S
M6 32,
* Zahrgang.
Der Ladiſche Yolksbote“ er-
ſcheint 3mal ivöchentlich (Diens-
tag, Donnerstag und Samstag).
. Verlag und Leitung:
Heidelberg, Lahuhofſtraße S,
. . Zelegramm-Adrelje:.
Yolkshote Heidelberg. -
—
Die gefpaltene Vetitzeile 10 Pfg:
Haus gebracht Mt 1.25, durch
unfexe Boten in Geidelberg 1 M, -
ın %Bogj‘cf)_al’te’r oder von UNjeErEr
Erye ition abgeholt 80 Big.
Vopt-Zeitungs-Preislifte
A
— — „Sall äzt»x;“ *—
welche den Etat des Auswärtigen Amts (olonial.
hetten gefialteten ſich zu einem Strafgericht über den
in lebter Zeit vielgenannten Reichokommiſſar Dr.
und Bebel und in gewiffer. Beziehung auch der Leiter
der Sentrums-Abgeordnete Lieber. Schon im vorigen
Jahre wurden von dem ſozialdemokratiſchen Abgeord-
neten _ v. Bolmar aufgrund eines Druckheftes ſchwere
Angriffe gegen Dr. Peters erhoben. E3 wurde be-
hanptet, er habe im Jahre 1889 auf der Station am
Eijerſucht zun Tode verurteilen und die Urteile auch
vollſtrecken laſſen, und er habe Grauſamkeiten be-
gangen, die denen der Herren Leiſt und Wehlan in
nichis nachſtänden. Die Angelegenheit geriet jedoch
bald wieder in Vergeſſenheit, und erſt in letzter Zeit,
als Dr. Peters durch ſeine Agitation für den neuen
Flottenplan und durch ſein Auftreten gegen den Prinzen
Arenberg in der Beriiner Colonialabteiluug die Oeffent-
lichfeit mehr beichäftigte, wurden die Dinge von neuem
ſeinem vor fuͤnf?
lafſen mußten. Aufgrund diefer Vorgünge war es
unſchwer vorauszujehen, daß die Angelegenheit bei der
Leiten Leſung des Colonialetats von neuem zur
Sprache gebracht werden würde.
Vorſtoͤß. Er ftelte den Fall Peters auf eine Stufe
vergangen und daß er gleichzeitig über die Mifſionare
und das Chriſtentum die abſprechendſten Urteile gefällt
habe. Der Abgeordnete Bebel ergänzte die Andeut-
ungen Schall's in ausführlichſter Weiſe. Er trug
Einzelheiten vor, die inderthat von einer geradezu un-
erhörten Grauſamkeit Peter's gegen die Eingeborenen
Zeugnis ahlegen, vorausgeſetzt natürlich, daß die Dinge
ſich ſo perhalten, wie ſie vorgetragen worden ſind.
Hiernach hätte Dr. Peters ganze Dörfer niederge-
brannt, Kranke in hilfloſer Lage zurückgelaſſen und
den Raubtieren preisgegeben und Hinxichtungen aus
des Sinatsfjekretärs Freiherrn v. Marſchall, der gegen
das Ende dieſer Rede den Saal verlaſſen hatte und
auch nicht wieder zurückkehrte, unternahm es der be-
kanntlich jüdiſche Direktor Kayſer, Dr. Peters zu
verteidigen. ¶ Dieſe Verteidigungsrede war aber
außerordentlich ſchwach und konnte gar keinen Eindruck
machen. Der Eolonialdirektor vermochte die gegen
Peters erhebenen Anklagen nicht zu entkräften, mußte
ſie vielmehr in der Hauptſache beſtätigen. Er teilte
mit, daß bereits zweimal ein Verfahren gegen Peters
geſchwebt hat, aber jedesmal eingeſtellt werden mußte,
weil es an den nötigen Zeugen fehlte und weil Dr.
