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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 5.1894

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Woseczek, Ludwig: Die Glas-Malerei auf der Weltausstellung in Chicago
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https://doi.org/10.11588/diglit.11721#0066

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Zllustr. kunstgewerbl. Zeitschrift für Znnen-Dekoration.

März-Heft.

Schifffenster für die Kathedrale von Manchester nnd das Fenster: Daniel in
der Löwengrube für die St. Michaelskirche in Rochester hervor.

von österreichischen Glasmalerei-Anstalten habe ich sonst keine ver-
treten gefunden, dagegen eine ganze Anzahl aus dem Deutschen Reiche.
Hier möchte ich die Bemerkung einflechten, daß die deutschen Institute —
mit Ausnahme von Zettler nnd Mayer in München, die Vertretungen in
Amerika haben und daher theilmeise wissen, wie dieses Absatzgebiet zu be-
handeln ist — ohne Rücksicht
auf den amerikanischen Ge-
schmack ausgestellt haben. Mit
anderen Worten, sie schienen
vorauszusetzen, daß der mittel-
alterliche und Renaissancestil,
der in Deutschland gepflegt
und als Ideal der Glasmalerei
angesehen wird, auch beim
amerikanischen Publikum Ge-
fallen erregen kann. Ganz
vergeblich haben sie Kabinet-
stücke dieses Genres, sowie
viele große Figuren, dekorative
Fenster usw. ausgestellt. Der
Amerikaner hat nun einmal
absolut keinen Sinn dafür,
etwas „olä-knsbipiaeck" in
seine Wohnung einzuführen.

Ferner läßt es die englische
Geschmacksrichtung auch nicht
zu, etwas, das nur halbwegs
„ckiatell" aussieht, überhaupt
schön zu finden.

Die Firma Zettler hat
die Ausstellung sehr gut be-
schickt. Ein kolossales oblonges
Fenster, darstellend die Hochzeit
zu Kana, ist in der technischen
Durchführung meisterhaft, da-
gegen sind die Farben etwas
kühl. Die Komposition rührt
von Prof. Lindenschmitt her
und ist wohl bewunderns-
werth, trotzdem konnte ich mich
des Eindrucks nicht erwehren,
daß das Ganze nur als Gel-
gemälde sich zur Höhe eines
vollendeten Kunstwerkes er-
heben würde, dagegen als
Glasmalerei vielen Beding-
ungen, die die eigenartige Aus-
führung stellt, nicht entspricht.

Zettler hat noch ein drei-
theiliges Fenster mit musi-
zirenden Engeln, zwei kleinere,

Verkündigung und Lhristus
am Velberg, und ein früh-
gothisches Fenster: der heilige
Ludwig nimmt das Abendmahl
vor dem Kreuzzuge, ausgestellt.

Jene bewundernswürdige
Sicherheit im Nebeneinander-
setzen disharmonirender Töne,
die im Jusammenklange mit
dem Ganzen sich wieder in
volle Harmonie auflösen, ist
eben sonst nirgends zu finden
wie bei den Engländern. Bei
ihnen steht Alles wie selbst-
verständlich aus, die Farben
scheinen sich wie im leichten-
Spiel aneinander zu fügen, und nur der Kenner merkt das zielbewußte
Vorgehen, wenn ich dagegen die deutschen Bilder ansehe, kommt immer
ein eigenthümliches Gefühl über mich, einerseits heimeln sie mich an, anderer-
seits machen sie auf mich den Eindruck des mühsam Erzwungenen.

