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Badischer Volksbote: für Deutschtum, Thron und Altar ; Organ der Deutsch-Sozialen Reform-Partei in Baden (7): Badischer Volksbote: für Deutschtum, Thron und Altar ; Organ der Deutsch-Sozialen Reform-Partei in Baden — 1896

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No. 41 - No. 50 (16. April - 7. Mai)
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https://doi.org/10.11588/diglit.42841#0170

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deſſen Inhalt Herr Redakteur Schwaiger genannt,
er könne dieſem keine Vorſchriften machen und ſei
lediglich techniſcher Leiter der Setzerei. Er habe den
Artikel zwar gelefen, aber erſt bei der Korrektur,
zu der er ebenfalls wieder verpflichtet ſei. Im übrigen
ſtehe er aber auch auf dem Standpunkt des Verfaſſers
und erblicke nichts Strafbares in dem Artikel.

Auf Antrag des Rechtsanwalts Dr. Frautz


Bernardin Freymuth im Jahre 1893 heraus-
gegebenen Brochüre vorgeleſen. Darin werden eine
dröße Anzahl Ritualmorde aufgezählt, u. a. ſchildert


Mönch geworden iſt, Theophitus von Trieſt,
wie von Vater auf den Sohn das Blutgeheimnis
unter Abnahme eines Eides vererbt werde, und daß
den Sohn der Fluch des Vaters treffe, wenn er, und
ſei es um ſein Leben zu retten, dieſes Geheimnis
anderen Leuten preisgebe. Er darf es auch nur wieder
demjenigen ſeiner Söhne anvertrauen, der ihm als
durchaus glaubenstreu und zuverläſſig erſcheine.
Angekl. Bauer: Wenn die Juden zu ſolchen


ſoll man ihnen nicht auch das „Knicken“ zutrauen?
R.-A. Dr. Franz beantragt auf Grund des
S 21 des Preßgeſetzes bezüglich Bauers die Fahr-
läſſigkeit in Betracht zu ziehen. zog jedoch ſeinen An-
trag wieder zurückk / }
Im Plaidoyer betont der Herr Staatsanwalt,
beide Angeklagte ſeien des ihnen zum Vorwurf ge-
machten Deliktes ſchuldig. Redakteur Schwaiger
habe ſich mit dem Verfaffer identifiziert und Bauer
habe, wie er in der Vorunterſuchung geſtanden habe,
den Artikel geleſen und ihn als brauchbar befunden.
Man müſſe alſo eine „gemeinſchaftliche Ausführung“
agnnehmen. Der Anfang des Artikeis zeige ſchon durch
ſeinen höhniſchen Ton, daß der Verfaſſer jüdiſche
Sitten zum Gegenſtande des Geſpöttes machen wolle.
Die Angeklagten hätten den Leſern des antifemitiſchen


liefern wollen. Vom erſten Teile müſſe man auf den
zweiten ſchließen. Aus der Verhöhnung ſei hier eine


zeige. Den Angaben des Mönchs Theophitus in der
angeführten Broſchüre ſei Glaube nicht beizumeſſen,
da derſelbe Apoſtat ſei, und ſolche Leute pflegten ihre
Religigu, von der ſie ab gefallen, mit ganz beſon-


könnten darum auch nicht geltend machen, daß fie in
gutem Glauben gehandelt hätten. Ueberhaupt ſei es
„merkwürdig“, daß die Broſchüre von Freymuth „noch
im Buchhandel zu haben fei“. Darin werde z. B. der
Rantener Knabenmordprozeß in einer Weiſe
dargeſtellt, die ein ſonderbares Licht auf die damaligen
Richter werfen muß. Er (der Staatsanwalt) behaupte
nochmals, die Angeklagten hätten nichts aͤnderes ge-
wollt, als ihre Verachtung der jüdiſchen Religien —
und daß die Israeliten eine ſtaatlich anerkannke Reli-
gionsgeſellſchaft ſei, müſſt doch wohl unbedingt zuge-


Man laſſe ja Vieles pafſieren, aber daͤnn und wann
müſſe dieſen Herren (Antiſemiten) „auf die Finger ges
klopft“ werden. Die Strafe werde ja nicht hoch auͤs—
fallen, aber eine Strafe ſei nötig, damit man erkenne,
daß die Ehre unſerer jüdiſchen Mitbürger „nicht
3— E E
Hieerauf ergriff Herr Rechtsanwalt Dr. Frautz,
der, wie oben erwähnt, von der Gr. Staatsbehörde
den Angeklagten angewieſene Verteidiger, das Wort.
Er für ſeine Perſon glaubt nicht an den Blutritus


führungen. Er ſtellt dieſen Glauben an das jüdifche


alter allenthalben verbreiteten Glauben an Hexen und
Zauberer. Der Chriſt gewordene Jude Veit und
ebenſo Neander hätien den Blutaberglaͤuben als, Aus.


