Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 5.1894

DOI Artikel:
Levin, Arthur: Das Elfenbein und die Technik der Elfenbeinschnitzerei
DOI Artikel:
Hornig, Fr.: Teppiche und Thierfelle als Dekoration
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.11721#0171

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
August-Heft.

Illustr. kunstgewerbl. Zeitschrift für Znnen-Dekoration.

Seite s27.

sich der verschiedenen Eigenheiten des Elfenbeins halber auch nur in ver-
hältnißmäßig wenigen Fällen anwenden lassen. Der Schnitzer arbeitet also
an der Hand der vor ihm stehenden Skizze oder Zeichnung, nur seinem Ge-
fühle folgend, wobei hier und da ein Zirkel seine einzige Unterstützung ist.
Er beginnt, indem er sich in großen Umrissen die Konturen einer, beispiels-
weise, zu fertigenden Figur auf das Stück Material aufzeichuet und dieselben
dann in parallelen Flächen mittelst einer Schweifsäge umsägt. Darnach macht
er sich seine Eintheilungen am Seitenriß und sägt auch hier die großen Stücke
heraus, immer darauf achtend, daß er nicht zu tief geht, so daß der Bewegung
und Ausbreitung der Figur Spielraum gelassen ist, denn es wird sehr oft
nöthig, während der Arbeit die Figur in Rücksicht auf den Nerv oder etwa
vorhandene Risse im Materiale zu drehen, so daß die Vorderansicht häufig
ganz wo anders hinkommt als dies ursprünglich beabsichtigt war. Jetzt
tritt der Meißel und der Holzhammer in Thätigkeit, weitere größere Massen,
die die Säge nicht fassen kann, zu beseitigen. Viele Schnitzer bedienen sich
auch zur Besorgung der Vorarbeiten der Einrichtung des Fraisrades, welches
ja sehr schnell arbeitet, häufig wohl aber auf Kosten der Genauigkeit. Je
weiter nun die Arbeit vorschreitet, um so mehr Werkzeuge treten in Thätigkeit.
Da ist neben der allgemein bekannten Raspel die Stoßfeile, eine Feile, welche
Herz- oder kreisförmig, dreieckig oder oval ist und sägenartig eingeseilte Zähne
besitzt. Diese je
nach Bedarf kleine
oder größere Feile
ist für die Bear-
beitung des Elfen-
beins von großer
Wichtigkeit.

Die eigent-
liche Arbeit des
Schnitzens besorgt
der Stichel, der
im Gegensatz zu
dem Holzstichel
voll ist. Es gibt
flache, also vier-
kantige Stichel,
ferner solche von
verschiedenartig
runder Form und
Sxitzstichel. Mit-
telst solchen Sti-
chels, dessen Heft
fest in dem Hand-
teller der rechten
Hand eingesetzt
wird, sticht man
nach und nach
alles überflüssige
Material hinweg,
soweit dies der
Meißel oder die
Feile nicht schon
besorgt haben. Es
wird dabei beob-
achtet, daß der

Daumen der linken Hand, welche den Gegenstand hält, dem der rechten als
Stützpunkt dient, so daß ein Abgleiten des Werkzeuges nach Möglichkeit
verhindert ist. Für die feinere Ausführung der Arbeit wird der Schaber zu
Hülfe gezogen. Es ist dies ein schmaler, langer Stahl, an welchem vorn
zwei aufeinander zustrebende schräge Flächen augeschliffen sind, theils in
einer Spitze, theils rund endend. Mit Hülfe dieses Instrumentes, welches
man etwa wie einen Bleistift hält, wird auf schabende Weise die feinste
Ausführung der Arbeit besorgt. Zum Schluß werden die einzelnen Formen
sorgfältig mit in Wasser aufgelöstem Bimsstein durchgeschliffen. Darauf
möchte ich noch ganz besonders Hinweisen, daß man jede Elfenbeinschnitzerei
mit Hülfe eines langhaarigen Pinsels oder ebensolcher Bürste in reinem
Wasser waschen kann. Sehr oft ist es mir begegnet, daß man die schönste
Schnitzerei in Schmutz verkommen ließ, weil der Besitzer nicht wußte, daß
dem Elfenbein das Wasser nichts schadet. Näher auf die moderne Elfenbein-
schnitzerei einzugehen, fehlt mir leider der Raum, vielleicht tragen aber
doch die wenigen Worte, die ich diesem eigenartigen edlen Materiale und
feiner Verarbeitung widmen konnte, dazu bei, das Interesse für die in unserer
Zeit bisher so stiefmütterlich behandelte Elfenbeinschnitzerei mehr und mehr
zu beleben, wie ausdrucksfähig und vielseitig verwendbar das Elfenbein
ist, beweisen uns die so geschmackvollen japanischen Erzeugnisse. Der versuch,
das Elfenbein auch bei uns kunstgewerblich mehr als bisher zu verwenden,
wäre sicher ein lohnender, den man im Interesse unserer Kleinkunst nur
freudig begrüßen könnte. —