Peters erklaͤrt hat, daß er im Intereſſe der Disziplin
habe eintreten laſfen müſſen. Ju dem ſchwebenden
Verfahren iſt nach den Mitteilungen des Direktors
Kayſer feſtgeſtellt, daß Peters ſeinen Diener hat hin-
richten laffen, weil er ihn beſtohlen hat, und daß die
gleiche Strafe auch an einem Negermädchen, das un-
zweifelhaft mit Europäern Liebesverhältniſſe unter-
halten hatte, vollſtreckt worden iſt, während zwei andere
Mädchen, die ebenfalls Geliebte von Eurvpäern waren,
ſtrenge Strafen erlitten.
Dieſe Mitteilungen machten auf das Hans den
peinlichſten Eindruck. Von ſozialdemokratiſcher Seite
erfolgten Zurufe, wie: „An den Galgen mit ihm!“
und dergleichen. Gleiche Seenen ſind im Reichstage
bisher noch nicht vorgekommen. Aufgrund dieſer Feſt-
ſtellungen unternahm es ſodann der Eentrums⸗Abge-
brdnete Dr. Lieber, das Urteil zu fällen, was ihm in
diefem Falle ganz beſonders Bergnügen zu machen
ſchien. Er ſprach dabei allerdings bedingungsweiſe
begaͤngen deren ſich ein Mann üherhaupt nur ſchuldig
— "MAuf Gtund eines Briefes, den Peters an den
Abg Örafen
in Schuß. - ® 2
Von deutfhfozialer Seite ergriff der Abg.
- „Die fchweren Anflagen . Peter:
durch die bisherigen Verhandlungen nicht entfräftet
morden; auch Der Colonialdirektor Kayfer ſelbſt habe
einen . erheblichen. Teil . dadon zugeben müffen
Dr. PeterS jcheint nach den hisheri
ein gelieferter Mann zu fein, M
*
fuchte, ihn zu verteidigen. M
1 an zugeben, daß diefe
— für nnfere Colonialpolitik. nicht norteilhaft
daß OGraf Arnim mit einer gewiffen
Wenn man den Ma
jein fanp. Zu meiner Freude habeich
Commijffion ſowohl .vom Sta
Asgitation beobachtet, fo muß. m
märtigen als auch von Herrn
ollmanır gebört, daß
€
gemein bat und. damit gu nicht eingerftanden i
Wir hahen daraus die Neberzgeugung gewonnen, daß
die Regierung in vernünfjtiger Weije, Colonialpolitik
treiben ‚will. Was den Fall Wehlan ‚anbetrifft, ſo
muß ich ſagen, daß mir ein größeres‘ Scheufal noch
nicht vorgekommen iſt. Dieſer Mann iſt ein zweiter
Nero, ein Robespierre, der mit den letzteren auch das
gemein hatte, daß er den Mut verlor, als ıaan ihm
an den Kragen wollte. Ich ftimme dem neulichen von
der linken Seite gefallenen Zuruf zu und ſage auch,
der Menſch verdiente gehenkt zu werden. eieh
Ich wünſchte, daß mean mit derartigen Leuten ein
kürzeres Verfahren machen könnte, und ich verftehe
Es wäre jedoch vollkommen. falſch wenn man aufgrund
dieſer Vorkommniſfe gegen die Colonialpolitik. im All-
gemeinen ſtimmen wollte. Jene Faͤlle ſind vereinzelt,
wie ſie auch an herufener Stelle verfolgt wird! ſtets
eintreten. Es gibt Gott ſei Dank außer Wißniann
ſehrter weißer Weſte aus Afrika zurückgekehrt ſind.
Leuten wie Wehlan und Peters gegenüber vermoͤgen
wir keine Milderungsgründe gelten zu laſſen. Was
nun die Einfuhr von Branntwein betrifft, fo kann ich
dem Direktor Kayſer nicht beſtimmen. Wir erwarten,
verhindern. Als einen Lichtpunkt möchte ich die
Depeſche unſeres Kaiſers nach Transvaal hervorheben.
Dieſe Depeſche enthält Worte zur rechten Zeit, es
ſind echte Kaiſerworte, und dieſe Depeſche hat übexall
begeiſterten Anklang gefunden. Namens meiner Partei
erkläre ich, daß wir für eine vernünftige Colonial-
politik ſtets eintreten werden, daß wir aber für eine
Schweinerei nach Art Dr. Peters nicht zu haben ſind.
