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Badischer Volksbote: für Deutschtum, Thron und Altar ; Organ der Deutsch-Sozialen Reform-Partei in Baden (7): Badischer Volksbote: für Deutschtum, Thron und Altar ; Organ der Deutsch-Sozialen Reform-Partei in Baden — 1896

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No. 41 - No. 50 (16. April - 7. Mai)
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https://doi.org/10.11588/diglit.42841#0177

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* . Zahrgaug.






* 2

ſcheint zmal iwöchentlich (Diens-
tag, Dounerstag und Samstag).
Verlag und Leitung:












Yas Iuell vor dem Reichstage.
Verſchiedene Zweikämpje der jängfen Zeit haben,

wie wir bereits mitteilten, Anlaß zu einer diesbez.
— Interpellation ꝛes Zentrums im Reichstage gegeben.
Dieſelbe beſchäftigie am Montag das Parlament. Be-
gründet wurde ſie von dem Abg Bache m. Der junge
und überaus thätige Centrunisführer befleißigte ſich
einer dankeuswerten Kürze und ſtrengſter Sachlichkeit ;
er vermied gefliſſentlich alle Schärfen, und man kounte
es ihm deuilich anhören, daß feine Rede für eine ſehr
viel höhere Stelle beſtinunt waͤr, bei der er Eindkuck
machen wolle. Die beiden letzten Duelle, das Duell
Cettelhodt· Zenker und v. Kohe⸗Schrader ſtreifte er
nur foweit, um den Ltachweis zu führen, daͤß fowohl
die ordentlichen Gerichte. wie auch die Ehrengerichte
_ mit ihrem gegenwärtigen Beſtande zur Verhütung der
Duelle außerftande ſind. Er wies darauf hin, daß
im lesteren Falle wiederholt die ordentlichen Gerichte
oͤnd die Ehrengerichte augerufen worden ſind, ohne daß
dieſer entfetzliche Ausgalg verhütet werden konnte
Das Duell Kettelhodt Zenkec that Redner mit nur
wenigen Worten ab. Er betonte, daß der aufs ſchwerfte
gefränfte Ehemann bei den beſtehenden Gerichten keine
ESuͤhne zu finden weiß; er ruft das Ehrengericht an,
und dieſes zwingt ihn, ſich zu ſchießen; er fällt, und
damit iſt die Sache erledigt Dem Schuldigen paſſieet




ung gebt. Kedner kam inı Anfchluß an den Veriauf
bdiejer Fälle zu dem Ergebnis, daß eine Nefornı der
Ehrengerihte notwendig ift. Er gab zu, daß Chren-


verlangte aber, daß der Ehrenrai mit größeren Be-
fagniſſen ausgerüſtet werden müſſe, ſo daß er imſtande
ift, die Ehrenhaͤndel zu ſohlichten und Urteile zu fällen,
denen ſich die Beteiligten unbedingt unterwerfen wuͤffen
_ ür diejenigen, die den Spruch des Ehrenrats miß-
achten und trotzdem zur Piſtole greifen/ verlauge er
eine Verſchärfung des beſiehenden Rechts bis zu Ge-
fängnis· und Zuchthausſtrafen und bis zur Aberkenu-
ung der bekleideten Aemter und Ehrenſtellen auf be-
ſtimmte Zeit Außerdem richtete Redner an die


mehr als bisher zur Bekänipfung des Zweikampfes bei-
zutragen, indem ſie es vor auen Dingen vermeidet,
die Dinge breitzutreten.

Die Jaterpellation wurde ſogleich von dem
Staatsſekretär v. Bötticher beantwortei. Die Ants
wort lautete folgendermaßen:
8ch habe zunächſt dem Bedauern des Herrn
Reichskanzlers darüber Ausdruck zu geben, daß er
durch Unwohlſein verhindert iſt, der heutigen Ver-
handlung beizuwohnen. Sodann habe ich in ſeinem
Auftrage unter Beantwortung der Interpellation fol-


. hat von den in letzter Zeit wiederhoͤlt vorgelommenen
Zweikämpfen, die er mit dem Herrn Interpellanten
auf das lebhafteſte bedauert, Kenninis genommen. Da-
jür, daß die Organe der Staaͤtsgewalt denen es ob:
liegt, ſtrafbare Handlungen nach Möglichkeit zu ver-
hüten, gegenüber dieſen Zweifämpfen ihre Schuͤldigkeit
nicht gethan hätten, fehlt e& an jedem Anhalt. (Hier
wurde die Darlegung durch das Gelächter der Linken
unterbrochen) Wenn es auch in den Fällen, in wel-
chen die Abſicht, zum Zweikampf zu ſchreiten, bekannt
war, nicht gelungen iſt die Duelle zu verhindern, ſo
kann daraus ein Vorwurf für jene Organe nicht ab-
geleitet werden (Lachen) ; es liegt auf der Hand, daß
Ddiejenigen, welche zum Zweikampf greifen woͤllen, ſtets
Mittel und Wege finden werden, um ihr Vorhaͤben
auszuführen. Daß auch auf dem Gebiete des Duell-
weſens den Geſehen in allen Kreiſen der Bevölkerung
ohne Unterfchied des Standes und Berufes Achtung
und Befolgung zu ſichern iſt, hält der Herr NMeichs-
Zanzler für eine ſelbſtverſtändliche (Unruhe), unäb-
weisliche Forderung des öffentlichen Rechtsbewußtſeins.
Er iſt in eruſtliche Erwägungen darüber eingetreten,
Belche Maͤßregeln zu ergreifen ſein werden, um eine
foldhe Sicherung wirtſamer als bisher zu erreichen.
Das Ergebnis dieſer Erwägungen mitzuteilen, iſt, da
dieſelben noch nicht abgeſchloſſen ſind, zur Zeit nicht
thunlich“.