Mayer <L Lo. in München haben im Deutschen Hause ausgestellt. Ls
wurde dort eine Kapelle eingerichtet, in welcher sich die Firma diesmal
darauf beschränkt hat, dem Publikum eine — allerdings prachtvolle — Serie
plastischer Kunstwerke vorzuführen. Die Fenster der Kapelle sind klein, aber
gut disponirt. Ihre Anlage ist die der Sanktuariumfenster. In der Mitte

ein Fenster für die Kapelle der ll. S. Naval Akademy in Annapolis Md.,
mit drei Medaillons: Lhristus stillt den Sturm auf dem Meere, oberes und
unteres Medaillon mit Ansichten von Kriegsschiffen. An der Seite zwei
Fenster mit je vier Figuren, und noch weitere mit Teppichmustern.

De BouchL in München hat eine Flora auf weißem Grund, dann
eine Kopie der Holbein - Nodonna ausgestellt. Letzteres Fenster ist muster-
gültig in alter Technik ausgeführt. — L. v. Treck stellt ein Fenster mit

profaner Malerei, „Die Musik",
in einem Rokokorahmen aus;
fernerein zweitheiliges Fenster,
darstellend die Geburt unseres
Herrn und ein weiteres: Jäger
mit erlegtem Hirsch. Dieses
ist recht gelungen und wäre
nebst zwei kleiireren Jagd-
trophäen ein passender Schmuck
für ein altdeutsches Jagdzim-
mer. — S ebastian Eisgru-
ber in Nürnberg hat kleine
Kabinetsstücke. — M. Schuei-
der in Regensburg stellt zwei
dreitheilige Fenster aus; die
Seitentheile in Teppichorna-
mentik, in der Mitte je eine
Figur: St. Martin (dem leider
beim Transporte der Kopf
vgllständig zerschlagen wurde)
und ein Engel.

Auerbach L Lo. in
Berlin haben eine nicht üble
Lhristusfigur und von Profan-
stücken eine ziemlich derb rea-
listische Venus.

Wilhelm Schell in
Dffenburg hat ein spät-
gothisches Brnament-Fenster
und Kabinetsstücke, — Hans
Drinn eberg in Karlsruhe
eine größere Serie von be-
wunderswürdigen Kabinets-
stücken und ein.großes Fenster:
„wein, Weib und Gesang"
ausgestellt. Das letztere ist
eine Meisterleistung sowohl in
Zeichnung, wie auch in tech-
nischer Durchführung nnd Far-
benwahl. Es stellt eine fröh-
liche altdeutch kostümirte Ge-
sellschaft dar, tafelnd und
singend. Drinneberg hat in
allen seinen Fenstern eine
Eigenthümlichkcit, wodurch sie
sich vor anderen vortheilhast
auszeichnen, das ist eine feine
Zusammenstellung von grauen
und halbfarbigen Tönen, denen
er in der Figur oder in der
Hauptgruppe eine lebhaftere
und lichtere Färbung entgegen-
stellt. Hier dürfte das Bild
wohl kaum nach seinem wertste
geschätzt werden. Es ist auch
für Amerika schwer verwend-
bar, denn für eine Privat-
wohnung ist es zu groß und
für einen öffentlichen Saal
eignet es sich deshalb nicht,
weil die Amerikanerinnen sich
gern auf Temperänzlerinnen
Hinausspielen und es „sboelläuZ" finden würden, Ladies trinkend dargestellt
zu sehen. — H. Beiler in Heidelberg hat ein dreitheiliges Grnamentfenster
im Renaissancestil, ein frühgothisches Auferstehungsfenster und eine Glas-
Aehung: „Friede". Letztere muß als vorzügliche Arbeit anerkannt werden.

Im deutschen Hause sind noch einzelne kleinere Arbeiten ausgestellt, so
ein frühgothisches Fenster: Anbetung der heil, drei Könige und ein orna-
mentales Fenster von H. I. Gener in Kempen, bei denen nur der gute
Mille anzuerkennen ist. — Westphal in Berlin brachte eine Serie von
Barockfcnstern, auf lichtem Grunde Brnamente in Silbergelb.

"Abbildung Nr. 8<-2. Dekorative Füllung, „Herbst". Entwurf von L. Hollmann.
 
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