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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 5.1894

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Bücheler, R.: Moderne Möbel
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Pariser Brief, [2]: von unserem Original-Korrespondenten
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Glasmosaik bei Monumentalbauten
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https://doi.org/10.11588/diglit.11721#0165

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August-Heft.

Seite s23.

Illustr. kunstgewerbl. Zeitschrift für Innen-Dekoration.

erfreuen, wir sehen, daß es zur Zeit der Gothik ebenfalls schon Meister
gab, welche Formen, die ihrer Zeit entsprachen, ganz gut auf ihre Mobiliaren
anzuwenden im Stande waren, die ganz gut wußten, daß an den Ausla-
dungen ihrer Möbel nicht Profile angewendet werden durften, die genau
der Stein-Architektur entnommen und nicht in die Technik des Holzes über-
setzt waren. So selbstverständlich es auch klingen mag, so ist doch unter
hundert Fällen bei achtzig zu beobachten, wie wenig heute noch bei der
Profilirung der Stäbe wie bei der der
gedrehten Körper darauf Rücksicht ge-
nommen wird, welche Stellung dieselben
dem Auge gegenüber einnehmen. Wie
manches Profil bliebe erspart, welches,
durch andere verdeckt, absolut nicht zur
Geltung kommt. Auch hier ist mit ein-
fachen karakteristischen Mitteln die beste
Wirkung zu erzielen.

Schon die Materialien an Holz,
entweder dunkel gebeiztes Eichenholz oder
hell lackirtes Tannenholz, die bei den
modernen gothischen Möbeln fast aus-
schließlich massiv angewendet werden,
lassen Behandlungen zu, die bei theureren,
deshalb furnirteu Holzarten, nicht ange-
wendet werden können. So werden z. B.
die Stäbe, die den Uebergang zwischen
Rahmen und Füllung bilden, hier in
einfachster weise an das Rahmholz selbst
angekehlt.

wenn oben angeführt wurde, daß
uns verschiedene Gründe, wie Rücksicht-
nähme aus leichtes Reinigen usw. be-
wogen haben, statt reich modellirtem
Schmuck solchen einfacherer Art zu wählen,
so soll damit nicht gesagt sein, diese
Möbel trotzdem nicht auch reicher gestalten
zu können, wir haben wohl in keinem
anderen Stil eine solche Fülle von
Pflanzenornamentik wie in dem gothischen.

Und was uns diese flachen Schnitzereien der Tyroler Gothik gewissermaßen
so lieb und werth werden läßt, das ist die Herzhaftigkeit, mit der diese
Ornamente aus der Natur selbst herausgcgriffcn sind. Das Motiv, das
speziell der heimischen nordischen Flora entnommen war, wurde in so genialer
weise erfaßt und in die Flachschnitzerei übertragen, daß sie uns heute die
besten Vorbilder für diese von uns jetzt vielfach verwendete Technik geben.
Die hauptsächlichsten Pflanzen, die in dieser Art umstilisirt wurden, sind:

Distel, Lichblatt, Lxheu, blühende Rosen, Klee und ähnliche. Bei Ausfüh-
rung in hell lackirtem Tannenholz wird der Grund dieser Flachornameute
in kräftigen rothen und blauen Tönen gefaßt, womit dann in Verbindung
mit großen, für diesen Stil karakteristischen xolirten Messingbeschlägen eine
reiche polychrome Wirkung erzielt wird. Bei matteichenen Möbeln dagegen
werden immer neue matteiserne Beschläge zur Anwendung gebracht.

wenn sich nun aus einer Reihe solcher Betrachtungen der Trieb ent-

wickelte, der den Fabrikanten oder den
Zeichner bestimmt hat, sich an diese
brauchbaren Elemente der Gothik anzu-
lehnen, um einem geläuterten Geschmack
Ausdruck zu geben, so glaube ich, daß
die daran geknüpften Hoffnungen nicht
allzu optimistisch sind, von dieser neuen
Richtung unseres deutschen Kunstgewerbes
erfreuliche und brauchbare Resultate zu
erwarten, und es ist sicher, daß dann
dem so Hervorgebrachten ein tieferer
Gehalt innewohnen wird. —