^Meppiche und Tlnerfelle als Dekoration.

von F. Hornig.

m einen Raum wohnlich, anheimelnd zu machen, bedarf es viel-
facher dekorativer Hülfsmittel und eines der ältesten, das noch
heute beinahe den ganzen Erdkreis beherrscht, ist die Verwendung
der Thierfelle. Bis zurück ins graue Alterthum — in das
antike oder klassische Zeitalter — kann man die Gepflogenheit verfolgen, das
abgezogene Fell eines erbeuteten schönen Jagdthiers als Prunkstück in den
Wohnungen aufzuhängen. Ls ist dies ein Brauch, der sich bei allen Natur-
völkern der „alten" und „neuen" Welt noch heute wiederfindet, und eigentlich
von der Naturnothwendigkeit geboten ist, da die Felle der täglich getödteten
Raubthiere und des Nutzviehes doch nicht sämmtlich zu Bekleidungszwecken
taugen, aber auch nicht werthlos bei Seite geworfen werden können. Andern-
theils aber stellen die Felle in der Hauptsache Siegestrophäen dar, die beredt
für das Waidmannsglück ihres Besitzers zeugen, wie heute die Förster
unserer friedlichen Wälder mit Stolz das Geweih eines Sechzehnenders übers
Sofa nageln, oder einen Geier, Habicht oder dergleichen zoologisches Raub-
gesindel fein säuberlich ausstopfen lassen, damit es dann vom Aleiderschrank
herab mit starren Glasaugen auf das einfach-trauliche Gemach des sicheren

Schützen hernie-
derglotzt,so hingen
seiner Zeit unsere
wackeren germa-
nischen Vorväter
leuchtenden Bli-
ckes den Pelz des
Meisters Petz, Rei-
necke Fuchs, des
Wolfes u. Luchses
in ihrer „Villa"
auf, die, im „Na-
turstil" gebaut,
kunstlos aus rohen
klobigen Baum-
stämmen zusam-
mengefügt war.
Die schmucklosen
wände konnten
gar wohl eine
Verzierung ver-
tragen, und außer
den Waffen des
Inwohners bil-
dete ein zottiges
Bärenfell eine
recht geschmack-
volle, passende
„ Innen - Dekora-
tion". Letztere
hatte aber nicht
nur einen Ver-
schönerungszweck,
sondern auch eine»
sehr nützlichen,den

der Abwehr gegen die Kälte. Als dann im Laufe der Jahrhunderte der
genannten jagdbaren Thiere allgemach immer weniger wurden, kam aus
dem Grient, der Heimat aller kunstsinuigen Handfertigkeit, auch eine Art
Fell zu uns ins Abendland in den Handel, aber dieses Fell hatte regelmäßige
Form, war farbenprächtig und trug gefällige Musterzeichnung; es bestand
auch aus den Haaren von Thieren, aber die Unterhaut, das Leder fehlte —
dieses seltsame Ding war — der Teppich! Das üppige Rom, das bereits
seiner Verweichlichung entgegeneilte, bot dem Fremdling zuerst ein gastliches
Gbdach und von da aus trat der Teppich seinen Siegeszug durch die Welt
au. Die christlichen Frauenklöster Deutschlands befleißigten sich späterhin
seiner Herstellung und schließlich ward die Teppich-Wirkerei und -Stickerei in
allen Kulturstaaten heimisch. Heute hat die ursprüngliche Handarbeit schon
längst der despotischen Herrschaft des Dampfbetriebes weichen müssen, und
in unseren Tagen ist um wenige Reichsmark ein farbenschöner, musterreicher
Teppich zu erhandeln. Ja, die Fabriken sind die Mörder der Handarbeit!
Das klingt schlimm, ist auch zum großen Theile schlimm, hat aber auch vom
ökonomischen Standpunkte aus eine unendlich gute Seite. — Ein Zimmer
ohne Teppich ist heute kaum mehr denkbar, er ist auf Kosten der Thierfelle
bei uns zum unerläßlichen treuen Hausfreund geworden. Reich wie Arm
schafft sich den Mitteln entsprechend einen Teppich an; in den Schlössern
gekrönter Häupter, in den Villen vornehmer Patrizier, im traulichen Wohn-
raum schlichter Bürgersleute, und sogar im geschmacksarmen Heim des biederen
Landbewohners breitet sich ein Teppich über dem Fußboden aus, dem Zimmer

Abbildung Nr. 998. Treppenhaus mit Gltteriverk. Siehe erläut. Text.
 
Annotationen