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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 5.1894

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Manefeld, D.: Bilder als Zimmer-Dekoration, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.11721#0121

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Zuni-Heft.

Zllustr. kunstgewerbl. Zeitschrift für Znnen-Dekoration.

Seite 87.

nicht dem eignen Trieb", wenn inan das ohne inneren Grund Zusammen-
gedrängte sieht. Anders natürlich, wenn Jemand von seinen Reisen her
gesammelte Fotografien in Gang und Stiegenhaus aufhängen hat, ein Warte-
zimmer mit Bildern eines bestimmten freundlichen Ideenkreises den Beschauer
beschäftigen soll, ein Jäger, ein Reiter uns seine Liebhaberei zeigt, ein
Gekonom —warum nicht?— die preisgekrönten Exemplare von landwirth-
schaftlichen Ausstellungen unter Glas und Rahmen besitzt. Das hat Alles
seine besondere selbstherrliche Gerichtsbarkeit und untersteht keinem ästhetischen
Forum. — Das militärisch einfache Arbeitszimmer Kaiser Wilhelms I. im
Schlosse Babelsberg mit Hellen Möbeln, hat alle Wände über und über mit
lithografirten Bildern aus den siegreichen Feldzügen bedeckt. — In den
großen Gängen eines Kur-
hauses fand der Verfasser die
ganze Suite der Häfen Frank-
reichs in den prächtigenKupfer-
stichen nach vernet verwendet;
in einem Privathaus bildeten
die volpatoschen Blätter nach
Rafaels großen Wandgemäl-
den im Vatikan ebenfalls eine
imposante Vorplatzdekoration.

Lin einziges großes, altes
Gelbild, nicht allzu dunkel,
besser sogar heiter in Farbe
und Gegenstand, dekorirt für
sich allein schon ein ganzes
Zimmer. Der Bildersammler,
der durch Tausch und verkauf
Bewegung inseineLiebhaberei
bringt, wird sich aber wohl
hüten, sein Geld an ein so
großes Stück zu hängen.

Alte Gelgemälde deko-
riren besser als moderne. Bei
den modernen sprechen gleich-
zeitig zu sehr allerlei Interessen
n?it, Gegenstand, Technik,

Farbengebung. Das alte Bild
aber besitzt schon einen oft
höchst glücklichen Gesammt-
ton. Gegenstand und Technik
wirken diskret, wie verschleiert.

Alles fügt sich leichter dem
Ganzen ein.

Gegen gute Gelfarben-
drucke wäre eigentlich nur
einzuwenden, daß auch sie nach
wenigen Jahren gelb und un-
ansehnlich werden. Etwas
Bedenkliches liegt freilich in
dem Umstand, daß man dem-
selben Kunstblatt allzu oft
begegnen kann, mithin das
sehr wichtige Moment der
Neuheit und Ueberraschung
bei der Dekoration nicht mit-
spricht. — Aquarelle und
Aquarelldrucke gestatten deko-
rativ noch feinere modernere
Wirkungen als Gelgemälde,
weil zu der an einen Feld-
Blumenstrauß erinnernden
Farbeuwirkung des in seinen
Dimensionen gewöhnlich nicht
bedeutenden Gemäldes höchst mannigfaltige Reize des Gegensatzes durch
Farbe und Breite des Randes (Passepartout) und die besondere Ausbildung
des Rahmens kommen, welche bedeutsame Rolle überhaupt dem Bilder-
rahmen zufällt, wer das leugnen möchte, der müßte einmal die Koxenhagener
Gemäldesammlung sehen, die bei dem Schloßbrand nur mit Aufopferung der
meisten Rahmen geflüchtet werden konnte und nun auf den ersten Augenblick
in ihrem Provisorium abscheulich aussieht, bis ganz allmählich erst der Beschauer
sich zum Genuß jener einzig köstlichen Lranachs und alten Italiener erhebt.

Die französische Kritik hat seiner Zeit mit vollem Recht gegen den an
sich köstlichen Rahmen protestirt, welchen die „Nachtwache" Rembrandts im
Ryksmuseum in Amsterdam erhalten hat, dessen zierliche Intarsien zu der
wahrhaft lodernden Gluth der Malerei nicht passen.

