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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 5.1894

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Statsmann, Karl: Plauderei über Kunstschmiede-Arbeiten
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https://doi.org/10.11588/diglit.11721#0237

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Buchh.-Vertreter: Eduard Schmidt, Leipzig.
Insertions-Bedingungen am Schluß der Zeitschrift.

V. Iahrg. 1894.

U Leipzig ^ Darurstadt Wien. W-

Vezrmder-Heft.

über sEunstschnliede-Nrbeiten.

Abbildung Nr. l05^.

Träger mit ßatcriic in ächmiedecisc»

Ausgef. von Ed. puls, Berlin.

ir sind noch nicht
so weit gekom-
men, daß ein )eder,
dem die Aufgabe
geworden, Aunst-
schnriede - Arbeiten
zu entwerfen oder
zu fertigen, nach
eigenen: Ermessen
unabhängig von
Stiltraditionen und
wie es die Natur
des Eisens bedingt,
seine Aunstformen
wählt. Insofern
sind wir wieder
gegen die ehrwür-
dige Bauernkunst zurückgekommen — im großen Ganzen. Denn
wer die prächtigen Aunstschmiede-Arbeiten des s6. Jahrhunderts
kennt, wie sie z.B. in Niedersachsen entstanden sind und von denen
der Dom zu Lübeck ein sdrachtexemplar an der Aanzelumfriedigung
besitzt, welche in ähnlicher Ausbildung gehalten ist wie die viel-
genannten Aunstschmiede-Arbeiten der Vierländer Kirchen, wird
zugeben, daß hier eine Meisterschaft der Komposition, Technik und

Farbgebung zu Tage tritt, welche verblüfft und denen gegenüber
wir nach dem Richtigen suchende V:i: cko siscri'er etwas beschämt
dastehen. Welchen: „Stil" gehören diese Sachen nur an? So
fragt sich Mancher verwunderlich. Aber er wartet vergeblich aus
Antwort und Rezept. Jene lassen sich weder in mittelalterlichen
noch Renaissanceformeln karakterisiren. Sie sind eigenartig für
sich; im Formalismus geben sie nichts Anderes, als was das
Eisen in Struktur, Wesen und technischer Gestaltung zuläßt und
was die Natur um uns an Blatt-, Blüth- und Rankenwerk, an
Linienspiel und Konstruktionselementen vorbildlich bietet. Von
einer sogenannten naturalistischen Formsprache halten sie sich ferne.
Wiewohl eine natürliche Komposition und Ausbildung eingehalten
ist, erscheint das Gerüst doch strenge nach denjenigen Schönheits-
gesetzen gegliedert, welche nun einmal die Gebilde der Menschen-
hand kennzeichnen vor denen der freien Natur. Nnd auch in den
Einzelheiten, den Verknüpfungen, dem Blattwerk, erscheint die
Natur nicht bloß nicht kopirt, sondern sie hat nur gleichsam den
Extrakt hergegeben zu einer nach den: Sinne des bildenden Künstlers
und Handwerkers neuzuschaffenden Kunstform.

Dies — so wirft man ein — haben aber doch alle guten
und besten Sachen der Schmiedekunst aller Zeiten aufzuweisen!
Ganz recht. Aber sie bekunden meist nicht jenes feine Gefühl,
mit dem die erwähnten Vierländer arbeiten und tausend Andere
in deutschen Landen im Stile der Bauernkunst geschaffen sind.
Dies herzliche Vertiefen mag ja zum Theil damit erklärt werden,
daß die erwähnten Arbeiten nicht in Hast und Eile, daß sie
vielfach für den Besitzer selbst oder einen Nachbarn, daß sie als
ein Einzelstück, nicht als Dutzendwaare, also nicht fabrikmäßig
und in einer Zeit, an einem Grte erstellt worden, in welchen man
nur die einen Formen übte und kannte, in welchen eine Kenntniß
fremder, historischer Formen nicht vorhanden war, ebensowenig
 
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