Fürſten und Staatsmänner alles gethan hätten, um






Er erinnere an die koloſſale
Aufregung, die u. a. die Fälle in Tisza-Ezlar und
Xanten überall hervorgerufen haben. Sogar bedeutende
Gelehrte wie Prof eſſor Rohling ſeien felſenfeſt


überzeugt. Die Angeklagten hätten kaum eine höhere
Schule genoſſen, ſo daß man vollſtändig überzeugt
ſein kann, daß ſie bei der Aufnahme des Artikels in
gutem Glauben gehandelt haben. Gier müſſen
wir denn doch erwähnen, daß nicht der Beſuch hoher
Schulen einen geſunden Menſchenverſtand bedingt, denn
ſonſt gäbe es nicht ein ſo zahlreiches „gebildetes
Proletariat“, das ſich mit Hilfe von „Ein-
paukern“ bis zum Staatsexamen hat durchdrillen
laſſen und für die Erwerbung von allgemeinem
Wiſſen am Biertiſch keine Zeit gefunden hat. Außer-
dem hat der Herr Verteidiger ja eben erſt angeführt,
daß bedeutende Gelehrte an den Blutritus glauben,
es iſt infolge deſſen nicht hogiſch, dieſen Glauben
auf Unbildung zurückzuführen. Die Schriftl.)

Sodann erklärt der Herr Verteidiger es für einen
Trugſchluß, wenn der Herr Staatsanwalt behaupte:
„Das Blatt iſt antiſemitiſch, fol glich muß der unter
Anklage geſtellte Artikel den Anſtrich der Beſchimpf-
ung haben. Von einer Beſchimpfung, wie ſie der
angezogene S 166 St.⸗G.B. für eine Verurteilung


Angeklagten in gutem Glauben gehandelt haben.
Vor ganz kurzer Zeit fand ein Prozeß in Berlin


Der Angeklagte, Redakteur Sedlatzek, wurde jedoch
freigeſprochen. Man kann alſo zum mindeſten


verſchiedener Anſicht ſein. Wollten Sie die An-
geklagten beſtrafen, ſo würden Sie dieſelben wegen
einer Ueberzeugung beſtrafen, eine perſönliche An-


nur durch Belehrung ausrotten.
Nun ſollen die Angeklagten die Religionsge-
ſellſchaft der Juden als folche beſchimpft haben,


Einleitung des belreffenden Artikels, daß die geſchil-
derten Gebräuche nicht allgemein bei den Juden
herrſchen. Darauf macht der Verteid. R.-Anw. Frantz
eine im Hinblick auf die Auſrechterhaltung der An-
klage ſeitens der Staatsanwaltſchaft ſehr bemerkenswerte
Da der inkriminierte Artikel zuerſt im
„Deutſchen Bolksblatt“ in München geſtanden
hatte und dem Angeklagten Schwaiger erſt als Aus.
ſchnitt dieſer Zeitung zugeſchickt worden war, ſo
wandte ſich der Unterſuchungsrichter an die Münchener
Polizeidircktion mit dem Erſuchen, nach dem eigent-


der Redaktion des Deutſchen Volksblatt? eine Haus-


Auftrag dem zuſtändigen Amtsrichter und dieſer ſchrieb
an den Unterſuchungsrichter, daß er die Haus-
ſuchung ablehue, da eine Beſchimpfung einer
Religivnsgeſellſchaft nicht vorliege; er habe


gebliche Delikt mindeſtens ſehr verſchiedenartig ſein


ſchon vor ungefähr einem Jahre wegen derſelben Be-


gläubige ſchlachten, die weit ſchär fer abgefaßt war,
freigeſprochen worden.

zu einer Verurteilung entſchließen können.








