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Badischer Volksbote: für Deutschtum, Thron und Altar ; Organ der Deutsch-Sozialen Reform-Partei in Baden (7): Badischer Volksbote: für Deutschtum, Thron und Altar ; Organ der Deutsch-Sozialen Reform-Partei in Baden — 1896

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No. 61 - No. 70 (9. Juni - 30. Juni)
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https://doi.org/10.11588/diglit.42841#0281

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Der adiſche Yolkshote“ er-
{cheint zmal wöchentlich (Diens-
tag, Donnerstag und Samstag).
Verlag und Leitung:
Veidelberg. Bahuhofſtraſie 9.
Telegramm-Adreſſe:
Yolksbote Heidelberg.
Auzeigeupreis:














Die gefpaltene Petitzeile 10 Pfg. _ ‚ —
MM0. Heidelberg, Dienstag, den 30. Auni 1896, 7. Jahrgaug.





— — ®
Zum Ouartalsfchluß

richten wir noch einmal an unſere Leſer, Abonnenten
und Freunde das Erſuchen, mit allen Kräften zur
weiteren Verbreitung des

Vadiſchen Lolksboten

beizutragen.


„Badiſchen Volksboten? täglich erſcheinen zu laſſen,
doch gehört zur Ausführung dieſes berechtigten Ver-
langens eine ſichere Grundlage, und dieſe iſt nur in
einem feſten, treuen und zuͤverläſſigen Abonnenten-
ſtamm zu erblicken, zu deſſen Gewinnung wir der
Unterſtützung unſerer Freunde bedürfen.
Die perſönliche Agitation iſt die beſte, und jeder
Freund und Verfechter unſerer Sache ſollte ſich derſelben
mit Eifer unterziehen.
In Verſammlungen, Sitzungen, am Biertiſch 2e.
überall giebt es ja ſo viel Gelegenheil, wirkſam zu agitieren


Cireulierenlaſſen von Liſten, demſelben neue Freunde
zuzuführen, und ſtellen wir zu dieſem Zwecke gerne
Probe Exemplare und Liſten zur Verfügung mit der
Bitte, davon recht häufig Gebrauch zu machen, auch ſind
wir für Aufgabe von Adreſſen, an welche wir mit Ausſicht
auf Erfolg Probenummera ſenden können, ſtets dankbar.
Diie Haltung unſeres Blattes iſt ja bekannt!
Der „Badiſche Voltsbote“ iſt das Organ der
deutſch ſozialen Reformpartei in Baden und des


ganz Süddeutſchland,
* verbreitet.

Der „Badiſche Volksbote“ ſteht auf deutſchem
und chriſtlichem Boden und vertritt ſchon ſeit
Jahren energiſch die Intereſſen der ſchaffenden
Stände:. — *

Der „Badiſche Volksbote“ erſcheint wöchentlich

dreimal und zwar Mittwochs, Freitags und
Sonnlags und koſtet durch die Poſt bezogen
vierteljährlich nur Mk. I. 25.

Der „Badiſche Bolksbote“ eignet ſich vortrefflich
zur Inſerierung für deutſche Geſchäftsleute. —
Schwindelannoncen, wie ſolche jüdiſcher Geſchäfts-
leute überhaupt, dann Inſerate von Kurpfuſchern 2c.
werden nicht aufgenommen.

Die antiſemitiſche Bewegung, ſo raſchen Auf-

ſchwung ſie genommen, kann nachhaltigen Erfolg nur

ausüben, wenn es ihr gelingt, an Stelle der jüdiſchen
und verjudetea feilen Geſchäftspreſſe eine wirklich
nationale Preſſe zu ſetzen. Auf den Gebieten der

Politik und Volkswirtſchaft muß ein neuer Geiſt bei

uns herrſchend werden. In dieſem weitausſchauenden

Sinne haben wir die Aufgaben des „Badiſchen Volks-

boten aufgefaßt und bitten unſere Freunde um ihre

thatkräftige Mitwirkung und Mitarbeit. Voran gehen

ſondern weit darüber


und die revolutionäre Sozialdemokratie, gegen die ge-
ſchäftliche Korruption und das ſelbſtſüchtige Strebertum.
Wie man uns auch anfeinden mag von allen den
Seiten, welche die Wahrheit und Aufklärung zu
fürchten haben, wir werden als echt deutſches Volks-
blatt unbeugſam unſeren Standpunkt wahren und
unſere Bevölkerung zu erhöhter Thätigkeit anzuſpornen
ſuchen, die Trägen und Nachläſſigen aufrütteln, die
Treuen und Mutigen ſammeln, die Fernſtehenden
heranrufen zum Entſcheidungskampfe gegen alles fremde,
undeutſche Weſen.
Darum, Freunde, Leſer und Geſinnungsgenoſſen,
legt kräftig mit Hand an an die weitere Verbreitung


Arbeit ſelbſt genießen. — Heil!
— und Berlag
es
„Ladiſchen Yolkskoten“
Heidelberg, Bahnhofſtraße 9.

%ßbnnemeutä nehmen alle Poſtanſtalten und Poſt-
boten entgegen.








