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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 5.1894

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Walsch, Ignatz: Wohnungs-Arrangements in Mieths-Häusern, [1]
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Waldau, Otto: Ein französisches Landhaus, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.11721#0074

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Seite 50.

Illustr. kunstgewerbl. Zeitschrift für Innen-Dekoration.

April-Heft.

Die Möbel in: Entree nmssen nwglichst praktisch gewählt sein.
Es genügt ein Spiegel mit Konsole für Leuchter rc., ferner Kleider-
rechen, Schirmhalter, einige Sitzmöbel und ein Tisch. Jedes über-
flüssige Stück beengt unnöthiger Weise den ohnedies schmalen
Raum. Lntreespiegel, Rechen und Schirmhalter findet man häufig
in einen: Entreemöbel ver-
eint. praktischer ist es, einen
großen Trumeau mit Stufe,
der, den: Eingänge gegen-
überstehend, das Licht nach
den: dunkelen Raume hin
reflektirt, und an den Wän-
den feste Rechenleisten mit
haltbaren Haken anzubrin-
gen. Als Sitzmöbel für das
Entree sind Schemel mit
Holzsitzen am geeignetsten.

Portieren bringe man im
Entree möglichst wenig an,
damit der kleine Raum nicht
düster wird, aus demselben
Grunde müssen auch die
Dekorationsstoffe in: Entree
leicht und hell sein. Für
den Fußbodenbelag dürste
sich Linoleum oder Kokos-
matte am besten eignen. Als
Wandschmuck dienen Bilder
und Waffengehänge.

Man führt uns in den
Salon. Der Raum soll
freundlich sein, festlich und
doch behaglich. Hier em-
pfängt man die Gäste, und

Abbildung 900. Saalthüp mit anschlirff. Getäfel. Skizze von L. Börnstein.

warmer Farben und schmiegsamer Formen. Louis XIV.,
Louis XV., Louis XVI. und Empire sind die für den Salon
am besten geeigneten Stile. Auch die eine Zeit lang modern ge-
wesenen japanischen und arabischen Möbel und der jetzt moderne
englische Stil wirken, falls bei der Form- und Farbgebung der

ruhige, deutsche Geschmack
beachtet wurde, nicht übel.
Als Holzart eignen sich be-
sonders italienisches und
kaukasisches Nußholz, Maha-
goni, Palisander und schwarz
mit Boulle-Intarsien, auch
schwarz mit Ahorn wirkt
sehr schön. Dominirend sind
im Salon die Sitzmöbel. Das
Sofa steht gewöhnlich in der
Mitte einer langen Wand,
vor dem Sofa ein viereckiger
Sosatisch oder ein kleines
Tischchen. Ein größerer,
achteckiger Tisch steht in letz-
terem Falle in der Mitte
des Zimmers. Fauteuils,
ckos Z. äos, Tabourets sind
zwanglos vertheilt, unter-
brochen durch kleine Tisch-
chen. An den Pfeilern sind
große Trumeaux mit Holz-
rahmen oder Spiegel mit
einfachem, kiefernem Rah-
men, der durch die Fenster-
draperien und durch die die
Fenster verbindenden Pfeiler-
Dekorationen verdeckt sind.

wie können sich diese in einem Raume behaglich fühlen, dessen
steif geformte Möbel und kalte Farben mehr abstoßen als an-
ziehen. Nur große Festsäle vertragen eine prunkende Ausstattung.
Der Salon, der zur Aufnahme des Besuches bestimmt ist, bedarf

Hat das Zimmer zwei lange Wände, so erhält vortheilhaft die
Wand, welche in der Flucht der übrigen Zimmer liegt, der zu
dem anstoßenden führenden Thüre gegenüber, einen solchen vom
Fußboden bis zur Decke reichenden Spiegel mit kiefernem Rahmen,

Nil franMsches

andhaus.

von Vtto Waldau, Paris.

as Ideal des Parisers, von dem er träumt und das
für ihn nicht selten zun: Lebenszweck wird, ist ein
Landhaus — oder, wie er es lieber nennen hört, Schloß
— nicht allzuweit von der lärmenden Großstadt entfernt, zu be-
sitzen, eins das jedenfalls nahe genug liegt, um ihn keine der
Annehmlichkeiten, die Paris in so reichem Maße bietet, entbehren
zu lassen. Für die Glücklichen dieser Erde, die Reichen, versteht
sich die Sache ja von selbst. Die Wintermonate verbringen diese
in Paris, den Frühling in Tannes oder Nizza, den Sommer in
der Fremde und in: Herbst benachrichtigt eine zierliche goldgerän-
derte Karte, daß Näck. M pr:QLe88e oder corr:te88e nebst
Herrn Gemahl sich die Ehre geben, ihre Freunde auf ihr Schloß
für die Jagden einzuladen.

Aber auch für die Bourgeoisie ist ein Landhaus der Inbegriff
alles Schönen und ein ganzes Leben lang wird emsig geschafft
und ein Sous zum andern gelegt, um sich schließlich diesen Luxus
erlauben zu können. Die Sehnsucht nach der freien Natur, nach
mehr Luft und Licht, die jedem Großstädter innewohnt, wird bei
dem pariser noch durch ein ganz spezielles Raumbedürfniß ge-
steigert. Das Zusammendrängen von 2'/s Millionen Menschen
auf einem verhältnißmäßig beschränkten Raum konnte nicht ohne
Einfluß bleiben und es ist gut, daß hier wenigstens die kleinen
Wohnungen nicht, wie ja alle Lebensmittel, einer Steuer unterliegen,

sonst würde sich der Kampf ums Dasein für die unteren Klassen
wohl noch härter gestalten. Die hohen Miethen fordern jedenfalls
zur Einschränkung aus; der Durchschnitt der Bewohner verfügt
nicht über mehr wie drei bis vier Zimmer, und was für Zimmer!
Man kann sich anderwärts kaum einen richtigen Begriff davon
machen, wie sparsam im Allgemeinen hier der Raun: bemessen
wird. Rechnet man noch dazu die vielen Bedürfnisse der pariser,
die von der Anspruchslosigkeit eines Diogenes recht weit entfernt
sind, alle die verschiedenen Möbel, Schränke und Truhen und
Aufsätze, die den Platz noch verengen, so begreift man allerdings,
daß die Möglichkeit, über mehrere und große Zimmer verfügen
zu können, sie nach Geschmack und Laune zu möbliren, den Parisern
als der Inbegriff aller Seligkeit erscheinen muß.

Darin liegt auch der Schlüssel zu der Verschiedenheit der
Einrichtung für die Stadt- und Landwohnung. Während man
bei ersterer stets Bedacht darauf nehmen muß, nur mit dem zu
Gebote stehenden Raum auszukommen, nur alle zum täglichen
Leben nothwendigen Gegenstände zweckentsprechend unterzubringen,
während mit einem Wort dabei nur das Nothwendigkeitsprinzip
maßgebend sein kann, dem seufzend dis kleinen Liebhabereien
untergeordnet werden, gestaltet sich letztere um so fantasievoller.
Wo aber Fantasie ist, da ist auch Schönheit, immer vorausgesetzt,
daß ein guter Geschmack bei der ganzen Einrichtung präsidirt.

Ein „petit Kötel" in Paris zu besitzen, ist etwas unglaublich
Theures, während man auf dem Lande, wenn es nicht gerade
die nächsten Umgebungen der Großstadt sind, sich schon eher den
 
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