Dezember-Heft.
Zllustr. kunstgewerbl. Zeitschrift für Znnen-Dekoration.
Seite 223.
erkennen läßt, daß man nicht wirkliche Spitze vor sich habe. Unter den Lyoner
Fabrikaten befinden sich auch einige, die Spitzendessins imitiren, nirgends aber in
so täuschender Weise. Der betreffende Vorhang zeigt unten eine goldbraune Arabesken-
bordüre und darunter wie darum abermals eine Spitze mit abgepaßtem Rande.
Von den neuen Gewebe will ich nur ein paar hier kurz beschreiben. Da sieht man
eins mit mattgrünem Rixsfonds und rosa und weißen von Schleifen gehaltenen
Bouquets. Zwischen denselben befinden sich von gelber Seide umrahmt die Ge-
stalten von abwechselnd einem Knaben und einem Mädchen in bunten Kostümen.
Lin anderes mit hellgrauem Fonds zeigt ebenfalls Blumengewinde, die oben von
herabfallenden Troddeln gehalten sind und die Umrahmung für kleine Landschaften
bilden, in denen sich Fabelthiere befinden, ein drittes besonders schönes mit flatternden
Enden aus weißer Spitze auf blaßgrauem Grund ist mit Medaillons verziert, die
auf lachsrosa Fonds bald mit der in braunem Sammet gehaltenen Figur eines
Mädchens, bald mit ebensolchen Bouquets geschmückt, und von braunen und dunkel-
grauen Blumengewinden umgeben sind.
Unter den einzelnen Stücken, die für die Ausschmückung einer Wohnung
bestimmt find, ist die Auswahl natürlich eine noch weit
größere, aber nur von dem geringsten Theil derselben
werde ich hier sprechen können. Da ist zuerst ein
Toilettentisch zu nennen, der der Kaiserin Marie Louise
gehörte. Derselbe besteht vollständig aus Glas und
zwar wird der eigentliche Tisch, dessen Platte durch eine
Unterlegung bläulich schimmert, an beiden Seiten durch
eine Lyra aus gedrehtem Glas getragen, die auf ver-
goldeten vogelköpfen ruhen. Den Spiegel von be-
deutendem Umfang halten zwei goldene Frauengeftalten.
Zu diesem Spiegel passend ist ein Polstersessel vorhanden,
dessen Gestell ebenfalls aus Glas ist; letzteres mehr
eigentümlich als praktisch oder hübsch. Aus derselben
Zeit wie der Toilettentisch stammt ein kleiner Damen-
schreibtisch aus eingelegtem Rosenholz. Das sich darüber
erhebende Schränkchen ist von einem seingemalten
Bildchen in goldenem Rahmen, eine tropische Seeland-
schaft darstellend, überragt. Ebenso eingefaßte Blumen-
medaillons schmücken die Thüren, andere, die Landschaften
mit Häusern zeigen, die Schubladen und auch an beiden
Seiten befinden sich noch kleine Gemälde.
Sind die meisten der bisher genannten Sache»
übrigens wohl zum größten Theil nicht aus den fleißigen
Händen kunstfertiger Frauen hervorgegangen, so ist dies
doch fast durchweg in Bezug auf die Kaminschirme der
Fall, von denen viele und sehr schöne vorhanden sind.
Zum Theil haben Malerinnen hier ihre Fähigkeiten
bewiesen und man sieht prächtige, auf Plüsch oder Seide
gemalte «Ofenvorsetzer, von denen besonders einer, der
große dunkelrothe und goldbraune offene Malven auf
braunrothem Plüsch zeigt, wunderschön aussah. Sehr
eigenthümliche Arbeit weisen einige andere auf; mau
hat nämlich auf einem Fonds von Heller Seide durch
schmale Seidenbändchen Muster hergestellt, die vollständig
wie sehr erhabene hervortretende Stickerei erscheinen.
