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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 5.1894

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Walsch, Ignatz: Wohnungs-Arrangements in Mieths-Häusern, [1]
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Als Ersatz für Roßhaar
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https://doi.org/10.11588/diglit.11721#0076

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Leite 52.

Zllustr. kunstgewerbl. Zeitschrift für Znnen-Dekoration.

April-Heft.

Galerien bis dicht unter die Decke reichende Säulen, auf denen
ein Querbalken mit Gesims ruht. Die Galerien tragen an Stelle
des Handläufers häufig Blumeneinsätze, aus denen Schlingpflanzen
sich nach oben ranken. Auch bringt man an den Wandseiten des Erkers
herabhängende Gardinenshawls an, welche sich in Ueberwürfen über
die ganze Breite des Erkers sortsetzen. Die Zahl der Variationen
bei Anbringung eines Erkers ist schier unerschöpflich und wurde
dieses Held im September-Heft des Jahrgangs sZfiZ durch
zahlreiche Illustrationen höchst interessant behandelt.

Zu dem behaglichen Wohnzimmer steht das Speisezimmer
durch das Hehlen der Polstermöbel in einem gewissen Gegensatz.
Hier herrschen der Speisetisch und das Büffet. Man stellt das
Büffet deshalb an die Hauptwand und verwendet, falls diese sehr
lang ist, auch ein Doppelbüffet, dessen zwei Theile durch eine

Abbildung Nummer 902. Salon in einem Breslanep Hanse. Ausgef. v. Architekt tsans Griesebach

Polsterbank, hinter der ein Wandteppich hängt, verbunden sind.
Zm Allgemeinen jedoch soll das Speisezimmer ohne Polstermöbel
bleiben, ebenso ist der Hußboden von gewebten Stoffen freizuhalten,
angebracht ist hier ein voller Linoleumbelag. praktisch und sehr-
wirksam find die jetzt hochmodernen vlämischen Büffets. Das
Untertheil hat bei diesen eine Höhe von s,50—s,50 Meter, darüber
erhebt sich eine Rückwand ohne Spindchen, mit Hüllungen, die
auch durch ein Gobelinbild ersetzt werden können. Schubkasten,
die auf dem Blatt des Untertheils ruhen, lehnen sich an die Rück-
wand an. Auch modern gothische Möbel sind für Speisezimmer
gut geeignet. Werden die gothischen Möbel von Hellem Eichen-
holz gefertigt, so wirkt das Speisezimmer ungemein freundlich.
Der Tisch steht in der Mitte des Zimmers, bei mehreckigen
Zimmern in der Diagonale zweier Ecken. Die hohen Stühle,
welche sich früher für Speisezimmer großer Beliebtheit erfreuten,
ersetzt man in letzter Zeit durch Rohr- oder Leder-Stühle mit
halbhohen Lehnen, welche das Servicen erleichtern. Der Pfeiler

oder eine Ecke bietet den Raum für das Lavoir. Ein kleineres
Anrichtcbüffet, ein Servirtisch und Truhen für Tischwäsche und
Bestecke vervollständigen das Mobiliar. Bei Berechnung der
Tischgröße ist für jedes Gedeck mindestens 70—75 cm Raum
zu geben. Die Breite darf nicht zu gering sein, um auch für
Tafelgeräthe Raum zu bieten. Zu große Breiten sind nicht rathsam,
weil dieselben die Konversation bei Tisch erschweren. Man dürfte
0,s>5 rri als Minimal- und s,20 m als Maximalbreite wählen.
Spiegel gehören nicht in das Speisezimmer, dagegen ist, falls
ein Lavoir „schräg über Eck" gestellt wird, für die gegenüber-
liegende Ecke eine Standuhr wohl angebracht. Die Wände schmücken
Wandbretter mit Tellern, Gläsern und Krügen; auch Wand-
medaillons mit Hruchtstücken und Melbilder sind für das Speise-
zimmer ein passender Schmuck. Das Büffet und der Anrichter

werden mit Tafel-
geräthen und kost-
baren Servicen ge-
schmückt. Auf die
Platten von Büffet,
Anrichte-Büffet und
Servirtisch legt man
bestickte Tuch- oder
Leinendecken, deren
Stickerei sich im Stil
möglichst dem Mo-
biliar anschließen
soll. Besonders vor-
nehm wirken Speise-
zimmer mit getäfelter
Wand und Decke.
Die Uebergardinen
und Portieren sollen
ruhig wirken und
erstere, da man in
den meisten Hallen
einsensterige, sogen.
Berliner Zimmer,als
Speisezimmer wählt,
wenig Licht rauben.
Modern sind für
Speisezimmer Deko-
rationen im Stile
Henri II. mit einem
Kasten - Lambrequin,
das mit Lilien oder
Scheinbändern be-
stickt ist. Die Hlügel
dieser Dekorationen

sind am Znnenrande mit einer Borte bestickt und fallen ungerafft
herab. Den Stoff hierzu wählt man möglichst einfarbig.

Hreunde eines guten Trunkes pflegen sich auch ein direktes
Trinkzimmer einzurichten. Dasselbe soll derb wirken; deshalb
sind hier altdeutsche oder oberbayerische Bauernmöbel wohl am
Platze. Man fertigt die sicheren gewöhnlich von Eichenholz, die
letzteren von Tannen- oder Höhrenholz, das lasirt und mit kräf-
tigen Harben bunt abgetönt wird. Ein kleines Büffet, Knechtisch,
Schemel und Bänke bilden das Mobiliar. Uebergardinen wähle
man von recht derbem Stoff (Zute oder Leinen), dem der Tabaks-
rauch nichts anhaben kann. Humpen und Gläser sind passende
Dekorationsgegenstände. Wandbilder müssen natürlich im Sujet
mit der Bestimmung des Zimmers harmoniren. cschiuß s°igt.>

Als Ersatz süv Notzhaafi wird in Mexiko das dort wild
wachsende sog. „hängende Moos" verwendet. Nachdem es ent-
wirrt, geglättet und gesäubert, wird es noch leicht dunkel gefärbt.
Es wirkt nun genau wie Roßhaar, welches es auch vollständig ersetzt.
 
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