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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 5.1894

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Braunmühl, Clementine von: Die Ausbildung der Damen für häusliche Kunst
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Waldau, Otto: Zur Geschichte der Innendekoration bezw. der Möbel, [4]: mit besonderer Berücksichtigung Frankreichs
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Bemalte Möbel
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https://doi.org/10.11588/diglit.11721#0050

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Seite 30.

Illustr. kunstgewerbl. Zeitschrift für Innen-Dekoration.

Februar-Heft.

auch die Stätte werden, in welcher sich der Mann im Verkehr mit der Frauen,
weit nicht nur einer vorübergehenden seichten Konversation hingibt, sondern
in ihr eine Quelle der eigenen Bildung, des geistigen Interesses findet. Das
Haus, das Heim selbst und seine zum Schmucke, zur Verschönerung dienenden
Gegenstände gewinnen an Werth dadurch, daß sie persönliche künstlerische
Schöpfungen seiner Herrin sind und deren eigenen Geist athmen.

Zur der D^nnrndkkorution lirzlv. drr

rnit besonderer 'Merücksichtignng Zirnnkreichs. — II.

von Otto Waldau, Paris. (Schluß von Seite x-r)


chter der Regierung Louis Philipp's trugen die Möbel wieder den

Stempel der Eleganz und der Originalität. Palisander ward Mode,
ein veilchenblaues Holz für
eingelegte Arbeit, und ver-
drängte das Mahagoni-
und das Litronenholz. Die

bei der Jimmerdekoration zu berücksichtigen. Der Produzent muß sich darauf
werfen, die früheren Genres mit größtmöglichster Treue und Vollkommenheit
nachzuahmen, und zwar bis ins kleinste Detail, versuchte man ja doch vor
einigen fahren sogar die Löcher, welche Insekten und Holzwürmer in alten
Schränken hinterlassen, durch ein eigenes Verfahren zu imitiren.

Unsere Zeit besitzt, wie schon erwähnt, keinen eigenthiimlichen Stil.
Wir leben augenblicklich nur von den Errungenschaften der vergangenen Jahr-
hunderte. Die geraden Linien, die dem Stile Ludwig XIV. angehören und
ein ernstes Aussehen bedingen, wählt man für die Eßzimmer und Arbeits-
stuben. Die Möbel werden durchweg von geschnitztem Eichenholz hergestellt
oder von dem billigeren Pappelholz. Nimmt man letzteres, so wird dasselbe
mit ein oder zwei dünnen Lagen von Mahagoni belegt. Man garnirt es
mit feinem Kupfer und mit dunklen Farben. Die Bücherschränke sind mit
Glasscheiben versehen und mit Schnitzereien geschmückt, die Schlaf- und
Toilettezimmer im Stile Ludwig's XVI. möblirt, meist
mit großem Aufwand von Fantasie, aber mit feinem Ge-
schmack. Die Empfangssäle werden im Stile Ludwig's XV.
dekorirt; die Möbel haben abgerundete Formen, sind mit

Rollen versehen und mit
gedrehtem Schnitzwerk.

Bei jedem dieser ver-
schiedenartigen Stile ist je-
doch immer das Grund,
xrinzip gewahrt; nur die
Zuthaten sind bis ins Un-
endliche variirt, je nach dein
Geschmack des Bestellers.

Spiegelschränke kamen auf mit großen Kästen, die Eßtische mit ausziehbaren
Flügeln, gedrehten Füßen und Schubkästen; endlich auch die Toiletten-
Kommoden. Schließlich ging mau mit Erfolg wieder zur Renaissance zurück
und besonders dein Stil Heinrich's II., später demjenigen Ludwig's XIII.
und XIV. und heutigeil Tags sind alle alten Stilarten wieder eo vo§oe
einer neben dem anderen.

Lin eigenartiger Stil existirt heute nicht. Wir leben gegenwärtig aus-
schließlich von den Kopien der voraufgegangenen Perioden. Die neuen Grund-
sätze unserer demokratisch gesinnten Gesellschaft haben auch neue Ansichten
über das deoe vivere und den Luxus aufgebracht. Das privatvermögen
hat sich jedoch, sowie der allgemeine Wohlstand überhaupt, nicht in dem zur
Verwirklichung dieser Ideen erforderlichen Verhältnisse vermehrt. Der
Fabrikant ist daher heute gezwungen, auf möglichst großen Absatz seiner
Produkte zu sehen und namentlich diejenigen zu fabriziren, die am leichtesten
zu plaziren sind. Er muß versuchen, das schwere Problem zu lösen: Kunst-
gerechtes, Schönes und Stilvolles zu billigem Preise zu liefern. Ehedem
setzten reiche und wohlhabende Leute darein ihren Stolz, schöne Möbel zu
besitzen, heute fehlen die Liebhaber dafür, sowie das Verständnis;. Jeder
wünscht luxuriöses und komfortables Fabrikat, ohne die Harmonie des Ganzen

V In Folge eines technischen Zwischenfalles mußte das in dem Aufsatz „Moderne
« Zimmer-Gothik" auf Seite 20 als Abbildung Nr. 8?9 erwähnte „Büffet mit

"Abbildung Nummer 878. Bücherschrank in gothischem Stil. Grig.-Lntw. von I. Krinner.

Die Großh. Landes-
Gewerbehalle Karlsruhe
hat vor Kurzem eine
verdienstvolle Publikation
an die Gewerbevereine und
Gewerbeschulen Badens
vertheilt, bestehend in
12 Entwürfen ni ein-
fachen Mäkeln mit be-
malter Dekoration. Die
Zeichnung derselben erfolgte
an der Großh. Kunst-
gewerbeschule Karls-
ruhe, welche die xrämiirten
Ergebnisse eines Preisaus-
schreibens benützte, diesel-
ben jedoch wieder zu selbst-
ständigen Arbeiten umge-
staltete. Das geschmackvoll
ausgestattete Werk umfaßt
in Hz wirklicher Größe:
2 Schränke, 2 Büffets,
2 Truhen, 2 Stühle, 2 Bett-
stellen, jeweils mit Seiten-
ansichten, sowie zwei fertige
Detailblätter für die Bema-
lung. Die Herstellung der
Möbel ist in folgender Weise
gedacht: Das zur Verwendung gelangende Holz (Tannen, Eschen oder pitsche-
Pine) bleibt naturfarben. Nachdem es geölt und die Zeichnung der Ornamente
aufgepaust ist, werden deren Grundfarben angelegt oder mittelst Schablonen
aufgetragen, alsdann schattirt und die Konturen eingezeichnet. Letzteres kann
mit brauner Gelfarbe oder durch Holzbrandtechnik erfolgen. Zuletzt wird das
ganze Möbel mit einen: Hellen Matt-Lack überzogen. Line noch solidere Her-
stellung in feinerem Holze (Ahorn oder Eichen), die Ornamente in Linlegeart
roth behandelt, ist ebenfalls anwendbar. Unsere Abbildungen Nr. 87; und 880
bringen die Zeichnungen des Kleider- und des Spiegel-Schrankes. Bei
der so zahlreichen Veröffentlichung reicher Prunkmöbel ist es dankbar zu be-
grüßen, daß die badische Regierung bemüht ist, auch den Bedürfnissen für ein-
fache und billige Einrichtungen gerecht zu werden und solche Werke unentgeltlich
an die Interessenten des Landes zu vertheilen. Die trefflichen Zeichnungen ge-
reichender Karlsruher Kunstgewerbeschule zu besonderer Anerkennung I
 
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