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Charis: rhein. Morgenzeitung für gebildete Leser (3) — 1823

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No 1-13 (Januar 1823)
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https://doi.org/10.11588/diglit.22118#0014

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Kleine, wie das unendͤlich Große. Andere Voͤlker
muͤſſen von uns, aus unſerer Enchklopaͤdie erſt
lernen; nehmen Sie mein ganzes Vermoͤgen Sire,
aber laſſen Sie mir mein Exemplar! Doch ſagt
man, antwortete der Koͤnig, daß es in dieſem ſo
noͤthigen und bewunderungswuͤrdigen Buche ſehr

viele Fehler giebt. — Sire! unterbrach ihn der

Graf C. . . „bei Ihrem Abendeſſen waren zwei
verfehlte Schuſſeln, wir aßen nicht davon, und doch
haben wir recht gut gelebt und geſchmauſt. Wegen

zwei uͤbel gerathenen Ragouts haͤtte man alſo das

ganze Nachteſſen zum Fenſter hinaus werfen ſol-
len? — Der Koͤnig erkannte die Kraft dieſer Be-
merkung „und jeder bekam ſeine Buͤcher wieder.
Doch der RNeid und die Unwiſſenheit, gaben nicht
gleich alles verloren; dieſe beiden unſterblichen
Schweſtern erhoben ihr Geſchrei aufs Neue, und
begannen abermals ihre Kabalen und Verfolgun-
gen. Was geſchah? im Auslande verfertigte man

vier Auflagen dieſes in Frankreich verdammten

Werkes, und gewann damit ohngefaͤhr achtzehn-

mal hundert tauſend Thaler. Cleveland.

Vergleichung.
Der reichſten Einer dieſer reichen Stadt
iſt Gaſtwirth Matz, der Häuſer, wie Paläſte/
geküllte Keller, ſtets das Haus voll Gäſte,
und Geld und Gut die Hüll' und Fülle hat.
Dergleichen Leute pflegt man ſonſt zu neiden,
doch ſeht ihr Matzen näher in's Geſicht,
reitzt euren Neid der Menſch gewißlich nicht;
denn nur das Geld und abermal das Geld
iſt dieſem Mann von allen Freuden
die einzige auf dieſer Welt.
Dabei, wiewohl dies Kind des blinden Glückes
bis an den Hals im Golde ſteht,
erträgt er's doch nur ſcheelen Blickes
wenn's andern Menſchen nur ertraäͤglich geht.
So hat auf ſeinen Nachbar gegenüber,
den Gaſtwirth, er beſonders einen Zahn:
ſein eignes Haus iſt immer voll,
und dennoch, fahren Fremde drüben an,
ſorüht unſer Matz, als waͤr er toll
vor Neid, von Gift und Galle über.
Bei ſtumpfem Geiſt und einem leeren Herzen
liegt ſeine Weisheit in dem Einmal⸗ Eins;
„Gefübl für fremdes Unglück hat er keins,
ihn rühren nicht des Armen Nahrungsſchmerzen.

Sieh Maͤtz! nicht ſelten drängt der Mangel mich/
ö Doch fühlꝰ ich reicher mich, 015 Dich.

Seele (Reizung) zu denken. —

Was

iſt das Sone, als abſoluter Segein

Fortſe 3z u n g·
Waͤre unſer Planet vollkommen rund, wir wuͤr⸗

den ihn auch im Beſitz hoͤchſter Schoͤnheit er-

blicken, und wie ſich am Saturn, in eigenſter
Konjunktion als Ring, ſo wuͤrde ſich ihm die
Seele, Bewegung, Umkreiſung, gleichfalls in
höͤherer Beziehung, als edleres Lebensprinzip mit-
theilen; denn da der Kugel die Bewegung eigen-
thuͤmlich angehoͤrt, ſo kann in Hinſicht auf leben-
dige Thaͤtigkeit, mit ihr nichts verglichen, und un-
ſere menſchliche Kegelform ſelbſt, wie jedͤe andere
lebendige, ohne dieſen allgemeinen Motor nicht
lebend gedacht werden. — Hier alſo in dieſer pla-
ſtiſchen Natur wird das vollkommene Schoͤne, ſich
jedesmal auch als das vollkommene Gute verſicht-
baren, und der runde Gott des Parmenides, uͤber
den Cicero ſpoͤttelt, moͤgte als hoͤchſter Typus aller
Vollkommenheit und Vollendung, wohl nicht ſo
leicht auf die Seite zu ſchieben ſeyn als — Kegel.
In weiterer Folgerung auf alles menſchlich Ge-
ſtaltete, ergiebt ſich nun aber zuerſt, daß, nicht das

Runde, ſondern das, ins Ovale, Koniſche, Aus-

weichende, Geſetz der hoͤchſten, bildenden, lebendi-
gen Schoͤnheit ſeyn muͤſſe. Dieſes belebende Prin-
zip des Ganzen in ſeine Theile des Geiſtes, durch
die Seele im Menſchen, iſt nie ein in ſich, voͤllig
Abgeſchloſſenes, voͤllig Abgerundetes, wie auch
Stetigkeit und Staͤtigkeit jener ſeyhn mag, daher
es denn auch kommt, daß der Begriff und der
Eindruck der Schoͤnheit, unter den Menſchen mehr
noch als unter den Kuͤnſtlern — immer ſo relativ
bleibt und ein wirkt. — Eine Schoͤnheit ohne
Seele, ohne Bewegung, iſt daher ſchlechterdings
als eine Null zu betrachten, und die ſinnvolle My-
the vom Pygmalion und ſeiner ſteinernen Eliſa,
bedurfte darum wohl der Goͤtter, um dieſer, das
Vollkommenſte der Schoͤnheit, Leben zu verleihen —

Reiz, Thaͤtigkeit, Bewegung — Seele —! hoͤch-

ſtes Gut —! Seele iſt der Schoͤnheit, was dem
Auge das Licht; und ſie iſt es, die in aller Bil-
dung hervortritt, folglich iſt es auch unmdglich,
ſich eine plaͤſtiſche Schönheit des Kuͤnſtlers, ohne
(Die Fortſ. folgt.)
 
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