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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 5.1894

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Schulze, Otto: Die Bedeutung der dekorativen Malerei der Fläche im Heim: mit besonderer Würdigung der vorliegenden Abbildungen
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Möbel-Stuck
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https://doi.org/10.11588/diglit.11721#0062

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Seite HO.

Zllustr. kunstgewerbl. Zeitschrift für Znnen-Dekoration.

März-Heft.

liegt nicht mehr im Bereiche der dekorativen Malerei. Das sind
die technisch-stilistischen Grundzüge, das ästhetische Moment in
dem Gesetz der Aachen- und Raum-Dekoration.

N)ie ich schon oben erwähnte, ist die Mahl von Technik und
Farbe von vielen Nebenumständen abhängig, in jedem Halle ist
sorgfältige Prüfung rathsam. Dabei war immer von Malerei
die Rede; aber der Leitfaden für alle Ausführungen und in der
Besprechung der Abbil-
dungen lag in der Be-
herzigung einer karakte-
ristischen Zeichnung. Und
das bietet auch einer ur-
alten, seit etwa zwanzig
Zähren bei uns wieder
aufgenommenen Technik:
der Holzbrandzeichnung
und Holzbrandmalerei,
sobald Holz- oder Leder-
flächen in Frage kommen,
vollste Berechtigung mit
der dekorativen Malerei
in scharfe Konkurrenz zu
treten. Zn erster Linie
soll sich diese Technik auf
die Abbildungen Nr. 882,

883, 88H und 886 sowie
aus die erste Kunst-Bei-
lage: „Wandfliesen" er-
strecken, da sich sämmt-
liche Zeichnungen sehr
wohl eignen, zu irgend
welchem anderen Zweck
auf Holz oder Leder mit
dem Brennstift übertragen
zu werden. — Die Zeich-
nungen können ganz als
Brandzeichnungen behan-
delt werden, also nur in
Strichmanier, oder als
Brandmalerei, bei welcher
dann einzelne Flächen
durch Behandlung mit
heißem Sand, flüssigein
Blei oder mit der Stich-
flamme vom zartesten
Braun bis zum tiefen
Schwarz koloristische Wir-
kung erhalten. Ts kann
aber auch, wie dies beim
Leder ebenfalls geschieht,
die Farbe als solche Ver-
wendung finden; Holz
fordert reine Lasurfarben,
um die Maser durch-
scheinen zu lassen, denn
Leder können auch Deck-
farben und Bronzen aufgetragen werden. Natürlich gelten hierfür
in gleicher Strenge die Gesetze der dekorativen Malerei. — Die
Abbildungen Nr. 887, 8flO—8fl3 sind ebenfalls sehr gut für die
Nebertragung mit dem Brennstist geeignet, während die zweite
Kunst-Beilage: „Ehrenbürgerbrief" einer trefflichen dekorativen
Wandmalerei beste Anregung geben kann, ja, auch einer Votiv-
Tafel würde sie ein wohlgelungenes Vorbild sein können.

Möchte der dekorativen Malerei im Sinne dieser Worte und
reichen Vorbilderschätze immer mehr Fläche der inneren Aus-

stattung zufallen, um der farbigen Dekoration zu ihrem heiligen
Recht zu verhelfen. Die Farbenfluthung im Raum ist Würze und
Seele jeglicher Dekoration, sie ist das Gegengewicht der mobilen
Ausstattung.

Möbel-Stuck. Auf dem Gebiete der Möbel-Dekoration
dürste, wie die „Voss. Ztg." schreibt, auch bei uns ein Verfahren

Gingang finden, das seit
einiger Zeit in England
üblich ist und „DuiutiuZ'
iu Aesso" genannt wird,
wie die Decken u. wände
der Zimmer mit Stuck
ornamentirt werden, so
auch nach dem neuen
Verfahren die Möbel.
Dieser Möbelstück besteht
aus einem Theil feinen
Gipsmörtels, zwei Thei-
len Leim und zwei Theilen
Glycerin. Gr wird sorg-
lich auf das Holzwerk,
ineist Pappel oder Tanne,
aufgetragen und durch-
modellirt. Entweder ist
der Stuck schon in der
Masse gefärbt, oder man
gibt ihm die Farben,
nachdem er als (Orna-
ment erhärtet ist, mittelst
Austragens mit dem
Pinsel. Am ein solches
Stuckrelief besser vom
Holzgrunde abzuheben,
erhält auch dieser eine
geeignete Färbung oder
eine Vergoldung. An-
geblich ist dieses „Duiu-
tüuL^ iu ^L88O" recht
dauerhaft, da es steinhart
wird. Die Schärfe der
Ornamentirung soll einer
in Holz geschnittenen
nichts nachstehen. Trotz
dieser Empfehlung wird
Zeder, der auf Solidität
hält, dem neuen Surrogat
für Möbel - Dekoration
keinen Geschmack abge-
winnen können. Um ein
neues Verfahren handelt
es sich übrigens kaum,
denn die Verwendung
der dem Stuck sehr ver-
wandten Steinpappe an
Stelle geschnitzter Boise-
rien ist schon recht alt und schließlich ist der Stuck selbst auch
schon in den Tagen der italienischen Renaissance zur Dekoration
von Rahmenwerk und auch von hölzernen Füllungen herangezogen
worden. Stuck zur Dekoration von Znnenräumen war überhaupt
schon während des ganzen Mittelalters ein ganz bekanntes Material:
Kapitäle, Kamine, architektonische Ornamente rc. sind in Stuck
hergestellt worden. Die Renaissance machte von dem sog. Ltricco
1u.8tro, der sich beliebig färben läßt und nach dem Erhärten eine
marmorgleiche Politur annimmt, noch ausgiebigeren Gebrauch. —

Abbildung 88Z. Fenstep in dep Kgl. Webe-, Seiden- n. Appretur-Schuch zu Lrefeld.

Entworfen von Maler H. Kellner; gemalt von Bernhard, Direktor d. Kgl. Inst. f. Glasmalerei, Berlin.
 
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