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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 5.1894

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Kramlinger, Hans: XI. Wiener Möbelindustrie-Ausstellung
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https://doi.org/10.11588/diglit.11721#0161

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August-Heft.

Zllustr. kunstgewerbl. Zeitschrift für Znnen-Dekoration.

gestreiftem Halbseidenstoff, gefüttert mit Levantine fraise. Der
Vorstand der Wiener Tapezierergenossenschaft stellte eine Polster-
garnitur mit Sisge, in stumpfen Farben abgepaßte Muster aus;
die Bourls's sind aus Plüsch; die Vorhänge haben applizirte
Lambrequins. Ein Boudoir in Roquaille hat Polstermöbel mit
resedagrünem Seidenstoff bezogen, die Bourls's sind matt fraise.
Die Draperie der Fensterdekoration besteht aus Flügeln in reseda-
grünem Tharpe-Atlas und matt fraise Tharpe-Atlas. Zn einem
anderen Schlafzimmer ist wiederum die Seide verpönt; der Bett-
baldachin ist aus mattblau gemustertem Tretonne mit blaßgelbem
Futtersatin angefertigt. Sehr modern ist, wie bereits gesagt, die
Verwendung von Gobelinstoff mit Schnurstichapplikation auf Plüsch
oder Sammt. So finden wir hier ein Speisezimmer dessen Ottomane
mit Gobelinstoff bezogen ist, und altblauen Sammt mit Schnur-
stichapplikation in Goldgelb aufweist. Die dazu gehörige Fenster-
dekoration besteht aus
glatten Lambrequins aus
Sammt mit ebenfalls
Schnurstichapplikation. Die
Flügel sind aus Gobelin-
stoff verfertigt. Sehr vor-
nehm wirkt ein Divan mit
großmusterigem altfranzö-
sischem Gobelin, montirt
mit dunkelbordeaurrothem
Sammt. Die zugehörige
Erkerdekoration besteht aus
geraden Lambrequins in
bordeauxrothem Sammt
mit blaßgelber Schnurstich-
applikation; die Flügel aus
Gobelinstoff. Eine beliebte
Zusammenstellung zeigt
folgendes Interieur: Neber-
polsterte Sitzmöbel mit
großblumigemGobelinstoff
nach originalsranzösischen
Mustern, und dunkelreseda
Sammt - Bourls's. Die
Fensterdekoration besteht
aus gestreiftem Goux-
geronne, die Lambrequins
in dunkelreseda Plüsch, die
Draperie und Flügel aus
Stoff. Eine Empiredekora-
tion weist einen gestreiften
grünen Halbseidenstoff mit
altrothem Lharpe-Atlas auf. Die Polstermöbel sind mit gestreiftem
Halbseidenstoff bezogen und mattrothen Seidenplüsch-Bourls's
besetzt. Die Bettdecke ist in Tharpe-Atlas mit Seidenplüsch und
breiten Spitzeneinsätzen ausgeführt. Zu erwähnen wäre noch eine
Rokokodekoration: die Polstermöbel mit buntem Tretonne, Blumen-
muster auf blaugrauem Grunde, das Bourls in Fraise-Seidenplüsch.
Dieselbe Zusammenstellung zeigt die Dekoration des Baldachins.
Zn dem oben erwähnten Schlafzimmer aus gedämpften: Birn-
baumholz sind die Polstermöbel mit gestreiftem, lichtcrsme und
mattblau, Halbseidenstoff bezogen, die Seidenplüsch-Bourls's in
dazu passendem Blau. Die Bettdekoration besteht aus demselben
gestreiftem Halbseidenstoff mit mattblauem Futtersatin. Originell
ist ferner eine vom bereits erwähnten Genossenschaftsvorstand der
Tapezierer ausgeführte über zwei Fenster fortlaufende Dekoration
aus lichtem, mattblauem Seidenstoff, das Futter fraise und eine
sehr hübsche passementerie. Diese passementerie ist die einzige,
welche aus Schönheit Anspruch machen kann, bei allen anderen
Dekorationen der Ausstellung fehlt sie größtcntheils ganz, oder

Seite sssi.

hält sich in sehr einfachen Grenzen. Die Polstermöbel dieses
Interieurs sind theils mit gemustertem mattfraisem Seidenstoff,
theils mit altblauem Rokokostoff bezogen. Eine Spezialität bildet
die Dekoration in den: Bauernzimmer aus Zirbelholz mit Brand-
malerei. Der Eingang zum Erker zeigt eine mit Epheu durch-
flochtene Netzdekoration und persische Flügel.

Rurz zusammsngefaßt: lichte, fraise oder resedagrüne Farb-
töne beherrschen als hochmodern die Dekorationskunst; Stores
werden stark verwendet. Die Dekorationskunst hat sich von den
dunklen, düsteren Farben den lichten, freundlichen Nuancen zuge-
wendel; an Stelle der schwereren, in wuchtigem Faltenwurf fal-
lenden Portisren sind zierlich verschlungene, den: Lichte ungehindert
Durchgang lassende Seidenstoffdekorationen getreten. —

Zu erwähnen wären noch zahlreiche Lederschnittarbeiten, be-
malt und unbemalt oder gebeizt. Die Ledersitze finden immer

mehr Verbreitung, da sich die Erkenntniß ihrer hygienischen Nütz-
lichkeit immer mehr Bahn bricht. Große Anziehungskraft ver-
leihen der Ausstellung die von einer bekannten Wiener Stickerei-
firma zur Ansicht gebrachten nach original-schwedischen Motiven
angefertigten Stickereien auf portisren, Polstermöbelbezügen rc.
patentirt sind dieser Firma die Hängepolster mit Gegengewicht,
welche sich auf Fauteuils- und Sessellehnen in beliebiger Höhe
verschieben lassen. — Die ausgestellten keramischen Erzeugnisse
zeigen verschiedene Einflüsse, maßgebend scheint Alt-Meißen zu sein.
— Die Glasindustrie ist den: Rokoko so ziemlich verfallen; ein
sprechendes Beispiel davon ist eine Likör-Garnitur in Form einer
Parkanlage im Zopfstil. — Die schmiedeeisernen ausgestellten
Objekte sind durchwegs nach alten Vorbildern der Renaissance
sowohl, als auch der Barocke und des Rokokos gearbeitet.

Somit wäre damit eine erschöpfende Beschreibung der
XI. Wiener Möbelindustrie-Ausstellung geliefert und bildet dieser
Bericht zugleich ein Bild der Geschmacksrichtung, welche heute
das wiener Runstgewerbe beherrscht. Franz Lramlinger.

Abbildung Nr. Y88. Interieur mit Gittcrtvrrl:. Siehe erläut. Text.
 
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