So sieht man auf einem mit dnnkelgraugrünem Plüsch
drapirten, welcher oben an einer Seite durch eine
Silberagraffe gehalten wird, auf blaßgrünem Fond
einen Blumenkorb mit Rosenguirlanden, die nach allen
Seiten überfallen. Bei andern sind aus einem etwas
schweren weißen Tüllstoff Blumenbouquets auf matt-
grauem Grund gebildet und zwar ist das Material so
geschickt verwendet worden, daß man auch ganz feine I
Gräser damit imitirte, die von oben herabfallen. Dieser
Schirm hat einen Goldrahmen und Goldguirlanden!
gehen oben über denselben. In dem Saal, welcher die
Kaminschirme enthält, sind auch eine Menge japanischer ^
Stores vorhanden, die man so viel zum Schmuck von
Thüren und Wänden verwendet und besonders interessant war ein großes Bild,
das sehr viele weibliche Figuren enthält und anscheinend das Leben in einem
vornehmen japanischen Badeorte illustrirt.
Die Sammlungen, welche von fremden Staaten gesandt wurden, nehmen
einen großen Theil der oberen Räume ein und ist unter denselben besonders die
österreichische sehr interessant, doch besteht sie hauptsächlich in Stickereien für Wäsche
und Kostüme, sowie auch in letzteren überhaupt, die die verschiedenen Trachten
der Nationen zeigen, die sich unter österreichischem Scepter befinden. In Bezug
auf dekorative Gegenstände hat jedenfalls, wie dies ja auch zu erwarten stand.
Frankreich das Beste geleistet und die hiesigen Produzenten nicht nur schöne «Objekte
zur Ansicht gebracht, sondern auch hin und wieder neue Ideen entwickelt, die die
fremden Ausstellungen vermissen lassen. So finden sich z. B. in einem französischen
Stand, der überhaupt sehr geschmackvolle Majoliken aufweist. Säulen zur Aufnahme
von Vasen in Form von Karyatiden, in einem andern sieht man die Figur eines
Blitze werfenden Zeus, welche an ihren Enden winzige Glasröhren tragen, in denen
elektrisches Licht sich entzündet. Sehr hübsch, wenn auch kaum so originell, ist eine
elektrische Lampe in Form einer hohen Frauengestalt, die Blumengewinde über
ihrem Haupte hält, von denen die Lichtstrahlen ausgehen. — Weniger reich, als
man es hätte annehmen dürfen, ist die Ausstellung mit panneaux versehen, und
unter den vorhandenen zeichnen sich auch nur wenige durch besondere Schönheit
oder Erfindungsgabe aus. Die meisten, so hübsch sie auch sind, variiren doch immer
die alten Themata, d. h. zeigen Blumen in jeder Form, griechische Götterfiguren
oder Thiergestalten und bemüht man sich, im Allgemeinen Gobelins darin zu imi-
tiren. Nur zwei fielen mir durch etwas mehr Eigenthümlichkeit auf. nämlich ein
Panneau, das eine mit «Orchideen in jeder Farbe gefüllte Vase darstellt, die an
einem offenen Fenster steht, durch das man Feld und Wald erblickt, und das mib
Stoffen drapirt zu sein scheint, sowie ein zweites, das eine allerliebste Gruppe, ein
bäuerliches Liebespaar in einer ländlichen Stube, vorführt, über deren Dach sich
Laub und Blüthen ranken. — _
Mälsthnngen von Munstgegerl ständen und
Erzeugnisten des Kunstgewerbes.
Betrachten wir uns nun einmal die Methoden der Fälschungen und die Gegen-
stände, die gefälscht werden, etwas genauer. Der Brauch. Kunstgegenstände anzu-
fertigen in der Absicht, sie für Werke eines anderen
Künstlers auszugeben, ist alt. Einzelne Fälle mögen
schon im Alterthum vorgekommen sein, jedenfalls ver-
suchten sich schon im XVI. Jahrhundert die Fälscher
mit Glück an der Herstellung von „neuen" antiken ge-
schnittenen Steinen und dem Nachstechen von Kupfer-
stichen berühmter lebender Künstler. Ls existiren un-
zählige und oft täuschende Nachahmungen nach Kupfer-
stichen von Albrecht Dürer, Beham u. A. Noch zu
Dürers Lebzeiten verbot der Rath der Stadt Nürnberg
einem italienischen Händler den verkauf von Kopien
nach Dürer'schen Werken in Nürnberg. Später, im
XVII. und zu Anfang des XVIII. Jahrhunderts, wurden
viele gefälschte Niellen angefertigt und hauptsächlich
von Venedig aus in den Handel gebracht. Ls waren
dies sowohl Platten als Abdrücke derselben. Eben so
alt ist das Fälschen von inkunablen Formschnitten und
Blockdrucken aus den ersten Zeiten der Buchdruckerkunst.
