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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 5.1894

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Woseczek, Ludwig: Die Glas-Malerei auf der Weltausstellung in Chicago
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Moderne Möbelstoffe und Salons
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https://doi.org/10.11588/diglit.11721#0070

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öeite ^6.

Zllustr. kunstgewerbl. Zeitschrift für Znnen-Dekoration.

ItNärz-!)eft.

Die französischen Firmen haben im Elektrizitäts-Gebäude ausgestellt.
Lorin in Lhartres zeigt eine sehr hübsche Heimsuchung Mariens nach einem
alten italienischen Meister. Es ist dies eine Kopie des Fensters, welches von
Sr. Majestät dem Kaiser Z8S7 auf der Pariser Weltausstellung angetanst
wurde und sich gegenwärtig im österr. Museum befindet.

Felix Goudin in Paris hat ein großes Fenster, in der Komposition
nach Art der sxätmittelalterlichen Gobelins behandelt, zur Ausstellung gebracht,
eine Sauhetze, streng stilgerecht, blos Konturen, die Farben genau den roma-
nischen Fenstern nachgeahmt. Lin zweitheiliges Fenster, Lhristus im Tempel,
ist schön in Komposition und Zeichnung
und, was die glasmalerische Durchführung
anbelangt, eines der besten von sämmtlichen
aus world's Fair ausgestellten Fenstern.

Es verbindet eine unendliche Weichheit in
der Abtönung mit seiner durchsichtiger Be-
handlung, bei der doch die plastische Wir-
kung des Ganzen nicht verloren geht. Es
ist meines Erachtens nur mit Wasser ge-
malt, denn keine Spur von Bel als Binde-
mittel, das sofort jedes Glas trübt, macht
sich bemerkbar. Ein Ruudbogenfenster ist
rein ornamental in romanisireuder Art be-
handelt und nur aus verschiedenen Varia-
tionen von hellblauen Tönen hergestellt. —

Das Land der Glasmalerei, Eng-
land, glänzt durch seine vollständige Ab-
Wesenheit, wie überhaupt die englische
Industrie-Abtheilung nicht der Bedeutung
des Landes gemäß beschickt wurde. Die
Engländer grollen begreiflicher weise noch
immer wegen des Mac-Kinley-Tarises.

Dagegen hat Lanada die Ausstellung
durch zwei Firmen beschickt; diese bieten
jedoch das Schwächste unter sämmtlichen
Glasmalereien.

Jos. M. Eonstans L Son in To-
ronto hat eine „Darbringung im Tempel",
einige Kartons, zwei kleine Profanfenster,
einen weiblichen Kopf und eine Schäferin.

I. L. Spencer L Sons in Montreal
schickten ein kleines Fenster: Lhristus, der
Kinderfreund; im Ton leidlich gut, die
Behandlung in englischer Manier; dann
ein Rundbogenfenster mit zwei allegorischen
Figuren: Peace und Plenty.

Stolzenberg L Lie. in New-Hork
stellten als Agenten einer holländischen
Firma (Nicolas in Roermond?) in der
holländischen Abtheilung ein frühgothisches
Langfeuster, das letzte Abendmahl, aus;
die Architektur ist in weiß und Gelb durch-
geführt, der figurale Theil etwas kühl im
Ton. Ferner ist hier ein zweites Fenster
in derselben Größe mit „Lhristus dem
Kinderfreund" und ein dreitheiliges Fenster,

„Geburt Lhristi", zu nennen.

Dies sind die Glasmalereien, die ich
auf der Ausstellung gesehen, wie schon
erwähnt, hat sich gezeigt, daß viele Aus-
steller, vollkommen unbekannt mit dem
amerikanischen Geschmacke und den Be-
dürfnissen des hiesigen Marktes, wohl ver-
gebliche Anstrengungen gemacht haben und
daß sich darunter auch die große Mehrheit
der sonst so verdienstvollen deutschen Aus-
steller befindet.

Abbildung Nr. sys. Fenster; für einen Festsaal.

Entworfen und ausgeführt von L. F. Zettler, Hof-Glasmalerei, München.

