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Badischer Volksbote: für Deutschtum, Thron und Altar ; Organ der Deutsch-Sozialen Reform-Partei in Baden (7): Badischer Volksbote: für Deutschtum, Thron und Altar ; Organ der Deutsch-Sozialen Reform-Partei in Baden — 1896

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No. 21 - No. 30 (21. Februar - 14. März)
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https://doi.org/10.11588/diglit.42841#0101

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Der „Dadtſche %ah{ßfi ote erſcheint zwal wöchentlich
- (Dienstags, @ommétag„ und Samstags).
Jerlag und Leikung : @emerbex g, Bahnhofite. 5.











mür Deuf





Breis viertelzahrlich


durch uufernB oten Mk. 1.—,
Poſtſ 2 od. unſerex Expedition ahch * 80 *
Zoͤſt⸗ — — — Ar. 755














* *


7. Jahrg.





Beidelberghninge 30 1896
Der Neidstag hat ſeitsunſch x voriger Woche
eine Pauſe von 8 Tages unlauten laſſen, um den ver-
jchiedenen @Ommfi*‘md)iangenaenf)elt zu bieten, ihre
Arbeit in äniächft erlediet Tempo zu fördern. Ob
dieſer iburg, 2. Möästden iſt, erſcheint uns etwas
fraagı . Fahnenher N der @ommtffinn für das neue
Büegcxrliche Gefetzbuch bisher nur ein ganz ge-
ringer Teil erledigt worden, und augenblicklich ſteckt
man bei dem ſchwierigen und vielfach hart angefoch-
tenen Vereinsrecht. Soll das Geſetzbuch wirklich in



diefem Tempo weiter, dann kommt der Reichstag nicht
vor Auguſt nach Hauſe. Die Börſenkommiffion
hat die erſte Leſung des Geſetzentwurſes beendet.
Einzelne Beſtimmungen der Vorlage ſind bekanntlich
außerordentlich verſchärft, und die verbündeten Re-
gierungen werden nun ihre Haltung zu den einzelnen
Aenderungen beſchließen.

Blut wird. Daß * Hoffnung der Börſeninter-
effenten, die Regierungen würden alle Verſchärfungen
ablehnen, ſich nicht beſtätigen wird, hat man bereits
erkannt, — die — in dieſer Sache
viel zaghafter iſt, als der Reichetag. Hartnäckig iſt
noch der * um das neue Margarinegejeß,
und bei der zweiten Leſung d ſelben im Reichstage
wird es heiß hergehen. Beſtimnn angekündigt wurde
eine Vorlage über die ſcho kange geplante Neuor-
ganiſation. der vierten 5 one der Reichzarmee.
Das Projekt iſt aber noch ; nebelhaft, daß man
durchaus nicht mit Beſtin n ſeit von einem ſolchen
Entwurf reden kann.

Eiue Behaupiung de2 eern von Bennigſen,
des der Nukonaliberälen, die er am 17.
Januar d. I, im Reichztage that, erfährt jetzt eine
recht nette Beleuchtung. Herr von Bennigſen bekämpfte
im Namen der nationaliberalen Partei an jenem
Tage den Antrag Kanitz und behauptete u. a., die




nach dem ſtenographiſchen Bericht: „. . ...
iſt die Notlage keine allgemeine. ein Landsmann,
Herr Graf Bernſtorff, wırd mir beſtätigen: noch im
vorigen Jahre, als die Wogen der Agitation für den
Antrag Kanitz ſehr hoch gingen, iſt in Hannover die
Centralorganiſation der Landwirtſchaft, eine ähnliche
wie in den anderen Provinzen, zuſammengetreten.
Alles, was an hoher Einſicht,
in der Provinz Hannover auf dem Gebiet der Land-
wirtſchaft vorhanden iſt, Großgrundbeſitz und kleiner


Lage der Landwirtſchaft Provinz
Hannover. Einſtimmig hat * en tralausſchuß
erklärt — nicht wahr, Herr Graf Bernſtorff? —:
in der Provinz Hannover gies es keinen Notſtand
für die Landwirtſchaft, wohl Schwierigkeitez infolge
der niedrigen Kornpreiſe . . .“ Herr von Bennigſen
iſt Hannoveranex und fucht alſo durch obige, Ausführ-
uing daß keine Notlage in ſel Heimat exiſtiere, den
Autrag Kanitz zu bekämpfen. Nach Bekanntwerden