Letzteres wurde bis in die neueste Zeit vergnügt und
fröhlich weiter getrieben. Noch in den sechziger Jahren
verstand es ein Schwindler in München mehrere her-
vorragende Kenner mit nachgeahmten Blockdrucken zu
betrügen, bis endlich der Schwindel aufgedeckt und der
Händler ins Gefängniß gesteckt wurde. Nachahmungen
von mit Bildwerken versehenen Zinngeschirren franzö-
sischer Meister, die Zinngießer aus Nürnberg im XVI.
Jahrhundert herstellten, befinden sich heute noch in vielen
Sammlungen und erzielen im Handel einen hohen
Preis, trotzdem sie den Originalen an Schönheit der
Ausführung ganz bedeutend nachstehen. Namentlich die
Arbeiten des F. Briot sind von dem Nürnberger Zinn-
gießer LasparLnderlein sehr häufig nachgegossen worden.
Die Liebhaberei für das Alte zwingt in der Ge-
genwart viele Künstler und Kunsthandwerker alte Ge-
genstände mit allen Merkmalen des Alters nachzuahmen
und sie dürfen unter Umständen nicht einmal wagen,
Neues zu schaffen, damit sie ihre Auftraggeber nicht
scheu machen. Geschickte Elfenbeinschnitzer, welche für
Arbeiten, die unter dem eigenen Namen des Verfertigers
gehen, keinen Markt finden, beschäftigen sich an ver-
schiedenen Orten mit der Nachahmung von Dixtichen
und kleinen gothischen Altärchen aus Elfenbein. Na-
mentlich die mittelalterlichen, oft sehr reich mit figuralem
Schmuck versehenen Llfenbeinkämme werden auf die
geschickteste Art von deutschen, italienischen und fran-
zösischen Meistern nachgebildet und als alte Originale
gern und viel gekauft. In Wien und Paris fälscht
man seit so Jahren die deutschen Werke der Klein-
skulptur aus Kehlheimer Stein, die aus dem XVI. Jahrhundert stammen, und zwar
so täuschend, daß sogar Fachblätter die Nachahmungen als neu aufgefundene Werke
abbildeten. — Auch Metallarbeiten sind ein dankbares Feld für die modernen
Fälscher. Alle Veränderungen, die durch die Länge der Zeit, Einfluß der Witte-
rung usw. an Metallen sichtbar werden, lassen sich auf chemischem Wege sehr leicht
künstlich erzeugen. Doch mangelt den Nachahmern oft die Kenntniß der Art und
Weise, wie die alten Meister ihre Arbeiten herstellten. Aus diesem Grunde wenden
die Fälscher oftinals Werkzeuge oder verfahrungsarten an, die den Alten gänzlich
unbekannt waren. Alte Waffen, namentlich solche mit eingeätzten Verzierungen,
werden erzeugt in Stuttgart, Paris. Nürnberg und München, „von Nürnberg aus
kamen in früheren Jahren Rundschilde mit geätzten Figuren in den Handel, die
massenhaft gekauft wurden, trotzdem die Kostümunmöglichkeiten an den Figuren
ganz deutlich den neuen Ursprung der Arbeit verriethen."
Goldschmiedearbeiten des XVI. und XVII. Jahrhunderts, meistens Gegen-
stände aus Bergkrystall mit einaillirter Fassung, werden in Paris und Wien höchst
stilgerecht komponirt und vorzüglich ausgeführt. Diese Schmuckgegenstände werden,
als alt. hauptsächlich in den süddeutschen Modebädern und Frankfurt a. N. an den
Mann (oder die Frau) gebracht, und hauptsächlich von Russen und Engländern ge-
kauft. Daß in Rom und Neapel antike Bronzegegenstände gefälscht werden, ist
'Abbild. Nr. q?8. Schrank-Füllung in Malerei.
Entworfen von Architekt w. Winkler, Berlin.
