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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 5.1894

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Volbehr, Theodor: Das Kunstgewerbe und die Künstler
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Das Aufkleben von Skytogen-Tapeten
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https://doi.org/10.11588/diglit.11721#0021

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Zllustr. kunstgewerbl. Zeitschrift für Znnen-Dekoration.

Seite 7

Zanuar-Heft.

Abbildung Nr. 58 l- Frirfiep-Dekoration im Stil Louis XVI.

Es fei daher noch ausdrücklich bemerkt, daß nicht von jedem
einzelnen Künstler eine intime anregende Beziehung zum Kunst-
Handwerk erwartet werden kann; die Künstlernaturen haben sehr
verschiedene Veranlagung und Manchem ist der Gelehrte wahl-
verwandter als der Kunsthandwerker. Nur das Gefühl wirklicher
Zusammengehörigkeit mit dem Knnstgewerbe, das muß in den
Künstlern, als ideale Einheit genommen, in der Künstlerschaft
lebendig sein. Ist es das,
dann ist es auch selbstver-
ständlich, daß diejenigen
Künstler, deren Begabung
sich dem Kunstgewerbe zu-
neigt, mit Freuden und mit
Stolz für dasselbe arbeiten
werden. Und das eben ist
nothwendig. Künstlerblut
muß in den Adern des
Kunsthandwerks fließen,
dann erhält es sich frisch
und stark!

Es ist seit Langem
Sitte, jedem Gedanken ein
sozialpolitisches Mäntel-
chen umzuhängen, um ihm
gute Aufnahme zu sichern.

A)o es sich um Kunst
und Kunstgewerbe handelt,
sollte das nicht nöthig sein,
denn die Kunst und das
Kunsthandwerk sind von
solcher sozialen Bedeutung,
daß man den Aufputz bil-
liger Phrasen verschmähen
kann. Wenn es wahr ist,
daß ein Volk sich wohl
befindet, das wirthschaft-
liche Erfolge hat; und
wenn es ferner wahr ist,
daß es keinen größeren
wirthschaftlichen Erfolg
Hibt, als den, aus kleinen
Werthen große Werthe zu
machen, dann sichert ein
entwickeltes Kunstgewerbe
den größten wirthschaft-
lichen Erfolg, und demge-
mäß das höchste Wohl-
befinden des Volkes, denn
das Kunstgewerbe macht
aus kleinsten Werthen große
Werthe, und das auf je-
dem Gebiet! Die Leinen-
fäden an einer Spitzen-
garnitur kosten so gut wie
gar nichts; die reizvolle
Zeichnung, die mühsame
Arbeit adeln den Faden und machen ihn kostbar. Und dies
Erhöhen des Werthes schafft Tausenden Arbeit, Tausenden Freude!
Wenn das keine Sozialpolitik ist, dann ist dieser Begriff überhaupt
unfaßbar, dann ist es das Hirngespinnst eines Utopisten, nicht aber
der kluge Gedanke klarschauender Köpfe. Und in diesem Sinne
Sozialpolitiker sein, durch Anregung, durch künstlerische Gedanken
für das Wohl des Kunstgewerbes und damit für das Wohl der
Allgemeinheit zu wirken, das ist wahrlich ehrende Aufgabe für
-den Künstler. Wer ihr zu entsprechen weiß, der beweist, daß er

den Geist seiner Zeit versteht. Und die glücklichsten Menschen sind
von jeher die gewesen, die sich nicht zu spät und nicht zu früh
geboren wähnten, die den eigenthümlichen Karakter ihrer Epoche
verstanden und ihm entsprechend sich bethätigten!

Das Aufkleben von Skytogen-Tapeten. Die seit
einigen Zähren im Handel erscheinenden Skytogen-Tapeten werden

nach einer sehr interessanten
Methode ausgespannt, die
speziell darauf beruht, daß
diese Gattung von Tapeten
aus mehreren Schichten be-
steht, welche leicht von
einander getrennt werden
können. Die Schwierig-
keiten, welche beim „An-
einanderstoßen" oder beim
„Hohlspannen" unter Zu-
hülfenahme von Leinwand-
streifen entstehen, sind all-
gemein bekannt, sie fallen
weg bei Benützung der
neuen, eigens für „Skyto-
gen-Tapeten" geschaffenen
Methode, die wir deshalb
allen Znteressenten um so
mehr empfehlen können, als
sie sehr einfach und billig ist.

Der Gang der Arbeit
ist folgender: Die erste
Bahn wird im Rapport
mit einem scharfen Messer
beschnitten, dann der ganzen
Länge nach etwa 2 cm
breit ausgespalten, was mit
Hülfe eines Falzbeins sehr-
leicht zu bewerkstelligen ist.
Die untere Fläche der ge-
spaltenen Tapete wird mit
gewöhnlichen Tapezierstif-
ten, etwa 6—8 crn von
einander entfernt, an die
Wand genagelt. Hierauf
wird die nächste Bahn in
der Rapportlinie nur ge-
ritzt und die oberen 2 bis
3 Schichten des Randes
abgeschält. Der Spalt der
ersten Bahn wird nun mit
Leim bestrichen, die zweite
Bahn mit dein geschälten
Rande hineingeschoben und
der obere Spalttheil der
ersten Bahn zugedrückt.
Derartig montirte Tapeten
sitzen wie ein Stück an der
Wand, leiden im Relief gar nicht und lassen weder die Nägel
noch die Ansatzstellen erkennen.

Von größter Wichtigkeit ist es, daß die Tapeten vor-
dem Aufspannen schwach, abp- ganz gleichmäßig, gefeuchtet
werden. Würde inan auf einer Seite zu stark feuchten, so würde
sich die Tapete dort zu stark dehnen, die Bahnen würden krumm,
der Rapport verzerrt werden. —- Diese Methode, nach welcher
die Skytogen-Tapeten nach Art echter Leder-Tapeten behandelt, also
„hohl gespannt" sind, wird dem Aufkleben meistens vorgezogen. -—
 
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