Dolitiſcher Teil.
Zentrum und Lürgerliches Geſetzbuch.

Untex dieſem Titel ſchreibt das in katholiſchen
Kreiſen viel geleſene „Bayeriſche Vaterland“ des Dr.
Sigl Folgendes:

Vor kurzem hrachte der Telegraph die lakoniſche
Meldung aus Berlin, daß Fürſt Hoheuͤlohe nach Zuͤ—


Miſſion als erfüllt betrachte und gerne ſeinen Platz
einer jüngeren Kraft einräume“. Daͤs bedeutet nichts
anderes, als einen baldigen Kanzlerwechſel, und paßt
ganz gut zu dem höheren Orts gefallenen Worte, daß
das Geſetzbuch im Juli fertig werden müſſe.

Es iſt nun ſehr intereffant, zu beobachten, wie
ſich das Zentrum ſofort in dieſe veränderte Situation
zu finden weiß. Alleranfangs ſchon und auch noch bei


Gegner verſchiedener, beſonders in das Familienrecht
einſchlägiger Beſtimmungen des neuen Gefetzbuches, {o
daß ſogar ernſte Politiker mit der Eventualität der
Ablehnung desſelben ſeitens der ausſchlaggebenden
Zentrumspartei rechneten. Insbeſondere ſchien für die
Lieber u. Gen. die Aufnahme der obligatoriſchen
Zipilehe in das Bürgerliche Geſetzbuch eine Klippe
zu ſein, an der alle Vermittelungsverſuche der Regierung
Es wäre denn doch ein Schau-
ſpiel für Götter geweſen, wenn die Partei, welche voll
Selbſtgefühl ſich als die alleinige Verteidigerin der


für einen Paragraphen ſtimmte, auf deſſen Vollziehung
die kirchliche Exkommunikation ruht, und ſo im-
plicite ſelbſt in aller Form der Exkommunikation ver-
fiele. Allein der Menſch denkt und — Dr. Lieber lenkt.

Der Kompromißkünſtler hatte in der Kommiſſion
die Wahl zwiſchen zweı Kompromiſſen: mit den Kon-
ſervativen und mit den Liberalen.
ſtehen in Sachen des Familienrechtes auf dem „prinzi-
piellen“ Standpunkt des Zentrums und ſind beſonders
heftige Gegner der obligatoriſchen Zivilehe.
nicht die ganze Vorlage zu gefährden, begnügten ſie
ſich mit einem Antrage auf Einführung der fakul-
Den Liberalen iſt überhaupt das
ganze Bürgerliche Geſetzbuch ein Ausbund juriſtiſcher
Weisheit, vielleicht mit der einzigen Ausnahme der
Beſtimmungen über das Vereinsgeſetz. Vor allem aber
ſind ſie ihrer ganzen politiſchen Entwickelung nach warme
Anhänger der obligatoriſchen Zivilehe. Was that nun
Dr. Lieber? Er wies das Kompromiß mit den Kon-
ſervativen, welche doch in ihren Anſchauungen über die


und der Liberalen an! Der Kuhhaͤndel zwiſchen den
beiden ſonderbaren Kontrahenten wurde auch ſofort in
der Kommiſſion vollzogen und ausgemacht, daß im
Plenum weder von Seite der Liberalen, noch von Seite
des Zentrums Anträge eingehracht würden, welche das
Bürgerliche Geſetzbuch weſentlich ändern könnten. Dafür
beugten ſich die Liberalen den reaktionären Anſchauungen
Dr. Liebers bezüglich des Vereinsgeſetzes und werden
dafür ſtimmen, daß die Erlangung der Rechtsfähigkeit
für politiſche, ſozialpolitiſche und religiöſe Vereine von
dem Gutdünken der Verwaltungsbehörden, alſo bureau-
kratiſchen Willkür abhängt, wobei nur die Oppoſitions-
parteien, wozu eben das Zentrum nicht mehr gehört,
unter die Räder kommen. Das Zentrum dagegen
warf alle ſeine „religiöſen Skrupel“ über die
Zivilehe über Bord ünd ſtellte ſich in dieſer Be-
ziehung tapfer an die Seite der Männer von 1848!


Schwindeleien von einer „moraliſchen Zwangslage“,
„patriotiſchem Empfinden“ ꝛe.? Wortklaubereien, wie
„bürgerliche Ehe“ ſtatt „Ehe“ ſchlechtweg, „im Namen
di eſes Geſetzes“ für „im Namen des Geſetzes“? Es
ſind das Taſchenſpielerkünſte, mit welchen man das
katholiſche Gewiſſen auch der dickköpfigſten Zentrums-
wähler nicht beſchwichtigen kann und welche die große
Mehrzahl der deutſchen Katholiken durchaus nicht
darüber hinwegzutäuſchen vermögen, daß das Zentrum
durch ſeinen Kompromiß mit den Liberalen die
katholiſche Sache aufs ſchnödeſte verraten hat.
Der Konſervative Graf Roon hat ſicher einer allge-
meinen Empfindung Ausdrack gegeben, wenn er im
44 auf den Kuhhandel zwiſchen Zentrum und
iberalen bemerkte, daß die Kompromiſſe das parlamen-
tariſche Anſehen ſchädigen.








