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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 5.1894

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Hornig, Fr.: Teppiche und Thierfelle als Dekoration
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Pariser Brief, [3]
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https://doi.org/10.11588/diglit.11721#0172

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Seite s28.

Zllustr. kunstgewerbl. Zeitschrift für Znnen-Dekoration.

August-l^eft.

etwas Behagliches verleihend, und das Gefühl der Wärme schon durch seinen
Anblick erweckend. Ganz abgesehen von der wärmehaltenden Eigenschaft
des Teppichs, soll hier nur seines Zweckes als Dekoration gedacht werden.

Seiner Bestimmung gemäß, muß er mit der ganzen übrigen Zimmer-
einrichtung harmoniren oder zum Mindesten völlig neutral, also in matten
Farbentönen und in anspruchslosem Muster gehalten sein. Für stillose Zimmer
ist der bunte Teppich, mit dem sogenannten „türkischen" Muster, der empfehlens-
wertheste, da er freundlich wirkt, ohne mit seinem Farbengemisch aufdringlich
zu werden. Anders verhält es sich bei stilvollen Einrichtungen! Für Re-
naissance ist stets dunkle Farbenstellung mit sogenannten „stilisirten" Mustern
in Vorschlag zu bringen; auch der echte persische Teppich kann vorm Richter-
auge des gestrengen Kunstverständigen noch bestehen, da dieser in Farben-
stellung nnd Bemusterung dem ersteren sehr verwandt ist. Nie aber sollen
hellgrundige oder mit Blu-
men- (auch Streu-) Muster
versehene Teppiche in ein
Renaissance-Zimmer kom-
men. Das wäre verrath
an der Kunst! Dagegen
darf ein Bären- oder Wolfs-
sell vorm Schreibtisch, im
Schmollwinkel, oder auch
genial über ein Sofa ge-
worfen als ein äußerst
nobler Zimmerschmuck gel-
ten. Nicht zulässig — we-
nigstens nicht, wenn man
streng sein will — ist das
allerdings prächtig wirkende
Löwen- oder Tigerfell; denn
zur Zeit, als der Renais-
sance-Stil als Original
herrschte, dürften wohl kaum
derartige kostbare Felle ge-
halten worden sein, wenn
nicht etwa „höchstens" ein-
mal im Schlosse eines
Fürsten. — Mer sich da-
gegen den Luxus eines orien-
talischen Salons (Rauch-
zimmers) leisten kann, für
den wird das Löwenfell ein
prächtiges und stilgerechtes
Schmuckstück sein.—Angora-
und die jetzt so beliebten
russischen, chinesischen oder
auch armenischen Ziegenfelle
sind neutral; sie lassen sich
in jedem Zimmer unter-
bringeu, besonders erstere,
die ihrer Zierlichkeit und
beliebigen Farbe wegen,
sich jedem der drei in Frage
kommenden Stile anxassen.

Am wenigsten dürfte der
Barockstil das dekorative
Fell-Beiwerk vertragen; er
ist ziemlich unduldsam und
erfordert eher einen hell-
grundigen Teppich, dessen
Musterung Arabesken aus-
weist. wie der Renaissance-

stil, nahe verwandt mit der ernsten, formschönen Gothik, dunkle Farbentöne,
strenge, etwas ungelenke Konturen der Muster erfordert, so verlangt das
Barock, als Vetter des Rokoko Helle Farben und anmuthige Formen, die
sich beim Barock — den man fast versucht ist, eine übermüthige, bizarre
Ausfassungsart des Rokoko zu nennen — zu Schnörkeleien zuspitzen, denen
die ungezwungene natürliche Anmuth abgeht. Dem Barock ist bei der Teppich-
sabrikation verhältnißmäßig wenig Rechnung getragen, dagegen hat man für
Rokokozimmer ganz prächtige Muster, z. B. das beliebte Streumuster und das
Bouquet-Dessin; beide auf lichtem Grunde in feinen Nuancen abgetönt,
nehmen sich ganz außerordentlich aus. Im Allgemeinen betrachtet jetzt noch
immer das große Publikum den Teppich nnd das Thierfell in erster Linie
als Fußbodenschutz nnd dann erst als Dekoration; die wände mit den beiden
zu schmücken, wie es in alter Zeit Sitte war, ist heute noch das Vorrecht
Einzelner, die bei ihren Bekannten in dem Geruch der „Originalität" stehen.

