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Badischer Volksbote: für Deutschtum, Thron und Altar ; Organ der Deutsch-Sozialen Reform-Partei in Baden (7): Badischer Volksbote: für Deutschtum, Thron und Altar ; Organ der Deutsch-Sozialen Reform-Partei in Baden — 1896

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No. 61 - No. 70 (9. Juni - 30. Juni)
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Der Sadiſche Yolkshote“ er-
ſcheint zmal wöchentlich (Diens-
tag, Donnerstag und Samstag).
Verlag und Leitung:
Beidelbers. Sahuhof ſtraße 9.
Telegramm-Adreſſe:
Yolksbote e i de lberg.








‚ Amzeigenpreis: x Voſt Zettungs Nveisliſte
Die 5gejpaltene Petitzeile 10 Pfg. Ax. 755
Heidelberg, Donuerstag, den IS. Iuni 1896.

M 65



Jahrgang. *





TRolttiſcher Teil.
Die Qurchpeitſchung
des Lürgerlichen Geſetzbuches.

Mit der vorigen Nummer haben wir eine Artikel-
ſerie über das Bürgerliche Geſetzbuch beendet, die aus


ſtammt. Wer dieſelben aufmerkſam geleſen hal, wird
uns zuſtimmen, daß es nahezu ein Verbrechen wäre,
wenn die ſogen. Volksvertreter im Deutſchen Reichstage
den Hundtagsgedanken wahr machen würden, das ganze


Seitens der Reichsregierung iſt erklärt worden, es ſei
an eine —— des Bürgerlichen Geſetzbuches
vor dem Jahre 1900 gar nicht zu denken, wozu alſo
dieſe Kebereilung? Das neue Bürgerliche Geſetz-
buch ſchneidet ſo tief in das ganze Volksleben ein, daß
eine gründliche Durchſicht auch im Plenum des
Reichstages eine Ehrenpflicht der vom Volke er-
wählten Reichsboten iſt.
deutſchſoziale Abgeordnete Vielhaben Zuſtimmung für
ſeine Erklärung gefunden, daß er aus der Kommifſion


einbaren könne, länger an den übereiligen Beratungen


ſozialen Reformpartei iſt dieſer Schritt ebenfalls voll-
ſtaͤndig gebilligt worden.

X

Mn der ſchuellen Durchpeitſchung des Buͤrgerlichen


ſtünde, es nur große Heiterkeit erregen, daß dieſe beiden


zu dem Zweck, das Bürgerliche Geſetzbuch ſo fchnell


an kann ja verſchiedener Anſicht ſein über den
Wert oder Unwert der Zivil-Eheſchließung, aber ſonder-
bar berührt es, daß das Zentrum, welches von jeher
doch der erbittertſte Feind der Ziviltrauung


Wiedereinführung der früheren kixchlichen Eheſchließung
verzichtet, ſondern ſogar einen Vermittelungsantrag der



die fakultative Zivilehe eingeführt wiſſen, d. h. die


die Eheſchließung vor dem Standesamt, welche letztere
alle diejenigen, die von kirchlichen nichts halten, nach
wie vor eingehen können.


ſichten über die Zivilehe geteilt; ſo veröffentlicht Herr
Th. Wolff in dem „Deutſchen Valksblatt für Schleſien
und Poſen eine Warnung, die Forderung der fakul-


und es wird wahrſcheinlich auch den einzelnen Abge-






ordneten überlaſſen bleiben, nach ihrem Ernieffen im

daß es ein großer, kaum mehr gut zu machender Fehler


die Anſichten noch ſehr auseinandergehen, mit aller
Gewalt ſchnell annehmen würde. So wie das Bürger-
liche Geſetzbuch aus den flüchtigen Beratungen der


vollendetes dar, und der Reichstag hat dann die


z

zuflicken. —
Die deutſchſoziale Reformpartei macht es ſich zur
Aufgabe, nach Kräften für eine eingehende Beratung
im Reichstage zu wirken und es iſt begründete Aus-
ſicht vorhanden, daß ihr dies gelingt. Aus Berlin
wird uns nämlich geſchrieben: *
„Ob das Bürgerliche Geſetzbuch thatſächlich noch


