5eite WO.
Illustr. kunstgewerbl. Zeitschrift für Innen-Dekoration.
Juni-Heft.
kämme tragenden Wogen, eine düstere Herbst- und friedliche Winter-
stimmung karakteriftisch von der Wandfläche abheben — aber schwerlich
dürste sich ein heiteres Frühlingsbild, lebenathmende Rinderszenen und
dergl. damit absinden lassen. Aber ebenso verwerflich wäre es, wollte
man für Darstellungen, die die tragische Seite des Lebens berühren, den
Gold-Rahmen wählen; Lichen
mit leichter Goldmattirung
oder eingelegten schwarzen
Friesen würde hier am Besten
am Platze sein. Ls wird
immer noch viel zu wenig
Werth aus solche Punkte bei
der Wahl des Rahmens ge-
legt und nur aus dieser Ver-
nachlässigung ist der Gold-
Rahmen so arg in Verruf
gekommen, daß in einer Ge-
mälde-Galerie von tausend
farbigen Bildern neunhun-
dertneunzig in Gold-Rahmen
prangen: nur aus Bequem-
lichkeit. Auch hier gilt, wie
in so vielen anderen Dingen,
zur Nachachtung: „Jedem
das Seine." Manches hat
sich ja schon in dieser Rich-
tung geändert; man hat dem
„Gold"-Rahmen gewisse iri-
sirende Bronzetöne in Grün,
Rupfer, Orange, Oliv, auch
Blaugrün gegeben, aber doch
nur vereinzelt und die metal-
lische Spiegelblende des Rah-
mens ist trotzdem bestehen ge-
blieben. Immerhin sind diese
Bestrebungen anzuerkennen, das Litronen- und Dukaten-Gold
sich wenigstens nicht überall in ungehemmter Weise aus.
So gute Dienste Gold bei Farben leistet, so gefährlich kann es bei
Rupferstichen, Radirungen, Fotografien, überhaupt bei allen in mono-
- Abbildung Nr. Z6S. Piarnno-Rückwand-Dekoration, siehe Text Seite ;03.
drängt
toner Färbung gehaltenen Bildern werden. Die Harmonie der Gegen-
sätze wird unfehlbar in die Brüche gehen; selbst der bei allen grafischen
Reproduktionen so vermittelnd wirkende weiße Rand wird das Gold
wenig dämpfen können, es bleibt stets ein schreiender Gegensatz. Linzig
und allein ist hier der eichene, schwarze oder brünirte Holz-Rahmen mit
spärlicher Goldvertheilung an
richtiger Stelle. Rechtgenom-
men hat jede gerahmte gra-
fische Reproduktion (Rupfer-
stich, Fotografie rc.) zwei Um-
rahmungen: den eigentlichen
Rahmen und den weißen oder
leicht in gelb oder grau ge-
tönten Papierrand, welcher
den Papierton des Bildes um-
gibt. Dieser Rand hat einen
doppelten Zweck: er soll dem
Bilde eine größere, monumen-
talere Erscheinung geben (da
die Plattengröße durch tech-
nische Schwierigkeiten die
Druck- d. h. Bildfiäche be-
stimmt), dann soll er aber
auch ein unmittelbares Lin-
engen des Rahmens, ein schein-
bares Drücken desselben gegen
die Feinheiten der grafischen
Bildfläche verhüten; der weiße
Rand soll auslichten, um hier-
durch den Stich größeren For-
mates wandsähig zu machen.
Stiche und Fotografien in -p
und groß 8" und darunter
gehören überhaupt nicht an
die Wand, sondern in die
Sammelmappen zur Besichtigung auf der Tischfläche. — Der Rand bei
grafischen Bildern sollte nie zu klein, lieber etwas reichlich genommen
werden; bei kleineren Bildern verhältnißmäßig breiter als bei den Groß-
Folio- und Imperial-Blättern. Der Flächeninhalt des Randes sollte
Ausschmückung der
durch Frauenhändp.
von A. Herwarth von Bittenfeld, (xserrä. A. Her.)
