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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 5.1894

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Dankwardt, L.: Majolika als Zimmerschmuck
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Neue Formen für Gipsguß
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https://doi.org/10.11588/diglit.11721#0190

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Seite ^2.

Zllustr. kunstgewerbl. Zeitschrift für Znnen-Dekoration.

September-^eft.

Irgendwo sah ich einmal einen bemalten Spiegel als Gfenschirm — was
kann man nicht alles machen? Belgemälde nimmt man jetzt auch dazu.
Doch genug vom Gfenschirm und zurück zur Majolika.

Sie wird noch in einer anderen Form ausgiebig gepflegt — in der
Manier der Delfter Fayencen. Diese sind bekanntlich die ältesten europäischen
Nachahmungen des chinesischen Porzellans. Um die Ähnlichkeit mit den
Vorbildern soweit als thunlich zu erreichen, verzichtete man in den Delfter
Merkstätten der Anfangszeit auf die vielen Farben, die der damaligen
Majolika zur Verfügung standen und arbeitete nur mit Blau. Aus den
Nachahmungen entwickelte
sich bald eine selbständige
Technik, die an Stelle der
überbiegsamen Lhinesen u.

Lhinesinnen in das Mittel-
bild des Tellers eine hollän-
dische Landschaft oder dergl.
setzte. Lin gesundes künst-
lerisches Lmxfinden ließ die
Maler der guten alten
Werkstätten den Fehler der
italienischen Majoliken der
Renaissancezeit vermeiden
—sietrennen überall Mittel-
bild und Randverzierung.

Die Liebhaberkunst hat sich
leider mehr an die Vorbil-
derder heruntergekommenen
Technik gehalten. Unsere
Künstlerinnen verstehen
meistens recht gut, eine
schöne Form für ihre Arbeit
zu wählen; sie vergessen
aber noch allzuhäufig, ihre
Entwürfe dem Geiste dieser
Formen anzupassen.

Ls ist keineswegs ein
„billiges" Vergnügen, mo-
derne Majolika - Arbeiten
selbst herzustellen. So ent-
steht die Frage, ob es nicht
rathsamer ist, den Zimmer-
schmuck dieser Art leistungs-
fähigen Fabriken und zu-
verlässigen Handlungen zu
entnehmen. Die mecha-
nische Fertigkeit, welche stil-
gerechte Arbeiten erfordern,
ist so groß, daß sie vom
Dilettanten nur selten er-
reicht wird. Unsere Museen
und großeHandlungshäuser
bieten reichlich Gelegenheit
zur Aneignung der nöthigen
Waarenkunde. Nur durch
vielesSehen undvergleichen
kann jene Sicherheit des
Blickes erlangt werden, die
zwischen Werthvollem und
Minderwerthigem zu unter-
scheiden vermag. Auch so
nur kann der Sinn dafür
entwickelt werden, wo die
eine oder andere Art von
Schmuckgeräth am Platze
ist. Gewiß wird Niemand
einen Krug aus Steinmasse
ans eine Rokoko < Ltagsre

stellen — wir sind ja „kunstgelehrt" genug, um zu wissen, daß Steinmasse
nur zu Lichenmöbeln paßt. Daß noch heutzutage kunstvolle Arbeiten von
großem Schönheitswerthe aus Steinmasse gearbeitet werden, in so seinen
Formen und Mustern, daß sie zum zierlichsten Möbelstil passen, ist nur
wenigen Sammlern bekannt. Und doch läßt sich kaum ein schöneres Schmuckstück
für Möbel in Zimmermannstechnik denken, als jene Kunstwerke in Stein-
masse, die in einer Art Grubenschmelztechnik verziert sind. Diese kleinen
unscheinbaren Vasen sind für den Kenner von bezauberndem Reiz, da eine
Feinheit und Harmonie der Musterung erreicht wird, die den feinsten orien-
talischen Lmailarbeiten gleich kommt.

Die Delfter Sachen verlangen einen ruhigen Hintergrund; am schönsten

kommen sie vielleicht im Gegensatz zu alten schwarzen geschnitzten Möbeln
zur Geltung. Die neuere ungarische Majolika findet glückliche Verwendung,
wo es sich um Prnnkentfaltung und einen prunkenden Lindruck handelt, der
an sich nicht auf Vornehmheit zu verzichten braucht. Jene einfarbig glafirten
Vasen, die meist in England gefertigt werden, und als Steingut auch einen
Anspruch darauf haben, als Majoliken zu gelten, vertragen es in der Ent-
fernung vom Licht aufgestellt zu werden, da ihr Glanz und die Sattheit
ihrer volltönigen Farben auch in dnukelen Lcken auffällt.

Ls ist unmöglich, feststehende Regeln für die tausenderlei verschiedenen

Sachen dieser Art und ihre
passende Verwendung anf-
zustellen. Am so größer
wird die Verpflichtung, auf-
merksam zu prüfen und zn
erwägen, durch welche Zu-
sammenstellung Einheitlich-
keit und Ruhe in die Ver-
zierung eines wohnraumes
gebracht wird. Als unlängst
8ir I'rsäsrio I-sigllton den
Deutschen Mangel an Har-
monie in der Kunst ab-
sprach, ging ein Schrei der
Entrüstung durch unsere
Tagespresse. Wer aber
unsere Art, die Zimmer
auszustatten, einer strengen
Kritik unterwirft, wird zu-
geben müssen, daß wir
wenigstens auf diesem Ge-
biete noch Manches verbes-
sern können. Auch die
richtige Verwendung der
Schmuckgeräthe aus Stein-
gut kann dazu dienen, daß
unser nationales Kunst-
gefühl gehoben wird. Möge
sie daher in diesem Sinne
von uns gepflegt werden.

AbbildungZNr. xoxs. Ofen^irn Natlzlzsus zu Stans. Aufgen. von U. Gutersohn.

Neur Formen kür
GipSguH. Bisher waren
als elastische Formen zunr
Gipsgießen nur Leimfor-
men üblich. Diese Formen
müssen jedoch, weil der
Gips beiin Hartwerden sich
durch die Wiederaufnahme
seines Krystallwassers etwas
erwärmt, was ein ober-
flächliches Erweichen der
Leimgallerte zur Folge hat,
stets mit Leinölfirniß über-
zogen werden. Darunter
leidet jedoch nothwendig die
Schärfe der Form. Line
Vervollkommnung der zur
Anfertigung von Formen
anwendbaren Masse besteht
nun in der Verwendung der
chinesischen Pflanzengallerte
oder Agar-Agar. Dieses
Produkt unterscheidet sich
von thierischer Gelatine
durch größere Haltbarkeit
und den völligen Mangel
an Klebrigkeit bei wesent-
lich höherem Gallertebildungsvermögen. Lin Prozent chinesische Gelatine
gibt so viel aus, als zehn Prozent beste französische Gelatine. Sie bildet
schon jetzt einen Gegenstand des chinesischen und japanesischen Exportes.
Da die aus Agar-Agar erhaltene Gallerte erst in verhältnißmäßig hoher
Temperatur wieder weich wird und sich von allen Stoffen, auf welche sie
ausgetragen wird, sogar von Papier, wieder ungemein leicht und vollkommen
ablöst, so wurde es versucht, Formen aus dieser Gallerte für die Leim-
formen zn substituiren. Die aus diesem Materiale erhaltenen Gipsabgüsse
zeigten, wie Ludwig Bernhardt im „Gest. Bildh. u. Steinmetz" schreibt,
die volle Schärfe der Originale und wurden als ganz vollkommen befunden,
so daß dieses neue Verfahren bald allgemeinere Verbreitung finden dürfte. —
 
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