Zllustr. kunstgewerbl. Zeitschrift für Znnen-Dekoration.
Seite 223.
erkennen läßt, daß man nicht wirkliche Spitze vor sich habe. Unter den Lyoner
Fabrikaten befinden sich auch einige, die Spitzendessins imitiren, nirgends aber in
so täuschender Weise. Der betreffende Vorhang zeigt unten eine goldbraune Arabesken-
bordüre und darunter wie darum abermals eine Spitze mit abgepaßtem Rande.
Von den neuen Gewebe will ich nur ein paar hier kurz beschreiben. Da sieht man
eins mit mattgrünem Rixsfonds und rosa und weißen von Schleifen gehaltenen
Bouquets. Zwischen denselben befinden sich von gelber Seide umrahmt die Ge-
stalten von abwechselnd einem Knaben und einem Mädchen in bunten Kostümen.
Lin anderes mit hellgrauem Fonds zeigt ebenfalls Blumengewinde, die oben von
herabfallenden Troddeln gehalten sind und die Umrahmung für kleine Landschaften
bilden, in denen sich Fabelthiere befinden, ein drittes besonders schönes mit flatternden
Enden aus weißer Spitze auf blaßgrauem Grund ist mit Medaillons verziert, die
auf lachsrosa Fonds bald mit der in braunem Sammet gehaltenen Figur eines
Mädchens, bald mit ebensolchen Bouquets geschmückt, und von braunen und dunkel-
grauen Blumengewinden umgeben sind.
Unter den einzelnen Stücken, die für die Ausschmückung einer Wohnung
bestimmt find, ist die Auswahl natürlich eine noch weit
größere, aber nur von dem geringsten Theil derselben
werde ich hier sprechen können. Da ist zuerst ein
Toilettentisch zu nennen, der der Kaiserin Marie Louise
gehörte. Derselbe besteht vollständig aus Glas und
zwar wird der eigentliche Tisch, dessen Platte durch eine
Unterlegung bläulich schimmert, an beiden Seiten durch
eine Lyra aus gedrehtem Glas getragen, die auf ver-
goldeten vogelköpfen ruhen. Den Spiegel von be-
deutendem Umfang halten zwei goldene Frauengeftalten.
Zu diesem Spiegel passend ist ein Polstersessel vorhanden,
dessen Gestell ebenfalls aus Glas ist; letzteres mehr
eigentümlich als praktisch oder hübsch. Aus derselben
Zeit wie der Toilettentisch stammt ein kleiner Damen-
schreibtisch aus eingelegtem Rosenholz. Das sich darüber
erhebende Schränkchen ist von einem seingemalten
Bildchen in goldenem Rahmen, eine tropische Seeland-
schaft darstellend, überragt. Ebenso eingefaßte Blumen-
medaillons schmücken die Thüren, andere, die Landschaften
mit Häusern zeigen, die Schubladen und auch an beiden
Seiten befinden sich noch kleine Gemälde.
Sind die meisten der bisher genannten Sache»
übrigens wohl zum größten Theil nicht aus den fleißigen
Händen kunstfertiger Frauen hervorgegangen, so ist dies
doch fast durchweg in Bezug auf die Kaminschirme der
Fall, von denen viele und sehr schöne vorhanden sind.
Zum Theil haben Malerinnen hier ihre Fähigkeiten
bewiesen und man sieht prächtige, auf Plüsch oder Seide
gemalte «Ofenvorsetzer, von denen besonders einer, der
große dunkelrothe und goldbraune offene Malven auf
braunrothem Plüsch zeigt, wunderschön aussah. Sehr
eigenthümliche Arbeit weisen einige andere auf; mau
hat nämlich auf einem Fonds von Heller Seide durch
schmale Seidenbändchen Muster hergestellt, die vollständig
wie sehr erhabene hervortretende Stickerei erscheinen.