Dieſe Erklärung hätte, angeſichts der Thatſache,
daß ihr Inhalt je nach ihrer Entſtehung nicht auf










Peitere Beſprechung genügen können. Der tiefe Eins


abgeſchwächt werden müffen. Was foll man z. B


weg mit dem „Mefferftecher” auf eine Stufe ſtellt?


die Hand nimmt? — Und nun gar der Abgeordnete
Bebel! — Er warf der Rechten des Haufes vor, daß
ſie Komödie treibe, wenn
Atem ſtellte er den Duellanten und der Strafe, die
fie treffe, das unglückliche Weib gegenüber, das feinen


Tag ins Gefängnis fkommt.“ Ift e& da nicht die
reinſte Selbſtironie, wenn Herr Bebel von Komoͤdianten


auf die Urteilsioſigkeit ſeiner Anhänger. — — Die
Gründe, die für eine Beſeitigung des Duellunwefens


brauch, der von der außerſten Linken mit ihnen ge-




die Beſtrafung von boͤswilligen Beleidigern und er-
mögliche e& auch ärmeren Leuten, duͤrch Herabſetz-


Beleidiger vor das geſetzliche Foruͤm zu ziehen.
So lange ein ſolcher Beleidiger, wie das meifteus der
Fall ift, ſich durch eine Gelbzahlung von der Gefäng-


rechtsverfahren dem vermoͤgenden Manne günſtiger iſt


ſtande ſein, auf Ehre haltende Lente, namentlich wenn


anwaltskoſten ohne perſönliche Entbehrung als
Vorſchuß zu zahlen, ein anderes Schiedsgericht auf-
zuſuchen als das des ſtaatlichen Gecichtshofes.



Napoleon T und die Juden.
„Ich will durch den Abdruck der Reden Napoleons


auch zu ſagen und in Thaten umzuſetzen den Mut
finden.“ So ſchrieh der Gelehrte Paul de Lagarde
1887 in ſeiner Abhandlung: Juden und Fndo-


der Mitteilungen), und wir geben hier die bezeich-
nendften Stellen der von Lagarde im franzöſiſchen
Original abgedruckten Reden in deutſcher Ueberſetzung
wieder. In der Sitzung des Staatsrats vom 30.
April 1806 ſagte Napoleon: „Die franzöſiſche Res
gierung kanu es nicht gleichgültig mit anſehen, wie
die Zuden, dieſes niedrige, jeder Schlechtigkeit fähige
Boll, die beiden ſchönen Departemenis des Elſaß
völlig in Beſitz nimmt. Die Juden ſind ein Voͤlt
und nicht eine Religionsgeſellſchaft, ein Volk in unferm
Volke. Ich wünſchte, daß ihnen, wenigſtens fuͤr eine
beſtimmte Zeit, das Hypothekenrecht genommen würde,
denn es iſt zu erniedrigend für die franzöſiſche Nation,
dieſer gemeinen Raſſe verſchuldet zu ſein. Ganze
Dörfer ſind in ihren Befig ühergegangen, und fie
gliichen Schwärmern und Raubvoͤgeln. Man muß
daher durch geſetzliche Maßregeln dem Ausbruche der


werden ſie eines Tages von den Ehriſten des Elſaß
maſſakriert werden, wie es früher ſo oft geſchah und
zwar imaer durch ihre Schuld. Es wäre auch ge-
fährlich, die Schlüſſel Frankreichs: Straßburg und
das Elſaß in die Hände von Spionen fallen zu laſſen,
die keine Anhänglichkeit an das Land befißten . . ..
Man könnte ihnen den Handel verbieten, weil ſie
ihn durch Wucher beſchmutzen, und ihre Forderungen
für ungültig erklären, weil ſie durch Betrug er-
ſchlichen ſind. Die chriſtliche Bevölkerung des Elſaß
und der Präfekt von Straßburg haben mir, als ich