Daher müſſen wir an den Colonialdirektor das Er-
juchen richten, bei der Auswahl der Leute, die nach
Afrika gehen ſollen, vorſichtiger zu ſein und mit der
größten Sorgfalt zu Werke zu gehen und nur Leute zu
wählen, die berufene Träger chriſtlicher Eultur ſind.
Wir wollen keinen Robespierre, fondern vernünftige,
ruhige Leute, die chriſtliche Cultur dorthin tragen und
das Anſehen des Deutſchen Reiches zu wahren wiſſen.
ſegensxeich weiter entwickeln.“ Geifall. — — —
Der oben erwähnte Brief an den Grafen Araim
hat folgenden Wortlaut:
In der geſtrigen Reichstagsſitzung ſind eine Reihe von
Anſchuldignugen gegen meine Thättgkeit in Afrika er-
hoben/ von denen die meiſten unwahr ſind und deren weſent-
lichſte ich mich beeile kurz zu berichtigen:
1. Es iſt unwahr, was Herr Bebel ſagt, ich hätte
meine Thätigkeit am Kilimandſcharo damit begonnen, einen
habe ich im Augnit 18591 mit der Erbauung einer Station
außerhalb der Station iſt erſt Hin Februar 1892 kurz Dor
finge gebaut worden Berſelbe iſt indeß noch unbennbt
2Es iſt unwahr daß ich einen meiner Diener und
ein mir gehöriges Mähdhen aufgehängt hätte, weil Beide
ein Berhältnis mit einander angeknüpft hHätkten. Anfang
Septemher 1891, während die Station im Kriegszujtand
gegen die Warombo ſich befand, wurde in’s Meßzintmer
ein gewaltfamer Einbruch vollzogen, vermutlich zum Zwec
des Eindringens in einen Borratsraum, o zwei Maäd-
ausſtellte, von einem meiner Diener Namens
eintent‘ Manyema, verübt. Die 2
Unterfuchuhng, bei welcher der Manyema eben-
joviek Berjchiagenheit, wie Perverfität bewies, infofern er -
wiederholt den Verdaͤcht auf Dritte, UnfdhHuldige, leufkte.
Mabruk,
Mädchen war überführt, Hodhverräaätes
He Um nit dem uns feindlihen Oäupfling
Malanica und den Warombo zum Zwed der Uebergabe
unſexer Station angeknüpft zu habeıt, und dieferhalb mit
ſet auf unſerer Station, daß Kettengefangene welche einen
2 4 machten, ihr Leben verwirkten. Soldhe
trenge war damals nötig zur Aufrechterhaltung unferes
edauern entfloh eines Abends das
zu nietiem großen
KXriegsgericht zum Tode verurteilt Die beiden Fälle
ſind hiernach romanhaft fombinirt; und aus ſolcher Com-
binirung iſt die unwaͤhre Anſchuldigung Bebels entitanden.
beſteht in der Behauptung, ich hätte dem Biſchof Tucker
zu Moſchi geſchrieben ich glaube ein Recht zu haben zur
Hiurichtung meines Dieners und des ehebrechenden Mäd-
chens, weil ich nit letzterem nach muhamedanijchem Ritus
meinexſeits würde eine doppelte Llige von mir be-
kyadet haben Tenn erſtens würde id) daͤrin erzihlt haben,
ich hätte einen Diener und ein Mädchen wegen Ehebruches
wahr ſein würde, zweitens würde ich erlogeu haben daß
ich mich verheixatet hätte, und zwar nach muhamedanijchent
Ritus, was für mich als Chriſten doppelt widerſinnig
wäre. Uebrigens iſt Biſchof Tucker zu meiner Zeit über-
haupt nicht in Moſchi geweſen. Ich erkläre hierdurch daß
engliſchen Miſſionar, noch an irgendwen ſonſt einen der-
arligen Brief geſchrieben hahe und die Behauptung des
Herrn Bebel öffentlich entweder für eine ſehr grobe Lüge
vder aber für eine ſehr leichtfertige Verleumdung er-
klären muß. — | **
Bitte, benutzen Sie dieſe Mitteilungen, wie es Ihnen
gut ſcheint. 2— Beter5s.