Glasmosaik bei Monumental-
bauten. Die Verwendung des Glas-
mosaiks zur Ausschmückung der Fa^aden
und Znnenräume der Kirchen und Profan-
bauten in Berlin nimmt in neuerer Zeit
einen immer größeren Aufschwung. Zm
Atelier der Deutschen Glasmosaikanstalt
von Wiegmann, Puhl L Wagner in Rix-
dorf wird eben an hervorragenden Mosaik-
bildern gearbeitet, die für die Gnaden-
kirche bestimmt sind. Den Haupttheil
bildet eine mächtige Lhorkuppel, in der
Lhristus, umgeben von vier musizirenden
Engeln, zur Darstellung gebracht wird.
Für die Kaiser Wilhelm-Gedächtnißkirche,
welche in der Anwendung des Mosaiks
die Gnadenkirche noch übertreffen soll,
werden seit länger denn einem Vierteljahr
die Vorarbeiten betrieben. In direktem Aufträge der Kaiserin wird für die
Heilandskirche ein Altarbild ausgeführt nach dem Gemälde von Gabriel Max.
„Jesus heilt ein krankes Kind". — Von den Profanbauten, die bereits Mosaik-
schmuck erhalten haben oder noch erhalten sollen, sind zu erwähnen das von
Schwartzkoxff L Theising erbaute wohn- und Geschäftshaus, Mohrenstraße,
und das Gebäude des christlichen Hospiz in der Wilhelmstraße, verschiedene
kleinere Arbeiten sind theils in Vorbereitung, theils in Ausführung begriffen. —

grüne Blätter gebildet, der Henkel durch einen mit grünen Früchten
behangenen Fruchtstengel. Ebenfalls die Faoon eines Rruges
zeigt eine andere mit hellgrünem Fond, der wellig gezeichnet einen
Lee darstellen soll. Fische von verschiedener Nuance und Größe
sind nicht darauf gemalt, sondern erhaben aufgelegt, in dem
Henkel, den ein geringelter Aal abgibt, wiegt sich ein Meer-
weibchen. Line eigenthümliche Idee ist es, zwei Nasen mit einander
zu verbinden, so daß es aussieht, als ob die eine gewissermaßen
ein Ableger der anderen, da sie immer weit kleiner ist. So hat
man ein auf mehreren sich kreuzenden Baumästen ruhendes, oben
offenes Li und daneben ein kleineres, welches wie herabgefallen
erscheint, aber mit dem ersten durch einen grünen Zweig, der
sich halb darum legt, verbunden ist. Ueberhaupt liebt man es
sehr, den Nasen, Iardinisren rc. das Aussehen des provisorischen
zu geben oder vielmehr es erscheinen zu lassen, als ob ein Zufall
sie geschaffen habe. Recht hübsch kommt dies bei einer der letzteren
zum Ausdruck, die einen Feldkessel darstellt, den man zwischen
Baumstücken ausgehängt, die am Wege ausgerafft zu sein scheinen.
Hier und da fällt ein loser Zweig davon herab, ein paar Blätter
sind noch daran geblieben und einige sogar auf den Feldkessel
geweht, von wo sie der Wind wohl weiter tragen wird.

In Bezug auf Iardinisren ist sonst noch bemerkbar, daß
man sie häufig riesig groß herstellt, in welchem Falle sie gewöhnlich
zur Aufnahme von Palmen Verwendung finden. Sie erheben
sich dann aus einem Untersatz und erreichen dadurch wohl eine
Höhe von 3—-s Fuß. So eine solche aus Thon, dem man durch

die Glasur eine metallisch schimmernde Farbe verliehen. Delphine
sind es hier, die auf ihren nach oben gebogenen Schwänzen die
Schale tragen, die mit Wasserpflanzen geschmückt ist. Line andere
sehr umfangreiche Schale ruht auf Füßen, die Strohbündel imitiren
und allerlei Feldblumen in verschiedenen sehr lebhaften Nuancen
bilden ihre Dekorirung.

Wasserpflanzen, Fische, Seelandschaften geben sehr viel den
Vorwurf zur Ausstattung nicht nur der beschriebenen Gegenstände,
sondern auch für Teller, die zum Wandschmuck oder selbst zum
Gebrauch auf der Tafel bestimmt sind. So besteht eine kleine
Schale zur Aufnahme von Ronfekt oder dergleichen aus dem
Blatt einer Wasserrose. Den Henkel stellt der lange Stengel der
Blüthe dar, welche halb geöffnet auf dem Blatte liegt. Lin an
die Wand zu hängender Teller zeigt in der Mitte einen in glän-
zenden Schuppen schillernden Fisch, der sich sehr hoch abhebt,
rund um den Rand sieht man allerlei farbige Muscheln und
Seetang und Schilfgewächse dazwischen. Wunderschön war ein
anderer, auf dem eine norwegische Landschaft zur Ansicht kommt.
Non riesigen steilen Felsen umschlossen, liegt gleich einem stillen
See ein Fjord da, in den sich ein rauschender Wasserfall stürzt.
Am Fuße des einen Berges erblickt man auf grünem Rasenteppich
ein Haus und Rinder davor, die dem Vater zuschauen, der den
Rahn losgemacht und eben hineinsteigt.

Unter den mit Blumen bemalten Tellern hat man wohl
selten so geschmackvolle gefunden wie jetzt, doch gibt eine Be-
schreibung kein richtiges Bild davon. (Schluß s°i,e xes,>
 
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