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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 3.1892

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Jäck, Eugen: Der Fußboden-Teppich, [2]: seine ornamentale und ästhetische Bedeutung für das moderne Zimmer
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https://doi.org/10.11588/diglit.6760#0049

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5eite 36.

Zllustr. kunstgewerbl. Zeitschrift für Znnen-Dekoration.

^ebruar-t^eft.

!erf Wuhbvdeir-Meppich,

seine ornamentale Behandlung und ästhetische Bedeutung sür das moderne Zimmer.

(Schluß.)

'ehr häufig finden sich in orientalischen Teppichen die Darstellungen von in angemessenen Dimensionen und zarten, weichen Farben, einem Teppich immer
Thieren, z. B. Vögel, Lunde, Löwen, Affen rc. die in ihrer naiven, oft etwas Anmuthiges verleihen. — Für Lerren- und Eßzimmer, deren Möbel gewöhnlich

nur durch geradlinige Konturen bewirkten Zeichnung sich vollständig in dunklem Bolz gehalten sind, werden immer noch Teppiche mit persischen Mustern

im Rahmen der übrigen Figuren halten und nicht wenig zu jener unnachahmlichen in kräftigen Tönen bevorzugt, während bei Empfangszimmern, Salons und Boudoirs


Belebung der Muster beitragen. Zeder versuch aber, die Darstellung von Menschen
oder Thieren auf einen
modernen Fußboden-
Teppich zu übertragen,
muß als verfehlt und
geschmacklos bezeichnet
werden. Ebenso die An-
bringung von Wappen-
schildern in den Eck-
stücken, denn es hat we-
nig Gefühlvolles an sich,
aus dem Wappen eines
Geschlechts oder Landes
herumzutreten. Ausge-
nommen sind Teppiche,
die an einem weihevollen
Grt liegen und weniger
zum Betreten, als zum
Schmuck dienen, z. B. in
Kirchen vor Altären oder
vor einem Thron. —

Vor Zähren wurde in
einigen bekannten Wer-
ken darauf aufmerksam
gemacht, nur das geo-
metrische Flachornament
und die streng stilisirte
Pflanze der orientali-
schen Muster seien die
einzig erlaubten Motive
für Teppiche. Diese Ver-
bindung erzeugte in-
dessen unter unseren
Händen Werke, welche
in ihrer starren Gesetz-
mäßigkeit und Trocken-
heit dem modernen Ge-
schmack nicht mehr be<
hagten. Man verlangte
nach etwas Neuem. —

Die letzten Zahre haben
nun auch deutlich gezeigt,
daß man auf allen Ge-
bieten mit diesem System
gebrochen hat und nicht
mehr gewillt ist, sich aus-
schließlich auf den Bah-
nen des Hergebrachten
und Ererbten zu bewe-
gen, sondern frisch und
munter in unfern großen
Reichthumvonpflanzen-
formen hineingreift, um
so dem ornamentalen
Formenschatz neue, selb-
ständige Motive zuzu-
führen. — Dem Einfluß
der Zapaner, diesen
scharfen Beobachtern der
Natur, ist es hauptsäch-
lich zu danken, wenn sich
bei uns die Vorliebe für

realistisch aufgefaßte Grnamente gesteigert hat. Geradezu bahnbrechend in diesem
Sinne ist das in Wien erscheinende Prachtwerk von Gerlach A Schenk „Die Pflanze",
das alle nur irgend brauchbaren Pflanzenformen unseres heimathlichen Bodens in
naturalistischer und zur praktischen Verwendung in stilisirter Weise wiedergibt. —
Diese neue Richtung ist denn auch schon weidlich ausgebeutet worden und hat Er-
zeugnisse hervorgebracht, die unter dem Spitznamen „Krautmuster" bekannt sind.
Riesenhafte, breit angelegte Blätter und Blumen, namentlich Rosen in dem Format
einer kleinen Kuchenplatte haben wenig Ansprechendes, da der Fußboden-Teppich
dem menschlichen Auge kein so entfernter Gegenstand ist, daß man nöthig hätte,
der Deutlichkeit seines Musters durch übernatürliche Größenverhältnisse zu Hülfe zu
kommen. Dagegen wird eine sparsame Verwendung von leichten Blumengewinden

das zierliche Rokoko, oder leichte moderne Formen in lichten matten Tönen beliebt

sind. — Lei Entwürfen
von Rokoko-Teppichen
begegnet man, nament-
lich bei Nichtfachleuten,
aus nahe liegenden
Gründen häufig dem
Fehler, daß die Zeich-
nung mehr Aehnlichkeit
mit einem Plafond, als
mit einem Teppich hat.
Beide sollen zwar mit
einander korrespondiren
aber die Bedingungen,
die an einen Teppich als
Flächenmuster gestellt
werden, sind doch we-
sentlich andere, als die
für eine Wand- oder
Deckenbekleidung. Auch
dieeinfacheNachahmung
breiter Rahmen von ge-
schnitztem und vergolde-
tem Holz, in einem
großen Stil für die Borde
hat nichts Einladendes,
weil sie eben auf dem
Fußboden keinen Sinn
hat. — Zch bin nicht so
radikal, dem Teppich-
musterjede Berechtigung
zu einer leichten Relief-
darstellung abzusxrechen.
Es entsprächedas absolut
nicht unserer heutigen
Richtung, was auch un-
sere strengen Stilistiker
dazu sagen mögen. Es
kommt auch dabei nur
auf das „wie" an. Lin
Rokokoornament in drei
bis vier zarten Gold-
tönen mit leichten Blu-
men, vorsichtig abgetön-
ten Blattschattierungen
re. wird jederzeit anspre-
chen ohne das Gefühl
aufkommen zu lassen, als
könnte man mit dem Fuß
dazwischen hineintreten
oder darüber stolpern.—
Diese Art der Anwen-
dung muß sich allerdings
auf die Einfassung des
Teppichs, die Borde be-
schränken, während das
Mittelstück viel inehr
Anspruch darauf macht,
als reines'Flächenmuster

"Abbildung Nr. 3v2. Salon mit anl'ch.lirj'zrndcm Erker, s. Beschreibung Seite 38

behandelt zu werden.

Das Mittelstück oder der
Fond, im Gegensatz zu

dem Einfaß, der Borde, verlangt eine getrennte Behandlung in Form und Farbe.
Der Fond erfordert ein gleichmäßig vertheiltes, ruhig und ohne Auffälligkeiten sich
entwickelndes Muster, das sich in kurzen Abständen wiederholen kann. Die Farben
müssen durchaus gleichmäßig vertheilt werden und dürfen nicht an einzelnen Punkten
hervorstechen oder Flecken bilden.

Die Borde kann in der Zeichnung etwas markanter gehalten sein. Ziemlich
kräftige Trennungslinien und Zwischenfriese tragen wesentlich zur Hebung des
Ganzen bei. Der Grundton der breiten Borde soll immer Heller oder dunkler als
der Grundton des Mittelstückes sein, um dadurch dem Teppich einen sichtbarer! Ab-
schluß nach außen zu geben. Schmale, dazwischen geschobene Bördchen vermitteln
den Uebergang. Ls macht keinen guten Eindruck, wenn das Feld der Einfassung
 
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