Die „Frankfurter Zeitung“ ſchreibt dazu ſehr
treffend: * 4
„Die Wucht des Beweismaterials, das bei der
Beratung des Kolonialetats im Reichstag gegen Dr.
Carl Peters beigebracht worden iſt, hat nicht nur zu
einer faſt einmütigen Verurteilung der Thaten dieſes
„Kolonialhelden“ ſeitens der verſchiedenen Parteien
geführt, fondern auch die Anordnung einer neuen
Unterſuchung veraulaßt, die feſtſtellen ſoll, ob in der
That von Peters ein Brief an den engliſchen Miſſionen-
biſchof Tucker gerichtet worden iſt, worin er die Voll-
ziehung des Todesurteils an ſeinem Diener und ſeiner
Dienerin mit dem angeblich gegen ihn begangenen
Ehebruch rechtfertigt. Iſt dies zu erweiſen, dann be-
ſteht — das iſt bereits feſtgeſtellt — an der ſtraf-
rechtlichen Vexantwortlichkeit von Peters kein Zweifel
mehr. Aber auch ohne einen ſolchen Beweis hat der
Reichstag das Verdammungsurteil über Peters ge-
ſprochen auf Grund der aktenmäßigen Feſtſtellung, die
Kolonialdirektor Dr. Kaiſer über die Peters zur Laſt
gelegten Unthaten gegeben hat, und das auf Peters
eigenen Zugeſtändniſſen beruht. Er hat einen Diener
hängen laſſen wegen Diebſtahls, nachdem er vorher
die Todesſtrafe gegen Diebe angedroht hatte; er hat
ferner ein Mädchen hängen laſſen, mit dem er in-
timen Umgang gepflogen hatte, weil es ihm entlaufen
war, angeblich wegen Spionage. Zur Wahrung der
Form haͤt er die Urteile durch ein Kriegsgericht aus-
ſprechen laſſen; aber wie es bei dieſem Gericht zuge-
gangen ſein niuß, erſieht man anı beſten daraus, daß
Lieutenant Bronſart von Schellendorff ſich weigerte
M6 32,
* Zahrgang.
Der Ladiſche Yolksbote“ er-
ſcheint 3mal ivöchentlich (Diens-
tag, Donnerstag und Samstag).
. Verlag und Leitung:
Heidelberg, Lahuhofſtraße S,
. . Zelegramm-Adrelje:.
Yolkshote Heidelberg. -
—
Die gefpaltene Vetitzeile 10 Pfg:
Haus gebracht Mt 1.25, durch
unfexe Boten in Geidelberg 1 M, -
ın %Bogj‘cf)_al’te’r oder von UNjeErEr
Erye ition abgeholt 80 Big.
Vopt-Zeitungs-Preislifte
A
— — „Sall äzt»x;“ *—
welche den Etat des Auswärtigen Amts (olonial.
hetten gefialteten ſich zu einem Strafgericht über den
in lebter Zeit vielgenannten Reichokommiſſar Dr.
und Bebel und in gewiffer. Beziehung auch der Leiter
der Sentrums-Abgeordnete Lieber. Schon im vorigen
Jahre wurden von dem ſozialdemokratiſchen Abgeord-
neten _ v. Bolmar aufgrund eines Druckheftes ſchwere
Angriffe gegen Dr. Peters erhoben. E3 wurde be-
hanptet, er habe im Jahre 1889 auf der Station am
Eijerſucht zun Tode verurteilen und die Urteile auch
vollſtrecken laſſen, und er habe Grauſamkeiten be-
gangen, die denen der Herren Leiſt und Wehlan in
nichis nachſtänden. Die Angelegenheit geriet jedoch
bald wieder in Vergeſſenheit, und erſt in letzter Zeit,
als Dr. Peters durch ſeine Agitation für den neuen
Flottenplan und durch ſein Auftreten gegen den Prinzen
Arenberg in der Beriiner Colonialabteiluug die Oeffent-
lichfeit mehr beichäftigte, wurden die Dinge von neuem
ſeinem vor fuͤnf?
lafſen mußten. Aufgrund diefer Vorgünge war es
unſchwer vorauszujehen, daß die Angelegenheit bei der
Leiten Leſung des Colonialetats von neuem zur
Sprache gebracht werden würde.
