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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 3.1892

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Weber, Georg: Ueber die Dekoration der Wohnräume, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.6760#0195

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Leite s,52.

Zllustr. kunstgewerbl. Zeitschrift für Znnen-Dekoration.

Leptember-lfeft.

Meder die der

von Georg Weber.

kSchluß.)

Schlafzimmer. Boi der Ausschmückung unserer Wohnräume haben
wir uns zunächst mit denjenigen beschäftigt, in welchen der Mensch
wirkt und schafft, sich vielleicht nur für Augenblicke der Ruhe hingibt,
um sich zu erholen oder zu erfrischen und wo er endlich seine Freunde
zum geselligen oder geschäftlichen Verkehr empfangen will. Anderem Zwecke dient
das Schlafzimmer. Hier findet die längste Pause der Erholung von des Tages
Arbeit statt. Hier wird eine längere Ruhe gepflegt, die wir mit dem Worte „Schlaf"
bezeichnen. Das Schlafzimmer hat dieses besonderen Zweckes wegen seine besondere
Dekoration nöthig. wenn der Körper nach des Tages Mühe abgespannt und müde,
erschlafft und matt ist, so ist er auch nicht mehr für grelle Farben und bizarre
Formen empfänglich, und deshalb »
zu empfehlen, im Schlafzimmer
alles das zu vermeiden, was auf
die Sinne noch aufregend ein-
wirken und dadurch den Schlaf
stören könnte. — Das Schlaf-
zimmer sei daher ruhig wirkend,
warm und weich in Farbentönen,
mit Stoffmustern in ruhigerZeich-
nung und milden, gebrochenen
Farben. Dieselben sind auch nicht
störend beim Erwachen, wo ein
jäher Wechsel vom Dunkel des
Schlafs zum Tageslicht zu ver-
meiden ist und eine Farbe, die
letzteres eher dämpft als hervor- ,
ruft, das Licht eher einsaugt als
zurückwirft, das Auge allmählich
zum Lichte führt, am Geeig-
netsten erscheint. — Die Skala
der Farbentöne ist so umfang-
reich und die Kunst liefert für
diesen Zweck so mannigfaltige
Muster, daß jede Neigung des
Einzelnen zu befriedigen ist.

Thüren und Fenster sind am vor-
theilhaftesten im Ton der Tapete
zu halten, jedoch ist nicht er-
forderlich, daß dieselben unmerk-
bar in den Wandflächen ver-
schwinden. Jede Sache für sich
ist durch Farben herauszuheben
nnd hat eine'Zierde des Zim-
mers zu bilden. Der Zweck des
Verschwindens wird doch nie er-
reicht, deshalb müssen nament-
lich die Thüren in den Farben
so abgetönt werden, daß sie sich
von der wand abheben und
Noch sich der ganzen Dekoration
harmonisch anschließen.

Für die Dekoration der Decken
hat man mancherlei Mittel, sie
dürfen doch keineswegs zu hell
erscheinen und finden zeltartige
oder netzartige Malerei oder auch
stoffüberzogene Flächen gewiß
manchen Liebhaber. Durch ein
verständiges Anordnen der Gar-
dinen, durch Malerei oder Nat-
tirung in den Fenstern, welche
das etwa zu starke Licht noch
mehr dämpfen, durch Teppiche,

Polstermöbel und Bilderschmuck,
insbesondere aber durch breite und bequeme Auordnung der Betten läßt sich das
Schlafzimmer so vollständig ausstatten, daß es allen Anforderungen an ein Ruhezimmer
entspricht, in welchem sich nicht allein gut schlafen, sondern auch gut erwachen läßt.

Das Badezimmer ist zwar ein Raum, in dem in der Regel nur ein ein-
samer und kurzer Aufenthalt üblich ist. Doch darf er trotzdem bei der künstlerischen
Ausstattung nicht unberücksichtigt bleiben. Man wird zwar zufrieden, sein, wenn er
ein sauberes Aussehen bietet, eine Malerei, die dauerhaft und leicht zu reinigen ist,
als Wandverkleidung Marmor — oder Fliesen in freundlichen Farben und in na-
türlicher nicht imitirter Ausführung — nicht Schein, sondern Stein. Man wird sich
zuweilen aber auch Unterhaltung wünschen und dann bietet z. B. das Leben der
Thier- und Pflanzenwelt in und am Wasser der Vorwürfe so mancherlei, daß selbst
mit bescheidenen Mitteln, jedoch mit etwas Witz und Fantasie auch aus dem Bade-
zimmer ein geschmackvoller und anheimelnder Raum geschaffen werden kann. Die
Badezimmer liegen zwar in den meisten Fällen nicht an der schönsten Lage des
Hauses, umsomehr ist es gerathen, sie in solcher weise auszuschmücken, daß sie einen

freundlichen Eindruck machen, und sich in ihnen eine kurze Zeit behaglich in Ein-
samkeit verleben läßt.

