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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 5.1894

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Schulze, Otto: Ueber Tafel-Silber und Tafel-Geräth
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Tafel-Schmuck und -Freuden, [1]
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Mittel zum Reinigen alter Pläne und Stiche
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https://doi.org/10.11588/diglit.11721#0215

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November-Heft.

Zllustr. kunstgewerbl. Zeitschrift für Znnen-Dekoration.

Seite f63.

Schmelz- und Karben-Wirkung noch über sein dürfte. Doch lassen
wir derartig geschärfte Vergleiche zu einer Zeit, die auf beiden
Gebieten so Großes und Unerreichtes erstehen ließ. Friedlich
nebeneinander, wie auch getrennt, werden sie nach wie vor ihre
Herrschaft auf der Tafel behaupten,
und wir konnten kaum anders handeln,
als den Lesern in unseren Abbildungen
Nr. sOV, s050, 1^05 s und Kunst-
Beilage II den innigen Zusammenhang
beider in ihrem harmonischen Akkord
zu zeigen. lieber „Tafel-Arrangements"
werden die Leser in den weiteren Spalten
dieses Heftes Ausführliches aus beru-
fenen Federn finden. Bevor ich aber
dieses Kapitel schließe, will ich der großen
Zagdtrophäe, die in Abbildung
Nr. s053 wiedergegeben, gedenken. Als
Saal-Dekoration für ein fürstliches Zagd-
essen hat unser Künstler AI artin
Wiegand sie erdacht und erfunden.

Tin Stück gezähmter Wildheit, Wald-
und Zagdklänge in malerischem Ausbau
mit allerlei Gethier und Geräth, über-
ragt von der göttlichen Diana, der all-
jährlich die Waidmänner den Hof
machen und opfern, um dafür das
Schmackhafteste zu erhalten, was Wald
und Feld, Haide und Aloor birgt. —

Nun der Nächste zum Wort! ich
denke hierbei an die letzten Festtage.

Der kunsthistorische Kongreß tagt in
den Alauern des heiligen Kölns, seine
Alitglieder sind zum Abschiedsmahl in
dem mit großen geschichtlichen Fresken
geschmückten Zsabellensaal des altehrwürdigen Stadthauses
„Gürzenich" vereint. Ts geht hoch her an der reich geschmückten
Tafel, die in ihrer Frische und einfachen Vornehmheit, in ihrem
Blumenschmuck, unterbrochen von herrlichen Fruchtspenden aus

Abbildung Nr. :<NO. Tafel-Lrmfitrp aus Porzellan.

Ausgeführt in der Agl. Porzellan - Manufaktur Berlin.

der Fülle des Herbstes, alle die großen und kleinen Geister zwingt,
sich des Daseins zu freuen. Der Wein perlt in den krystallnen
Gläsern und das fröhliche Bild wird von rauschender Alusik
übertönt. And Alle, die sonst über Kunst grübeln, denken und

schreiben, lassen in launigen Worten
durchblicken, daß auch sie da gepackt
werden können — wo unsere arme
Seele sterblich ist. — Za, wenn man
über „Tafelschmuck" schreibt, ist es
entschuldbar—auch an „Tafel-Freuden"
zu denken.

Mittel ;mn Reinigen alter
Pläne nnd Stiche. Zur Wieder-
herstellung gelb gewordener Pläne und
mit fettigen Flecken beschmutzter Drucke
und Pläne empfiehlt das „Brit. Zourn."
folgende zwei Alittel: Gelb gewordene
Papiere tauche man so lange in ein
Bad, bestehend aus 200 Z hyperchlor-
saurem Kalk und ebensoviel Soda auf
s 1 reinen Wassers, bis daß die Zeich-
nung oder die Drucksache ihren ursprüng-
lichen Ton angenommen hat. Hierauf
lege man das Papier in eine Schüssel
und lasse es mittelst eines Wasserstrahles
mindestens sechs Stunden lang waschen.
Hierbei ist zu beachten, daß jede Spur
der chemischen Produkte verschwindet.
Nach gehörigen: Trocknen lasse man
das Papier durch ein Walzwerk gehen.
— Um Fettflecken aus dem Papier zu
entfernen, wird angerathen, die fleckigen
Stellen zu erwärmen, damit sich die
Flecken auflösen und bedecke sie mit ungeleimtem Papier. Hierauf
tränke man einen Pinsel mit frischem und reinem Terpentin und
streiche zu beiden Seiten des neu erwärmten Fleckens, dann durch-
tränke man die zu entfettenden Stellen mit rektifizirtem Weinsprit.—

Aehnlich verhält es sich mit dem Thee- und Kaffeegeschirr.
Neben den Servicen von chinesisch-japanischem Karakter ist das
Rokoko immer noch am meisten vertreten, wenn sich auch unter den
neuesten Artikeln eine präzisirende Ausstattung bemerkbar inacht.