So sieht man auf einem mit dnnkelgraugrünem Plüsch
drapirten, welcher oben an einer Seite durch eine
Silberagraffe gehalten wird, auf blaßgrünem Fond
einen Blumenkorb mit Rosenguirlanden, die nach allen
Seiten überfallen. Bei andern sind aus einem etwas
schweren weißen Tüllstoff Blumenbouquets auf matt-
grauem Grund gebildet und zwar ist das Material so
geschickt verwendet worden, daß man auch ganz feine I
Gräser damit imitirte, die von oben herabfallen. Dieser
Schirm hat einen Goldrahmen und Goldguirlanden!
gehen oben über denselben. In dem Saal, welcher die
Kaminschirme enthält, sind auch eine Menge japanischer ^
Stores vorhanden, die man so viel zum Schmuck von
Thüren und Wänden verwendet und besonders interessant war ein großes Bild,
das sehr viele weibliche Figuren enthält und anscheinend das Leben in einem
vornehmen japanischen Badeorte illustrirt.
Die Sammlungen, welche von fremden Staaten gesandt wurden, nehmen
einen großen Theil der oberen Räume ein und ist unter denselben besonders die
österreichische sehr interessant, doch besteht sie hauptsächlich in Stickereien für Wäsche
und Kostüme, sowie auch in letzteren überhaupt, die die verschiedenen Trachten
der Nationen zeigen, die sich unter österreichischem Scepter befinden. In Bezug
auf dekorative Gegenstände hat jedenfalls, wie dies ja auch zu erwarten stand.
Frankreich das Beste geleistet und die hiesigen Produzenten nicht nur schöne «Objekte
zur Ansicht gebracht, sondern auch hin und wieder neue Ideen entwickelt, die die
fremden Ausstellungen vermissen lassen. So finden sich z. B. in einem französischen
Stand, der überhaupt sehr geschmackvolle Majoliken aufweist. Säulen zur Aufnahme
von Vasen in Form von Karyatiden, in einem andern sieht man die Figur eines
Blitze werfenden Zeus, welche an ihren Enden winzige Glasröhren tragen, in denen
elektrisches Licht sich entzündet. Sehr hübsch, wenn auch kaum so originell, ist eine
elektrische Lampe in Form einer hohen Frauengestalt, die Blumengewinde über
ihrem Haupte hält, von denen die Lichtstrahlen ausgehen. — Weniger reich, als
man es hätte annehmen dürfen, ist die Ausstellung mit panneaux versehen, und
unter den vorhandenen zeichnen sich auch nur wenige durch besondere Schönheit
oder Erfindungsgabe aus. Die meisten, so hübsch sie auch sind, variiren doch immer
die alten Themata, d. h. zeigen Blumen in jeder Form, griechische Götterfiguren
oder Thiergestalten und bemüht man sich, im Allgemeinen Gobelins darin zu imi-
tiren. Nur zwei fielen mir durch etwas mehr Eigenthümlichkeit auf. nämlich ein
Panneau, das eine mit «Orchideen in jeder Farbe gefüllte Vase darstellt, die an
einem offenen Fenster steht, durch das man Feld und Wald erblickt, und das mib
Stoffen drapirt zu sein scheint, sowie ein zweites, das eine allerliebste Gruppe, ein
bäuerliches Liebespaar in einer ländlichen Stube, vorführt, über deren Dach sich
Laub und Blüthen ranken. — _
Mälsthnngen von Munstgegerl ständen und
Erzeugnisten des Kunstgewerbes.
Betrachten wir uns nun einmal die Methoden der Fälschungen und die Gegen-
stände, die gefälscht werden, etwas genauer. Der Brauch. Kunstgegenstände anzu-
fertigen in der Absicht, sie für Werke eines anderen
Künstlers auszugeben, ist alt. Einzelne Fälle mögen
schon im Alterthum vorgekommen sein, jedenfalls ver-
suchten sich schon im XVI. Jahrhundert die Fälscher
mit Glück an der Herstellung von „neuen" antiken ge-
schnittenen Steinen und dem Nachstechen von Kupfer-
stichen berühmter lebender Künstler. Ls existiren un-
zählige und oft täuschende Nachahmungen nach Kupfer-
stichen von Albrecht Dürer, Beham u. A. Noch zu
Dürers Lebzeiten verbot der Rath der Stadt Nürnberg
einem italienischen Händler den verkauf von Kopien
nach Dürer'schen Werken in Nürnberg. Später, im
XVII. und zu Anfang des XVIII. Jahrhunderts, wurden
viele gefälschte Niellen angefertigt und hauptsächlich
von Venedig aus in den Handel gebracht. Ls waren
dies sowohl Platten als Abdrücke derselben. Eben so
alt ist das Fälschen von inkunablen Formschnitten und
Blockdrucken aus den ersten Zeiten der Buchdruckerkunst.