Was fragt aber ein richtiger Zentrumsheld A& la
Lieber nach dem „parlamentariſchen Anſehen“, wenn
nur ſein Weizen blüht und er ſich zur ſpäteren Würdigung
für die Regierung wieder einmal als „Retter in der
Not' einführen kann! „Des Kaiſers Wunſch“ iſt es,
daß das Geſetzbuch im Juli fertig werde, und das iſt
für den „reiſenden Zentrumsengel? Befehl, neben welchei


abgeordneten nicht mehr aufkommen koͤnnen. Auch gilt
es, bei den kommenden Männern ſich ſchon zu Anfang


die „katholiſche Volkspartei“, wie ſich das Zentrum
gerne nennt, in Sachen der Ehe noch „liberaler“ denkt,


Zwar ſcheint es dem Dr. Lieber und ſeinen Nach-


zu Mute zu ſein, wie in der Kommifſtonsberatung;
fie befinden ſich augenſcheinlich in großer Verlegenheit,
über die ſie auch die nichtsſagende Erklärnig Dr.
Lieber's vom Mittwoch nicht hinweggebracht hat. Das
Zentrum ſteht natürlich noch auf dem Standpuͤnkt, den
Windthorſt vor 20 Jahren gegenüber dem Rechtsge-
ſchäft, das man in der Regel Civilehe nennt“, einge-
nommen hat, „bedauert lebhaft“, daß der Windthorft-


getragen wurde und wird — für das Bürgerliche Ge-
ſeßbuch und implieite für die obligatoriſche Zivilehe
nun „in der Schlußab-
ſtimmung äußern“ oder nicht. *
Die „Erklärung“ Dr. Lieher's, aus welcher ein
Optimiſt freilich etwas Gutes herausleſen könnte, iſt
auch offenbar nur durch das Erſcheinen einer neuen
Zentrumsgröße im Reichstage, des Frhr. v. Hertling,
des Windthorſt II in spe, verurſacht, von dem man


Kuhhandel ſtellt. Die ſcharfe Verurteilung der, Kompro-
mißler“ durch die „Deutſche Reichsztg. mag dann
noch das übrige dazu beigetragen haͤben, den Ab-
geordneten von Montabaur in ſeinen Lobeshymnen auf
das Bürgerliche Geſetzbuch etwas zurückhaͤltender zu
machen. Daß es aber den Zentrumsmännern immer
noch darum zu thun iſt, unter allen Umſtänden, ſogar
unter Preisgebung ihrer katholiſchen Prin-
zipien, dem Erzeugniſſe reaktionärer und antichriſt-
licher Juriſterei zum Siege zu verhelfen, haben ſie
damit bewieſen, daß ſie den konſervativen Antrag auf
Einführung der fakultativen Civilehe ablehnen halfen
und ebenſo Mann für Mann gegen das Wildſchaden-
geſetz nach der Faſſung der Kommiſſion ſtimmten, um,
wie Dr. Lieber unter dem Gelächter der Linken be-
merkte, die Konſervativen nicht ins oppoſitionelle Lager


ſchaften? Die Qualifikation einer allezeit ſervilen
Regierungspartei?


Aus dem „Deutſchen Volksboten“ in Breslau.
Nächſt der Sozial⸗Demokratie iſt gegenwärtig die
junge Deutfch-foziale Reformpartei die beſtgehaßte und
angefeindete Partei im Lande. Von allen Seiten und
mit allen Mitteln, Lüge und Verläumdung, Hohn und
Spott, Verachtung und Totſchweigen fucht man der
aufſtrebenden Partei das Leben ſchwer zu machen.
Die mächtige verjudete Preſſe hat dafür geſorgt, daß
das Wort „Antiſemit“ mit dem Stigma und dem
Fluche der Schlechtigkeit oder der Lächerlichkeit be-
haftet wurde. Sehen wir, ſchreibt unfer Breslauer
Bruder⸗Organ, doch einmal zu, wie das möglich ge-
worden, inwieweit die vielfachen Vorwürfe etwa be-


verkannten und mißachteten Partei immer neue Kraft
verleiht und immer neue Erfolge zuführt.

In einem Punkte zunächſt unterſcheidet ſich unſere
Partei von allen übrigen, ſie hat keinen mächtigen
Rückhalt, keinen ſtarken Pfahl an irgend einer der
großen Mächte unſerer Zeit.

Die Konſervativen aller Schattierungen finden die
unverſiegliche Quelle ihrer Kraft in der Autorität der
Regierung, in dem mächtigen Beamtenheer in Stadt
und Land. Vom letzten Gemeindeboten bis zum
Regierungspräſidenten ſieht alles nach oben, er-
wartet und erhält von da Rat und Hilfe. Der
Landrat iſt der geborene, der beſte Obmann der Be-
amten⸗Vertrauensmänner. Der mit dem Landrat meiſt
auf dem beſten Fuße ſtehende Großgrundbeſitzer iſt
 
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