Die Gläser waren es dagegen, die dem Rokokokultus am
meisten Widerstand geboten. Schaustücke freilich mußten sich in
Gold und Farbe die Schnörkel dieses Stils und seine Schäferszenen
gefallen lassen und die Füße derselben wurden wie Aluscheln
gezackt, die eigentlichen Gebrauchsgläser aber konnten ihrem natur-
gemäßen Karakter, trotz mancher Anklänge an die Launen des
Rokoko, behaupten.

Doch arrangiren wir uns jetzt eine Tafel! Wir legen der
Ausschmückung derselben das Arrangement zu Grunde, das wir
kürzlich Gelegenheit hatten, bei einer Festtafel im Hotel Kaiserhof
zu bewundern und erlauben uns nun, bei einzelnen Gegenständen
das Neueste anzuführen, was die betreffenden Berliner Alagazine
darbieten. Das Diner zur Feier eines Jubelpaares ist für fünf Ahr
angesagt. Alit der Frau vom Hause befreundet, haben wir jedoch
den Vorzug, zu beliebiger Zeit erscheinen zu dürfen und um-
stellen uns darum etwas früher in der reizend gelegeneu Villa ein.

Zn dem großen Speisesaale, dessen Ausstattung in ruhigen
Tönen gehalten ist, sein Licht bei Tage durch zwei große Fenster
erhält, die sich an der Schmalseite befinden und auf diese Weise
der Tafelrunde die beste Beleuchtung gewähren, indem diese für
alle Anwesenden mit Ausnahme der den Fenstern direkt gegenüber
Sitzenden eine gleiche ist, herrscht heute bereits Dämmerlicht.

Aus eine fragende Bemerkung von nur nach „mehr Licht",
erwiderte heiter die junge Frau vom Hause, die ihren Schwieger-
eltern heute das Fest der Silberhochzeit angerichtet hat, „seien
Sie ohne Sorge wegen der Beleuchtung, wir werden alsbald
der Himmelskönigin Frau Sonne noch zu konkurrircn suchen".
Geschwind tritt sie an die Wand und dreht an einer Kurbel.
„Ts werde Licht!" sagt sie, und mit einem Schlage ist der ganze
Saal, wie die festliche Vorbereitung darin, von elektrischen: Licht
überfluthet. Die Tafel, in Huseisenform, ist so gestellt, daß sich
die Hauptquelle des Lichts: ein großer Krystallkronleuchter zu
Häupten des Zubelpaars befindet, dem die beiden Plätze an der
oberen Rundung des Hufeisens vorbestimmt sind. Das Licht
funkelt in den Prismen und macht die blumenartigen Glocken,
in welchen der rundliche Glaskelch mit dem gebannten elektrischen
Strome ruht, in den mannigfachsten Farben erglühen. Blumen-
umwundene Leitungsdrähte ziehen sich von hier zur Tafel hinab
und bringen die künstlichen Kinder Florens, die hier in zwei hohen
Fayencevasen von kräftigen Formen die Tafel schmücken, zu einer
eigenartigen Blüthe. Tin „Ah!" der aufrichtigsten Aeberraschung
entfährt mir unwillkürlich. „Was für ein Glanz! And welchen
immensen Farbenreichthun:, welch' heitere, ungekünstelte Anmuth
beleuchtet dieses wie durch einen Zauberspruch hervorgerufene Licht!"

„Die Tafel will bewundert sein", sage ich; „sie ist, was sie
sein soll: ein wirkliches, vollendetes Kunstwerk!" Meine Wirthin
lächelt verbindlich; es scheint, sie ist befriedigt von der Wirkung
des ersten Tindrucks ihrer reizvollen Schöpfung. (Z°r's°8g. s.
 
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