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Badischer Volksbote: für Deutschtum, Thron und Altar ; Organ der Deutsch-Sozialen Reform-Partei in Baden (7): Badischer Volksbote: für Deutschtum, Thron und Altar ; Organ der Deutsch-Sozialen Reform-Partei in Baden — 1896

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No. 81 - No. 90 (26. Juli - 15. August)
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https://doi.org/10.11588/diglit.42841#0341

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Auzeigenpreis: Loſt· Zeitungs· reisliſte
Die 5gefpaltene Vetitzeile 10 Pfg. _ _ _ ; Ar. 755, ‚ .
M Sõ. Heidelberg, Mittwoch den 5. Auguſt 1896. 7. Jahrgaug.





— Yolitilber veil
Etwas vom vereiusweſen und vom

Orgauiſieren.
Die „D.-S. Bl.“ ſchreiben: In den letzten Wochen


geweſen, um die auf dem letzten Parteitage beſchloſſene
— 44 der einzelnen Wahlkreiſe uſw. zu
Candesverbänden ſo weit als irgend möglich, zu ſtande

zu bringen. Maacher Verein wird ſich infolgedeſſen
neu aufthun und manche Vereinigung, von der man
vielleicht ſchon lange nichts mehr gehört, wird aus


iſt es auch wohl an der Zeit, einige Winke über
Gründung und Leitung von Vereinen hier denen zu
geben, die dazu berufen ſind.

Die Gründung und erſte Einrichtung eines neuen
Vereines iſt wohl meiſt mit großen Schwierigkeiten
verknüpft, erfordert viel Mühe und Anſtrengung, un-


leicht, nach Ueberwindung zahlreicher Hinderniſſe nun-
memhr dem jungen Verein einen kräftigen, entwickelungs-
fähigen Lebensgeiſt einzuhauchen, die erſten Mitglieder
mit einem lebhaften Intereſſe für die Beſtrebungen
ddes Vereins zu erfüllen. Geraume Zeit wird dahin
gehen, bis der Verein feſte Wurzel gefaßt hat und
eriſtenzfähig geworden iſt. Gleichwohl dünkt uns die
Gründung und Organiſation, ja die Herbeiführung




ſchwierig als ihn für die Dauer auf ſeiner Höhe, in
ſeiner Blüte zu erhalten. Der Reiz der Neuheit, viel-
leicht die perſönliche Tüchtigkeit und Beliebtheit des
Organiſators und der Feuereifer der erſten Mitglieder
verleihen der neuen Gründung oft in kurzer Zeit einen
überaus erfreulichen Aufſchwung. Vereine ſind aber
menſchliche Einrichtungen, die, wie die Menſchen, dem
Wechſel unterworfen ſind, mit der Zeit altern und
kraftloſer werden, falls nicht Sorge getragen wird, daß
ſtets neues Leben ihnen zuſtröme, die erſte Begeiſterung


Zliederzahl wieder ausgeglichen werden.

Daß nun ein Verein, der ſich ſo entwickelt hat,
daß alles mit ihm zufrieden ſein kann, auch nicht ſtill
ſteht oder zurück geht, hängt meiſtens von der Thätigkeit
ſeiner Leiter ab. Wer einen Verein ſegensreich leiten


Wer demnach überhaupt nicht viel oder gar nichts auf
das ganze Vereinsweſen giebt, wem es gleichgiltig iſt,
ob die beſtehenden Vereine auch reges Leben zeigen
oder nur blos vegetieren, iſt gewiß nicht geeignet, an
die Spitze eines Vereines zu treten, und wenn er es
aus irgend welchen Gründen doch thut, ſo wird ſein
Wirken keine fonderlichen Früchte bringen. Jeder
Verein hat ſeine eigenen Schwierigkeiten, mögen ſie
nun oͤrtlicher Natur ſein, mögen ſie in der Zurück-
haltung der Einwohner liegen oder ſonſt wie hervor-




Herr Lothefurt iber Li-Hung-Cidhang.
„In Saint-Etienne“, ſo läßt ſich Herr Rochefort
in ſeinem „Intranſigeant vernehmen, „haben wir
Franzoſen bekanntlich eine Waffenfabrik. Lächerliche
Geheimniskrämerei herrſcht innerhalb derſelben und in
weitem Umkreiſe.