Vorſtoͤß. Er ftelte den Fall Peters auf eine Stufe
vergangen und daß er gleichzeitig über die Mifſionare
und das Chriſtentum die abſprechendſten Urteile gefällt
habe. Der Abgeordnete Bebel ergänzte die Andeut-
ungen Schall's in ausführlichſter Weiſe. Er trug
Einzelheiten vor, die inderthat von einer geradezu un-
erhörten Grauſamkeit Peter's gegen die Eingeborenen
Zeugnis ahlegen, vorausgeſetzt natürlich, daß die Dinge
ſich ſo perhalten, wie ſie vorgetragen worden ſind.
Hiernach hätte Dr. Peters ganze Dörfer niederge-
brannt, Kranke in hilfloſer Lage zurückgelaſſen und
den Raubtieren preisgegeben und Hinxichtungen aus
des Sinatsfjekretärs Freiherrn v. Marſchall, der gegen
das Ende dieſer Rede den Saal verlaſſen hatte und
auch nicht wieder zurückkehrte, unternahm es der be-
kanntlich jüdiſche Direktor Kayſer, Dr. Peters zu
verteidigen. ¶ Dieſe Verteidigungsrede war aber
außerordentlich ſchwach und konnte gar keinen Eindruck
machen. Der Eolonialdirektor vermochte die gegen
Peters erhebenen Anklagen nicht zu entkräften, mußte
ſie vielmehr in der Hauptſache beſtätigen. Er teilte
mit, daß bereits zweimal ein Verfahren gegen Peters
geſchwebt hat, aber jedesmal eingeſtellt werden mußte,
weil es an den nötigen Zeugen fehlte und weil Dr.
Peters erklaͤrt hat, daß er im Intereſſe der Disziplin
habe eintreten laſfen müſſen. Ju dem ſchwebenden
Verfahren iſt nach den Mitteilungen des Direktors
Kayſer feſtgeſtellt, daß Peters ſeinen Diener hat hin-
richten laffen, weil er ihn beſtohlen hat, und daß die
gleiche Strafe auch an einem Negermädchen, das un-
zweifelhaft mit Europäern Liebesverhältniſſe unter-
halten hatte, vollſtreckt worden iſt, während zwei andere
Mädchen, die ebenfalls Geliebte von Eurvpäern waren,
ſtrenge Strafen erlitten.
Dieſe Mitteilungen machten auf das Hans den
peinlichſten Eindruck. Von ſozialdemokratiſcher Seite
erfolgten Zurufe, wie: „An den Galgen mit ihm!“
und dergleichen. Gleiche Seenen ſind im Reichstage
bisher noch nicht vorgekommen. Aufgrund dieſer Feſt-
ſtellungen unternahm es ſodann der Eentrums⸗Abge-
brdnete Dr. Lieber, das Urteil zu fällen, was ihm in
diefem Falle ganz beſonders Bergnügen zu machen
ſchien. Er ſprach dabei allerdings bedingungsweiſe
begaͤngen deren ſich ein Mann üherhaupt nur ſchuldig
— "MAuf Gtund eines Briefes, den Peters an den
Abg Örafen
in Schuß. - ® 2
Von deutfhfozialer Seite ergriff der Abg.
