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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 5.1894

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Hofmann, Albert: Tafel-Silber, [2]
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Philippi, P.: Die Frau und die Wohnungs-Ausschmückung, [3]
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https://doi.org/10.11588/diglit.11721#0236

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Seite (80.

Illustr. kunstgewerbl. Zeitschrift für Innen-Dekoration.

November-Heft.

am Silber erfreut. — Ls darf als eine Verirrung der kuustphilosophischen
Betrachtung bezeichnet werden, wenn sie das Wort aufgestellt hat: „l'nrt
ponr I'nrb", die Aunst ist nur ihrer selbst willen da. Die Unrichtigkeit dieses
Satzes kann sich nicht schlagender erweisen, als bei der Aunst des Tafel-
Silbers. Nein, die Aunst hat doch höhere, ethische Zwecke. Sie soll einmal
als höhere Sprache solchen Ideen Ausdruck geben, für welche unserer ge-
wöhnlichen gesprochenen, geschriebenen oder gedruckten Sprache der Ausdruck
fehlt, dann aber soll sie namentlich auch den Menschen zu höherem Empfinden
und höherer Gesinnung erziehen, ihm die Rauhheiten des Lebens ertragen
helfen. Aunst und Leben sind in dieser Beziehung, wie auch in vielen anderen,
keine feindlichen, sondern wohlthätige, freundliche Gegensätze.

Ich habe schon einmal angedeutet, wie das gemeinsam eingenommene
Familien-Mahl, namentlich das Mittags-Nahl, die vornehmste Vereinigung
aller Familienglieder zum Austausch von Gedanken und Gefühlen ist. Wir
alle kennen die feierliche Stimmung, wenn von kindlich stammelnden Lippen
das „Unser täglich Brot gib uns heute" ertönt, oder von geübterem Mund
das „Segne, was du uns bescheeret hast" gesprochen wird. Dann vergessen
wir im Anblick der geschmückten Tafel einen Augenblick die Rauhheiten und
Fährlichkeiteu des Lebens und sind froh und freuen uns an dem, was Arbeit
und haushälterischer Sinn für Auge uud Mnud gegeben haben. Ich weiß
aber wohl, daß es auch Puritaner gibt, die uns den Schmuck auf Fanülien-
tisch und Gesellschaftstafel neiden. Aber mau möge uns für diesen kurzen
Augenblick des Familienglückes oder gesellschaftlichen vergessens nicht jener
Aunst berauben, die ohnedies in den meisten Fällen recht anspruchslos sein
wird und oft nur in einem schlichten Lecher mit leichter Ranke und einer
Widmung aus Freundeshand oder einem Ausdrucke elterlicher oder kindlicher
Liebe besteht. Denn es ist ein Wort des königlichen Philosophen von
Lunssouoi, das da heißt: „Man muß ein sehr hartes kjerz haben, um die
Menschen des Trostes berauben zu wollen, den sie aus Aunst und Poesie
wider die vielen Bitterkeiten des Lebens schöpfen können". —

Auspoliren von alten Holrl'rlxnihrreirn. Um ältere, fein-
geschnitzte lfolzgegenstände wieder aufzupoliren, mischt man > 2 l Leinöl,
(2 1 englisches Ale, das Weiße eines Lies, 22 x französischen Sprit und
22 Z Ammoniakspiritus zusammen und schüttelt diese Mischung vor den:
Gebrauche wohl durcheinander. Lin wenig davon wird dann auf ein
Bündelchen weißer Leinwand getröpfelt und eine Minute lang der lfolz-
gegenstand damit überstrichen und mit einem Seidenlappen aufpolirt. Diese
Politurflttssigkeit hält sich lange Zeit, wenn sie gut verkorkt ist.

^leckren von Eichenhvlrnivbrln zu entfernen. Die Flecken lassen
sich mit etwas Terpentinöl, das man darüber gießt, entfernen. Der Schmutz
zieht sich sofort auf die Gbersläche, muß aber sogleich mit einem Messer
abgeschabt und dann die Stelle rasch (sonst entsteht ein neuer Fleck) mit (vasser
gewaschen werden, welches man bei alten Flecken wiederholen muß. Sind
die Flecken in hartem lholz, so bestreiche mau sie Abends vorher dick mit
Velseife und streue Sand darüber, scheine am andern Morgen die Stelle mit
heißem Wasser und wiederhole dies, wenn beim ersten Male der Fleck noch
nicht ganz verschwunden ist.

Geprefzte Glasplatten für Wandvrlrlei-nnp. Gepreßte Glas-
platten, sowie Borden für Wandbekleidungszwecke in verschiedene» Farben,
welche, auf der Vorderseite mit plastischen Grnamenten verziert, in einer
Stärke von ungefähr 8 vara und einer Seitenlänge von z^,Z 00a, so daß
Platten auf ; iv3 kommen, sind eine beachtenswerthe Neuheit für Deko-
rationszwecke. Die Rückseite weist gerippte Linien und quadratische Ver-
tiefungen auf, welche dazu dienen, die Platten mittelst Zementmörtel direkt
an der Wand festzuhalten. Lin Loslassen vom Mörtel kommt, wie dies bei
vielen ähnlichen Fabrikaten der Fall ist, nicht vor. Da Glas bekanntlich die
Eigenschaft hat, Feuchtigkeit nicht aufzunehmen oder durchzulassen, so ist
dieses Material gegen Einflüsse der Witterung absolut uuempsiudlich. Ferner
bieten diese gepreßten Platten den vortheil, daß sie das Licht nicht so stark
reslektiren wie glatte Platten und auf diese Weise für das Auge angenehmer
wirken als letztere. Diese gesetzlich geschützten Wandbelagsplatten werden
von dem schlesischen Tafelglashüttenwerke Pieschel L Bo ff mann in
Bernsdorf in Gberlausitz hergestellt.

