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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 5.1894

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Zimmermann, E.: Das Kunstgewerbe auf der Weltausstellung in Antwerpen
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November-Heft.

Illustr. kunstgewerbl. Zeitschrift für Innen-Dekoration.

Seite i67.

Lin erster Stelle aber um des Geschmackes der Aufstellung und
der überraschenden Leistungsfähigkeit willen die Looisto ancuyyms
-äs8 oristallsrj.68 clu Val. 81. Kambsrt. Hier finden sich köstliche
Gläser in Krystallschliff, wie man sie sonst in dieser Güte nur
England zutraut, darunter eine Riesenvase mit dem belgischen
L^öwen und den Wappen der belgischen Provinzen; ferner Ueber-
fanggläser, reizende Gravirungen u. a. m., vereint in einem von
hohen Fenstern und Spiegeln würdig abgeschiedenem Raume, der
in seiner Gesammtheit einen bestrickenden Eindruck macht. Boch
ckrörss, La Louvisre sind würdige Vertreter der Keramik. Delfter,
Rouener Fayencen und solche von Nevers ahmen sie geschickt nach,
wenn sie auch die alten Originale in den Farbentönen durchaus
nicht erreichen und ihren Delfter Sachen der eigentliche Glanz
fehlt. Ebenso steht es mit den Imitationen persischer Keramik.
Interessanter sind die auch hier unter dem Einfluß japanischer
Kunst entstandenen Versuche mit geflammten Glasuren, sowie einige
sehr originelle Teller mit Vögeln und Blumen in ungemein leuch-
tenden, anscheinend durch todte Ränder getrennten farbigen Glasuren,
bezeichnet Werke E. Difflochs. An den zahlreichen Wandfliesen
aber ist hier, wie auch an denen anderer Länder, das Streben nach
naturalistischen Farbeneffekten zu tadeln, deren völlige Erreichung
der launenhafte Brand doch immer in Frage stellt. Die Alten,
in weiser Beschränkung, blieben immer bei einer konventionellen
Farbengebung. Gute geflammte Fayencen hat dann noch Baudoux
L Eo., Brüssel, ausgestellt, daneben auch Vasen mit ölfarben-
artig aufgetragenen Blumen.

Belgiens spezifische Kunsterzeugnisse, die Spitzen, sind reichlich
zur Schau gelangt. Die Oomxs.Auis ckss luclss, Brüssel, und
Minne Dansaert in Haeltert dürften hierin das Beste geleistet
haben. Alte Techniken werden hier auf alte und neue Muster ange-
wandt. Sehr bedeutend erscheint auch die Bronze-Industrie Belgiens,
zunächst freilich die von Goldbronze zu Montirungen, dann aber
euch Kunstbronze bei der OompuAuis cls8 Brourios in Brüssel,
die mit den verwandten französischen Industrien wohl rivalisiren
kann und auch große Kunstwerke von Ringel, Vin^otte, Iespers u. A.
in der Kxp08iiücm cks8 bsaux art8 ausgestellt hat. Ferner seien
noch Möbel, Gobelins, Juwelierarbeiten, Glasfenster, Buch-
einbände rc. genannt. Auch kann es nicht Wunder nehmen, daß
im Lande der Klerikalen Erzeugnisse der kirchlichen Kunst reichlich
zur Aufstellung gelangt sind. Wenn man hier auch die recht
stilvoll gothischen Marmoraltäre p. peeters bewundern darf, so
muß man doch auch hier, wie in der deutschen und französischen
Abtheilung, staunen, wie wenig Werth die Kirche, die einst die
Trägerin der Künste war, daraus legt, diese Rolle auch jetzt noch
fortzusetzen.*)

In der Mitte des ihm angewiesenen Raumes hat Frankreich
fast nur Kunstgewerbliches in einer einfachen, aber würdigen Ein-
rahmung ausgestellt. Hier fallen vor Allem die Bronzen in die
Augen, die Barbedienne, Soleau und Suffe gemeinsam ausgestellt
haben. Elftere Firma scheint seiner alten Weise treu zu bleiben,
feinen Erzeugnissen eine glatte metallartig wirkende Oberfläche
won warmer, bräunlicher Tönung mit stellenweis durchschimmerndem
goldigem Bronzetone zu geben. Soleau und Suffe sind die Ex-
perimentäre, die, vielleicht ebenfalls auf Anregung Japans hin,
neue Tönungen versuchen, künstliche Patina erzeugen und die Ober-
fläche rauh lassen. Bei ihnen auch finden sich die launigen
Gefäße eines Thersts, die impressionistisch reliefirten Ledrus.
Neben jenen Firmen kommt nun noch Toupier lll8 in Betracht,
bei dem sich jene seit Kurzem auch bei uns erschienenen hellgrünen
Bronzen finden. Die Hauptsache ist hier die praktische Verwen-
dung derselben zu Trägern elektrischen Lichtes, bei denen allerdings
eine erschreckliche Erfindungsarmuth auffällt. Den Bronzen in

*) Dieser Uebelstand ist auch vou der jüngsten Generalversammlung
der Katholiken Deutschlands zu Köln richtig anerkannt und von derselben
Lagegen eine Resolution gefaßt morden.

gewisser weise verwandt sind jene Terrakotta-Statuetten und -Büsten
aus graubraunem Thon in seiner Durchbildung und dezenter Be-
malung, die aus dem Pariser und Wiener Atelier Goldscheiders
stammen. Was Frankreich oder vielmehr Paris in Keramik
bietet, zeigen die getrennten Ausstellungen von Element Massier
und Massier llls. Auch hier ausschließlich Gesäße von plumper
Form mit dem gefälligen Spiel farbiger Glasuren, bei elfterem
auch Versuche mit Reflets, die aber noch zu matt und wir-
kungslos ausgefallen sind.