- „Die fchweren Anflagen . Peter:
durch die bisherigen Verhandlungen nicht entfräftet
morden; auch Der Colonialdirektor Kayfer ſelbſt habe
einen . erheblichen. Teil . dadon zugeben müffen
Dr. PeterS jcheint nach den hisheri
ein gelieferter Mann zu fein, M
*
fuchte, ihn zu verteidigen. M
1 an zugeben, daß diefe
— für nnfere Colonialpolitik. nicht norteilhaft
daß OGraf Arnim mit einer gewiffen
Wenn man den Ma
jein fanp. Zu meiner Freude habeich
Commijffion ſowohl .vom Sta
Asgitation beobachtet, fo muß. m
märtigen als auch von Herrn
ollmanır gebört, daß
€
gemein bat und. damit gu nicht eingerftanden i
Wir hahen daraus die Neberzgeugung gewonnen, daß
die Regierung in vernünfjtiger Weije, Colonialpolitik
treiben ‚will. Was den Fall Wehlan ‚anbetrifft, ſo
muß ich ſagen, daß mir ein größeres‘ Scheufal noch
nicht vorgekommen iſt. Dieſer Mann iſt ein zweiter
Nero, ein Robespierre, der mit den letzteren auch das
gemein hatte, daß er den Mut verlor, als ıaan ihm
an den Kragen wollte. Ich ftimme dem neulichen von
der linken Seite gefallenen Zuruf zu und ſage auch,
der Menſch verdiente gehenkt zu werden. eieh
Ich wünſchte, daß mean mit derartigen Leuten ein
kürzeres Verfahren machen könnte, und ich verftehe
Es wäre jedoch vollkommen. falſch wenn man aufgrund
dieſer Vorkommniſfe gegen die Colonialpolitik. im All-
gemeinen ſtimmen wollte. Jene Faͤlle ſind vereinzelt,
wie ſie auch an herufener Stelle verfolgt wird! ſtets
eintreten. Es gibt Gott ſei Dank außer Wißniann
ſehrter weißer Weſte aus Afrika zurückgekehrt ſind.
Leuten wie Wehlan und Peters gegenüber vermoͤgen
wir keine Milderungsgründe gelten zu laſſen. Was
nun die Einfuhr von Branntwein betrifft, fo kann ich
dem Direktor Kayſer nicht beſtimmen. Wir erwarten,
verhindern. Als einen Lichtpunkt möchte ich die
Depeſche unſeres Kaiſers nach Transvaal hervorheben.
Dieſe Depeſche enthält Worte zur rechten Zeit, es
ſind echte Kaiſerworte, und dieſe Depeſche hat übexall
begeiſterten Anklang gefunden. Namens meiner Partei
erkläre ich, daß wir für eine vernünftige Colonial-
politik ſtets eintreten werden, daß wir aber für eine
Schweinerei nach Art Dr. Peters nicht zu haben ſind.
Daher müſſen wir an den Colonialdirektor das Er-
juchen richten, bei der Auswahl der Leute, die nach
Afrika gehen ſollen, vorſichtiger zu ſein und mit der
größten Sorgfalt zu Werke zu gehen und nur Leute zu
wählen, die berufene Träger chriſtlicher Eultur ſind.
Wir wollen keinen Robespierre, fondern vernünftige,
ruhige Leute, die chriſtliche Cultur dorthin tragen und
das Anſehen des Deutſchen Reiches zu wahren wiſſen.
ſegensxeich weiter entwickeln.“ Geifall. — — —
Der oben erwähnte Brief an den Grafen Araim
hat folgenden Wortlaut:
In der geſtrigen Reichstagsſitzung ſind eine Reihe von
Anſchuldignugen gegen meine Thättgkeit in Afrika er-
hoben/ von denen die meiſten unwahr ſind und deren weſent-
lichſte ich mich beeile kurz zu berichtigen:
1. Es iſt unwahr, was Herr Bebel ſagt, ich hätte
meine Thätigkeit am Kilimandſcharo damit begonnen, einen
habe ich im Augnit 18591 mit der Erbauung einer Station
außerhalb der Station iſt erſt Hin Februar 1892 kurz Dor
finge gebaut worden Berſelbe iſt indeß noch unbennbt
2Es iſt unwahr daß ich einen meiner Diener und
ein mir gehöriges Mähdhen aufgehängt hätte, weil Beide
ein Berhältnis mit einander angeknüpft hHätkten. Anfang
Septemher 1891, während die Station im Kriegszujtand
gegen die Warombo ſich befand, wurde in’s Meßzintmer
ein gewaltfamer Einbruch vollzogen, vermutlich zum Zwec
des Eindringens in einen Borratsraum, o zwei Maäd-
ausſtellte, von einem meiner Diener Namens
eintent‘ Manyema, verübt. Die 2
Unterfuchuhng, bei welcher der Manyema eben-
joviek Berjchiagenheit, wie Perverfität bewies, infofern er -
wiederholt den Verdaͤcht auf Dritte, UnfdhHuldige, leufkte.