ſich wohl in der Freitagsſitzung des Reichstages ent-
ſcheiden. Im Zentrum mehren ſich inzwiſchen die
Stimmen gegen ein ſolches Verfahren. Beſonders
energiſch tritt der Abg. Roeren dagegen auf; in der


wiederholten ſcharfen Aeußerungen des Fürſten Bismarck
gegen die Durchpeitſchung ihre Wirkung nicht verfehlt.


gefähr geſagt: „Die Konſervativen und Nationalliberalen


um ſich den Kaufpreis für ſeine Unterſtützung zu ſichern,




über den Orden der Geſellſchaft Jefu, auch heute noch
nicht erfolgt? Und wenn nicht, aus welchen Gründen


über den Beſchluß des Reichstages vom 20. Februar
1895 bis jetzt verzögert? Gedenkt der Herr Reichs-
kanzler eine ſolche Entſchließung nunmehr nach Ablauf
von 16 Monaten, und jedenfalls no
des gegenwärtigen Abſchnittes der Reichstagsarbeiten
herbeizuführen? A 2

„ Bewilligt die Regiernng diesmal die Forderung
des Zentrums, ſo überliefert ſich die nationalliberale


zur Durchpeitſchung des Bürgerlichen Geſetzbuches ins


rummel gegen die Jeſuiten für nationalliberale Partei-


erlangung der geliebten Jeſuiten!



Reformpartei Stellung gegen die unwürdige Befchleunig»
ung der Berxatungen genommen.
auch die freiſinnige Volkspartei und die ſüddeutſchen
Demokraten ſich gegen die überhaſtete Durchberatung
erklärt. Die Sozialdemokraten dagegen ſollen — aus
Bosheit nehmen wir an — dieſer Selhſtdegradierung
des Reichstages nicht entgegentreten wollen. Wenn die -
Konſervativen in ihrer Mehrheit ſich zu dem Entſchluß
aufſchwingen können, in dieſem Falle der Regierung
Oppofition zu machen, ſo liegt es in ihrer Hand, die
Beratung vor dem Herbſt unmöglich zu machen.
Wenn gleich bei Beginn der Beratungen Anträge auf


Vunkten geſtellt werden, ſo wird ſich ſchon nach wenigen


ardnetenhaus auch vertagt wird. Kann die konſervarlve
Fraktion die 50 erforderlichen Uuterſchriften nicht allein
auftreiben, ſo wird ſich die Deutſchſoziale Reformpartei
mit den ihr naheſtehenden fraktionsloſen Abgeordneten


etwa 20 Stimmen zur Verfügung ſtellen.“ —
Von andexer Seite wird uns noch mitgeteilt, daß
der Reichskanzler Fürſt Hohenlohe ſich mit Rücktritts-⸗
gedanken trage, und da kann man es ihm nicht ver-
uͤbeln, wenn er ſich noch zum Schluß in der Einführ-


möchte; hat ja doch der erſte Reichskanzler in der
Gründung der deutſchen Reichsherrlichkeit, und ſein


verträgen ein Denkmal hintexlaſſen. Wir gönnen


bolches vermeigern, wenn es hernach als Alp auf *


Verbot des Detailreiſens.
Dank der eifrigen Agitation der deutſch-ſozialen


in anderen Parteien Anklang, und die Folge davon
iſt, daß den Herren Hebräern ein Feld nach dem andern



Freuden begrüßen, weil ſie den ortsanſaͤſſigen Hand-
werkern und Kaufleuten einen Teil jener krummnaſigen


von Haus zu Haus zu Privatperſonen gehen und


gläubigen Käufer aufdrängen.
Der $ 44 Abſatz 3 erhielt folgenden Wortlaut.
Das Aufkaufen darf fernex nur dei Kaufleuten oder