Zahllose Mißgriffe begeht aber der Bilderfreund oder der Maler selbst,
wenn ihm nicht die Erfahrung und das reiche Material eines großen Ver-

goldergeschäfts zur Verfügung stehen, wohlfeile Weisheit wäre es jetzt, das
Lob des geschnitzten Holzrahmens gegenüber dem aus Masse gedrückten singen
zu wollen, den gediegenen sorgfältig profilirten Ebenholz- oder Eichenholz-
rahmen zu empfehlen, statt der billigen Surrogate, wir können auch nur
andeuteud erwähnen, daß gerade in den Umrahmungen für den Dekorations-
künstler ein dankbares Feld liegt, selbst wenn er nicht eine eigene, sondern
eine glückliche Idee des Bestellers ausführt. Das moderne Zimmer zeigt in
Umrahmungskünsten eine unbeschränkte Freiheit und Mannigfaltigkeit, Im-
provisationen, wie sie nur einer Damenhand gelinge», nur von dem Uebermuth
der heiteren Jugend eingegeben erscheinen. Das leichte Gerüst dieser Augen-
blickskünste schwindet aber auch mit dem Augenblick. Und wir sollten pedantisch

das Unfaßbare zu registriren
versuchen, die fächer- und
wandschirmartigen Arrange-
ments, Stasfeleien, mit orien-
talischen Tüchern, Zweigen
und Blumen zusammenge-
steckten Fantasien bis zu dem
japanischen Rollbild?

Nehmen wir lieber die
durch den kleinen Exkurs unter-
brochene Reihenfolge wieder
auf, und wir wären an dem
englischen Farben-Kupferstich
des vorigen Jahrhunderts an-
gekommen. Daß diese Bilder
mit ihren entsprechenden Rah-
men (gewöhnlich braun oder
roth gebeiztes Holz mit
Messingstäben oder Einlagen
verziert) den Eindruck der Ge-
diegenheit, des Altväterlichen
Hervorrufen, ist unbestritten;
und es erstaunt nicht, daß der
Eifer der Sammler sich diesen
Blättern mit ganz besonderer
Vorliebe zuwendet und daß
in ähnlicher weise, besonders
in Frankreich, wieder neu xro-
duzirt wird. Der klassische
Kupferstich (Empire-Rahmen)
hat etwas Ernstes, Feierliches,
in seiner strengen Technik
manchmal sogar Ermüdendes
und Beklemmendes. Kapriziös
wirkt dagegen die mit den
Gegensätzen des Schwarz und
weiß am verwegensten um-
springende Radirung.

Als Zimmer-Dekoration
ist die Lithografie nur wenig
noch beliebt; der Sammler
schätzt sich freilich glücklich,
gelingt es ihm, eine Suite
Menzel, Lharlet, Raffet, Ga-
varni zu kompletiren oder
einen Mouilleron zu erwerben,
den Meister des Helldunkels.
Aus den großen Blättern von
Lalame athmet aber die stille
Größe des Hochgebirgs ver-
klärt mit mächtigerem Leben
als aus den farbigen Foto-
grafien. Der Stahlstich kleinen
Formats kommt für die Zimmer-Dekoration eigentlich nicht in Betracht. Die
alte Zeit plünderte die Almanachs und Klassikeransgaben nach den schönen
„Kupfern"; und nicht allzuselten war die Marotte, die Blättchen einzeln ein-
zurahmen und die für eine Puppenstube passenden Bilderchen zu Dutzenden
neben einander aufzuhängen. Schade, daß die großen Prachtblätter der
modernen Holzschnitt-Illustration so selten für Zimmerschmuck verwendet
werden. Die Herstellung besonderer Abzüge für diesen Zweck oder die Mappe
des Sammlers scheint noch nicht zu rentiren Fotografien besitzen im Allge-
meinen mehr ein dokumentarisches Interesse, obwohl gewissen Errungenschaften
der Reproduktionstechnik, wie z. B. den Kohledruckblättern von Braun in
Dörnach (Faksimiles von Handzeichnungen) und der Heliogravüre eine große
dekorative Bedeutung zukommt, während Beigemälde und große Kunstblätter
bei ruhiger, dunkler Umgebung zur Wirkung gelangen, ist gerade durch den
Gegensatz der stoffliche Hintergrund Handzeichnungen günstig, cschlutz in, e.Bogen.)

* Abbildung Nr. Dropeeiis sich eilten Toilette - Tisch, von L. phrygio.
 
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