Die DM und dit Wohnullgs-Hllsschilllickullg.

Von j). Philipp!, Trier. (Schluß aus dem September-tzeft.)

Ijffs können daher im Allgemeinen, abgesehen von kostspie-
^ ligen Aunstwerken, nur gute Stiche, Aetzungen und Foto-
grafien in Betracht kommen. Zu einem Hellen Bilde gehört
ein Heller Rahmen und umgekehrt. Man ist vielfach geneigt,
des Aontrastes wegen das Gegentheil anzunehmen, der nöthige
Rontrast besteht jedoch schon in der Gleichmäßigkeit des Tones
der Umrahmung im Gegensätze zu der Fleckenwirkung des

Bildes, und es würde in dem betreffenden Falle der Aontrast
übertrieben werden und der Zusammenhang zwischen beiden
Theilen verloren gehen. Auch bei dem Rahmen muß daran
erinnert werden, daß er ehrlich sein Material bekennen soll; ist
er von Holz, so beize man ihn nach Bedürfniß Heller oder dunkler,
auch ein mattes Schwärzen ist zulässig. Rahmen mit vergoldetem
Gipsüberzuge sind Schund; ein sogenannter Goldrahmen muß
echt, d. h. von Metall sein, wem ein solcher zu theuer ist, der
begnüge sich mit einem stilvollen Holzrahmen. Ferner ist die
Form der Abschrägung des Rahmens von Innen nach Außen
die beste, weil dadurch eine angenehmere Vermittelung zwischen
Bild und Mand hergestellt wird.

Betreffs solcher Handarbeiten, wie Häkeleien, Stickereien,
Holzmalereien, Gravirungen auf Holz mit dem glühenden Stift usw.
kann hier keine eingehende Unterweisung gegeben werden, da dies
zu weit führen würde. Im Allgemeinen sei nur gesagt, daß es
zur Grzielung guter Resultate vor Allem daraus ankommt, den
Geschmack zu bilden und gleichzeitig Anregung und Motive zu
erhalten mittelst mustergültiger Vorbilder, welche (namentlich an
Stickereien und Webereien aller Zeiten) neuerdings in vielen
Museen und kunstgewerblichen Sammlungen dem Publikum zu-
gängig gemacht werden. Sodann fördert es sehr die Bestrebungen
einer Frau, die sich mit dekorativen Arbeiten beschäftigen will,
wenn sie sich mit dem Nothwendigste» aus der Aesthetik des
Aunstgewerbes vertraut macht. Vorzügliche Anregung und Rlarheit
gibt z. B. schon die kleine Skizze von Professor Lübke, „Das
Runsthandwerk in Vergangenheit und Gegenwart", besonders der
Theil, welcher die Gegenwart behandelt, ein Büchlein, das jeder
Gebildete, der sich nicht eingehender mit der Sache beschäftigen
will, lesen müßte.

Nun sei nebenbei noch Einiges über die Industrie bemerkt,
welche uns die Hausgeräthe liefert. Wer sich mit der Theorie
und Geschichte des Aunstgewerbes auch nur oberflächlich beschäftigt
hat, weiß, daß der bis zur Mitte dieses Jahrhunderts auf's
Tiefste gesunkene Geschmack unserer Industrie (von welchem Um-
stande natürlich die Biedermaier der verschiedenen Nationalitäten,
auch die vornehmen, keine Ahnung hatten) seit dieser Zeit, wenn
auch langsam, sich zum Bessern wendet; aber trotz der Fortschritte
sahen sich noch vor 20 Jahren maßgebende Leute (I. v. Falke)
zu dem Urtheile genöthigt, daß es vorzugsweise die deutsche
Industrie sei, welche noch immer für den Ungeschmack der Menge
und für das ästhetische Verderben der Hauseinrichtung arbeite.
Der Fortschritt zeigt sich hauptsächlich auf dem Gebiete der
feinsten und theuersten prunkwaaren (Tapeten, Teppiche, Gefäße,
Möbel usw.), welche für den Mittelstand unerreichbar sind, und
es ist vorläufig noch ein großer Uebelstand, daß die wenigen
Kunsthandwerker, welche eine genügende ästhetische Bildung und
einen geläuterten Geschmack besitzen, ihre ganze Uraft nur aus
Prachtstücke verwenden, während Fabriken, die in künstlerischer
Beziehung durchaus leistungsfähig sind, ihre einfacheren Waaren
in dieser Hinsicht meistens schmachvoll stiefmütterlich behandeln.

Andererseits aber haben wir Hausgeräthe einfachster Art,
deren guter Stil, wegen seiner Einfachheit und seiner derben Natur
zu wenig beachtet wird. Solche Gegenstände sind z. B. unter
unseren Steingutwaaren (mit blauen, alten Mustern nachgebildeten
Ornamenten, deren Umrisse eingeritzt sind) nicht selten, auch sei
hier an die Lichtenhainer Holzkännchen und ähnliche Gefäße dieser
Art erinnert. Wenn man die durch die Verhältnisse anerzogenen
Vorurtheile soweit überwunden haben wird, daß man solche
urwüchsig stilvolle Einfachheiten den Gegenständen aus feinerem
Materiale mit anspruchsvollen aber stilwidrigen Formen vorzieht,
dann wird man aus dem besten Wege einer elementaren Läuterung
des Geschmackes sein, und nachher auch mit sicherer Empfindung
in der reicheren Formenwelt die reine Schönheit von dem Barocken
zu unterscheiden verstehen. —
 
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