über die Thätigkeit und die offiziellen Erklärungen des
Centralausſchufſes gut unterrichtet zu ſein glaubten
und doch nichts von einer Unterſuchung oben erwähnter
Art gehoͤrt hatten, um Aufkläxung, zumal in allen
Verſammlungen der Landwirtſchaftsgeſellſchaft (Haupt-
verein und Kreisvereine) und des Bundes der Land-
wirte hervorgehehen war, daß auch in der Provin
Hannover eine Notlage — wenn auch noch nicht ſo
ſchlimme, wie in den öſtlichen Provmzen — criſtiere.
— Eine genaue 4 — ergab dann, daß die
von dem Redner erwähnte Unterfuchung ſeitens des
Centralausſchuſſes — nicht ſtattgefunden und
daß der letztere auch jene Erklärung nicht abgegeben
habe. — Die Nationalliberalen gehen alſo in ihrem
Haſſe gegen den Antrag Kanitz ſoweit, daß ſie ihn ſo-
gar mit unwahren Behauptungen zu hekämpfen
ſuchen, nur um ihn zu Falle zu bringen. Nun, die







hat die Generaldebatte über den Etat des Miniſteriums
des Innern zahlreiche Angriffe auf den Miniſter
Eiſenlohr gezeitigt.
verſchiedenſten Seiten der Vorwurf gemacht, daß er
nationalliberale Paxteipolitik treibe, ja er wurde als
der eigentliche Führer dieſer Parter in Baden be-
zeichnet. Die Verteidigung des Miniſters ſeitens der
nationalliberalen Fraktion war ziemlich lahm. Auch
famoſen Wahlreformantrag wurde
debattirt, und man kann wohl ſagen, daß kaum ein
einziger — die Nationalliberalen nicht ausgeſchloſſen,
wenn ſie dies ſelbftverſtändlich auch nicht zugeſtehen —


nahme auf die Wüuſche der Wähler,
kraſſeſtem Parteiegoismus zu ſuchen ſind.
Am Freitag ergriff auch der deutſchſoziale Ab-


Antwort zu geben beliebte.

ein richtiger Repräſentant für das Amtsblatt eines


Jude auf keinen Fall. Herr Pfiſterer ſagte, nach dem
amtlichen Stenogramm, *—

„Hochgeehrteſte Herren! Ich möchte heute auch
eine Anfrage an deil Herrn Miniſter richten. Es
handelt ſich um eine Sache, die im ganzen Lande
Unwillen erregt, es handelt ſich nämlich um die

amtliche „Karlsruher Zeitung“ Geiterkeit), deren
Redakteur, der Herr Julius Katz, aus Böhmen iſt
Geiterkeit). Er iſt ein Israelit (große Heiterkeit;.
Es wird im Lande nicht gut aufgenommen, daß
man einen ſolchen Fremden an dieſem Blait als
Redakteur angeſtellt hat. Ich meine, wir hätten
auch Leute in Baden, dié diefes AHınt ebeni ſogut
verſehen könnten!“ Die öabenfet ſind doch auch
nicht ſo dumm! Geiterkeit. Es wird der Regier-
ung nicht gut genommen, daß ſie ſo einen fremden
Israeliten auſlelite. (Gelächter) Ich weitz nicht,
was die Herren da (nach links) immer für *
Lachen haben, für ein einfältiges! Stürmiſche
Heiterkeit) Sobald man ſprechen will, fangen Sie
an zu lachen. Sie wollen mich im Weiterſprechen
ſtören mit ſo einem Gelächter, aber ich lafſe mich
dadurch nicht ſtören. — Was die Sache mit dem
Fabrikinſpektor anbelangt, ſo muß ich ſagen, daß
die Kirchheimer Fabrikarbeiter ſehr zufrieden mit
ihm ſind, und ich glaube, daß es jetzt die Leute
beſſer haben als früher; nur über Eines klagen ſie
mitunter, nämlich, daß die Löhne ſo ſchlecht ſind —
ſie 8 mitunter nur 2 Mark * auch nur 1
Mark für den Tag. Dabei 4 en ſie nach Heidel-
berg fahren fir 20 Pfennig, ſo daß ſie nur noch
80 Pfennig für ihren Lebensunterhalt übrig haben
und kaum davon leben können, zumal wenn ſie auch
noch Angehörige zu unterſtützen haben. Ich hoffe,
daß die Fabrikanten etwas nobler werden und die
Leute etwas beſſer bezahlen. Die Bezahlung iſt
wirklich ſchlecht, die Arbeiter können kaum leben.
Da hat man Beiſpiele von der Firma Müller
in Großſachſen, der Preßhefefabrik, die hat 3u
Weihnachten ihren Seuten — es find 40 Arbeiter —-
ein Geſchenk von 5000 Mark gegeben. Leute,
wie * von der Cementfabrik und der Anilin-
fabrik, die Millionen einnehmen,
einnial ihren Arbeitern ein etwas freudigeres
Daſein bereiten. Auffällig iſt es, daß die Leute,
trotzdem ſie einen ſo 44 Lohn haben, doch
nicht zur Landwirtſchaft wollen, und der Landwirt-
n fehlen die Leute ſehr. Weiter möchte ich noch
etwas über die Wahlreform fagen. Bei uns auf
dem Lande iſt man nicht ſehr für den Fieſer'ſchen
2 und ſagt, es ſei dies eine Zurückſetzung der
Landbevölkerung, ich werde deshalb für den Antrag










des Ceutrums und der Freiſinnigen ſtimmen. Die
Landbevzlkerung ſieht ſich durch den Antrog der
Natihnalliberalen beeinträchtigt.“