Der Salon oder das Besuchzimmer hat mancherlei Zwecken zu dienen.
In der Regel sieht man in ihm Zusammenkünfte, die entweder durch die „Etiquette"
bedingt sind und die Stellung des Besitzers in der Gesellschaft repräsentier», oder
er dient dazu, bei feierlichen oder fröhlichen Anlässen in der Familie die Mitglieder
derselben und die Freunde des Hauses um sich zu versammeln. Daher ist in solchem
Raume nicht nur Rang und Besitz des Ligenthümers zum entsprechenden Ausdruck
zu bringen, sondern auch der gesellschaftlichen Stellung der Besuchenden Rechnung
zu tragen, ja selbst nach Thunlichkeit mit der Ausstattung des Raumes auf Personen

in anderen Lebens- und Ver-
mögensverhältnissen weder ab-
stoßend noch verletzend zu wirken.
Die persönlichen Geschmacks-An-
sichten können deshalb bei der
Ausschmückung nicht allein die
maßgebenden sein, sondern die-
selbe muß vielmehr einer mehr
allgemeinen Geschmacksrichtung
entsprechen, und dürften be-
währte Kräfte dabei zn Rathe
zu ziehen sein. Im Salon soll
Alles nach den besten Vorbildern
und Entwürfen ausgeführt er-
scheinen; er darf durch die Ma-
lerei nicht beengt, sondern eher
größer als kleiner erscheinen und
die Farben dürfen namentlich
die Anzüge der Damen und da-
mit diese selbst nicht beeinträch-
tigen. Deshalb sind die feurigen,
höchsten Farbentöne zu vermei-
den, denn nicht die todte wand,
sondern der lebendige Mensch,
hier der zuvorkommend empfan-
gene Gast, soll den Mittelpunkt
des Raumes bilden und sein
Schmuck sein; ja sogar stumpfe
Tönung der Wand, entsprechend
mit Gold gehoben und mit feiner,
geschmackvoller Ornamentik ver-
ziert, ist hier am Platze. Durch
maßvoll angewendete Friese in
kräftiger Farbe lassen sich etwa
wünschenswerthe Gegensätze
leicht gewinnen und die Wahl
der Farben kann wesentlich dazu
beitragen, dem Raume schein-
bare Perspektive Erweiterung zu
geben. Nur hüte man sich, z. B.
Blau an der Decke so anzuwen-
den, als ob man scheinbar aus
den vier wänden in das freie
Firmament sehe; komisch und
lächerlich wird aber diese viel-
leicht Manchen bestechendeDecken-
malerei, wenn unter ihr ein
Kronleuchter angebracht ist, oder
gar eine schwere Stuckrosette an
dem blauen Himmelszelte festge-
nagelt erscheint. Jede Malerei
muß vielmehr den Gesetzen der
Architektur und des Raumes an-
gepaßt werden, wenn sie ihre Aus-
gabe erfüllen will. Auf plastischen Architekturtheilen müssen aber die Farben so ver-
theilt werden, daß die zurücktretenden, wozu zunächst die blauen Töne zählen, die
Tiefen füllen; die rothen die halberhabenen Theile bedecken und das Gold oder Gelb
die höchsten Stellen schmücken. Dagegen läßt sich durch unrichtige Anwendung der
Farben ein plastisch etwa sehr hervortretender Gegenstand so behandeln, daß er beinahe
wie eine Fläche wirkt und der beabsichtigte Effekt verloren geht. Der Fußboden eines
Salon bilde, wie in jedem Raume überhaupt, durch sein Muster stets eine ebene
Fläche, scheinbare plastische Muster sind zu vermeiden, weil sie mit dem Karakter
einer Fläche, aus der man sich bewegen will, im Widerspruch stehen. Der Bilder-
schmuck der wände sei ferner weder kleinlich noch armselig, sondern den Flächen
angepaßt/, jedenfalls künstlerischen Ansprüchen entsprechend, allgemein verständlich,
anregend zur Unterhaltung und nicht tendenziös, wer diese Gedanken berücksichtigt,
wird auch leicht die richtige Wahl in der Art der Ausschmückung, wie sie hier in
Frage komint, treffen können und zur Vervollständigung des Ganzen leicht die ge-
eigneten Mittel finden. Die ganze Ausschmückung soll überhaupt derart sein, daß

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