fraktion der deutfchfozialen Reformportei für Ein-
führuͤng des deutſchen Preßgeſetzes in Elſaß Lothringen
geftimmt. Dafür wird ſie im Paxlamentsbericht der
Hamb. Nachr.“ angefletſcht wie folgt: *
„ ... eine nette Illuſtration dieſex Geſellſchaft-
die ſich bei jeder Gelegenheit aus vollem Halſe als
* deuͤtſcheſte aller deutſchen Parteien zu rühmen
pflegt” *


der Preſſe, die die Partei von „Bildung und Beſitz“


ungezogenſter Weiſe benimmt, ihre Formloſigkeit pflegt
dabei in demſelben Maße zu wachſen, wie ihre Furcht
vor den Fortſchritten der gegneriſchen Parteien. Unter
dieſem Geſichtspunkt können wir alſo mit dem unge-
zogenen Ton, den der Berichterſtatter der Hamb. Nachr.
gegen unſere Abgeordneten anſchlägt, ganz zufrieden
fein. Ob er dem Herrn gegenüber nicht etwa von
jeinem Hausrecht Gebrauch machen ſollte, wird der
Reichstag zu ermägen haben. Wir wollen uns an die
Sache hallen: Nach den Hamb. Nachr. iſt es alſo
deutſch und national, ganze Teile des Reiches unter
Aushahmegeſetzen zu hälten, um ihnen die Reichs-
angehörigkeit möglichſt zu verleiden. Wenn man
das dem nationalliberalen Blatte nun auch glauben
wollte, ſo bliebe doch noch die Frage: Iſt eS auch
liberal? Daß die Nationalliberalen (d. h. Partei-
leitung und Preſſe) zur Zeit die eigentliche Kerntruppe
des reaktionären Heerhaufens bilden, darüber dürfte
nachgerade alle Welt, einſchließlich der nationalliberalen
Wahlerſchaft, einig fein. Inwieweit die Paxtei noch
liberal iſt, darübet belehrt uns ein Artikel derſelben
 
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