Wie aus den eben zitierten. Worten rſichtlic
iſt und wie wir auch bereits am Samstag mitgeteilt
haben, machten die Herren Nationalliberalen, die ſich
ſo viel auf ihre „geſellſchaftliche 24 zu gute
thun, als der Redner eben erſt zu ſprechen qugefangen

erhielten aber diesmal ihre wohlverdiente Lektion, und
bei den nächſten Wahlen wird es ſich zeigen, wer
zuletzt lacht. Wir können übrigens zu unferer Ge-
nugthuung konſtatieren,
gelächter nur auf der Seiie der Natibuͤaltibekaten
Wenn auch 3. B. bei dem Zentrum
ſo galt dies, wie
einer der 8 zeordneten dieſer — alodrücklich
Herrn Pfiſterer gegenüber beionle der derben Art
und Weiſe, in der der Nedner ftd) über den Hebraͤer
Katz ausdrü ckte Auch was Herr Pfiſterer ſonſt noch
am Samstag vorbrachte, iſt des Beifails auch ſehr —4
Nicht⸗ Nationalliberaler ſicher.

Im lächſiſchen Laudtage ebt es,
badijchen, eine heftige Oppofition gegenüber gewiſſen
und am heutigen Montag
ſoll der Kampf auogefochlen werden. Die Herren
Nativnalliberalen, die ſich in Sachſen ebenſo wie in
anderen deutſchen Bludesſlnelen ſchön nach dem Winde
zu richten wiſſen, haben ſich, in anbetracht des all-
gemein in Lande herrſcheuden Unwillens dazit eni-
ſchloſſen, an dem Reformantrage ebenfalls ein wenig
Man weiß ja zur Genüge, was man
von ſolchen nationalliberalen „volksfreundlichen“ Kund-—
gebungen zu halten hat. Wenn es nach dieſen Herren


ſchichten noch weit mehr eingeſchränukt, als es die


Die 4 Kammer hat eine That vollbracht,
zu welcher ſich
aufſchwingen fönnen: es hat eine Erluaßigli der
Fernſprechgebühren um ein Drittel beſchloſſen.

Ein chriſtlich ſocialer Barteitag hat bekanntlich

vorige Woche in Frankfurt a. M. ſtattgefunden. In
konſervativen Kreiſen wurde vielfach erwartet, die

Chriſtlich⸗Sozialen, die ſich bisher als eine Gruppe in
der konſervativen Partei bezeichneten, würden auch jetzt,
nach dem Austritt des Herrn Stöcker aus der fonfer-
vativen Fraktion, eine gewiſſe Verbindung zu den
Konſexvativen aufrecht erbalten, aver dieſe Erwartuͤng
hat ſich nicht erfült., Man beſchloß die Gründung
einer eigenen, ſelbſändigen chriſtlich-ſozialen
Partei, nachdem Herr Stöcker erklärt, * tief-
gehenden Melluugsverſchiedenheilen über ſozialpolitiſche
Fragen hätten ihm ſein Verbleiben in der konſervativen
Fraktion unmöglich gemacht. — Dieſem Reſultat des
Parteitages entſprechend, hat denn auch die anı 28. Febr.
in Berlin ſtattgehabte General-Verſammlung der Mit-
glieder der chriſtlich-ſozialen — beſchlöſſen, ihre
Mitglieder aufzufordern, aus dem 4 konſer-
vativen Wahlverein auszutreten, und rät
ihnen, auch aus allen politiſchen — aus-
zutreten, die ſich mit der Haltung und den Beſtrebungen
der chriſtlich⸗ſozialen Partei in Widerſpruch ſetzen.
— Die Diener Antiſemiten, deren Erfolg auch
auf die Parteibewegung in Deutſchland einen großen
Eindruck machen muß, haben, wie ſchon mitgetheilt,
wieder einen großen Sieg über den Liberalismus da-
vongetragen. Derſelbe iſt, wie das „Deutſche Volksbl.“
betont, von geradezu koloſſaler Bedeutung. „Ex zeigt,
daß die Auflöſung des Wiener — —— 4
einzigen aͤntiſemitiſchen Wühler in ſeiner politiichen
Ueberzeugung und in ſeiner Pflicht ixre gemacht *
daß die Nichtbeſtätigung. Dr. Luegers nicht, wie Graf
Baͤdeni meinte, die Reihen unſerer Parteien lichtete,
ſondern unſerer Fahne neue Scharen von Auhängern
zuführte, Graf Badeni meinte, die antiſemitiſche Be-
wegung in Wien eindämmen oder gar vernichten zu
können und er mußte es erleben, daß dieſelbe zu größe-
ren Erfolgen gelangt, als je zuvor. Die liberale Partei
in Wien iſt niedergerungen, und * die Regierung
 
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