^enzemgen, welchen die nöthigen Geldmittel zur Verfügung
stehen, wird es heutzutage nicht schwer fallen, sich eine mehr
oder weniger geschmackvolle Einrichtung zu beschaffen. Ab-
bildungen in verschiedenen Zeitschriften, Beschreibungen dieser oder jener
besonders kostbaren Einrichtung, Zusammenstellung von Möbeln, wie
sie in großen Geschäften üblich sind, um uns ein Schlafzimmer, ein
Wohnzimmer, ein Eßzimmer u. s. w. recht anschaulich darzustellen,
befähigen uns eine Wohnung schön einzurichten, ohne den eigenen Ge-
schmack zu Rathe zu ziehen. Und doch wird selbst ein kostbar ein-
gerichtetes Zimmer eine gewisse Rälte ausstrahlen, falls nicht die Aus-
schmückung, wenn auch nur in kleinen Details, einen besonderen und
persönlichen Rarakter verräth.
Sonst spiegelt sich in der ganzen Einrichtung wohl der Geist des
geschickten Handwerkers, des kunstfertigen Tapeziers wieder, nicht aber
der Geist des Bewohners, der seinen Wohnräumen einen besonderen
Stempel aufdrückt. Schöne Gemälde, Runstgegenstände aller Art, üppiger
Pflanzenschmuck, kostbare Stickereien, welche die Dame,des Hauses selbst
angefertigt hat, verleihen den Räumen etwas Anziehendes und Be-
lebendes, das uns bis zu einem gewissen Grade mit dein Rarakter
der Bewohner in Berührung bringt.
Rostbare Einrichtungen jedoch kann sich nicht jeder beschaffen und
selbst solche, die ihr erstes Heim mit guten neuen Möbeln ausstatteten,
müssen sich, nach so und so vielen Umzügen und langjährigem Gebrauch,
davon überzeugen, daß die ursprüngliche Frische geschwunden ist und
die Form der Möbel nicht mehr den Anforderungen der Mode entspricht.
Viele sind darauf angewiesen, ihre Heimstätten mit sehr bescheidenen
Mitteln einzurichten, ohne sich in dieser Hinsicht irgend einen Luxus
gestatten zu dürfen, aber das meine ich, müsse die Aufgabe eines jeden
sein, vorwiegend die Aufgabe der Hausfrau, den Räumen, in welchen
man wohnt und mithin den größten Theil des Lebens verbringt, ein
möglichst hübsches und poetisches Aussehen zu verleihen. Jeder ver-
wende dazu die Hilfsquellen, die ihm zu Gebote stehen und suche alle
Dinge, die er besitzt in günstigster Weise zur Geltung zu bringen.
Hat man den Vortheil, in einer schönen Gegend zu wohnen, wo
sich beim Blick durchs Fenster eine herrliche Aussicht darbietet, so strahlt
diese einen solchen Glanz aus und leitet die Blicke derartig nach außen,
daß die innere Einrichtung wenig ins Gewicht fällt. Sonnenschein in
der Stube verleiht dieser ebenfalls etwas besonders Anziehendes und
die Hellen Strahlen, welche auf dem Fußboden tanzen und einen goldenen
Schimmer im Raum verbreiten, lassen über manche Mängel der Ein-
richtung hinwegsehen. Doch dies sind Einflüsse von außen, die wir dankbar
annehmen, wenn sie geboten werden, nicht aber selbst schaffen können.
Bei der Ausschmückung der Räume tritt der verschiedenste Geschmack
zu Tage und ist jedem Einzelnen Gelegenheit gegeben, seinen Schön-
heitssinn zu entwickeln, ohne daß sich in diesem Fall besondere Regeln
geben ließen. Nur meine ich, daß jede Steifheit, jede Ueberladung
vermieden werden muß, denn wo „ein Wenig" hübsch ist, wirkt ein
„zu Viel" erdrückend. Gewiß ist es malerisch, wenn über einem Bild
ein natürlicher Zweig mit künstlichen Schneeballen niederhängt, aber es
bringt durchaus keine vortheilhafte Wirkung hervor, wenn die gleichen
Blumen sich über dem Spiegel hinziehen und in reicher Fülle von den
Gardinen und Portieren niederbaumeln, so daß man sich nicht mehr
Illustr. kunstgewerbl. Zeitschrift für Innen-Dekoration.
