Dezember-Heft.
Seite 2 s 7.
ieihuachtstilch und das.Hunstgelvrrbe.
von ch flornig.
enige Wochen nur trennen uns noch von dem Abend, da
wieder einmal nach Jahresfrist der Lichterbauin in unseren:
Heim aufflammt, das Zimmer mit festlichem Glanze über-
strahlend und frischen Waldesduft durch die Räume hauchend. Die
Zeit steht vor der Thüre, wo es gilt, die Wünsche und Bedürfnisse
nahestehender und liebgewordener Personen zu errathen, wo es ans
Kopfzerbrechen geht, was man wohl schenken könne! Während es in
kaufenden von Familien übergenug dringende nothwendige Bedürfnisse
gibt, welche befriedigt werden möchten, und doch gar oft nicht können,
ist andererseits in den begüterten Kreisen meist die Frage: „Was schenke
ich?" zur wahren ^ual geworden, weil direkte Wünsche entweder nicht
geäußert, überhaupt nicht empfunden werden, weil,
wie man sich kurz auszudrücken pflegt, eben Alles
schon doppelt und dreifach vorhanden ist. Gin Gang
durch die Straßen der Stadt, von einem weihnachtlich
geputzten Schauladen zum andern, ist dann meist
der rettende Aus-
weg, und dempubli-
kum ist es wahrlich
leicht genug ge-
macht, bei der Fülle
der ausliegenden
Sachen auf einen
guten Gedanken zu
kommen. Poesie
und Prosa, das
heißt beispielsweise
Kunsthandlungen
wie Delikateßge-
schäfte sind in glei-
cher Weise bestrebt,
ihre Anziehungs-
kraft geltend zu
machen, und nicht
zum Wenigsten auch
nimmt unser Kunst-
gewerbe an diesem
Wettstreit Theil.
In unserer Zeit,
wo zwischen Hand-
werk, Kunstgewerbe
und Kunst so gut
wie gar keine Gren-
zen mehr bestehen,
wo inan fast nur
von Uebergangs-
sormen sprechen
möchte, ist das große
Publikum schon viel zu sehr verwöhnt, es weiß darum den Werth des
Gebotenen gar nicht voll genug zu schätzen, und das Gebotene selbst
noch gar nicht auszunützen. Während der künstlerisch Gebildete mit
Wohlgefallen und Anerkennung vor einem Tisch, einer Vase, einer
Statuette u. dergl. steht, nimmt der anspruchslose Laie das hin, als
wäre da eben gar nichts weiter daran und dabei. Vielleicht liegt dem
sogar in manchem Falle eine Blasirtheit des künstlerischen Gefühls zu
Grunde, eine Uebersättigung des Fassungsvermögens, weil eben unsere
Zeit an kunstgewerblichen Arbeiten ungemein produktiv, beinahe über-
produktiv ist. Dies zeigen Jedem die prächtigen kunstgewerblichen
Schauläden, und es mag allerdings für den Laien ein schweres Stück
Arbeit sein, aus dem unendlich vielen Guten, das herauszusuchen, was
für seine häusliche Einrichtung das Beste ist, und es mag auch ebenso
schwer sein, die oft gebotene künstlerische „Diät", die nöthige Enthalt-
samkeit zu üben, damit man sein Heim nicht zu einem Hamsterbau
stempelt, in den: man Alles zusammenträgt, was irgend einen höheren
kunstgewerblichen Werth besitzt. Alles einheitlich! Das soll das Aus-
stattungsprinzip eines Jeden sein, der sich einen Raum wahrhaft traulich
Abbildung Nr. H72.
Vorplatz-Möbel für einen grötzeren Raum
und angenehm machen will. Dieser Einheitlichkeits-Gedanke kann auch
zur Weihnachtszeit für Viele zum „rettenden Engel" werden; man
möge nur einmal prüfend, kritisirend die Räume seines Heimes, oder
die Wohnung dessen, den man beschenken will, durchschreiten, und da
wird Einem gar mancher stilverderbender Störenfried auflallen, den
man noch von der vor-ewigen Einrichtung her pietätvoll mit herüber-
genommen hat, während andererseits auch noch manche Kleinigkeit fehlt,
die zur Belebung und Hebung der Stil-Durchführung von Nutzen wäre.
Es sei nur, um aus der Menge der Dinge etwas sehr Naheliegendes
heraus zu greisen, an die Lampe gedacht! Auch diese muß sich der
gesummten Zimmereinrichtung anpassen, und während zu Rokoko und
Barock sich die leicht fundirten, graziös aufstrebenden,
mit Ballons aus Porzellan (oder ähnlicher Masse)
versehenen am Besten eignen, werden zu Renaissance
die metallenen, kompakten Formen zu wählen sein.
