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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 5.1894

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Woseczek, Ludwig: Die Glas-Malerei auf der Weltausstellung in Chicago
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Ries, B.: Ein Künstler-Fest, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.11721#0064

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Seite H2.

Zllustr. kunstgewerbl. Zeitschrift für Znnen-Dekoration.

März-Lseft.

viereckigen Aapellenfensters: in der Mitte ein Aelch mit patene, in den
Ecken vier Areise mit den Emblemen der Evangelisten, aufgelegt auf einer
Guirlande von Weinblättern mit Trauben; der Grund ist sehr dunkel gehalten,
jedoch abwechslungsreich abgetönt, die Areise um die Embleme sind roth,
die Trauben purpurviolett, verbunden sind die Areise durch ein Band aus
viereckigen, gelben, geschlissenen Steinen. — Ein Profanfenster stellt ein
römisches Wagenrennen dar, wahrscheinlich für einen Sportsliebhaber.

Sehr hübsch sind die ausgestellten Farbenskizzen dieser Firma; sie sind
ungemein flott gemalt, keine Spur von einer detaillirten Ausführung, außer-
ordentlich dekorativ und für uns sehr lehrreich.

Mac Lully L Milos, Chicago, verwenden gleichfalls in ausgiebiger
Weise geschliffenes Glas und Steine, und haben sehr geschmackvolle Blumen-
und Ornament-Fenster ausgestellt, durchweg mit opaleszirendem Glas. Be-
sonders wirkungsvoll ist ein dreitheiliges Fenster; das Mittelfeld ist von
einem den oberen Theil
des Spitzbogens aussülle».
den Ornament einge-
rahmt, der Grund in schön
schattirtem Dunkelblau mit
Sternchen als Sternen
durchgeführt. In der Mitte
befindet sich ein ornamen-
tirtes Areuz aus lichten
Gläsern und Steinen, uni
welches sich Lilien ranken.

Die Seitenfelder sind aus-
gefüllt von Lilien, die aus
Vasen hervorsprießen. Ein
Rundbogenfenster enthält
eine Gruppe musizirender
Engel. In der Architektur,
wenn von einer solchen

die Rede sein kann, sind durchweg kleine Sternchen verwendet und zwar oft
recht geschmackvoll als Blumen oder Mittelkerne von Blumen eingestreut.

Flannaghan L Biedenweg, Lhicago, verwenden in ihren Profan-
fenstern hauptsächlich geschliffenes Glas. Recht hübsch ist ein Fenster aus
viereckigen Glastafeln, in welches ein gelbes Ornament, gleichfalls geschliffenes
Glas, eingebleit ist. von den figuralen Fenstern sind zu nennen: eine Gruppe,
Römerinnen einem Vorleser zuhörend (ziemlich frei nach Alma Tadema), eine
Nachbildung des Gemäldes von Paul Thumann: „Aunst bringt Gunst".
Line große Gruppe: Flucht nach Aegypten, von einem Architekturrahmen in
griechisch-römischem Misch-Stil umgeben. Was besonders bezeichnend für die
amerikanischen Figurenfenster erscheint, ist die ungeheure Aengstlichkeit, mit
welcher die Anbringung von Ouerstangen durch den figuralen Theil ver-
mieden wird. Ob das ein Vorzug genannt werden soll, ist schwer zu sagen.
Jedenfalls ist es eine sehr weitgehende Aonzession an ein Publikum, das

* Abbildung SuWvrl ein Schlafzimmer, «Morgen u. Mittag", von L. Hollmann.

ohne verständniß für die Technik die Eisentheile in einem Fenster als empfind-
liche Störung betrachtet. Ich hatte während meines Aufenthaltes hier oft
genug Gelegenheit, zu hören, wie Priester und Laien ganz unwirsch fragten,
wozu denn die breiten, schwarzen Linien in einer Skizze seien? Tiffany, von
dem später noch gesprochen werden wird, sucht einen Ausweg, indem er nicht
mehr gerade, sondern in allen möglichen unregelmäßigen Windungen ge-
bogene Lisenstangen verwendet.