Mabruk,
Mädchen war überführt, Hodhverräaätes
He Um nit dem uns feindlihen Oäupfling
Malanica und den Warombo zum Zwed der Uebergabe
unſexer Station angeknüpft zu habeıt, und dieferhalb mit
ſet auf unſerer Station, daß Kettengefangene welche einen
2 4 machten, ihr Leben verwirkten. Soldhe
trenge war damals nötig zur Aufrechterhaltung unferes
edauern entfloh eines Abends das
zu nietiem großen
KXriegsgericht zum Tode verurteilt Die beiden Fälle
ſind hiernach romanhaft fombinirt; und aus ſolcher Com-
binirung iſt die unwaͤhre Anſchuldigung Bebels entitanden.
beſteht in der Behauptung, ich hätte dem Biſchof Tucker
zu Moſchi geſchrieben ich glaube ein Recht zu haben zur
Hiurichtung meines Dieners und des ehebrechenden Mäd-
chens, weil ich nit letzterem nach muhamedanijchem Ritus
meinexſeits würde eine doppelte Llige von mir be-
kyadet haben Tenn erſtens würde id) daͤrin erzihlt haben,
ich hätte einen Diener und ein Mädchen wegen Ehebruches
wahr ſein würde, zweitens würde ich erlogeu haben daß
ich mich verheixatet hätte, und zwar nach muhamedanijchent
Ritus, was für mich als Chriſten doppelt widerſinnig
wäre. Uebrigens iſt Biſchof Tucker zu meiner Zeit über-
haupt nicht in Moſchi geweſen. Ich erkläre hierdurch daß
engliſchen Miſſionar, noch an irgendwen ſonſt einen der-
arligen Brief geſchrieben hahe und die Behauptung des
Herrn Bebel öffentlich entweder für eine ſehr grobe Lüge
vder aber für eine ſehr leichtfertige Verleumdung er-
klären muß. — | **
Bitte, benutzen Sie dieſe Mitteilungen, wie es Ihnen
gut ſcheint. 2— Beter5s.
Die „Frankfurter Zeitung“ ſchreibt dazu ſehr
treffend: * 4
„Die Wucht des Beweismaterials, das bei der
Beratung des Kolonialetats im Reichstag gegen Dr.
Carl Peters beigebracht worden iſt, hat nicht nur zu
einer faſt einmütigen Verurteilung der Thaten dieſes
„Kolonialhelden“ ſeitens der verſchiedenen Parteien
geführt, fondern auch die Anordnung einer neuen
Unterſuchung veraulaßt, die feſtſtellen ſoll, ob in der
That von Peters ein Brief an den engliſchen Miſſionen-
biſchof Tucker gerichtet worden iſt, worin er die Voll-
ziehung des Todesurteils an ſeinem Diener und ſeiner
Dienerin mit dem angeblich gegen ihn begangenen
Ehebruch rechtfertigt. Iſt dies zu erweiſen, dann be-
ſteht — das iſt bereits feſtgeſtellt — an der ſtraf-
rechtlichen Vexantwortlichkeit von Peters kein Zweifel
mehr. Aber auch ohne einen ſolchen Beweis hat der
Reichstag das Verdammungsurteil über Peters ge-
ſprochen auf Grund der aktenmäßigen Feſtſtellung, die
Kolonialdirektor Dr. Kaiſer über die Peters zur Laſt
gelegten Unthaten gegeben hat, und das auf Peters
eigenen Zugeſtändniſſen beruht. Er hat einen Diener
hängen laſſen wegen Diebſtahls, nachdem er vorher
die Todesſtrafe gegen Diebe angedroht hatte; er hat
ferner ein Mädchen hängen laſſen, mit dem er in-
timen Umgang gepflogen hatte, weil es ihm entlaufen
war, angeblich wegen Spionage. Zur Wahrung der
Form haͤt er die Urteile durch ein Kriegsgericht aus-
ſprechen laſſen; aber wie es bei dieſem Gericht zuge-
gangen ſein niuß, erſieht man anı beſten daraus, daß
Lieutenant Bronſart von Schellendorff ſich weigerte