Die Lampe, die im Winter zu einer Hauptperson
wird, darf keines-
wegs als Aschen-
brödel behandelt
werden, soll aber
auch nicht zu einem
formüberladenen
Monstrum ausar-
ten, das sogleich die
Blicke Aller aus sich
zieht. Als eng da-
mit zusammenhän-
gend, sei auch der
verurtheilenswer-
then Mode gedacht,
aus dem Lichtschirm
wahre Ungeheuer
zu fabriziren, von
denen man nie recht
weiß, ob dieselben
eine beleuchtete Re-
klame für ein Putz-
geschäft oder ein
Tüll-, Spitzen- oder
Blumenladen sind.
Fort mit solchem
Iahrmarktskram,
und ums Himmels-
willen keinen Weih-
nachtstisch damit
verunziert! Da gibts
andere Dinge, Ge-
genstände, die wahr-
haft kunstgewerblichen Werth in sich haben, und von denen vorschlags-
weise etliche angeführt werden sollen. Von großen Möbelstücken wird
hier natürlich abgesehen, es sei nur der kleineren Gegenstände ge-
dacht, die man als Geschenk-Sachen anzusehen pflegt. Die reizenden
Terracotta-Figürchen, in zum großen Theil humoristischer Auffassung,
desgleichen in noch höherem Maße auch die echten Wiener Bronze-
Artikel — wahre Miniatur-Kunstwerke —, sind wie geschaffen zu Ge-
schenken; die Porzellan- und Majolika-Industrie bietet ebenfalls des
Schätzenswertsten unendlich viel, und Vasen, Blumentöpfe mit passendem
Ständer bilden für jedes Zimmer einen paffenden Schmuck. Erwähnt
seien an dieser Stelle auch die als Wanddekoration verwendeten „Prunk-
teller", die allerdings von der Urform bedeutend genug abweichen, und
in ihrer jetzt meist üblichen Form, bezw. Ausführung kaum gutzuheißen
sind. Die Prunkteller von früher waren, wie der Name sagt, in der
Thal wahre Pracht- und Meisterstücke, aber bei aller künstlerischen
Ausführung doch zur praktischen Benutzung bestimmt, und sei es auch
nur zu Feier- und Festtagen. Unsere Prunkteller von heute aber sind
überhaupt nicht zum Gebrauch bestimmt, sondern ausschließlich Dekora-
tion A. ffuber, Mainz.
Seite 2 s 7.
ieihuachtstilch und das.Hunstgelvrrbe.
von ch flornig.
enige Wochen nur trennen uns noch von dem Abend, da
wieder einmal nach Jahresfrist der Lichterbauin in unseren:
Heim aufflammt, das Zimmer mit festlichem Glanze über-
strahlend und frischen Waldesduft durch die Räume hauchend. Die
Zeit steht vor der Thüre, wo es gilt, die Wünsche und Bedürfnisse
nahestehender und liebgewordener Personen zu errathen, wo es ans
Kopfzerbrechen geht, was man wohl schenken könne! Während es in
kaufenden von Familien übergenug dringende nothwendige Bedürfnisse
gibt, welche befriedigt werden möchten, und doch gar oft nicht können,
ist andererseits in den begüterten Kreisen meist die Frage: „Was schenke
ich?" zur wahren ^ual geworden, weil direkte Wünsche entweder nicht
geäußert, überhaupt nicht empfunden werden, weil,
wie man sich kurz auszudrücken pflegt, eben Alles
schon doppelt und dreifach vorhanden ist. Gin Gang
durch die Straßen der Stadt, von einem weihnachtlich
geputzten Schauladen zum andern, ist dann meist
der rettende Aus-
weg, und dempubli-
kum ist es wahrlich
leicht genug ge-
macht, bei der Fülle
der ausliegenden
Sachen auf einen
guten Gedanken zu
kommen. Poesie
und Prosa, das
heißt beispielsweise
Kunsthandlungen
wie Delikateßge-
schäfte sind in glei-
cher Weise bestrebt,
ihre Anziehungs-
kraft geltend zu
machen, und nicht
zum Wenigsten auch
nimmt unser Kunst-
gewerbe an diesem
Wettstreit Theil.
