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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 5.1894

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Hövel, Christian: Holztapete und Holztäfelung
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https://doi.org/10.11588/diglit.11721#0212

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Leite s60.

Zllustr. kunstgewerbl. Zeitschrift für Znnen-Dekoration.

Gktober-^eft.

dvlztapete und MrolMfelung.

von Lhristian Hövel, Düsseldorf. (Mit Skizzen.)

„Da Sie zur Miethe wohnen, werden Sie von Anbringung einer Holz-
täfelung mit vortretendem Sims zur Aufstellung von Krügen, Tellern u. dgl.
absehen müssen und Ersatz nur in den Holztapeten finden, die jetzt sehr schön
hergestellt werden/' — So las ich beim Durchblättern der „Jnnen-Dekoration"
im Briefkasten als Antwort auf eine die Wandbekleidung betreffende Anfrage.
Nun, ich meine, ganz so schlimm wirds doch nicht sein; soll sich denn gar
nichts finden, um da zu helfen? Allerdings, wenn man zur Miethe wohnt
— und wie viele Leute, resp. Familien, die Sinn und guten willen genug
haben, sich ihre Wohnung stilvoll und
recht behaglich einzurichten, wohnen zur
Miethe — ist es eine sehr heikle Sache
um die Anbringung von Holztäfelungen.

Man weiß nicht, wie lange man wohnen
bleiben kann; vielleicht drei, sechs oder
noch mehr Jahre, vielleicht auch wird
man schon vor Ablauf des ersten Jahres
durch eine Kündigung nichts weniger
als angenehm überrascht. Durch diese
große Ungewißheit über die Dauer der
Benutzung einer Miethswohnung sind
die meisten Leute, wenn sie die untere
wandparthie einmal in Holz haben
wollen, darauf angewiesen, durch Be-
nutzung der Holztapeten ihre wünsche
in etwas zu erfüllen. Befriedigen kann
aber eine solche xapierne Holztäfelung
nicht, da man doch stets das Gefühl hat,
daß die Täfelung unecht ist und so
bleibt man stets unzufrieden, weil man
einen Hauptfaktor zur Herrichtung einer
behaglich - gemüthlichen Wohnung ent-
behren muß. wird eine reichere Imi-
tation mit Pilastern, Intarsien oder gar
Schnitzereien beliebt, so kann eine solche
bei der Erkennung als Holzimitation
um so unangenehmer werden, je täu-
schender dieselbe gemacht ist. Besonders
würde man derselben überdrüssig, wenn
ein Fremder eine solche Imitation beim
ersten Anblick für echt hielte und gleich
nachher, bei näherem Anschauen, wahr-
nehmen müßte, daß die Kunstfertigkeit
der Tapeten-Jndustrie ihm einen Streich
gespielt. Dazu ist es auch noch unmög-
lich, durch Holztapeten eine Holztäfelung
mit vortretendem Sims zu wirklicher
Benutzung zu imitiren, da man mit den
Tapeten wohl die flache wand über-
ziehen, auch den Schein eines vorhan-
denen Simses erwecken, ein solches aber
in Wirklichkeit nicht gestalten kann. Das
Einzige, an einer durch Holztapeten
imitirten Holztäfelung ohne große Kosten
ein vortretendes Sims anzubringen,
wäre, daß man den Holztapeten ent-
sprechend angestrichene Gesimse aus
Atzlogenitstuck für diesen Zweck verwen-
dete. was ja ebensogut möglich wäre,
wie dessen Verwendung zu Hohlkehlen,

Decken usw. Den betr. Fabriken dürfte
sich durch Einführung dieses Artikels
eine neue und ergiebige Absatzquelle
erschließen. Statt eines Gesimses aus
Aylogenitstuck ein solches aus Holz in
Verbindung mit Holztapeten zu verwenden, wäre nichts weniger als stilvoll *).
will man unbedingt eine Holzimitation haben, dann soll man sich doch
darauf beschränken, einfache Tapeten zu nehmen, die höchstens durch schmale
vertikale Friese in von unten bis oben gehende Felder getheilt werden. Un-
erfreulich aber bleibt die Sache auch daun noch und wird es immer bleiben,
so lange es sich um Imitation der Holztäfelung handelt.