Juni-Heft.
kämme tragenden Wogen, eine düstere Herbst- und friedliche Winter-
stimmung karakteriftisch von der Wandfläche abheben — aber schwerlich
dürste sich ein heiteres Frühlingsbild, lebenathmende Rinderszenen und
dergl. damit absinden lassen. Aber ebenso verwerflich wäre es, wollte
man für Darstellungen, die die tragische Seite des Lebens berühren, den
Gold-Rahmen wählen; Lichen
mit leichter Goldmattirung
oder eingelegten schwarzen
Friesen würde hier am Besten
am Platze sein. Ls wird
immer noch viel zu wenig
Werth aus solche Punkte bei
der Wahl des Rahmens ge-
legt und nur aus dieser Ver-
nachlässigung ist der Gold-
Rahmen so arg in Verruf
gekommen, daß in einer Ge-
mälde-Galerie von tausend
farbigen Bildern neunhun-
dertneunzig in Gold-Rahmen
prangen: nur aus Bequem-
lichkeit. Auch hier gilt, wie
in so vielen anderen Dingen,
zur Nachachtung: „Jedem
das Seine." Manches hat
sich ja schon in dieser Rich-
tung geändert; man hat dem
„Gold"-Rahmen gewisse iri-
sirende Bronzetöne in Grün,
Rupfer, Orange, Oliv, auch
Blaugrün gegeben, aber doch
nur vereinzelt und die metal-
lische Spiegelblende des Rah-
mens ist trotzdem bestehen ge-
blieben. Immerhin sind diese
Bestrebungen anzuerkennen, das Litronen- und Dukaten-Gold
sich wenigstens nicht überall in ungehemmter Weise aus.
So gute Dienste Gold bei Farben leistet, so gefährlich kann es bei
Rupferstichen, Radirungen, Fotografien, überhaupt bei allen in mono-
- Abbildung Nr. Z6S. Piarnno-Rückwand-Dekoration, siehe Text Seite ;03.
drängt
toner Färbung gehaltenen Bildern werden. Die Harmonie der Gegen-
sätze wird unfehlbar in die Brüche gehen; selbst der bei allen grafischen
Reproduktionen so vermittelnd wirkende weiße Rand wird das Gold
wenig dämpfen können, es bleibt stets ein schreiender Gegensatz. Linzig
und allein ist hier der eichene, schwarze oder brünirte Holz-Rahmen mit
spärlicher Goldvertheilung an
richtiger Stelle. Rechtgenom-
men hat jede gerahmte gra-
fische Reproduktion (Rupfer-
stich, Fotografie rc.) zwei Um-
rahmungen: den eigentlichen
Rahmen und den weißen oder
leicht in gelb oder grau ge-
tönten Papierrand, welcher
den Papierton des Bildes um-
gibt. Dieser Rand hat einen
doppelten Zweck: er soll dem
Bilde eine größere, monumen-
talere Erscheinung geben (da
die Plattengröße durch tech-
nische Schwierigkeiten die
Druck- d. h. Bildfiäche be-
stimmt), dann soll er aber
auch ein unmittelbares Lin-
engen des Rahmens, ein schein-
bares Drücken desselben gegen
die Feinheiten der grafischen
Bildfläche verhüten; der weiße
Rand soll auslichten, um hier-
durch den Stich größeren For-
mates wandsähig zu machen.
Stiche und Fotografien in -p
und groß 8" und darunter
gehören überhaupt nicht an
die Wand, sondern in die
Sammelmappen zur Besichtigung auf der Tischfläche. — Der Rand bei
grafischen Bildern sollte nie zu klein, lieber etwas reichlich genommen
werden; bei kleineren Bildern verhältnißmäßig breiter als bei den Groß-
Folio- und Imperial-Blättern. Der Flächeninhalt des Randes sollte
Ausschmückung der
durch Frauenhändp.
von A. Herwarth von Bittenfeld, (xserrä. A. Her.)
