Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 3.1892
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Schulze, Otto: Fremdes in der Wohnungsausstattung
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III. Jahrgang. Darmstadt, im Oktober 1892. Oktober-Heft.
remdes in der
ohnungsausstattung.
vom Architekten Vtto Schulze, Köln a. Rh.
zöch nie ist es mir eingefallen, gegen die Ein-
führung fremder Runst- und Industrie-Erzeug-
nisse auf den deut-
schen Markt zu
eifern — dazu bin
ich dem wirklich
Schönen und Gu-
ten gegenüber viel
zu international.
Auch Deutschland
besitzt große und
ertragsreiche Aus-
fuhrgebiete, die
vielen Tausenden Jahr ein und Jahr
aus ihr Brod sichern. Die deutsche Eisen-,
Stahl-, Maschinen-, Waggon-, chemische
und Zucker-Industrie hat ja lange die
anderer Nationen überflügelt und Millio-
nen in's Land gebracht. Auch nach
deutschen Geweben, Spitzen und Manu-
faktur-Waarcn hat sich die Nachfrage
gesteigert, ebenso hat die keramische und Glas-Industrie hier und da
festen Fuß gefaßt. Der Spielwaaren-Vertrieb, die Papier- und Papier-
waaren-Fabrikation, sowie die Rlavier-, pianino- und Instrumenten-
Bauerei haben sämmtlich große Ausfuhrsummen aufzuweisen.
Und doch, so schön sich dies Alles anhört, die Geschichte hat einen
sehr spitzen Haken, an dem manches vollwichtige deutsche Goldstück
hängen bleibt. Es läßt sich nicht leugnen, daß der Deutsche dem
Fremden seit jeher viel geopfert hat. Deutschland, als das Herz Europas,
war Jahrhunderte hindurch der internationale Paukboden für Rauf-
bolde, der Tummelplatz für die Auskämpfung fremder Interessen, der
Füllboden für leere fremde Taschen und der Dungboden für Bruderblut.
Die Macht der französischen Mode ist bei uns stark im Abnehmen;
die Einfuhr der zu ihr nothwcndigen Manufaktur- und Aonfektions-
artikel geht zurück, leider nicht die Unsitte, deutsche Waaren fremd-
ländisch zu etikettiren. Der Reiz des Fremden wird ja überall seine
Herrschaft üben, ich habe auch nichts dagegen, wenn der eigene Werth
nicht dadurch herabgedrückt wird — aber Fremdes lobhudeln und das
mindestens gleichwertig vaterländische in den Schmutz ziehen: entspricht
nicht unserer sonstigen nationalen Eigenliebe.!
Die Errungenschaft: uns jetzt wenigstens überwiegend deutsch zu
kleiden, scheinen wir etwas sehr theuer bezahlen zu sollen — das
Fremde hält seinen Einzug in unsere Wohnung. In ganz bedenklichen!
Umfange beginnt die ausländische Möbel-, Holzwaaren- und Ausstat-
tungsfabrikation sich auf dem deutschen Markt breit zu machen. Sind
wir schon durch Boden- und wirthschaftliche Verhältnisse gezwungen,
dem Auslande riesige Summen für Lebensmittel, Vieh, Rorn, Leder
und sonstige Rohprodukte, Futter, dann für Edelmetalle und Edelsteine
abzutreten, so sollten wir doch entschieden darauf bedacht sein, das Geld
für viele eben so gut auf deutschen: Boden zu beschaffende Gebrauchs-
und Luxusgegenstände, sowie für Werke der bildenden Runst im In-
lande zu lassen, und gerade die Einfuhr der letzteren hat sich erheblich
gesteigert. — Wenn Jemand Gefallen an echten orientalischen Teppichen
hat, die, nebenbei gesagt, sehr verschiedener Güte und Herkunft sein
können, und das Geld dafür ausgeben kann, gut, ich freue mich, wenn
er sie kauft! Auf der anderen Seite gibt es ja auch die große Mehr-
zahl, die an einem schönen Stück wurzener, schmiedeberger, berliner oder
rheinischer Herkunft ebenfalls ihre Freude hat und damit die heimische
Industrie unterstützt. Läßt sich aber der biedere Deutsche für sein
schweres Geld, nur um einen sogenannten persischen oder sonst wie
benannten Teppich zu besitzen, mit gewöhnlicher Marktwaare betippen,
die sich durch schlechte, lockere Anüpfung mit geringer Noppenzahl, un-
egaler Schur, unechte Farben und hartes Material kennzeichnet, so kann
ich darin nur die Sucht nach den: Fremden erblicken. Teppichkaufen
kommt dicht hinter dem pferdekaufen.