In unserer Zeit,
wo zwischen Hand-
werk, Kunstgewerbe
und Kunst so gut
wie gar keine Gren-
zen mehr bestehen,
wo inan fast nur
von Uebergangs-
sormen sprechen
möchte, ist das große
Publikum schon viel zu sehr verwöhnt, es weiß darum den Werth des
Gebotenen gar nicht voll genug zu schätzen, und das Gebotene selbst
noch gar nicht auszunützen. Während der künstlerisch Gebildete mit
Wohlgefallen und Anerkennung vor einem Tisch, einer Vase, einer
Statuette u. dergl. steht, nimmt der anspruchslose Laie das hin, als
wäre da eben gar nichts weiter daran und dabei. Vielleicht liegt dem
sogar in manchem Falle eine Blasirtheit des künstlerischen Gefühls zu
Grunde, eine Uebersättigung des Fassungsvermögens, weil eben unsere
Zeit an kunstgewerblichen Arbeiten ungemein produktiv, beinahe über-
produktiv ist. Dies zeigen Jedem die prächtigen kunstgewerblichen
Schauläden, und es mag allerdings für den Laien ein schweres Stück
Arbeit sein, aus dem unendlich vielen Guten, das herauszusuchen, was
für seine häusliche Einrichtung das Beste ist, und es mag auch ebenso
schwer sein, die oft gebotene künstlerische „Diät", die nöthige Enthalt-
samkeit zu üben, damit man sein Heim nicht zu einem Hamsterbau
stempelt, in den: man Alles zusammenträgt, was irgend einen höheren
kunstgewerblichen Werth besitzt. Alles einheitlich! Das soll das Aus-
stattungsprinzip eines Jeden sein, der sich einen Raum wahrhaft traulich
Abbildung Nr. H72.
Vorplatz-Möbel für einen grötzeren Raum
und angenehm machen will. Dieser Einheitlichkeits-Gedanke kann auch
zur Weihnachtszeit für Viele zum „rettenden Engel" werden; man
möge nur einmal prüfend, kritisirend die Räume seines Heimes, oder
die Wohnung dessen, den man beschenken will, durchschreiten, und da
wird Einem gar mancher stilverderbender Störenfried auflallen, den
man noch von der vor-ewigen Einrichtung her pietätvoll mit herüber-
genommen hat, während andererseits auch noch manche Kleinigkeit fehlt,
die zur Belebung und Hebung der Stil-Durchführung von Nutzen wäre.
Es sei nur, um aus der Menge der Dinge etwas sehr Naheliegendes
heraus zu greisen, an die Lampe gedacht! Auch diese muß sich der
gesummten Zimmereinrichtung anpassen, und während zu Rokoko und
Barock sich die leicht fundirten, graziös aufstrebenden,
mit Ballons aus Porzellan (oder ähnlicher Masse)
versehenen am Besten eignen, werden zu Renaissance
die metallenen, kompakten Formen zu wählen sein.
Die Lampe, die im Winter zu einer Hauptperson
wird, darf keines-
wegs als Aschen-
brödel behandelt
werden, soll aber
auch nicht zu einem
formüberladenen
Monstrum ausar-
ten, das sogleich die
Blicke Aller aus sich
zieht. Als eng da-
mit zusammenhän-
gend, sei auch der
verurtheilenswer-
then Mode gedacht,
aus dem Lichtschirm
wahre Ungeheuer
zu fabriziren, von
denen man nie recht
weiß, ob dieselben
eine beleuchtete Re-
klame für ein Putz-
geschäft oder ein
Tüll-, Spitzen- oder
Blumenladen sind.
Fort mit solchem
Iahrmarktskram,
und ums Himmels-
willen keinen Weih-
nachtstisch damit
verunziert! Da gibts
andere Dinge, Ge-
genstände, die wahr-
haft kunstgewerblichen Werth in sich haben, und von denen vorschlags-
weise etliche angeführt werden sollen. Von großen Möbelstücken wird
hier natürlich abgesehen, es sei nur der kleineren Gegenstände ge-
dacht, die man als Geschenk-Sachen anzusehen pflegt. Die reizenden
Terracotta-Figürchen, in zum großen Theil humoristischer Auffassung,
desgleichen in noch höherem Maße auch die echten Wiener Bronze-
Artikel — wahre Miniatur-Kunstwerke —, sind wie geschaffen zu Ge-
schenken; die Porzellan- und Majolika-Industrie bietet ebenfalls des
Schätzenswertsten unendlich viel, und Vasen, Blumentöpfe mit passendem
Ständer bilden für jedes Zimmer einen paffenden Schmuck. Erwähnt
seien an dieser Stelle auch die als Wanddekoration verwendeten „Prunk-
teller", die allerdings von der Urform bedeutend genug abweichen, und
in ihrer jetzt meist üblichen Form, bezw. Ausführung kaum gutzuheißen
sind. Die Prunkteller von früher waren, wie der Name sagt, in der
Thal wahre Pracht- und Meisterstücke, aber bei aller künstlerischen
Ausführung doch zur praktischen Benutzung bestimmt, und sei es auch
nur zu Feier- und Festtagen. Unsere Prunkteller von heute aber sind
überhaupt nicht zum Gebrauch bestimmt, sondern ausschließlich Dekora-
tion A. ffuber, Mainz.