Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 5.1894

DOI Artikel:
Bötticher, Georg: Die Zukunft des Ornaments: unter besonderer Berücksichtigung der Tapete
DOI Artikel:
Waldau, Otto: Der Lampenschirm, [2]
DOI Artikel:
Manefeld, D.: Bilder als Zimmer-Dekoration, [2]
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.11721#0132

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Teile 96.

Zllustr. kunstgewerbl. Zeitschrift für Znnen-Dekoration.

Zuni-kfeft.

schmackten Naturalismus verfallen, so muß bei aller Feinheit der Detail-
Wiedergabe das Gesetzmäßige in den Erscheinungen der Natur
noch fest gehalten werden; wie das möglich, das zeigt eben die bewnnderns-
werthe Kunst der Japaner. Unsere modernen Naturalisten aus kunstgewerb-
lichem Gebiete haben davon allerdings keinen Begriff. Und in einen anderen
noch viel schlimmeren Fehler verfallen die schulmeisternden „Stilisirer", die
da glauben, mit dem alten Prinzip, das sie mit neuen Formen und Förmchen
überkleiden, ließe sich wirklich ein Neues Herstellen. Es ist sicherlich immer
noch ein verdienstlicheres Werk: ein Illuster
ganz im Geiste der Alten zu schaffen, als
schablonenhaft das alte Gerüst mit botanischen
Neuerungen aufzuputzen. Unsere Zeit drängt,
das ist unleugbar, nach einer neuen verzierungs-
weise, die aber weder in naturalistischen Dar-
stellungen, noch in kindlich - schulmeisterlichen
Stilisirungen bestehen wird, sondern in
freier Anordnung neuer Pflanzen-
formen in freierer Behandlung. Unsere
Zeichner haben die Gestaltung des neuen Stiles
zunächst in der Hand. Dann aber sollten auch
die Herren Fabrikanten, die ja, wie gesagt,
selber so oft ihren Unwillen über die häßliche
Ausartung des Naturalismus äußern, etwas
zugänglicher für eine sinnvollere verzierungs-
weise sein. Es wäre abgeschmackt und fort-
schrittswidrig, für eine Rückkehr zu den alten
Stilarten zu plaidiren. Zwar versteht sich von
allein, daß auf ihnen anfgebaut werden muß,
daß sie noch lauge und vermuthlich immer von
Neuem anregend wirken werden. Aber ebenso
selbstverständlich ist, daß die Zeit ein neues
Element fordert: die Kenntniß der Natur-
formen in allen Phasen ihrer Entwicke-
lung. In wahrhaft genialer weise demonstrirt
uns dies das neuerdings erschienene Werk
Martin Gerlachs: „Festons und dekora-
tive Gruppen". Martin Gerlach hat sich bereits
durch verschiedene Werke, wie „Die Pflanze",

„Die Perle" rc. den Ruf eines Herausgebers
von Geschmack und verständniß auf kunst-
gewerblichem Gebiet erworben. In seinem
neuesten Werk aber zeigt er sich geradezu als
dekorativer Künstler und zwar als einer ersten
Grades. Die Anordnung dieser Festons, die
Verkeilung der Massen, die Hervorhebung der
Kontraste, die Auswahl des Materials, sind
mustergültig und im besten Sinne als „modern",
als wirklich den neuzeitlichen Anforderungen
voll entsprechend, zu bezeichnen.

Ls ist eine Freude und ein hoher Genuß,
die Tafeln Lichtdrucke, wovon unser Heft
einige Proben gibt, zu durchmustern. Außer
vielen Festons und dekorativen Gruppen aller
Art bieten die Blätter auch ein fein empfun-
denes Zier-Alphabet aus Pflanzen- und Thier-
Motiven und allerlei Geräthen zusammengestellt.

Nur wer die Schwierigkeit solcher Zusammen-
stellungen (besonders von pflauzenformen, die
sich fortwährend verändern) kennt, wird die
auch im kleinsten Theile sorgfältigen und
wunderbar glücklichen Arrangements Gerlachs
recht zu würdigen wissen. Diese Kompositionen
zeigen, wie bisher keine anderen irgend
welchen Werkes, welche Schätze von Formen
und entzückenden Details uns allein die Foto-
grafie erschlossen hat. was nun in dem
Gerlach'schen Werk für den besonderen Zweck,

zugleich modern und doch im wahren Sinne stilvoll von einem feinsinnigen
Künstler gefunden ward, das muß sich doch auch für andere kunstgewerbliche
Zwecke, auch auf dem Gebiete der Flachmusterung zum Beispiel, finden
lassen. Erscheint aber die naturgetreu wiedergegebene Pfianzenform so
künstlerisch gewählt und angeordnet wie auf den Gerlach'schen Blättern,
dann darf sie mit Recht „Ornament" geheißen werden, denn dann ist sie
eben, was ihr in der verzierenden Kunst Berechtigung gibt, ein Schmuck.
Bisher war sie sehr oft, ja meistens, etwas mit dem verzierten Gegenstand
gar nichts zusammenhängendes. Lin hübsches Bouquet, naturalistisch mit
Schatten und Licht und allen Zufälligkeiten dargestellt, kann als Malerei
ja erfreuen; auf einer Tapete, in der Wiederholung, als Hintergrund, wird