ſolchen Perſonen, welche die Waren produzieren, oder





Zur Einweihung des Kyffhäufer Denkmals,
7* — — —
— In Gegenwart des Kaiſers und vieler deutſchen
Bundesfürſten wird heute auf dem ſagenumwobenen
Kyffhäuſerberge das Denkmal feierlich eingeweiht werden,
das deutſche Krieger aus eigenen Mitteln dem Be-
gründer des Reiches errichtet haben. Aus allen Teilen
inſeres Vaterlandes ſind die Vertreter der Krieger-
veceine herbeigeſtrömt zu dieſer herrlichen Feier, um
Zeugnis abzulegen von ihrer Liebe und Treue zu Kaiſer
und Reich. ** —— 4 —
Aber die Tauſende und Zehntauſende, die heute
den Feſtplatz andächtig umſtehen, ſie ſind nur eine
ſchwache Vertretung der Millionen, die in ihren Ge-
danken an der Feier teilnehmen. Denn wo immer ſich
gute Deutſche finden im Reich und in der Fremde, da
ſchlagen die Herzen höher bei dem Gedanken an den
unvergeßlichen Kaiſer, und freudig bringen ſie ihm den
Zoll unerſchütterlicher Liebe und Dankbarkeit. Ein
jeder fühlt, daß in dem Kaiſer, deſſen Bildnis von


auch ſeinen Repräſentanten ſieht, den Führer und Leiter
aller jener, die mit ihm in frohem Opfermut das ihre


Vaterlandes niederzuwerfen. ;

Unter dem Eindrucke von Preußens militäriſcher
Schwäche und Deutſchlands Schmach aufgewachſen,
ſchwebte unſerm erſten Kaiſer von Jugend auf bis in

ſein Greiſenalter nur ein Ziel vor: Die Reorganiſation



der deutſchen Volkseinheit. So hat er denn das moderne


das aatürliche Schutzmittel von Freiheit und Kultur;
und mit dem Wiederaufleben dieſes uralten Begriffs


des Heerkönigs wieder lebendig geworden. Er war
mit Leib und Seele Sol dat und daher iſt es eigentlich
ſelbſtverſtändlich, daß auch ſeine Krieger, die er zu
Sieg und Ehre geführt hat, ihm ihrerſeits ein Denk-
mal errichten, ein Denkmal, das an architektoniſcher


Auch in den Herzen der budiſchen Veteranen
hat das Gedenken an den großen Kaiſer eine
bleibende Stätte gefunden. Auch ſie nahmen ja hervor-


Wilhelm I. geführten deutſchen Volksſtämme. Bei der
Belagerung von Straßburg, in den Kämpfen gegen
neuorganiſierte franzöſiſche Tuppen in den Vogeſen


Belfort hat die badiſche Diviſion Heldenthaten vollbracht.

Kaifer Wilhelm I. iſt der Repräſentant der deut-
ſchen Einigung geworden, an der auch ganz beſonders
unſer Großherzog von Baden mitgewirkt hat. Obwohl
Baden bei Ausbruch eines Krieges mit Frankreich den


von jeher mit aller Energie für eine nationale
Politik ein und hat bei der Be gründung des neuen
Deutſchen Reiches, ſo viel an ihm lag, eine moraliſche





führt. Deshalb denken wir am heutigen Tage, bei


reichen Kyffhaͤuſer auch mit Stolz an die hoͤhen
Verdienſte unſeres badiſchen Landesfuͤrſten.

Die heutige Feier iſt, gerade wie jene am 28.
September 1883, wo auf dem Niederwald das den
gefallenen Kriegern geſetzte Denkmal der Wacht am
Rhein enthüllt wurde, eine nationale, getragen von der


dem Kyffhäuſer iſt die notwendige Ergänzung des
erſtern. „Vergeßt der teuren Toten nicht!“ ruft uns
vom Niederwalde die weit auf den Rheingau hinaus-
ſchauende Germania zu; das Denkmal auf dem Kyff-
häuſer wird kommende Geſchlechter an den von Gött
berufenen Führer des Volksheeres im Kampfe um den
Rhein erinnern und an die herrliche Frucht dieſes
Kampfes: das deutſche Reich.

Draußen auf den Schlachtfeldern und im Reiche
auf unzähligen Gräbern und Siegesdenkmälern liegen
von den Erinnerungstagen des großen Krieges her
Tauſende von Kränzen. Sie gelten den heldenmütigen
Söhnen 4 Volkes, die mit ihrem Blute das Feld
gedüngt haben, von dem wir Deutſchlands Einheit ge-
erntet. Wenn wir heute auch an des erſten deutſchen
Kaiſers Denkmal unſere Kränze niederlegen, geben wir
dem Bewußtſein Ausdruck, daß Fürſt, Heer und Volk
unzertrennbar ſind, und daß unſer deutſcher Wahl-
ſpruch auch ferner bleiben wird: „Mit Gott für Fürſt
und Vaterland, für Kaiſer und Reich!“
 
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