Wandflächen mit einem Teppich oder einem Thierfell zu schmücken,
oder einen Eingang, eine Thüre mit ersterem zu verhängen, ist eine abend-

ländische Gepflogenheit, die wir in nichts Anderem, als in unseren Portieren
wiederfinden. Die Portiere ist im Grunde nichts anderes, als eine den Ver-
hältnissen angepaßte, verbilligte und geschmeidigere Teppich-Imitation. Aucch
unsere so beliebten Stoff-Draperien sind schließlich auf denselben Ursprung
zurückzuführen, wenn für den Augenblick diese Behauptung vielleicht auch
etwas kühn klingen mag. In Italien, besonders Venedig, pflegt man noch
heute bei festlicher Schmückung der Straßen die Teppiche zu den Fenstern
und Balkonen herabzuhängen, beziehentlich zu drapiren, und ich habe z. B.
in Dresden bei selber Gelegenheit mit Glück diesem Brauche folgen sehen.
Allerdings muß solch ein Teppich, der sich hängend, also als absolutes Dekora-
tionsstück dem Auge präsentirt, auch einen derartigen Kunfcherth besitzen,
daß er nicht lächerlich wirkt! — Für stillose, orientalische und sogenannte
„originelle" Zimmer ist der Teppich und das Fell entschieden als Wand-

Dekoration von hohem
Werth, beziehentlich von
vortheil, vorausgesetzt na-
türlich, daß es mit dem
unerläßlichen künstlerischen
Instinkt, der dem gebildeten
Laien inne zu wohnen pflegt,
auch an die richtige Stelle
gehängt wird. Diese „rich-
tige Stelle" wird natürlich
in jedem Zimmer eine an-
dere sein, und läßt sich darum
nicht absolut feststellen; im
Allgemeinen wird sie jedoch
über dem Sofa, dem Lhaise-
longue oder als rückseitiger
Abschluß eines „Schmoll-
Winkels" zu suchen sein.
Auf alle Fälle thut der Laie
gut, sich bei solcher Gelegen-
heit Rath bei einem Kunst-
verständigen oder einem
tüchtigenDekoratörzu holen.

Dem Laien, der Teppich
und Thierfelle also nicht in
erster Linie als Bodenschutz
und wärmehalter betrach-
tet, und sie demgemäß be-
scheiden und anspruchslos
ihren Dienst verrichten läßt,
ist dringend vorsichtige ein-
gehende Prüfung bei Wahl
und Plazirung von Dekora-
tions-Teppichen und-Fellen
zu empfehlen. —

Pariser Brief.

ehr häufig hält man sich
bei Bemalung der in
dem Vorhergegangenen er-
wähnten Teller nicht streng
an die Natur, sondern läßt
seiner Einbildungskraft die
Zügel schießen und schafft
so die fantastischsten Llüthen
in den leuchtendsten Farben.

Linen Artikel über Por-
zellansachen zu schreiben,
die zur inneren Dekora-

Gitteriverk - Abschluß für Wintergarten.

tion des Hauses dienen sollen, ohne der Service zu gedenken, die die Tafel
schmücken, geht eigentlich nicht an, besonders wenn man in Paris lebt, wo
darin so Ausgezeichnetes geleistet wird. Aus der Fülle des Gebotenen will
ich aber nur zwei zur kurzen Beschreibung hier herausgreifen. Das eine
war in dem unübertrefflichen Sevresblau, das in diesem Falle aber wie
marmorirt oder, vielleicht besser gesagt, wolkig erschien, denn das dunklere
Blau ging stellenweise immer wie verschwimmend in ein helleres über. Ein
breiter in Blümchen und Zacken gemusterter Goldrand bildete noch die Ver-
zierung jedes einzelnen Gegenstandes, vielleicht nicht prächtiger, aber noch
bei weitem schöner und origineller ist das zweite Service. Bei der Ausstat-
tung desselben hat der Künstler sich augenscheinlich die Decken-Dekorationen
einzelner Säle des Louvre zum Vorbilde genommen. Wie dort die Mitte der
Plafonds, zieren hier die jedes einzelnen Tellers ein aufs feinste ausgeführtes
Gemälde, stets eine andere Gruppe darstellend. Rund um den ausgezackten
durchbrochenen Rand gehen Medaillons ebenfalls mit farbiger Malerei ge-
schmückt und von Goldguirlanden eingefaßt und mit einander verbunden. —
 
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