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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 5.1894

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Parquet-Fußböden aus Pappe
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Bötticher, Georg: Die Zukunft des Ornaments: unter besonderer Berücksichtigung der Tapete
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5eite

Zuni-Yeft.

Zllustr. kunstgewerbl. Zeitschrift für Znnen-Dekoration.

Nr. I5k, sowie die beiden vorzüglichen Kuustbeilagen veranschaulichen, mit
bestem Erfolg. Die beiden Wände aus der Villa des Or. Bürklin, Karlsruhe,
in dem Formenreichthum einer deutsch-italienischen Renaissance gehalten,

zeigen trotz der Schwere des Stils eine große Frische im Gesammtarrangement.
Lin wenig außerhalb unseres Rahmens steht die herrliche Ehren-Pforte,
welche aus Anlaß der Silberhochzeit des Großherzoglich Badischen Herrscher-
paares auf dem Marktplatze zu Karlsruhe nach
dem Entwurf von Professor Götz errichtet wurde.

So vielseitig die ehrenvollen Aufgaben gerade
nach dieser Richtung hin in den letzten
25 Jahren gewesen sind, so schwach, nichts-
sagend und inhaltslos waren doch oft die er-
zielten Resultate in dieser ruhmreichen mit
wichtigen Gedenktagen durchwebten Zeit. Bei
dem Mangel an wirklichen guten Vorbildern
an Ehren-Pforten und Triumphbogen glaubten
wir, unseren Lesern dieses Muster einer Zeit-
Dekoration von so großem Wurf, bei allen
Schmuckeinzelheiten von ernster und doch festes-
sroher architektonischer Geschlossenheit, nicht
vorenthalten zu dürfen. —

Da die hier nicht aufgezählten Illustra-
tionen im nebenstehenden Artikel „Die Zukunft
des Vrnaments" erwähnt sind, halten wir einen
besonderen Hinweis auf dieselben für überflüssig.

mkunft des Mrlimnents

— . — — Abbildungen Nr. IS2—

Parquet-Fuszbvden aus Pappe. Die
Herstellung geschieht in folgender weise: Ls E»tw. ». ausg-f. von

werden aus etwa Id Zoll dicker Pappe, am

besten gute graue Lumpenpappe, entsprechend große Tafeln zugeschnitten;
dann werden in dieselben in ihren Mittelpunkt und auf drei zu einander
gleichmäßig vertheilten, konzentrisch nur den Mittelpunkt gelagerten Kreis-
linien und in den vier Lcken etwa H z zöllige Löcher so eingestauzt, daß die-
selben nicht radial zu einander stehen, da hierdurch die Haltbarkeit beein-
trächtigt würde. Diese so hergerichteten Papptafelrr werden nun in folgender
Weise behandelt: Man kocht altes Leinöl, dem ein starker Zusatz von Silber-
glätte, Umbra und etwas Dextrin beigefügt wurde, und irr diese noch siedende
Masse werden die Tafeln so lange eingetaucht, bis sie von der Flüssigkeit
vollständig durchdrungen sind. Dann spannt man sie in noch nicht ganz
trockenein Zustande in eine Presse, in welcher sie langsam ganz trocken werden
müssen. Aus diese Weise behandelte Papptafeln besitzen angeblich die Eigen-
schaften festen Holzes, lassen sich zersägen und behobeln, sind äußerst wider-
standsfähig, sowie gegen Feuchtigkeit unempfindlich. Je zwei dieser Tafeln
werden so aufeinander geleimt, daß ihre Durchlochungen aufeinander passen,
ein Fournier auf dieselben aufgeleimt und zum Trocknen in eine Presse gespannt.

Um die so geformten Platten aus dein Fußboden, zu welchem sich sowohl
ein Blindboden, als auch jeder andere schon vorhandene Holzfußboden eignet,
zu befestigen, bedient man sich eines Kittes, mit welchem sowohl der Fuß-
boden, als auch die untere Papxtafel der fertigen Parquetplatte ziemlich
stark bestrichen werde». Sodann wird letztere, die Pappseite nach unten
gekehrt, auf den Fußboden gelegt und aufgedrückt, wobei der überschüssige
Kitt in die Löcher der Papptafeln eintritt und nach seiner Erhärtung gleichsam
als Zapfeii die Platten mit dem Fußboden fest verbindet. Der an den Seiten
der einzelnen Parquetplatte» hervorquellende Kitt verbindet dann die an-
einander gelagerten Platten ganz fest. Der Kitt wird hergestellt, indem man
Roggenmehl in Leimwasser mit einem Zusatz voll venetianischem Terpentinöl
und Dextrin einrührt und tüchtig durchschlägt. — „Techniker."

