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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 5.1894

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Volbehr, Theodor: Praktische Aesthetik im Hause
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https://doi.org/10.11588/diglit.11721#0043

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Februar-Heft.

Illustr. kunstgewerbl. Zeitschrift für Znnen-Dekoration.

Seite 25.

-raktisÄK Mesthetik im Mause.

Non Or. Th. Volk ehr, Magdeburg.

^er philosophische Begriff „Aesthetik" ist nicht viel älter
als ein Jahrhundert, der Begriff „praktische Aesthetik"
ist dagegen so alt wie das Menschengeschlecht, von
der praktischen Aesthetik anderer Lebewesen ganz abgesehen. Denn

Wort als der praktische: man abstrahirt von den direkt vorliegenden
Bedingungen und baut eine „praktische Aesthetik" für ein Märchen-
Hein: aus. Auch das mag seine Verdienste haben, mag das Auge
für manche Dinge schärfen und Ansprüche wachrufen, die bisher
schliefen, wir wissen es ja längst, daß die Unzufriedenheit die
wichtigste Triebfeder aller Rulturentwicklung ist. Aber von größerer
Bedeutung dürfte es sein, für direkt vorliegende Bedürfnisse eine

Abbildung Nummer 872. Bibliothek- und Arbrils-Zimmrp iu gothischcm Stil.

so lange es Menschen gibt, existirt auch das Bedürfniß, das
Aeußere des Lebens zu verschönern, das angeborene Schönheits-
gefühl in irgend einer weise zu bethätigen, in die Praxis zu
übertragen. Und wenn wir klugen Rinder des sst. Jahrhunderts
von den Grundlehren praktischer Aesthetik sprechen, dann sprechen
wir keineswegs neue Gedanken aus, sondern wir suchen nur dein
instinktiven Gefühl, das zu allen Zeiten in den Menschen vor-
handen und auch nach Außen thätig war, Worte zu leihen.
Leider kommt der philosophirende Zeitgeist dabei häufiger zu

praktische Aesthetik zu besitzen, für das Haus, für die jeweilige
Wohnung ihre Rathschläge verwenden zu können. Denn die Mehr-
zahl der Menschen bevorzugt immer noch, in gewissen Verhält-
nissen sich thunlichst glücklich zu fühlen, statt in nagender Unzu-
friedenheit in eine unsichere Ferne zu sehen. Und deshalb liegt
den meisten Menschen wirklich daran, sich ein „behagliches hem:"
zu schaffen, und gerade den Menschen am meisten, die nicht auf
stolzen Lebenshöhen ihr Haus zimmern können. Der „praktische
Aesthetiker" erwürbe sich daher unsterbliches Verdienst, wenn er
 
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