Letzteres wurde bis in die neueste Zeit vergnügt und
fröhlich weiter getrieben. Noch in den sechziger Jahren
verstand es ein Schwindler in München mehrere her-
vorragende Kenner mit nachgeahmten Blockdrucken zu
betrügen, bis endlich der Schwindel aufgedeckt und der
Händler ins Gefängniß gesteckt wurde. Nachahmungen
von mit Bildwerken versehenen Zinngeschirren franzö-
sischer Meister, die Zinngießer aus Nürnberg im XVI.
Jahrhundert herstellten, befinden sich heute noch in vielen
Sammlungen und erzielen im Handel einen hohen
Preis, trotzdem sie den Originalen an Schönheit der
Ausführung ganz bedeutend nachstehen. Namentlich die
Arbeiten des F. Briot sind von dem Nürnberger Zinn-
gießer LasparLnderlein sehr häufig nachgegossen worden.
Die Liebhaberei für das Alte zwingt in der Ge-
genwart viele Künstler und Kunsthandwerker alte Ge-
genstände mit allen Merkmalen des Alters nachzuahmen
und sie dürfen unter Umständen nicht einmal wagen,
Neues zu schaffen, damit sie ihre Auftraggeber nicht
scheu machen. Geschickte Elfenbeinschnitzer, welche für
Arbeiten, die unter dem eigenen Namen des Verfertigers
gehen, keinen Markt finden, beschäftigen sich an ver-
schiedenen Orten mit der Nachahmung von Dixtichen
und kleinen gothischen Altärchen aus Elfenbein. Na-
mentlich die mittelalterlichen, oft sehr reich mit figuralem
Schmuck versehenen Llfenbeinkämme werden auf die
geschickteste Art von deutschen, italienischen und fran-
zösischen Meistern nachgebildet und als alte Originale
gern und viel gekauft. In Wien und Paris fälscht
man seit so Jahren die deutschen Werke der Klein-
skulptur aus Kehlheimer Stein, die aus dem XVI. Jahrhundert stammen, und zwar
so täuschend, daß sogar Fachblätter die Nachahmungen als neu aufgefundene Werke
abbildeten. — Auch Metallarbeiten sind ein dankbares Feld für die modernen
Fälscher. Alle Veränderungen, die durch die Länge der Zeit, Einfluß der Witte-
rung usw. an Metallen sichtbar werden, lassen sich auf chemischem Wege sehr leicht
künstlich erzeugen. Doch mangelt den Nachahmern oft die Kenntniß der Art und
Weise, wie die alten Meister ihre Arbeiten herstellten. Aus diesem Grunde wenden
die Fälscher oftinals Werkzeuge oder verfahrungsarten an, die den Alten gänzlich
unbekannt waren. Alte Waffen, namentlich solche mit eingeätzten Verzierungen,
werden erzeugt in Stuttgart, Paris. Nürnberg und München, „von Nürnberg aus
kamen in früheren Jahren Rundschilde mit geätzten Figuren in den Handel, die
massenhaft gekauft wurden, trotzdem die Kostümunmöglichkeiten an den Figuren
ganz deutlich den neuen Ursprung der Arbeit verriethen."
Goldschmiedearbeiten des XVI. und XVII. Jahrhunderts, meistens Gegen-
stände aus Bergkrystall mit einaillirter Fassung, werden in Paris und Wien höchst
stilgerecht komponirt und vorzüglich ausgeführt. Diese Schmuckgegenstände werden,
als alt. hauptsächlich in den süddeutschen Modebädern und Frankfurt a. N. an den
Mann (oder die Frau) gebracht, und hauptsächlich von Russen und Engländern ge-
kauft. Daß in Rom und Neapel antike Bronzegegenstände gefälscht werden, ist
'Abbild. Nr. q?8. Schrank-Füllung in Malerei.
Entworfen von Architekt w. Winkler, Berlin.