es, wenn es daraufhin nicht berechnet ist, wie meistens der Fall, höchst
unpassend, geschmacklos, beunruhigend und ordinär wirken. Wie kommt es.
daß wir vor den Darstellungen der Japaner, so naturalistisch sie oft sind,
nie die geschilderte nnangenehme Empfindung haben? Sehr einfach. Bei
ihnen ist stets die Pfianzenform zum Ornament, zum Schmuck geworden,
der nicht uni seiner selbst willen, sondern als dienendes Beiwerk, stets dem
zu verzierenden Gegenstand angemessen, erscheint. Unseren Naturalisten sind
die Naturformen noch lange nicht so geläufig, wie den Japanern. Sie

beherrschen sie noch keineswegs derartig, daß
sie sie ganz dem Gegenstand unterzuordnen
wüßten, ohne der Naturwahrheit zu schaden.
Sie malen „Bildchen", während die Japaner
„verzieren". Das fühlt sogar der Laie. Es
ist nicht ohne tiefen Sinn, daß jetzt noch immer
von „Ornamenten" im Gegensatz zu „Blumen"
geredet wird. Sobald die Blumen erst wirklich
als Schmuck des zu verzierenden Gegenstandes
behandelt werden, werdendste zu Ornamenten,
gleichviel ob mehr oder minder stilisirt, d. h.
der oder jener Technik angepaßt. Es versteht
sich, daß je nach dem Gegenstand der Verzie-
rung , je nach der Technik die Stilisirung der
Formen auch in Zukunft eine strengere oder
freiere sein wird. Neben den Pflanzen- und
Thierformen werden auch die Formen des Ge-
steins und anderer lebloser Naturdinge, ja selbst
der von Menschenhand erst erfundenen Gegen-
stände ihre Anwendung finden, wie trefflich
wissen die Japaner Wolken- und Wellen-Bil-
dnngen, die vielen Gegenstände des Gebrauchs:
Fächer, Tücher, Lampions rc. rc. anszunützen.
wer wollte diese Mannigfaltigkeit missen?
Keine Form ist auszuschließen; aber alle sollen
weiter nichts sein, als Ornamente, d. h. schmücken-
des Beiwerk. Und das ist es, und nicht der
Naturalismus, worin wir die Zukunft des
Ornamentes erblicken. — Georg Bötticher.

jamprn schirm.

Auch wird die Hausfrau einsehen, daß
selbst der künstlerischste Schirm unkünstlerisch
wirkt, wenn er sich nicht am richtigen Platze
befindet, welcher Schirm würde z. B. für eine
Lampe aus geschmiedetem Eisen, Dntzx und
Kupfer passen, die ein Bassin und eine Kugel
aus Opalglas ausweist, durch dessen zarte Farben
das Licht reizend schimmert? Ueberhaupt wird
man es sich im Allgemeinen zur Regel dienen
lassen müssen, über farbige Kugeln keine Lampen-
schirme zu sehen, es sei denn einen, der aus
dem Material der Lampe selbst besteht. Nicht
immer ist ein derartiges Zusammenstimmen
möglich, aber darauf wird man stets sehen
können, daß in Bezug auf Farbe, Größe unl>
Genre der Schirm zur Lampe paßt und vor
Allem, daß er nicht wie die Hauptsache, sondern
wie ein Attribut erscheint, bestimmt zu schmücken,
zu dekoriren. —

Abbildung Nr. 957.

ilder als Zimmer-Dekoration.

(Schluß von Seite 87.)

Ein eigenthümliches persönliches Element,
Erinnerungszeichen, und wären es nur ver.
gilbte Zweige und Blumen, an der schlichten Umrahmung befestigt, dazu
der Hausrath vergangener Tage, beschämen in der Gesamintwirkung oft
alle Erfindung des Dekorationskünstlers, wem wären in dieser Beziehung
nicht die Thorwaldsen-Zimmer in Kopenhagen unvergeßlich?

Den kleinen Fotografien können wir als Dekoration der Wände kaum
eine Berechtigung zugestehen. Auf dein Schreibtisch oder sonst auf kleinen
Möbeln vertheilt, machen sie freilich ein Zimmer erst traulich und behaglich.

In raschen Zügen haben wir versucht, ein großes Kapitel der praktischen
Dekoration zu skizziren: die Bilder. Der Persönlichkeit, dem Erlebten und
Gewollten müssen wir die Hauptrolle einräumen. Der Erfahrung des Fach-
manns aber bieten sie eine unerschöpfliche Fülle dankbarer Aufgaben. —
 
Annotationen