Sövres ist nur durch einige Prachtvasen im salls ä'lionusnr
vertreten, der außerdem noch Gobelins und wahre Prachtstücke
von Möbeln im Stile Louis XVI. mit vorzüglich ziselirten Bronze-
beschlägen enthält. Au den vornehmsten Abtheilungen der ganzen
Ausstellung gehört sodann der abgeschlossene Raum der Lyoneser
Seidenwaaren. Mit feinstein Geschmack sind hier die prächtigsten
Stoffe aufgebaut, unter ihnen als Neuheit solche mit halb natura-
listischen, halb stilisirten Einzelblumen in englischem Geschmack.
Zum Schluß seien dann auch noch die Emailen alten und neuen
Stils von Soyers und Tharles Jean, Paris, erwähnt.

Man kann indessen die Schilderung des französischen Kunst-
gewerbes nicht beenden, ohne zu erwähnen, daß es in Frankreich
ein Kunstgewerbe gibt, das sich auf Ausstellungen immer stolz
von diesen eben genannten Erzeugnissen absondert und auch hier-
in der Kxpobitioir cls8 bsaux art8 seinen Platz gesucht hat.
Seine Erzeuger sind große Künstler, zum mindesten große Erfinder,
welche ihr Vaterland um eine neue Idee oder um eine neue Technik
zu bereichern suchen. Hier sind hervorzuheben neben Therst mit
einer Bronzevase in matten: Goldton, Delacherche's geflammte
Glasuren mit Reflet, Dammoux' Nachahmungen japanischer Stein-
zeugarten mit impressionistischen Malereien und schließlich Gallä's
Gläser mit unendlich seinem Reliefschliff.

Ein Land, in deni es auf kunstgewerblichem Gebiet nur
wenig Fortschritt gibt, ist Italien, da hier der alte Kunstfond
noch immer auszureichen scheint. Venedig ist in Antwerpen durch
Glas und Mosaik, Möbeln und Arbeiten aus bandartigem Blech,
Florenz durch seine Dutzendarbeiten in marmornen Figuren,Marmor-
mosaiken und namentlich den alte Majoliken imitirenden Fayencen
Lantangalli's vertreten. Auch Neapel hat reichlich seine skizzen-
haft modellirten, fast unglasirten Vasen mit den frei angeklebten
Vögeln, Blumen und Figuren hierhergesandt, Nove dagegen seine
noch immer wie im vergangenen Jahrhundert trübglasirten
Fayencen mit naturalistischer dem Porzellandekor entnommenen
Blumenbemalung.

In Oesterreich-Ungarn dominirt die Keramik und das Glas.
Hier hat der Oesterreichische Kunstgewerbeverein eine kleine aber
ausgewählte Kollektivausstellung veranstaltet. Lobmeyr zeigt da
seine schönsten Gläser, geschliffene und emaillirte, I. Lötz vor-
zügliche Glasimitationen von Halbedelsteinen, R. Pilz Porzellan
im Geschmack der eingegangenen kaiserlichen Wiener-Manufaktur,
T. Haas Imitationen alter Goldschmiedesachen, Hollenbach Söhne
und Fr. pönninger Kunstbronze, L. Politzer Maler-Email und
I. pramer Heiligenbilder in Gruben-Email. Einige Prachtstücke
hinsichtlich Technik und Geschmack hat das Oesterreichische Kunst-
gewerbemuseum selber ausgestellt, in denen einmal dem Kunst-
gewerbe die höchsten Aufgaben gestellt worden sind. Außerhalb
dieser Gesammtausstellung sind nur noch Ernst Wahliß und
Zoolnay-Pöco zu erwähnen; doch sind ihre keramischen Artikel,
zumeist mit Elfenbeingrund und matter Bemalung, nur Massen-
produkte. — Von den übrigen Ländern verdient nur Rußland seiner
bekannten Bronzen und Emailen wegen und Norwegen, das letztere
seit Kurzem in seiner eigenen Weise nachzuahmen trachtet, Er-
wähnung. Bei Persien, Bulgarien, Thina und selbst Japan
findet sich dagegen ausschließlich ordinäre Verkaufswaare, an der
diese Ausstellung überhaupt nur zu reich ist, und über die hier
weiter zu berichten, kein Grund vorliegt. — Vv. L. Zimmcrinaiin.
 
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