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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 5.1894

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Dankwardt, L.: Weibliche Handarbeit auf dem Gebiete der Innen-Dekoration
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https://doi.org/10.11588/diglit.11721#0079

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Zllustr. kunstgewerbl. Zeitschrift für Znnen-Dekoration.

Leite 53.

April-Heft.

Landarbeit auf dem der -Dnnen-^Mekwratwn.

Von L. Dankwardt.

Abbildung Nummer 90-t. Speiftzimmep internem Breslauep Hausq. Siehe hierzu auch die Beilage.

diesem Triumph ver-
holfen und es muß
schon ein sehr dürf-
tiges Heim sein, das ganz ohne eine Schlummerrolle mit gehäkeltem
Wollüberzug und ohne weiße Sofaschoner in irgend einem ge-
häkelten Rosettenmuster bliebe. Die Städterin häkelt noch Tisch-
und Kommoden-, wohl gar auch Bettdecken dazu, und nicht selten
verfügt sie auch über gehäkelte Gardinen. Je wohlhabender und
vornehmer eine Wohnung eingerichtet ist, desto unbedeutender wird
die Rolle, welche die Häkelarbeiten darin spielen. Zn der Ehaise-
longue-Decke hält sie einen Posten inne, aus welchem Freunde des
Zweckentsprechenden sie nur ungern verdrängt sehen werden. An
Schmiegsamkeit und Leichtigkeit steht letzterer keinerlei „Laden-
waare" vollkommen gleich. Auch kann sie, wenn die Arbeiterin
kühn genug ist, die Farben bunt zu mischen, zu einem Dekorations-
stück im engeren Sinne des Wortes gestaltet werden. Uebrigens
haben Glanzgarne und Häkelformen, die mehr und mehr Anklang
finden, auch der Häkelei zu einem Aufschwung verholfen, der sie
befähigt, mit den Anforderungen der Neuzeit auf dem Gebiete
des Zimmerschmuckes Schritt zu halten. Diese Häkelformen er-

werben — im Entwurf des Musters an venetianische und Genueser
Spitzen anlehnend — aus Erbsentüll genäht und nach Bedarf
durch Füllstiche ergänzt. Diese Art der Imitation kann so voll-
kommen und solid geliefert werden, daß sie von dem berechtigten
Verdammungsurtheil über die Vertretungs- und Ersetzungssucht
unseres Zeitalters nicht berührt wird. Eine solche Gardine kann
niit ihrem rein stilisirten Muster niemals von dem Vorwurfe der
Widersinnigkeit getroffen werden, der bei naturalistischen Entwürfen
bisweilen erhoben werden kann. Jedenfalls dürften sich die
Voint lAce-Gardinen in der Wäsche leichter handhaben lassen
als Filet-Guipüre, die wohl hauptsächlich wegen der Schwierigkeit
in der Behandlung nicht die Beliebtheit genießt, die sie nach dem
dekorativen Werth ihrer Muster der Häkelei gegenüber verdient.

Die Kreuzstichstickerei wird kaum sehr viel weniger ver-
breitet sein als die Häkelei. Sie stellt gleich jener verhältnißmäßig
geringe Ansprüche an das selbständige Vorgehen, an das Durch-
geistigen der Arbeit durch Nachdenken und liebevolles Eingehen

L.



Nt dem Begriffe „Handarbeit" verbindet sich für Frauen
auch der jüngsten erwachsenen und mitredenden Gene-
ration die Vorstellung von Nadel und Faden sammt
den unter ihrer Anwendung entstehenden Erzeugnissen. Ls hat
eben jede in der Schule „Handarbeits"-Unterricht genossen, und,
ob sie gleich mit der Hand hundert andere Dinge arbeitet, als
„Handarbeit", so bleiben doch immer nur die mit Hülfe irgend-
welcher „Nadel" — auch der Häkelhaken ist den Meisten eine
Nadel — gefertigten Sachen Handarbeiten. Die höhere Tochter,
die zur Vollendung ihrer Kultur mit dem Pinsel, den: Brennstift,
dem Schnitzmeffer und der Aetznadel hantiren lernte, nimmt es
übel, wenn man ihre
Künsteleien Hand-
arbeit nennt. Und
das Mädchen aus
dem Volke, das sein
Dasein von dem Er-
lös seiner „fabrizir-
ten" Blumen fristet,
würde sich beleidigt
fühlen, wenn man
sagte, es lebte von
Handarbeit. Da nun
aber die thätige
Betheiligung der
Frauenhand an der
Ausschmückung des
Zimmers sich nicht
auf Nadelarbeiten be-
schränkt, so seien für
den augenblicklichen
Zweck unter Hand-
arbeiten Nadelarbei-
ten, Kunst- und Hand-
fertigkeiten verstan-
den. — Der weite-
sten Verbreitung im
Dienste des Zimmer-
schmuckes erfreut sich
unzweifelhaft die Hä-
kelei. Die Volks-

möglichen das Zusammensetzen stilvoller Muster, die den bisher
vorhandenen an dekorativem Werth weit überlegen sind. Die
Einführung waschbarer Häkelformen hat auch für die „gehäkelten"
Gardinen eine lobenswerthe Neuerung gebracht. Die überhäkelten
Formen werden in beliebigen Mustern auf kräftigen Lrbsentüll
genäht. Was man bisher an den Schaufenstern sah, ließ zwar
im Entwurf des Musters noch ziemlich viel zu wünschen übrig,
doch werden Arbeiterinnen mit fein entwickeltem Geschmack diesen
Arbeitszweig entschieden noch zu heben vermögen. Schöner und
bei geschickter Handhabung von vornehmster künstlerischer Wirkung
sind die Gardinen in Voint lAce-Technik. Breite Spitzenbändchen
 
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