.. -W-

intter' besondevev Wevücksrchtignng der Meipele.

sn der Entwicklung einer jeden Kunst, sie mag einen Namen haben,
welchen sie wolle, ist zu ersehen, daß sie vom Einfachen zum
Mannigfaltigen, vom Strengen zum Freieren vorzuschreiten strebt.
Das ist etwas so natürliches, daß es kaum einer Erörterung
werth zu sein scheint. Und doch ist es in Wahrheit sehr nothwendig, dies
iinuier wieder uns in Erinnerung zu rufen, wenn wir das eigentliche Ziel
der verzierenden Kunst nicht aus dem Auge verlieren wollen.

Betrachten wir beispielsweise die antiken Vasen von den frühesten
Zeiten bis zur höchsten Blüthe hellenistischen Schaffens, so wird uns sehv
deutlich, wie die Griechen, ohne in Stillosigkeit zu verfallen, die zu ihren
Verzierungen verwendeten Pfianzenformen allmählich mehr und mehv
individualisiren; sodaß auf den Vasen der späteren Zeit oft die Spezies
einer Pflanze mit allen ihren Einzelheiten genau zu erkennen ist, während
an den älteren Thongefäßen kaum eine oder die andere Form direkt auf
eine bestimmte Pflanze zurückzusühren sein dürfte.

Derartig deutlich ist dies zu erkennen, daß man ohne Phantasterei sagen
kann, die Griechen würden — den Fall gesetzt, sie hätten sich ungestört in
gleicher Kraft weiterentwickelt — heutzutage (und zwar ohne von ihrem
Stilprinzip abgewichen zu sein) in der ornamentalen Darstellung von
Pflanzen etwa dieselbe staunenswerthe karakteristische Detail-
lirung zeigen, die wir an der, im klebrigen sehr anders gearteten, ver-
zierungskuust der Japaner bewundern. Im romanischen Stil ist es freilich
über eine Andeutung in diesem Sinne nicht hinaus gekommen. Dafür aber

zeigt sich in der Gothik und in jener Wieder-
aufnahme der Antike, die wir „Renaissance"
nennen, die Erscheinung um so deutlicher.
Zumal in den Gewebe-Mustern, die gemeinhin
der Epoche Ludwig XIII. zugerechnet werden,
meist aber einer früheren Zeit entstammen,
macht sich in ganz überraschender weise eine
sehr viel freiere Behandlung der Pflanzenformen
und ein ungleich größerer Reichthum an Natur-
details gegen früher bemerklich.

Das Rokoko trat die Erbschaft dieses Stiles
mit Glück an: Die Stilisirung der Pflanzen
ist Anfangs dieser Epoche eine vortreffliche, die
allen Feinheiten der Natur gerecht zu werden
sucht und dabei Funktion und Technik des
Gegenstandes nicht ans dem Auge läßt — das
höchste Lob, was einen: kunstgewerblichen Er-
zeugniß gespendet werden kann. Aber bald
schrumpft die schöne Mannigfaltigkeit der Formen
zu einem einseitigen Muschel- und Schnörkel-
Kultus zusammen, der allerdings noch längere^
Zeit von einem feinen Gefühl für Proportion
und vertheilung beseelt erscheint und wenigstens
dadurch zu fesseln vermag, schließlich jedoch auch diese Eigenschaften verliert
und plump, ungeheuerlich, grotesk, geschmacklos wird. Darauf hebt sich noch
einmal das Gefühl für bestimmte Linienführung und Naturformen (Stil

95-k. Fantasie-Möbel.

Ixvnis sei?e), vergröbert sich aber bald zu Schwulst und steifer Pedanterie
(Empire Biedermaier-Zeit), bis es in einem abscheulichen zweiten Rokoko,
einem unkünstlerischen Zerrbild des ersteren, völlig untergeht. Es folgt eine
Periode des Ungeschmacks, der eigentlich alle Bedingungen künstlerischen
 
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