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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 5.1894

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Schulze, Otto: Die Bedeutung der dekorativen Malerei der Fläche im Heim: mit besonderer Würdigung der vorliegenden Abbildungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.11721#0053

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Anfangs jeden Monats erscheint ein Heft.

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Buchh.-Vertreter: Eduard Schmidt, Leipzig.
Insertions-Bedingungen am Schluß der Zeitschrift.

V. Iahrg. 1894.

-U Leipzig Darmstadt Wien. M-

März-Heft.

^Aedeutung dev dekorativen der im ^eim

rnii besonderer' Würdigung der vortiegenderr Abbikdnngen.

Von Btto Schulze, Köln.


lenster in der Hofloge der engl. Nieche
in Berlin.

Entw. u. ausgef. v. Fritz Geiges, Freiburg.

^eben der Musik packt die
Menschenseele wohl nichts
mächtiger und nachhaltiger, als
die stumme und doch so beredte
Sprache der Farbe, ihrer Akkorde
und ihrer Symphonien. Je
wärmer, je glühender die Farbe,
um so tausendfältigerdieSchwing-
ungen, die auch die Menschenbrust
durchzittern, dehnen und aufjubeln
lassen! Und in wonniger Lust
trinkt die Seele die berauschende
Gluth himmlischen Lichtes von
der göttlichen Palette Natur,
gramer emporhebend zum Licht,
gleich ob im Uebermaß tropischer
Pracht, in weiser Zumessung der
gemäßigten Zone oder der kargen
Spende im Lande des ewigen
Schnees und Eises. Wo aber das
himmlische Licht nicht schwingt
und sluthet, wo graue und schwarze
Tinten sich schieben, stoßen und
verschleiern, da waltet sicher Tod
und Trauer; das Herz krampst
zusammen und die Seele haftet

am Boden. — Und wie ohne Licht keine Farbe, kein Leben be-

stehen kann, ist auf der anderen Seite das Licht und durch dieses
die Farbe der Gradmesser im Leben und Sterben, Steigen und
Sinken der Natur und ihrer Kreaturen aller Reiche!

Für uns hat dieser Gradmesser seine Beobachtungen, Mar-
kirungen und Theilungen in der Kultur- und Kunstgeschichte ver-
merkt : Harmonien und Disharmonien, Klärungen und Trübungen.
Zuerst gewahrte das Auge Linien, Umrisse, Form und Masse;
die Hand lernte das Gesehene nachbilden — aber die farbige
Erscheinung fehlte. Und als die Färbung hinzukam, war sie
abweichend von der des (Originals; durch alle Zwischenstufen,
durch alles Farbenempfinden, Farbensuchen, Farbenwiedergeben
hindurchtastend erscheint uns heute schon die Farbentreue des
(Originals nicht mehr als höchstes Ziel. Die Farbenkomposition
als Ausdruck höchster seelischer Regung, gleichsam die Festhaltung
der in Milliarden von Sonnenstäubchen vibrirenden Farben-
schwingungen des Aethers, eine Farbenmusik, möchte ich sagen,
ist das Ideal der der Linie und Form entfremdeten Maler-
neuester Richtung. Das mag für die Kunst, für die Kunstdichtung
und das Reich der Fantasie von hohem Werth fein — aber die
dekorative Malerei als solche, ganz gleich in welcher Art und auf
welchem Gebiet, kann und darf die Linie und Zeichnung nicht
aufgeben; der Kontur muß Gerüst und Seele des Dekorativen
auch auf der Fläche sein, die Farbe kann nur kolorirend hinzu-
treten, um wieder Linie mit Linie zu Flächen zusammen zu fassen.
Ich möchte es hier Allen ans Herz legen, die sich mit dekorativer
Malerei abgeben: stets die Zeichnung als das Vornehmste an
ihren Werken zu betrachten.
 
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