erklärte in den „Preuß. Jahrbüchern“ im Jahre 1893
eine Beſchimpfung dahin, daß die Behauptung eine
wirklich böswillige und die Aasdrucksweiſe eine rohe
ſein müſſe, es liegt hier alſo das Reat der Beſchimpf-
ung nicht vor. Wie man auch den Artikel anfaßt,
man kommt immer zu dem Ergebnis, daß derſelbe
nichts Strafbares enthält. Es wird darin lediglich
angeführt, was im Volksmunde für wahr gilt, und
das vorzubringen iſt nicht ſtrafbar. Ich beantrage


Hierauf erläuterte der Vorſitzende des SGericht?-
hofes die beiden Schuldfragen, welche folgendermaßen
formuliert ſind:

1) Iſt der Angeklagte Adolf Schwaiger als
Verleger und Redakteur ſchuldig, in Gemeinſchaft mit
dem Angekl. Bauer die jüdiſche Religionsgemeinſchaft
beſchimpft zu haben?

2) Ift der Angeklagte Friedrich Bauer als
Mitverleger und techniſcher Leiter der Setzerei ſchuldig,
in Gemeinſchaft mit Schwaiger dieſes Delikt be-
gangen zu haben?

In der Erläuterung dieſer Fragen führt der
Vorſitzende aus: Bezüglich der Gemeinſchaftlichkeit
kommt der S 47 St.-G.-B. in Frage, welcher lautet:
„Wenn mehrere eine ſtrafbare Handlung gemeinſchaft-
lich ausführen, ſo wird jeder als Thäter beſtraft.“
Der beſonders in Frage kommende S 166 StG.B.
verlangt aber, daß die Religions-Geſellſchaft,
d. h. dieſe als Gan zes genommen, nicht etwa einzelne
Mitglieder oder einzelne Sekten „beſchimpft“ worden
ſein müſſen. Eine Beſchimpfung liegt aber nur dann vor,


kränkende iſt. Die Angeklagten berufen ſich darauf,
daß der Artikel nicht eigene Behauptungen, ſondern
die anderer Leute enthalte. Die Rechtsausleg-
ung würde aber auch da das Reat einer Beſchimpf-
nng nicht ausſchließen, doch muß das Bewußtſein
vorliegen, daß die Behauptungen einen beſchimpfenden
Charakter tragen.
Nunmehr zieht ſich der Gerichtshof zur Beratung
zurück und erſcheint nach 25 Minuten wieder, worauf
Dieſes lautet
auf Freiſprechung beider Angeklagten, und
dieſe iſt eine ghänzende, denn wie uns mitgeteilt
wird, erfolgte dieſelbe mit 11 gegen L Stimme.
Alſo mit dem „Auf die Finger Klopfen war
es diesmal wieder nichts. Wir kommen auf den
Prozeß in nächſter Nummer noch einmal zurück.

Aus Stadt und Land.

+ om Lande, 17. April. Mit vielem Geſchick
haben es die Juden verſtanden, ſich als Verfolgte
hinzuſtellen, und unter den „viberalen“ giebt es immer
noch Eſel genug, welche dies glauben und das ab-
gebrauchte Schlagwort „Judenhetze“ kindlich nach-
plappern. Daß aber die Juden nicht nur gleichberechtigt
ſind, ſondern ſogar Vorrechte genießen, wollen wir
durch einige Beiſpiele beweiſen: Wenn ein Deutſcher
außerhalb ſeines Wohnortes, ſagen wir auf einem
Geſchäftsgang, in einem Nachbarort plötzlich ſtirbt und
ſeine Angehörigen möchten ihn in der Heimat beerdigen
laſſen, ſo müffen ſie cinen Leichenpaß löſen und dafur
eine ſchöne Sportel bezahlen; für den Transport einer
Judenleiche iſt zwar auch ein Leichenpaß erforderlich,
der aber koſtet nichts. Und warum das? Der Raſſen-
dünkel der Juden läßt es nicht zu, ſich auf dem
gleichen Friedhof beerdigen zu laſſen, in dem die „un-
reinen Gojms“ ruhen. — Der Deutſche iſt verpflichtet,
ſein Vieh vor dem Schlachten zu betäuben, der Jude
aber hat das Recht, dasſelbe langſam zu Tode zu
martern. — Will ein badiſcher Ordensprieſter kirchliche
Funktionen vornehmen, ſo braucht er ſtaatliche Er-
laubnis, der jüdiſche Rabbiner aber kann „Schule“




oder Frankreich kommen. — Für die deutſchen Geiſt-
lichen iſt der Bildungsgang genau vorgeſchrieben, um
die Bildung der Kabbiner und Vorfanger kümmert