Ich habe über die Beseitigung der Holzimitationen und über ein Ersatz-
mittel dafür nachgedacht und bin zu dem Resultat gekommen, daß es doch
möglich wäre, statt der Holzimitationen eine echte, zwar einfache Holztäfelung
herzustellen, die man bei einem Umzuge abbrechen und ohne besonders große





Mühe und Kosten in der neuen Wohnung wieder anbringen kann. Ich denke
mir eine solche Holztäfelung aus einer Verbindung etwa zz—(8 Zentimeter
breiter Bretter, die sich in jeder Fuge durch ein angehobeltes Profilchen mit-
einander verbinden, siehe Skizze Figur s, 2 und 2. Die Bretter, welche
entweder an beiden Langseiten genuthet und in diesem Falle durch ein-
geschobene Federn miteinander verbunden werden (Fig. t und 2) oder nur
an einer Seite genuthet und durch an die anderen Seiten angehobelte
Federn aneinander geschlossen werden (Fig. s), werden unten und oben durch
von beiden Seiten angefalzte Federn mit dem Sockel- und Friesbrett, die
den Federn entsprechende Nuthen haben müssen, verbunden (Fig. 5). Sockel-
uud Friesbretter müssen die Länge der einzelnen wände haben und werden
mit den vorgenannten Brettern nur ausgefüllt. Das erste Brett links und

das letzte rechts an jeder wand, kann
man in Sockel, und Friesbrett leimen,
können aber auch, wie alle anderen
Bretter, lose bleiben und von dev
Wandseite aus mit Schrauben befestigt
werden. Die Breite der Bretter, eben-
falls die des Sockels und des Gesimses,
wie auch die ganze Höhe der Holztäfe-
lung richten sich nach den Größenverhält-
nissen des Raumes. Die untere Gesims-
leiste benützt man gleichzeitig auch zuv
Deckung der oberen Fuge (Fig. 5). Sollen
Konsolen im Gesims angebracht werden,
so empfiehlt es sich, dieselben so zu
zeichnen, daß die unter der Wassernase
sitzende Leiste nicht zwischen zwei Kon-
solen abgeschnitten werden muß, sondern
über die ganze Wand unter den Kon-
solen hergehen kann (Fig. s), weil man
im ersteren Falle eine Menge kurzer
Leisten erhielte, die bei einer Anbringung,
in einem anderen Raume nicht so vor-
theilhaft zu verwerthen wären wie eine
lange Leiste. Die Konsolen befestigt
man von oben mit einer Schraube durch
das Karniesbrett und von der Wand-
seite aus durch eine Schraube gleich
über der unteren Gesimsleiste. Muß
in einer anderen Wohnung die Konsolen-
eintheilung verändert werden, so lassen
sich die vorhandenen Schraubenlöcher
leicht und unsichtbar ansfüllen.

Eine solche Täfelung macht einen

sehr
wie
und
mit




Abbildung 1.037.
Skizze von Lhr. Hövel.

netten Eindruck und dürfte sich,
beschrieben, besonders für Spät-
moderne Renaissancezimmer und-
entsprechender Profilirnng und
Vrnamenten versehen, auch für Ein-
richtungen in tyroler Gothik eignen.
Ghue die einzelnen Holztheile irgend-
wie zu beschädigen, kann man diese
Täfelung ohne große Mühe und Kosten,
nur durch Entfernung der eingedrehten
Schrauben, auseinander nehmen und
anderwärts wieder benutzen. Hat man
in der neuen Wohnung kleinere Wände,
so wird man Sockel und Friesbrett ab-
schneiden lassen müssen, sind größere
wände vorhanden, so muß entweder
den zu kurzen Sockeln, Friesbrettern und
Leisten ein Stück beigefügt werden, oder
es müssen, wenn man die dadurch ent-
stehenden Fugen vermeiden will, Sockel,
Friesbretter und Leisten in passender
Länge neu angefertigt werden, Für
alle Fälle wäre es empfehlenswerth,
wenn man sich gleich bei Anfertigung einer solchen Holztäfelung einige
Reservebestandtheile als Sockel, Friesbretter, Leisten, Konsolen und Bretter
mitanfertigen ließe, damit man sie im Bedarfsfalls zur Hand hat und auch
deshalb, weil es sich bedeutend billiger stellt wie eine spätere stückweise
Neuanfertigung. — Die Kosten für Nenanbringung in anderen Räumen sind
so gering, daß sie durch das Gefühl der Behaglichkeit und der Solidität
reichlich ausgewogen und ich glaube, auch von Allen, denen der Besitz eines^
schönen, gemüthlichen Heims etwas am Herzen liegt, gern getragen werden. —

Juni Aufsatz:
 
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