^enzemgen, welchen die nöthigen Geldmittel zur Verfügung
stehen, wird es heutzutage nicht schwer fallen, sich eine mehr
oder weniger geschmackvolle Einrichtung zu beschaffen. Ab-
bildungen in verschiedenen Zeitschriften, Beschreibungen dieser oder jener
besonders kostbaren Einrichtung, Zusammenstellung von Möbeln, wie
sie in großen Geschäften üblich sind, um uns ein Schlafzimmer, ein
Wohnzimmer, ein Eßzimmer u. s. w. recht anschaulich darzustellen,
befähigen uns eine Wohnung schön einzurichten, ohne den eigenen Ge-
schmack zu Rathe zu ziehen. Und doch wird selbst ein kostbar ein-
gerichtetes Zimmer eine gewisse Rälte ausstrahlen, falls nicht die Aus-
schmückung, wenn auch nur in kleinen Details, einen besonderen und
persönlichen Rarakter verräth.
Sonst spiegelt sich in der ganzen Einrichtung wohl der Geist des
geschickten Handwerkers, des kunstfertigen Tapeziers wieder, nicht aber
der Geist des Bewohners, der seinen Wohnräumen einen besonderen
Stempel aufdrückt. Schöne Gemälde, Runstgegenstände aller Art, üppiger
Pflanzenschmuck, kostbare Stickereien, welche die Dame,des Hauses selbst
angefertigt hat, verleihen den Räumen etwas Anziehendes und Be-
lebendes, das uns bis zu einem gewissen Grade mit dein Rarakter
der Bewohner in Berührung bringt.
Rostbare Einrichtungen jedoch kann sich nicht jeder beschaffen und
selbst solche, die ihr erstes Heim mit guten neuen Möbeln ausstatteten,
müssen sich, nach so und so vielen Umzügen und langjährigem Gebrauch,
davon überzeugen, daß die ursprüngliche Frische geschwunden ist und
die Form der Möbel nicht mehr den Anforderungen der Mode entspricht.
Viele sind darauf angewiesen, ihre Heimstätten mit sehr bescheidenen
Mitteln einzurichten, ohne sich in dieser Hinsicht irgend einen Luxus
gestatten zu dürfen, aber das meine ich, müsse die Aufgabe eines jeden
sein, vorwiegend die Aufgabe der Hausfrau, den Räumen, in welchen
man wohnt und mithin den größten Theil des Lebens verbringt, ein
möglichst hübsches und poetisches Aussehen zu verleihen. Jeder ver-
wende dazu die Hilfsquellen, die ihm zu Gebote stehen und suche alle
Dinge, die er besitzt in günstigster Weise zur Geltung zu bringen.
Hat man den Vortheil, in einer schönen Gegend zu wohnen, wo
sich beim Blick durchs Fenster eine herrliche Aussicht darbietet, so strahlt
diese einen solchen Glanz aus und leitet die Blicke derartig nach außen,
daß die innere Einrichtung wenig ins Gewicht fällt. Sonnenschein in
der Stube verleiht dieser ebenfalls etwas besonders Anziehendes und
die Hellen Strahlen, welche auf dem Fußboden tanzen und einen goldenen
Schimmer im Raum verbreiten, lassen über manche Mängel der Ein-
richtung hinwegsehen. Doch dies sind Einflüsse von außen, die wir dankbar
annehmen, wenn sie geboten werden, nicht aber selbst schaffen können.
Bei der Ausschmückung der Räume tritt der verschiedenste Geschmack
zu Tage und ist jedem Einzelnen Gelegenheit gegeben, seinen Schön-
heitssinn zu entwickeln, ohne daß sich in diesem Fall besondere Regeln
geben ließen. Nur meine ich, daß jede Steifheit, jede Ueberladung
vermieden werden muß, denn wo „ein Wenig" hübsch ist, wirkt ein
„zu Viel" erdrückend. Gewiß ist es malerisch, wenn über einem Bild
ein natürlicher Zweig mit künstlichen Schneeballen niederhängt, aber es
bringt durchaus keine vortheilhafte Wirkung hervor, wenn die gleichen
Blumen sich über dem Spiegel hinziehen und in reicher Fülle von den
Gardinen und Portieren niederbaumeln, so daß man sich nicht mehr