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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 5.1894

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Schulze, Otto: Die Bedeutung der dekorativen Malerei der Fläche im Heim: mit besonderer Würdigung der vorliegenden Abbildungen
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Ries, B.: Ein Künstler-Fest, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.11721#0055

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März-Heft.

Zllustr. kunstgewerbl. Zeitschrift für Znnen-Dekoration.

5eite 35.

ihnen erscheinen sie engherzig — diese Leute bilden das Gros der
handwerkernden Dekorationsmaler, durchsetzt von Leuten, die einst
Künstlerträume hegten und 5tasseleibilder malten, das sind die
„öchlimmsten", sie untergraben das Ansehen und den Werth der
dekorativen Malerei. Der wirklich geistig schaffende Dekorations-
maler und der große Künstler,
der sich dekorativen Aus-
gaben unterzieht, stimmen
mir bei, denn meine Aus-
führungen haben ihren Rück-
halt an den besten Werken
aller Zeiten. Auch das vor-
liegende Heft, das ganz un-
abhängig von meinem Zdeen-
gang und ohne irgend welches
persönliches Eingreifen eine
ganze Hülle herrlichsterMerke
ursprünglichster Individua-
lität umfaßt, beweist, daß
ich den einsichtsvoll maß-
haltenden Künstlern kein
neues Evangelium gepredigt
habe. Sie mögen sich zum
Theil eines ähnlichenEmpsin-
dens bewußt geworden sein.

Es ist hier nicht der
Platz, sich über die verschie-
denen Techniken und Farben
der dekorativen Malerei ein-
gehender auszulassen, das
thun die einschlägigen Fach-
zeitschriften in ergiebigster
Weise. Selbst bei Kundgabe

'Abbildung Nr. 88Z. Dekorative Wandmalerei, von A. Glaser.

intimster Rezepte und Winke ist eine Maltechnik aus einem Linzel-
aufsatz nicht zu erlernen, denn: „Prokuren geht übers Studiren I"
Gb Gel- oder Leimfarben, Tempera-, Mineral-, Aasein-, Aquarell-
oder Wachsmalerei am geeignetsten erscheint, das dürste doch
meistens von dem vorhandenen Malgrund, von der Gertlichkeit

der zu bemalenden Fläche, von Art und Umfang der auszufüh-
renden Malerei und von manchen anderen Umständen abhängen.
Entschieden ist ein eminentes technisches Können unbedingte Noth-
wendigkeit für jede dekorative Malerei, nicht minder sorgfältigste
Prüfung bei der Wahl dieser oder jener Technik, denn Temperatur

und Licht, Staub und Be-
nutzung werden oft zu un-
versöhnlichen Rächern, wenn
man sie nicht gebührend
respektirt. Malereien auf
Wänden, Möbeln, Stoffen
oder sonstigen Flächen sind
grundverschieden, ebenso ist
die Dekoration größeren Stils
etwas anderes als die Klein-
malerei aus Gfenvorsetzern,
Wandschirmen, Tischplatten
und Schrank- und Truhen-
füllungen. Das mag genug
sein, um zur Vorsicht zu
rathen; jedenfalls werde ich,
soweit sich dies als noth-
wendig erweisen sollte, bei
der nunmehr folgenden nähe-
ren Beschreibung des viel-
seitigen Zllustrationsmate-
rials aus diese und jene
Technik oder Ausführung
zurückgreifen.

Zn der Anfangs-
vig nette sehen wir ein
im Auftrag der hohen
Gemahlin unseres unvergeß-

lichen Kaisers Friedrich von Fritz Geiges, Freiburg i. B., ge-
maltes Fenster: ein Engel hält schützend sein Flügelpaar über
die durch ein Herzensbündniß zu einem Allianzwappen vereinigten
von einer Krone überragten Wappen Preußens und Englands.
Das war ein Bündniß, von dem auch die Kunst zehren konnte

Hier grüßen meines Volkes Hochgedanken
Und seiner Götterbilder heilig-schöne Form.

So darf ich denn mit freud'ger Zuversicht Luch nahen,
Gewiß — Ihr werdet mich versteh'»,

Wenn ich nun bittend mahne, mahnend bitte:

„G, bleibt dem griech'schen Vorbild treu!

„was Ihr auch sinnet, schaffet, bildet
„In Linien, Formen und Geschmeid',

„Ls trage meines Volkes Stempel,

„Ls sei in griech'schem Stil gedacht,

„Denn er allein birgt Heil, allein die Schönheit,

„Jene heilig-hehre, die durch Götterwille
„Den Griechen nur ward offenbar!"

Gottzik.

V, glaubt ihr nicht! V, laßt Luch nicht bethören
Durch dieser Fremden gleißnerisches Wort!

Was sie Luch beut als Ideal des Schönen,

Das ist nur inhaltlose Form —

Den Augen zwar gefällig und den Sinnen schmeichelnd,
Doch nicht von deutschen Wesens Art! —

Uns ist das Schöne nur Gewand des Höchsten,

Das wir in tiefster Brust als Heiligthum erkannt. —
Gedenkt der Väter, denen fremde Boten
Des Glaubens Wunderkrast erschloß —

Gedenket ihres Ringens, ihres Kämpfens,

Bis daß ihr stolzer Sinn
Dem Lhristengotte sich ergab.

Und dann laßt Luch die Wundermähre deuten,

wie dieses Kampfes Hochgetön,

wie dieses Sieges göttlich-milder Friede

Nach Worten rang, in Formen sich ergoß!

G, schaut der Gothik himmlische Gebilde
In ihrer Dome steinern Filigran!

Schaut dieses Lösen von der Lrde, von des Stoffes Schwere,
Schaut dieses Streben himmelan! —

Und dann sagt selbst,

Vb hier der Menschengeist als Bildner
Sich nicht den ersten, höchsten Preis gewann!

Drum höret mich und folget Lurer Väter Art:

„verkündet neu in goth'scher Formensprache,

„Daß Schönheit Werth empfängt
„Nur als des tiefer» Sinnes Gleichniß
„Und daß der Menschen Heimath
„Nur der Himmel sei!" —

Deutsche Nenaiffsnrh.

M, Schwester, sag', warum so ernst, so düster fast
Des Lebens holdem Reize sich entzieh'«?

Sieh, auch ich bin Deines Volkes Tochter
Und auch ich bin Lhristin — gleich wie Du;

Doch fröhlich stellt in meinem Sinne
Sich der Menschen Thun und Sollen dar.

Nicht nur den Kirchen und den Klöstern
Gebühret unsres Schmückens eifrig Müh'n!

Mir dünkt, wer dieser schönen Lrde
würd'ger Gast will sein, der sorge,

Daß Alles, was er sinne, was er schaffe,

Durch schöne Form geadelt sei. —

Schaut auf zum größten Sohne meiner Zeit:

— Albrecht Dürer — er und seines Geist's Genossen
Können lehren, daß weltlich Ding auch heilig sei! (Schluß s. qe.)
 
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