Praͤfekt nicht. Itur Militärs kommen hinein, ein-
ſchließlich der preußiſchen Spione, welche jedenfalls da
beſchäftigt find — wo wären ſie nicht? Außer der
fraͤnzöſifchen und der deutſchen Kriegsverwaltung weiß

alſo bis jetzt niemand etwas von Saint⸗Etienne. Dem


großes Land, wie Frankreich es ſelbſt ohne Elſaß-
othringen noch immer iſt, ſeit 25 Jahren zu Grunde
zu richten ſuchen, genügt das offenbar nicht. Und ſo
haben ſie das ſchlitzäigige Ungetüm, vor dem ſſit
einigen Wochen ganz Euͤropa auf dem Bauche rutſcht,
auch in das Allerheiligſte Frankreichs hineingeführt
und ihn die tiefſten Geheimniſſe ſehen laſſen, welche
fonſt felbſt franzöſiſchen Präfekten nicht gezeigt werden.
In der Begleitung des gelben Reisfreſſers befand ſich
ein Haufe von Kerlen mit Zuchthausgeſichtern, welche
ihre ungeputzten Naſen in alles hineinſteckten und mit
ihren ſchmußigen Fingern an allem herumfühlten. Wer







Sache wird man die vielen Unannehmlichkeiten und


für die Leiter nicht gethan, ſie müſſen auch die für die


und ſeinen gegenwärtigen Verhältniſſen kennen. Sie


mit den vielen und vielfältigen Bemühungen zur Hebung
dieſes Standes, mit freien und Zwangs-Innungen,


können. Aber auch die Lage der Landwirtſchaft,
im großen und kleinen, darf den Leitern nicht verborgen


Antrages Kanitz, der Alters- und Invaliditätsgeſetze,


gliedern erklären können.

Beſteht ein Verein vorwiegend aus Arbeitern,
ſo kommt noch die Arbeiterſchutz⸗Geſetzgebuug hinzu:
Rechte und Pflichten der Arbeitgeber, Krankenkaſſen,
Normalarbeitstag ufw. —

Auch über alle anderen Tagesfragen muß bei


einzelnen Beteiligten voll befriedigt ſind. Alles das
läßt ſich leicht erreichen, wenn man unſere Literatur
zu Hilfe nimmt. Wer die „Deutſch⸗Sozialen Blätter
ſeit Jahren lieſt und ſie ſich aufbewahrt hat, findet
hier Stoff in Hülle und Fülle. Wir können ruhig


guten Tageszeitung einfach unentbehrlich ſind, da ſie
kurz und knapp über alles für unſere Freunde wiſſens-
werte berichten. Wer noch neu in der Bewegung iſt,


Handbuches“ von Dr. W. Giefe*) ein dringendes
Wenn auch der einzelne in neben-
ſächlichen Punkten anderer Meinung ſein ſollte, ſo ſind


großen Tagesfragen ſo behaͤndelt, daß man ſie unbe-
denklich vertreten kann und das iſt die Hauptſache. —
Von den mannigfachen Mitteln, die zur Hebung
und Belebung eines Vereins, zur Erreichung der Ver-
einsziele und zur Anziehung der Mitglieder beitragen,
ſteht in erſter Linie der regelmäßig ſtattfindende Vor-
trag. Das lebendige Wort dringt am tiefſten in die
Menſchenſeele ein, gibt den Mitgliedern allmählich eine
Summe von praktiſcher Lebensweisheit mit auf den
Weg und macht ſie vertraut mit unſeren Gedanken,
lehri ſie die Gefahren der bisherigen liberalen Wirt-
ſchaft erkennen, und die Mittel, denſelben zu begegnen,


für die Sache des Vereins und der Partei. Ohne
__ *) reis 2 Mf. Zu beziehen durch jede Buchhandlung

bürgt uns dafür, daß hinter dieſen als Chineſen mas-
kierlen Scheuſalen nicht einige der geriebenen Offiziere
jener Armee ſteckten, welche das Oberhaupt der chine-
ſiſchen Diebesbande als „die beſte der Welt“ bezeichnet
haͤt? Aber ſelbſt wenn das nicht der Fall ſein ſollte
— wahrſcheinlich wiſſen die Preußen ohnehin ſchon
alles — welchen Grund haben wir, uns an dem Bauch-
rutſchen vor dem halbwilden Aſiaten zu beteiligen?