Der Zude im Dorn.
Nach den Märchen der Brüder Grimm frei erzählt




in die weite Welt zog. Dem begeguete ein Jude mit
einem langen Ziegenbart. Dieſer horchte auf den Geſang
eines Vogels, der hoch oben in der Spitze eines
Baumes ſaß. Gottes Wunder!“ rief er aus, „fo
ein kleines Tier hat ſo eine
Stimme, wenn's doch mein wäre!“ „Wenn's weiter
nichts ift“, ſprach der Mufikant, „der Vogel ſoll bald
herunter fein“, Er legte ſein Rohr an und der Vogel
fiel herab in die Dornhecke. „Geh', Spitzbub,“ ſagte
er zu dem Juden „und yole dir den Vogel heraus.“
„Mein“, ſprach der Jude, „laß der Herr den Bub
weg, ſonſt kommt ein Hund gelaufen“ und fing an,
ſich in den Buſch hineinzuarbeiten. Wie er nun
mitten im Dorn ſteckte, plagte der Mutwillen den
luſtigen Geſellen, daß er ſeine Zauberfidel nahm u. munter
zu geigen anfixg. Aiſobald fing der Jude an, die
Beine zu heben und in die Höhe zu ſpringen, und je
mehr der Muſikant ſtrich, deſto beffer ging der Tanz.
Aber die Dornen zerriſſen ihm den ſchäbigen Rock,


ganzen Leib.






immer höher aufſpringen mußte und die Fetzen von
ſeinem Rock an den Dornen hängen blieben. „Au


was er verlaͤngt, wenn er nur das Geigen läßt, einen
ganzen Beutel mit Sold.“ „Wenn du ſo ſpendabel
biſt. ſprach der Muſikant, ſo will ich wohl mit meiner


du machſt deinen Tanz noch mit, daß es eine Art


Der Jude blieb ſteben und ſah ihm nach und war


den Augen war, dann ſchrie er aus Leibeskraͤften:


ich dich allein erwiſche! Ich will dich jagen, daß
du die Schuhſohlen verlieren ſollſt: du Lump!“ Und
fo ging e& weiter. Hierauf lief er in die Stadt zum
Richter und ſagte zu ihm: „Herr Richter, au waih-
geſchrien! Seht, wie ein gotiloſer Menſch auf offener
Landſtraße mich beraubt und ühel zugerichtet hat, die
Lleider zerfetzt, der Leib zerſtochen und zerkratzt!


ein Stück ſchöner als das andere! Um Gotteswillen,


ſprach der Richter: „War es ein Soldat, der dich




mit ſeinem Säbel ſo zugerichtet hat?“ „Gott bewahr',“
antwortete der Jude, „einen Degen hat er nicht ge»
habt, aber ein Rohr hat er gehabt auf dem Buckel
hängen, und eine Geige am Hals, daran iſt der
Böfewicht leicht zu erkennen.“ Der Richter ſchickte
ſeine Leute nach ihm aus, die fanden den Muſikanten,


auch den Beutel mit Gold bei ihm. Ais er vor
Sericht geſtellt wurde, ſagte er: „Ich habe den
Juden nicht angerührt und ihm das Geld nicht ge-


damit ich nur aufhörte zu geigen, weil er meine
Muſik nicht vertragen konnte.“ Gott bewahr!“ ſchrie
der Jude, „das iſt gelogen“. Der Richter glaubte es


ſchuldigung, das thut kein Jude“ und verurteilte den
Muſikanten, weil er auf offener Straße einen Raub
begangen habe, zum Galgen. Als er abgeführt wurde,


Hundemuſikant, jetzt kriegſt du deinen wohlverdienten
Lohn.“ Der Muſikant ſtieg ganz * mit dem

proſſe aber
drehte er ſich um und ſprach zum Richter: Gewährt
mir noch eine Bitte, ehe ich ſterbe.“ „Ja ſprach der
Richter, „wenn du nicht um dein Leben bitteſt.“
„Nein, nicht ums Leben,“ antwortete der Muſikant,
„ich bitte, laßt mich zu guter letzt noch auf meiner
Geige ſpielen.“ Der Juͤde erhob ein Betergeſchrei,
 
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