Künstliche Beleuchtung Vvn

Innenräumen. Ueber versuche mit künstlicher Beleuchtung verschieden-
artig ausgestatteter Räume entnimmt das „Lentralblatt der Bauverwaltung"
dem „American Architect": Erleuchtet man einen Raum, dessen wände mit
schwarzem Tuch bedeckt sind, mit einem Beleuchtungskörper von ;oo Kerzen,
so sind zur Erzielung des gleichen Grades von Helligkeit für denselben Raum
nöthig: wenn er mit dunkelbrauner Tapete ausgestattet ist: 87 Kerzen;
mit blauer Tapete: 72 und mit hellgelber Tapete: so Kerzen. Derselbe
Raum mit hölzerner Wandverkleidung in Naturfarbe oder weiß gestrichen
erfordert so, mit dunklem, alten Panneel dagegen 80 Kerzen. Der geringste
Lichtaufwand, nur ;s Kerzen, ergab sich bei glatten, geweißten wänden. —

odernv und --Malons.

ie im Bekleidungsfach, wechselt man auch in der Möbelbranche mit
Stoßen aller Art; die gute alte Sitte, einen rothen oder grünen
Plüsch-Bezug, eine Damast-Bekleidung der Möbel schön zu finden, ist längst
dem Modebedürfniß gewichen, die neuesten Erzeugnisse der Web-Industrie
zur Möbel-Dekoration zu verwenden. Es gibt Familien, die ihre Polster-
möbel von fünf zu fünf Jahren neu beziehen lassen, ohne daß die Stoffe

irgend wie defekt geworden. Bald wird
ein Bezug im Stil Ixouis qriin^e, bald
Ixoriis seir:e für modegerecht erachtet, bald
glatter Atlas mit Fantasie-Stickereien, bald
Damast mit echten Spitzen. Die apartesten
Farben-Kombinationen sind nicht gewählt
genug, um den Modelaunen unserer LÜL-
Mwtes zu genügen, von einer in Wien
tonangebenden Modedame erzählt man,
daß sie ihr Boudoir alljährlich mit neuen
Vorhängen, Wand-Dekorationen, Möbel-
bekleidungen schmücken läßt; die letzte Auf-
lage weist blaßblaue Sammt-Panneaux mit
Goldstickerei auf, zwischen den einzelnen
Feldern gestickte Gobelins. — Die Vorhänge
sind zur Hälfte aus blauem Sammt, zur
Hälfte aus moosgrünem Atlas hergestellt,
als Bindeglied, um den Farbenkontrast nicht
gar zu unvermittelt erscheinen zu lassen,
dienen bronzefarbige spanische Seidenspitzen.
In gleicher Art sind die Polster-Möbel
dekorirt, im Milieu jedes Stückes eine zum
Gobelin passende Stickerei. — Mit Schluß
der Gesellschaftssaison wandert die ganze
Herrlichkeit in irgend ein Hinterzimmer
und unsere Schöne wird demnächst eine
Dekoration im Lhinä-Geschmack oder s. 1s.
Ixoie Bullei in Lhangeant-Farben wählen,
vielleicht gar xurpurblau mit russischen
Stickereien, wie es die neueste Pariser
Mode vorschreibt.

Dem soliden deutschen Geschmack ent-
sprechen diese auf Effekthascherei abzielenden
Möbel-Dekorationen , die mit der Saison
vorüber sind, nicht, wir haben genug ge-
diegene Möbelstoffe, die an sich so elegant
sind, daß sie der Spitzen und Stickereien
wohl entbehren können. Die goldschillern-
den Brokate sind auch nicht Jedermanns
Sache, selbst wenn das nöthige Kleingeld
für solche Anschaffungen — oft pro Meter
;so Mark — vorhanden; das packt und
blendet zu sehr, sieht xrotzenhaft aus unt>
wird zumeist von Parvenüs gewählt, die
Farben ans Farben häufen, ohne von Farben-
Harmonie nur eine Ahnung zu haben.

Die früher in jeder guten Einrich-
tung obligate, stilvolle Einfachheit ist der
Potpourri - artigen Zusammenstellung aus
allerhand mehr oder minder bunten, un-
harmonisch wirkenden Möbeln gewichen.
In einer Ecke des Salons postirt man
dunkle, in der gegenüberstehenden Helle
Möbel, die Vorhänge passen rechtsseitig zu
diesen, linksseitig zu jenen, das Milieu
mit seinen eo. kurrteuil geformten Wan-
dungen hat wieder ein ganz anderes Kolorit,
die Pouffs sind ganz abweichend im tür-
kischen, die Putzsessel und Klavierstühle im
Rokoko-Geschmack gehalten, wohl gar bronzirt, während die Möbel mit
Perlmutter-Einlagen versehen sind, kurz, eine einheitliche Geschmacksrichtung
scheint unseren Modernen ganz abhanden gekommen.

Die Reaktion dürfte nicht lange ausbleiben. Schon jetzt fertigt man
in England, dem Stammlande des soliden Reichthums, die eleganten Ein-
richtungen nicht mehr §enre clerix Ions, sondern in einer Nuance. Man
geht sogar — offenbar aus praktischen Gründen — so weit, die für mehrere
Zimmer eventuell Salons bestimmten Polster-Möbel in einer Farbe, wenn
auch aus verschiedenen Stoffen, zu fertigen; kommt es ja oft vor, daß Aende-
rungen eintreten, Möbel aus dem Speisezimmer in den Salon hinübergezogen
 
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