ſeine Inſtruktoren, ſeine Ingenieure, ſeine Lehrer aus
Deutſchland, und nach dem Beſuche, den der chineſiſche


ſchlitzäußigen Barbaren wahrſcheinlich noch viel mehr
aus Deuͤtſchland beziehen als früher. Ein junger Kaiſer
mit energiſchen Manieren, der in glänzender Uniform
mit einem Adler auf dem Helm, an der Spitze glänzender
Truppen reitet, mit donnernder Stimme ſelbſt kommandiert
mit dem Säbel in der Fauſt auf hohem Roß den
Vorbeimarſch anführt, das alles imponiert dem Chineſen
tauſendmal mehr, als in Frankreich ein altes Gigerl
mit weißen Gamaſchen und einem Monoele, das im
Frack faul und gleichgiltig daſteht, wenn die Truppen
in der Hitze ſchwitzend vorheimarſchieren. Wenn man


häite man den alken franzöſiſchen Prunkautomaten
während der Anweſenheit der aſiatiſchen Pagode in








erhalten. Es kommt darum viel darauf an, daß der
Leiter eines Vereines ein Mann des Wortes iſt und


den Verein wachhält. Dies wird er erreichen, wenn


leichte Weiſe erreicht werden: jeder ſpreche nur ſo, wie
er es im gewöhnlichen Leben gewohnt iſt, keine hoch-
trabenden Redensarten, keine kunſtvoll gebauten Sätze,


den Anfang vergeſſen hat. Vor allen Dingen aber
ſind alle Fremdwörter zu vermeiden, ſelbſt auf die Ge-
fahr hin, daß man ſich wiederholt. Das iſt beſſer,
als wenn man ganz unverſtanden bleibt. Viele Leute


ſprechen, ſie ſagen: ich will mich nicht „blamieren“.
Dieſen ſei das Rezept verſchrieben, das einer unſerer
beſten Volksredner, Herr Friedrich Raab Gamburg),
einmal gab, als er gefragt wurde, wie er es mache,
daß er auch vor der größten und unruhigſten Ver-
ſammlung weiter ſprechen könne. Er ſagte ungefähr:


meiner beſten Freunde ſitzen — *
Hieerin liegt das ganze Geheimnis der öffentlichen



Werden alle dieſe
Punkte im Laufe der Jahre beachtet, wird dabei eine
kleine, aber ſtetige Verteilung unſerer Flugblätter be-


eine Bücherei anzulegen, die jedem Vereinsmitgliede zur
Verfügung ſteht, ſo iſt der Beſtand des Vereins auf
lange Zeit hinaus geſichert.“ — —

Hinzufuͤgen möchten wir noch, was in dem obigen


das ſtändige Leſen eines guten antiſemitiſchen Blattes,
welches nicht, wie es manche Blätter thun, uur die


unbedingte Notwendigkeit iſt. Nur dadurch gewinnen
die Vereinsmitglieder ein überſichtliches Bild von den


halben in den Kreiſen der Geſinnungsfreunde Eingang
Eine gut geleitete Parteipreſſe iſt die
wirkſamſte Waffe der Partei, und je mehr ſie durch
Abonnement, Inſerate 20. gekräftigt wird, deſto erfolg-
reicher vermag ſie auch einzutreten für die heilige Sache.

— Drei Hurrahs auf den Kaiſerl Wie wir
an anderer Stelle mitteilen, ſind bei dem beklagens-


Kommandant und die Beſatzung mit drei Hurrahs

ſchreibt die „D. 3.“, tragiſche Groͤße in dieſen
trockenen Worten des Berichtes, die Größe unſeres
ſchlichten, todtbereiten deutſchen Kriegertums, dem im



das heimlichſte Gemach des Elyſee — man wird ahnen,
welches ich meine — einſperren und dem Chineſen
einen flotten General als Präſidenten zeigen ſollen.
Auf ein paar Lügen mehr oder weniger kommt es ja
doch nicht an. Aber freilich — woher den General
nehmen? Man hätte den Mann wieder ausgraben
müſſen, der auf dem Kirchhof von Brüſſel den ewigen


wie ein Vorgebirge aus der Front herausragt, und
den unſere Staatsverderber als Höchſtkommandierenden
von Paris behalten, um unſere Armee zu diskreditiereu,
(General Sauſſier iſt bekanntlich ſehr dick. D. R.)
kann man dem magern Chineſen nicht imponieren.
„Der hätte die Japaͤner auch nicht geſchlagen!“ wird
der Chineſe gedacht haben, als er dieſer grotesken
Geſtalt anſichlig wurde. Mit einem Wort: je ſchneller
das chineſiſche Ungeheuer abreiſt, deſto beſſer iſt es
für die franzöſiſche Inouſtrie. Was er hier ſieht,
kann ihm nicht imponieren!“
Daß Herr Rochefort mit dem Staatsoberhaupt
und dem höchſten Militär Frankreichs ſehr zart umgeht,
wird man nach dieſer Leiſtung nicht gerade behaupten
können. Die Gegenüberſtellung des deutſchen Kaiſers
und des Herrn Felix Faure wirkt aber entſchieden
komiſch, auch iſt 4 Seite Rocheforts unſtreitig ſo
etwas wie ein Gefühl des Neides dabei im Spiele.
 
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