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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 5.1894

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Mertzlufft, Ch.: Grundprinzipien für farbige Wirkung bei Dekorationen
DOI Artikel:
Minkus, Fritz: Die Heraldik im Kunstgewerbe
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https://doi.org/10.11588/diglit.11721#0140

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Leite s02.

Zllustr. kunstgewerbl. Zeitschrift für Znnen-Dekoration.

Zuli-Heft.

Die Tapete hat zwei Funktionen auszuüben. Sie dient ent-
weder als Hintergrund den Bildern, Kunstgegenständen und der
sonstigen mobilen Dekoration, oder aber sie tritt als selbständiger
Wandschmuck auf. Hiernach müssen auch Muster und Farbe ver-
schiedene Aufgaben lösen. Soll die Tapete als Hintergrund dienen,
so muß ihr Muster ruhig und die Farbe gedämpft sein, sie darf
den aufgehefteten oder gegengelehnten Schmuck nicht überschreien.
Die unifarbige Tapete erfüllt diese wohl am häufigsten wieder-
kehrende Ausgabe am sichersten. Lediglich für die Wanddekoration
ist die reichgemusterte und farbenfreudigere Tapete besser am Platz.
Die Musterung mit Gold
erzielt stets eine prunk-
hafte Wirkung.

Die räumliche Ab-
messung eines Zimmers
muß auch bestimmend für
die Wahl des Musters
sein. Große Räume erhal-
ten großmusterige, kleine
Räume kleinmusterige Ta-
peten. — Auch die Farbe
an sich ist hierbei von ein-
schneidender Bedeutung.

Tapeten sollten stets bei
Tageslicht und dann auch
bei künstlichem Licht ge-
prüft werden,wir haben er-
fahren, wie starke Schwan-
kungen durch die Licht-
quellen hervorgerufen
werden. Aber auch die
große Ausdehnung dieser
Farbflächen mahnt zur
Vorsicht, da sie meistens
für dieGesammtstimmung
des Raumes maßgebend
werden. Für dunklere
Zimmer sind Helle, auf-
lichtende, für übermäßig
Helle Zimmer dämpfende,
farbensattere Tapeten zu
empfehlen. Die unteren
Wandtheile können brüst-
ungsartig mit dunkleren
Tapeten, die oberen da-
gegen mit helleren be-
spannt werden. Etwas
Licht reflektirt außerdem
vom Plafond, welcher
stets bedeutend hellere
Farbstimmung als die
Wände hat, auf die oberen
Wandflächen und den Fuß-
boden, von diesem wieder gegen die Brüstungen. — Der Plafond
soll Heller und leichter wirken, auch die Plafondtapeten sind mit
Vorsicht zu wählen. Nicht zu viel Buntheit und Muster, um das
Auge nicht allzusehr an die Decke zu fesseln. Plafondtapeten sind
der Haltbarkeit wegen häufig vernirt (lackirt), nicht immer zum
Vortheil des Papierstoffes, weil seine Schönheit darunter verliert.
Der Plafond wird zur spiegelnden, daher unruhigen Fläche, welche
viel Licht zurückstrahlt. Es empfiehlt sich bei beabsichtigter Lackirung
nur Mattlack zu verwenden, der keinen höheren als Eierschalglanz
gibt. Lackirte Farbflächen erscheinen unlackirten gegenüber dunkler.

Ein weiteres Eingehen auf die verschiedenen modernen Tapeten
behalte ich nur für eine spätere Gelegenheit vor. —

* Abbildung Nr. Erker-Skudiq im Renaissance-Stil.

Original »Skizze von Architekt Karl Spaeth.

Heraldik in: »Dunkgewerke.

von Fritz Mink US.

'ls vor wenigen Jahrzehnten das Kunstgewerbe nach
langen: Winterschlafe wieder erwachte und die modernen,
auf altererbten Mustern begründeten Bahnen betrat,
da kam auch eine alte, längst vergessene Kunst, eins lange ver-
schollene Wissenschaft wieder in Betracht: die Heraldik. — Die
Heraldik eine Kunst, eine Wissenschaft! Der moderne Künstler
weist sie ja zum größten Theil stolz aus den heute so eng ge-
zogenen Grenzen seines
Bereiches, und der ernste
Gelehrte unserer Tage
lächelt erhaben auf ihre
Anmaßung herab, eine
Wissenschaft zu sein. Und
doch galt sie einmal als
beides! Freilich war dies
eine Zeit, wo die größten
Künstler ihrer Epoche sich
nicht schämten, herrliche,
mustergültige Entwürfe
für Schmuckgegenstände,
für Pokale, volksthüm-
liche Holzschnitte anzufer-
tigen, wo die Wissenschaft
noch in den Kinderschuhen
ging, in frommer Einfalt
und idealem Aberglauben
umhertappend.

Die ersten Anfänge
des Ritterthums hatten
das Wappenwesen ent-
stehen lassen: die durch
ihre Rüstung unkenntlich
gemachten Streiter in
Schlacht und Turnier be-
durften unterscheidender
Merkmale: sie bemalten,
nach altererbter Sitte, ihre
Schilde mit verschiedent-
lichen Zeichen, sie schmück-
ten ihre Helme mit unter-
schiedlichem Schmuck, sie
gaben dem zur Abwehr
der Sonnengluth bestimm-
ten, vom Helm herab-
wehenden Nackentüchern
kennzeichnende Farben. So
entstand das Wappen mit
seinen wichtigsten Bestand-
theilen: Schild, Helmzier
und Helmdecke. — Das
Zeitalter der Gothik, in seinem Drange, Alles in eckige, enge
Regeln zu bannen, legte auch das Wappenwesen, wie es sich
naturgemäß entwickelt hatte, in Fesseln und machte es zu einer
ernsten, strengen Wissenschaft. Der Herold, der in alle Geheimnisse
des Wappenwesens Eingeweihte, war ein Gelehrter, hochangesehen
bei Kaiser, Fürst und Ritter, die maßgebende, entscheidende Per-
sönlichkeit in den zahllosen Wappenangelegenheiten. Eckig und
wuchtig, aber markig und stilvoll zeigen sich uns die Wappen jener Zeit.

Die Renaissance, die so viele Ueberlieferungen der Gothik
über den Haufen warf, übernahm doch, in pietätvoller Achtung
vor dem Althergebrachten, die strengen Gesetze der Heraldik. Aber
wie sie Alles verschönte und neu belebte, so befreite sie auch das
 
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