In der Sitzung des Staatsrates vom 7. Mai
1806 kam Napoleon auf die Juden zuruͤck: „Man
ſchlägt mir vor, die Gerichte gegen die Fuben eine
ſchreiten zu laſſen und die juͤdiſchen Hauſierer aus-
( ſind ungenügend. Das
gerze jüdiſche Volk befteht ſeit Moſes aus Wucherern
und Unterdruͤckern; ſo iſt es nicht bei den Chriſten,
denn unter dieſen bilden die Wucherer die Ausnahme
Um die Juden zu
beſſeru, ſind energiſche Ausnahmegefebe nötig; man
müßte ihnen überhaupt den Haͤndel verbieten, weil ſie
ihn mißbrauchen, wie man dem Goldſchmiede ſein
Gewerbe unterſagt, wenn er das Gold fälſcht. Ich
wiederhole, daß man nirgends weder über die Prote·
ſtanten noch über die Katholiken beklagt, fondern alein
über die Juden. Dies kommit daher, weil das Unheil,
das die Juden anrichten, nicht in der Schlechtigkeit
Einzelner, ſondern in der Beſchaffenheit eines ganzen
Jolkes ſeines Urſprung hat. Die Juden gleichen
Raupen und Heuſchrecken, die Frankreich verheeren.“




— — ———



— —

Tagesfragen.
— Gerr Bebel als, Hausagrarier. Das Amts-
Züxrich hringt folgende Mitteilung: Herr

eigentum in Küßnach anſchließend eine Landanlage im
Seegebiet zu erſtellen, wie ſoſche auf dem Lokal mit
‘Pfählen bezeichnet ift, und ſucht hierzu um fraatliche
Konzeſſion nach.“ Man ſieht, Herr Bebel weiß ſich
in ſeiner Villeggiatur mit dieſer „ſchlechteſten aller
Welten“ recht gut abzufinden. Herr Bebel hat e& dazu.

— Organifation des Handwerks. Die „Berl. —
Politiſchen Nachr.“ verfuchen, die Verzögerung der
Erledigung des Geſetzentwurſs über die Zwangsinnungen
etwas ſchmackhafter zu machen, indem {ie darauf hin-
weijen, daß es bei der Fülle des vorliegenden Arbeits-


werde, ihn zu erledigen, und daß c& beffer erfcheine,
ihn recht eingehend vorher zu beraten, und vielleicht
während der parlamentsloſen Zeit der Oeffentlichkeit
Gelegenheit zur Kritik zu geben. Wir meinen denn
doc, daß die Frage ſo oft und ſo eingehend erörtert
ſei, daß ſie nunmehr einer neuen gründlichen Erörterung
nicht bedürfe. Die Handwerker haben übrigens, wie

allgemein helannt ift, beſchlofſen fofort nach WVeröffente


beraten. Sie werden das Ergebnis ihrer Beratung
mit möglichſter Schleunigkeit den zuſtäudigen Stellen


will, eine Erledigung des Entwurfs in der gegen-
wärtigen Tagung noch möglich ſein.

— Verbot des Delailreiſens. Der Central-
verband deutſcher Kaufſeute veröffentlicht folgendes:
„Von den Gegnern des Verbotes iſt wiederholt be-
hauptet worden, der ganze ſeßhafte Handel ſtehe hinter
ihnen. Wir müſſen im Gegenteil feſtſtellen, daß in
weiten kaufmänniſchen Kreiſen das dringende Bedürfnis
nach Beſeitigung des Detailreiſens aͤnerkannt wird.
Dafür liefert die Thatſache einen ſchlagenden Beweis,
daß bei einer Umfrage des „Manufakturift“ von den
befragten Kaufleuten SS pEt, für das Verbot ge-
ſtimmt haben. Speziell der Kaufmannsftand ſelbſt
wird durch das Detailreiſen ſchwer geſchädigt. Das
legtere nötigt nahezu den geſamten Haͤndel, fich eben-
falls auf dieſen Waͤnderbetrieb zu verlegen. Dadurch
entſtehen nicht nur hohe, früher unbekannte Uakoſten,
die natürlich die Konſumenten bezahlen müſfen, ſondern
guch ſittliche Gefahren für die hinausgefandten, oft


wachſenen jungen Leute. Dle Frage, was ſoll aus
den Detailreiſenden werden, iſt mit der Gegenfrage
zu beantworten: wohin ſollen die jetzigen Zuſtände
führen? Der ſeßhafte Handel erleidet durch das
Detailreiſen ungeheuren Schaden: wie er ruiniert wird,
zeigt ein Bericht dex Handelskammer Harburg, wenach
auf dem Lande mindeſtens */s des ganzen Maͤnufaktur-
geſchäfts von Detailreiſenden gemacht wird. Jedenfalls
muß der große volkswirtſchaftliche Geſichtspunkt aus-
ſchlaggebend ſein, daß ein blühender ſeßhafter Kauf-
mannsſtand einer Menge mehr oder weniger prole-
tariſierter Wandermenſchen vorzuziehen iſt.“
 
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