Sehr gut gemacht und wirkungsvoll in der Stimmung ist ein Glas-
gemälde: Lhristus am Oelberg, nach Hoffmann, in dem genannten Atelier
ausgeführ.t. Gpaleskes Glas ist nur theilweise (bei den Felsen) verwendet,
wo es eine ausgezeichnete Wirkung ausübt. Ich bin zwar kein Freund dieses
Glases, wenn es in Draperien oder überhaupt für Figuren verwendet werden
soll, wäre jedoch nicht abgeneigt, dasselbe für Steine, Architektur, Felsen,
Marmorsäulen usw. anzuwenden. Jedenfalls ist die Wirkung desselben

malerischer, als die des
Aathedral- oder mitBraun
gemalten Antik - Glases.
Dazu kommt noch ein tech-
nischer Aniff, der hier viel-
fach angewendet wird und
der sich sehr wirkungsvoll
erweist: Hinter Gläsern,
die kein Silbergelb an-
nehmen, und die man ent-
weder ins Gelbliche schat-
tiren oder marmoriren
will, wird ein dünnes,
weißes Glas gebleit,
welches das Gelb aufge-
tragen und eingebrannt
enthält. Dasselbe schim-
mert durch und erhöht die

brillante Wirkung außerordentlich. Ebenso werden mit sehr gutem Erfolge
zwei Gläser von verschiedener Schattirung oder etwas mit Farbe beflecktes
Glas hintereinander gebleit. Meister hierin ist Tiffany.

Der Name Tiffany hat in ganz Amerika den besten Alang, denkt
doch Jeder an den Juwelen-Tiffany. Die Glasmalerei ist jedoch von dem
Iuwelenhandel getrennt und wird von einem verwandten, wenn ich nicht
irre, von einem Sohne des Juwelen > Tiffany geführt. In Lhicago haben
diese beiden Firmen in Verbindung mit einer Silberfirma einen großen
Pavillon aufgestellt, worin selbstverständlich die Brillanten und Schmucksachen
das größte Interesse Hervorrufen. Die Glaß- und Decorating - Lo. nun hat
eine ganze Aapelle eingerichtet, bei welcher auch wieder den Hauptanziehungs-
punkt ein auf dem Altäre befindliches, mit Brillanten besetztes Areuz bildet
Unablässig drängt sich das Publikum hinzu, und alle zo Minuten erhebt sich
ein Mann, der in feierlichem Tone Erklärungen gibt, auf alle besonderen

in sMiinstlM-

Schaut, wie er seinem Aaiser huldigte,

wie seine Vaterstadt durch ihn verherrlicht ward!

Schaut, wie des deutschen Hauses Heiligthum
Nun feine Zierde fand für jed' Geräth' und jede Wand.
Schaut, wie des Handwerks stolzes Selbstgefühl
Im Innungsraum sich kund gethan!

Schaut ihrer Banner stolzes Wehen,

Ihrer Truhen, ihrer Schränke Wohlgefüg' —

Ihrer Ehrengaben fein erdachte Form —

Schaut ihrer Frauen, ihrer Mädchen Goldschmuck an,

Und dann bekennt, daß „späten Enkeln
„Höh'res Ziel wohl nimmer winkt,

„Als nachzuahmen, nachzubilden,

„Was unsre Renaissance einst wunderbar erschufl"

Rokoko.

Mit Verlaub, Ihr stolzen Schönen
Aus so lang vergang'ner Zeit,

Laßt auch mich ein Wörtlein reden,

Rühren Euren Sinn — vielleicht!

Ernst und schwer ist ja das Leben,

Drum laßt heiter sein die Aunst!

Ach, verschont uns mit Gesetzen
Und erlaubt sei, was gefällt!

Heit're Willkür schwing' das Scepter,

Tolle Laune sei Regent!

Nichts von logischen Gedanken,

Nichts von Aufbau und System!

Amoretten kosen mit den Grazien,

Blüthen schlingen sich hindurch;

Alles leicht und Alles heiter,

Schattenlos die sonn'ge Welt!

Aus dem dumpfen Drang der Arbeit
Strebt in's holde Reich des Schein'?;

Schließt die Augen rauher Wahrheit —

Freude füll' das Leben aus!

Wißt — im Traum ist Alles möglich
Und das Fernste eint sich dort,

Selbst das Schwere scheint zu schweben,

Alles Eckige wird rund!

„Darum träumet, frohe Aünstlerseelen,

„Träumt Luch eine and're Welt —

„Und laßt neu dann auferstehen
„Märchentraum des Rokoko!"

Moderne.

Jedem Träumen folgt Erwachen —

Deinem Traum auch folgte es!

Ach, wie gran'nvoll war's, wie blutig dies Erwache»,

Als die unterjochte Armuth

Auf ihr Menschenrecht sich nun besann

Und mit fesselloser Rachgier

Ihre Unterdrücker überfiel —

Jene schwachen, weichen Geister,

Denen Spiel einst Leben schien,

Die in süßlichem Getändel

Ihres Daseins Araft verschweigt!

wahrlich uns're Zeit ruft auf zu andern Zielen —

Stählern muß die Araft sein, die ihr dient!
 
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